Das Zeitalter der Aufklärung (bis 1800) 1 I. II. KODIFIKATIONEN VERBRECHEN UND STRAFE Verbrechen und Strafe 2 v Offizialprinzip, Untersuchungsgrds. v Theresiana v Strafrechtsreform v Benedict Carpzov v Christian Thomasius v Cesare Beccaria v Aufklärung v Abschaffung der Todesstrafe v „Leopoldina“ vom 30.11.1786 3 Constitutio Criminalis Carolina – die peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532 à Einführung des Untersuchungsgrundsatzes in den Strafprozess à à Sachverhalt wird von Amts wegen untersucht Verhandlungsgrundsatz à ergänzt Offizialprinzip à Strafprozess ist von Amts wegen zu eröffnen Constitutio Criminalis Carolina 4 Einheitliches Verfahren à Prinzip der Verfahrensgleichheit à Ausfluss der Maxime der Gerechtigkeit I. Untersuchungsgrundsatz = Erforschung der Wahrheit durch Zeugenbefragung durch Befragung des Angeschuldigten, erlaubt bei stichfesten Tatbegehung II. III. insbesondere durch Folter, nur Indizien für Verurteilung nach gesetzlicher Beweistheorie Strafzumessung: Todesstrafe, Leibesstrafe, Freiheitsentzug nur, sofern von Carolina angedroht 5 Folter Mit verschiedenen Werkzeugen, wie etwa d e r B r u s t quetsche, der Kopfpresse, den Finger- und Daumenschrauben wurden Geständnisse erpresst. A u s g e s t e l l t i m Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber. 6 Titelbild des „Malleus Maleficarum” („H exenhammer”) Ausgabe von 1669 von Heinrich Kramer, Dominikanermönch Ø ~ 1486 in Speyer erstmals veröffentlicht, bis ins 17. Jh. 29 Auflagen Ø Anschein offizieller kirchlicher Empfehlung für Strafrichter durch Beifügung einer päpstlichen Urkunde Ø Ø Fragenkatalog, Einsatz von Folter 7 Benedikt Carpzov der Jüngere (1595-1666) Kupferstich, 17. Jh. Quelle: Bildersammlung des evangelischen Predigerseminars, Lutherstadt Wittenberg 1635: Forderung der Todesstrafe nur als ultima ratio 8 Christian Thomasius (1655-1728) Johann Christian Heinrich Sporleder, Tafelmalerei, Öl, Leinwand Quelle: http:// www.bildindex.de § Beginn der Aufklärung § Kritik am geltenden Recht § § gegen Hexenprozesse für Abschaffung der Folter 9 Cesare Beccaria (1738-1794) § 1764: Dei delitti e delle pene § Strafrecht im Geiste des Naturrechts § Kritik am geltenden Recht § Ablehnung Todesstrafe der Kritik am geltenden Recht 10 Wissenschaftlich-theoretische Kritik als Fundament praktischer Reformen: Ø Preußen 1740 durch Friedrich den Großen Ø Österreich 1776 durch Joseph II. Ø Großherzogtum Toscana 1786 durch späteren Kaiser Leopold II. Ø ALR 1794 durch Friedrich Wilhelm II. Ø Code pénal 1810 durch Napoléon 11 Titelseite Constitutio Criminalis Theresiana, 1769 12 Aus: Constitutio Criminalis Theresiana, 1769 Anlegen der Beinschrauben 13 Leopold II. (1747- 1792); 1765-1790 Großherzog der Toskana, 1790-1792 Kaiser des Hl. Röm. Reiches Dt. Nation Zweck der Strafe: Nützlichkeit -> Ersatz des Schadens -> Spezialprävention -> Generalprävention Porträt.-Miniatur, um 1790, von Heinrich Friedrich Füger (1751-1818) Peter Leopold, von Gottes Gnaden, königl. Prinz von Ungarn und Böhmen, Erzherzog von oesterreich, Großherzog von Toskana etc. Seit Unserer Gelangung zum Toskanischen Thron, hielten Wir es für eine Unserer vornemsten Pflichten, die peinliche Gesetzgebung zu untersuchen und zu reformiren. Und da Wir sehr bald gewar wurden, daß dieselbe mit zu viel Strenge abgefaßt sei, und von solchen Grundsätzen herstamme, die in den minder glücklichen Zeiten des römischen Reichs galten … Wir haben Uns daher entschlossen, mit der Reform der peinlichen Gesetzgebung … durch eine 14 unabänderliche GrundRegel, die TodesStrafe gänzlich auf[zu]heben, weil der vorgesetzte Zweck der bürgerlichen Gesellschaft, bei Bestrafung der Verbrecher, sie nicht notwendig erfordert, Wir auch gänzlich den Gebrauch der Tortur, und die Confiscation der Delinquenten zugehörigen Güter, weil diese Strafe ihre unschuldigen Familien, welche nicht mit in das Verbrechen verwickelt waren, am meisten trifft, verbannen … Mit Entsetzen haben Wir bemerkt, mit welcher Leichtigkeit, in der vorigen peinlichen GerichtsOrdnung, auf so manche, eben nicht schwere Vergehungen, TodesStrafe gesetzt war. Da nun aber der Zweck der Strafen kein anderer seyn darf, als die Ersetzung des verübten Privatund öffentlichen Schadens; dann die Besserung des Delinquenten, der doch auch ein Sohn der Gesellschafft und des Stats ist, an dessen Besserung man nie verzweifeln darf; ferner die öffentliche Sicherheit gegen grobe und ruchlose Missetäter, die deshalb außer Stand gesetzt werden müssen, ferner zu schaden; und endlich das öffentli. Beispiel: Da nächstdem die Regirung, bei Bestrafung der Verbrechen, und zu Beförderung des durch die Strafe zu erreichenden Zwecks, verbunden ist, die wirksamsten Mittel anzuwenden, und dem Delinquenten so wenig, als möglich, Uebel zuzufügen; da ferner die Strafe öffentlicher Arbeit zu Erreichung dieses Zwecks ungleich wirksamer, und zugleich milder ist, als die TodesStrafe, indem dadurch ein bleibendes, und nicht wie bei der TodesStrafe, ein blos vorübergehendes Beispiel, das nicht selten in Mitleiden ausartet, gegeben, und der Verbrecher ebenfalls außer Stand gesetzt wird, ferner zu sündigen, ohne daß zugleich die Hoffnung verschwindet, irgend einmal einen nützlichen und gebesserten Bürger wieder in den Schos der Gesellschafft zurückkeren zu sehen: … so haben Wir den Entschluß die TodesStrafen gänzlich abzuschaffen; … Und, da diejenigen, die sich schwerer CapitalVerbrechen schuldig gemacht haben, um ihre bösen Taten durch nützliche zu ersetzen, beim Leben gelassen werden müssen: so verordnen Wir, daß bei MannsPersonen, die Strafe öffentlicher Arbeit auf LebensZeit, und bei WeibsPersonen, ZuchtHaus-Strafe ebenfalls auf LebensZeit, der abgeschafften TodesStrafe, als Aus dem Criminalgesetz von Toscana (1786) 15 Immanuel Kant (1724-1804) Quelle: Ludwig Bechstein (Hrsg.), Zweihundert deutsche Männer, Leipzig 1854 Wiedereinführung der Gerechtigkeit als Strafzweck nach Prinzip der Gleichheit, hier: von Tat und Sanktion Nützlichkeitserwägungen bei der Bestrafung mit Würde des Menschen unvereinbar à à absolute Straftheorie 16 Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach (1775-1833) Ablehnung der Kant‘schen Theorie nach gerechter Vergeltung Ø Lehre vom psychologischen Zwang Ø Ø Wirkung nur durch vorherige gesetzliche erreichbar Ø Androhung 1801: nulla poena sine lege 1532 CCC 17. Jahrhundert Benedict Carpzov (1595-1666) seit 1700 Christian Thomasius (1655-1728) 1748 Montesquieu (1689-1755) 1786 „Leopoldina“ Gerechtigkeit Todesstrafe nur als ultima ratio Beginn der Aufklärung; Kritik am geltenden Recht Keine Bestrafung ohne Gesetz Nützlichkeit 1794 ALR -„- 1810 Code pénal -„- Ende des 18. Immanuel Kant Jahrhunderts (1724-1804) 19. Jahrhundert Paul Anselm Feuerbach (1775-1833) Gerechtigkeit – absolute Straftheorie Auswirkungen im Preuß. StGB v. 1851 19. Jahrhundert RStGB v. 1871 Mischung aus - kantischer Vergeltungstheorie und - feuerbachschem Denken Stärkung relativer Strafzwecke, um Anstieg der Kriminalitätsrate zu begegnen. Seit Ausgang des Franz von Liszt 19. Jahrhunderts Lehre vom psychologischen Zwang durch gesetzliche Strafandrohung 17
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