Studiengang: LAG, Literatur- und Sprachwissenschaften

Studiengang: LAG, Literatur- und Sprachwissenschaften
Austauschjahr/Semester: FSS 2015
Gastuniversität: Universiteit Leiden
Stadt: Leiden
Land: Niederlanden
Mein Erfahrungsbericht über das
ERASMUS-Semester an der Universiteit Leiden 2015
Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht die Meinung der
Universität Mannheim wider. Jeder Bericht wird vor der Veröffentlichung geprüft; die Universität behält sich das Recht zur Kürzung vor.
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im Internet veröffentlicht. Bei Interesse an weiteren Informationen kann das Akademische
Auslandsamt eine Anfrage an den Verfasser des Berichts versenden, in welcher dieser gebeten wird, sich mit dem Interessenten/der Interessentin in Verbindung zu setzen.
Vorbereitung
Ich war mir sehr sicher, dass ich an der Universität Leiden studieren wollte, da meine Familie
in dieser kanaldurchwundenen Universitätsstadt mit ihren dunkelroten Backsteinkirchen ihre
Wurzeln hat. Dennoch verfasste ich während der Vorbereitungsphase für mein ERASMUSSemester noch zwei weitere Motivationsschreiben. Ich musste meiner Bewerbung ein Zertifikat für die Einschätzung meiner Englischkenntnisse beilegen, sowie ein Transcript of Records. Die Kooperation mit der Universiteit Leiden verlief sehr unproblematisch; Organisation und Ablauf waren transparent und flüssig. Im egalitär und effizient strukturierten Administrationsapparat musste ich Aufgaben wie Kurswahl, Unterschriften einholen und Prüfungsanmeldung selbst erledigen. Ich habe mich als ERASMUS-Studierende dabei immer gut beraten und unterstützt gefühlt.
Allerdings würde ich eher davon abraten einen Vertrag mit der Housing-Agency einzugehen,
die mit der Universität zusammenarbeitet. Man muss schon Gebühren bezahlen, um sich
überhaupt als Mieter der Wohnungen der DUWO bzw. Sea-Housing zu qualifizieren und es
gestaltet sich sehr schwierig, einen erst einmal geschlossenen Vertrag wieder zu lösen, sodass
einige meiner Freunde bis Mitte August 500-600 Euro Miete zahlen mussten, obwohl sie die
Niederlande schon im Juni verlassen hatten. Der umkämpfte Wohnungsmarkt in Leiden
macht es ratsam, sich frühzeitig mit der Suche nach einem Zimmer auseinanderzusetzen, z.B.
im Internet.
Unterkunft
Ich selbst nahm das im Vergleich zu Mannheim recht teure Angebot der Agentur jedoch an
und lebte die ersten vier Monate in der Stadt des niederländischen Regierungssitzes Den
Haag. Im Vergleich zu Leiden handelt es sich bei Den Haag um eine urbane Metropole mit
vielen verschiedenen international relevanten Sehenswürdigkeiten, Stadtteilen mit sehr moderner Architektur und ausgedehnteren Einkaufs- und Ausgehmöglichkeiten. Viele Städte
sind durch die vorzügliche Angebundenheit ans Netz der Niederländischen Bahn bequem und
schnell zu erreichen; die Distanz einer 15minütigen Fahrt mit dem IC machte Den Haag, das
auch über einen Campus der Universiteit Leiden, sowie eine Musik- und Kunsthochschule
verfügt, zum Wohnort vieler meiner Kommilitonen und Kommilitoninnen. Eine Registrierung
bei der Townhall ermöglicht das Reisen zu Studentenpreisen.
Mit Lage, Ausstattung, Größe und Interieur unserer Wohnung war ich sehr zufrieden und ich
bin glücklich auch die Stadt Den Haag mit ihren vielen internationalen Studierenden ein wenig kennengelernt zu haben.
Studium an der Gasthochschule
Überhaupt habe ich die niederländischen Hochschulen als gegenüber internationalen Studierenden sehr offene Institutionen erfahren. Das Willkommensangebot z.B., das uns das International Students Network bereitete, war sehr abwechslungsreich und gut organisiert, mit
Ausflügen in andere europäische Städte, Buddygruppen mit vielen niederländischen Mitgliedern und Festen.
Ich fand es sehr interessant in meinen Kursen mehr über die Niederlande, ihre Geschichte und
ihr Selbstverständnis zu lernen; die Universität bietet innerhalb des Feldes der Dutch Studies
einige Kurse zu diesem Thema an. Zu Beginn meines Semesters musste ich einen niederländischen Sprachkurs wegen einer Überschneidung aufgeben, was ich sehr bedauere. Auch die
universitären Sprachkurse sind sehr kostspielig. Das Lesen des Niederländischen ist für deutsche Muttersprachler oft gut möglich, aber ich möchte meine Kenntnisse in Zukunft noch
weiter verbessern.
Das Niveau des in der Lehre verwendeten Englisch, sowie unter den Studierenden schätze ich
als sehr hoch und eloquent ein. Neben englischen Veranstaltungen besuchte ich auch einige in
deutscher Sprache. Ich bin froh, sie absolviert zu haben, da sie mich durch ihre philosophische Ausrichtung und fachliche Exzellenz sehr bereichern konnten. Insgesamt scheint es mir,
als seien die Hierarchien zwischen Lehrenden und Studierenden an der Universiteit Leiden
flacher als sie mir bisher bekannt waren. Es herrschte insgesamt weniger Distanz: Die Dozenten machten keinen Hehl aus ihrem aufrichtigen Interesse an den Kursmitgliedern, ließen sich
selbstverständlich duzen und gaben mit Hilfe wöchentlicher Fragen und Assignments regelmäßig Feedback. Auf diese Weise war ich mir sicher einen angemessenen Arbeitsbeitrag zu
leisten und darin wahrgenommen zu werden.
Diese positiven Erfahrungen haben mich dann dazu veranlasst, noch etwas länger zu bleiben
und an der Universität Leiden noch einen Kurs im Rahmen der Summerschool zu absolvieren.
Alltag und Freizeit
Die Lebenshaltungskosten schätze ich etwas höher ein als in Mannheim, Lebensqualität und
Schönheit von Stadt und Natur allerdings auch. Man muss zugeben, dass das Wetter in den
Niederlanden eher kühl und regnerisch ist und auch im Sommer bestimmt der frische Wind,
der mich des Öfteren fast vom Fahrrad geblasen hätte, das Klima. Die Luft ist aber wunderbar, der Strand mit Fahrrad oder Bus zu erreichen und die Gässchen rund um Pieters- und
Hooglandsekerk allerliebst. Das Klischee über die unermüdlich fahrradfahrenden Niederländer halte ich für realistisch; Fahrräder sind omnipräsent und ihre Besitzer trotzen damit Regen
und Hagel. Man sollte sich unbedingt eines zulegen und nie vergessen, es gut abzuschließen.
Man kann damit beispielsweise zum Keukenhof radeln und dort im Frühling die Tulpen in all
ihrer Pracht bewundern.
Mit dem Zug bin ich in viele niederländische Städte gereist und musste feststellen, dass Utrecht, Haarlem, Amsterdam, Rotterdam und Delft alle auf ihre Weise magnifique und beeindruckend sind. Amsterdam gilt als Symbol europäischer Liberalität und Toleranz, ist sehr
touristisch und konfrontiert auf diese Weise mit der interessanten Frage nach der Realität dieses Ideals der gesellschaftlichen Offenheit. Als Besitzerin einer Museumcard hatte ich freien
Eintritt zu fast allen niederländischen Kunsthallen, in denen die hohe Tradition der alten
Meister kombiniert wird mit einer Sensibilität für moderne Performance- oder Videokünstler.
Das Nachbarland Belgien mit der europäischen Hauptstadt Brüssel und anderen Kleinoden
der Architektur ist natürlich auch eine Reise wert.
Leiden mag eine eher kleine, idyllische Stadt sein, die stark von der 2015 ihr 440jähriges Jubiläum feiernden Universität geprägt ist; das bedeutet aber keineswegs, dass sie ihren Bewohnern kein anregendes kulturelles und unterhaltsames Programm zu liefern bereit wäre, wie
beispielsweise ein sommerliches Openair-Kino oder Konzerte. Den Trubel auf dem Markt
fand ich immer sehr charmant, ebenso wie das sonnige Sitzen in den vielen Cafés der Stadt.
Es gibt viele Pubs und Kneipen, in denen ich beispielsweise einem Dichterwettstreit zugehört
habe. Einen Kulturschock habe ich kaum erlebt; ich habe schnell eine Verbundenheit mit der
Gemeinschaft empfunden. Die Integration in die internationale Studierendenschaft gelingt
leicht und macht aufgeschlossen und neugierig. Neben der niederländischen Kultur, in der
man den Alltag verbringt, erhält man durch die Kommilitonen und Kommilitoninnen auch
Einblicke in andere, z.B. die indische Kultur. Das hat mir sehr gut gefallen und wesentlich zu
meinem ausgesprochenen Wohlbefinden in den Niederlanden beigetragen. Es hat mich allerdings überrascht, herauszufinden, wie selbstverständlich es für viele niederländische Studierende ist, Mitglied in einer Studentenverbindung zu sein, für die man sich mit Hilfe von Aufnahmeritualen qualifiziert. Ihre Türen sind für gewöhnlich Außenstehenden verschlossen,
sodass man als Austauschstudent zu diesem Teil des universitären Kosmos nur schwer Zutritt
erhält.
Ich habe sehr viele Menschen getroffen und einige kennengelernt. Wir haben unter anderem
kulturelle Stereotype identifiziert und diskutiert; ich bin sehr froh um all diese Erfahrungen in
den Niederlanden, die ich persönlich als sehr aufgeschlossene, gleichzeitig in einigen Punkten
eher wertkonservative, auf Egalität und das Wohl ihrer Mitglieder bedachte, europäische Gesellschaft mit einer interessanten kulturellen Szene und hervorragenden Universitäten erlebt
habe.
Fazit
Für mich war das Auslandssemester insgesamt ein sehr schönes und wertvolles Erlebnis mit
vielen kleinen bereichernden Ereignissen; es hat mir unheimlich gefallen, ein bisschen Zeit
für Europaerkundungsreisen zu haben, für Freundschaft und interessante universitäre Themen, auch außerhalb meines eigentlichen Studiengebiets.
Ich kann es nur jedem und jeder Studierenden empfehlen, sich ins Abenteuer eines Auslandssemesters zu begeben, am liebsten aber natürlich in Leiden.
An der Auslandshochschule besuchte Kurse:
Kursbezeichnung
Kurs
Culture and Society of the Netherlands
SWS/
Credits
10
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Taal, denken, werkelijkheid
05
HS Synchrone Sprachwissen- Wöchentliche Aufgaben, mündliche Prüfung, schrift-
Deutschsprachige Literatur im Kontext (750-
05
1700)
Linguistics 6: Introduction to English Semantics
Anerkennung an der Universität Mannheim
Bemerkungen
Schriftliche Prüfung, schriftlicher City-Report
schaft
liche Hausarbeit
VL Wahlmodul Literaturwis-
Wöchentliche Assignments, mündliche Prüfung
senschaft
05
PS Linguistics
Schriftliches Assignment, schriftliche Prüfung