Produktion & Dienstleistung Electronic Design Manufacturing Services Die ganze Wertschöpfungskette unter einem Dach Das Portfolio von EMS-Dienstleistern hat sich deutlich ausgeweitet. Gefragt ist immer mehr die komplette Produktverantwortung: von der Produktentwicklung bis hin zur Geräte- und Systemintegration. In diesem EDMS-Ansatz (Electronic Design Manufacturing Services) sieht Thomas Kaiser, CEO der Schweizer CCS-Gruppe, die entscheidende Stoßrichtung für sein Unternehmen. Markt&Technik: Worauf führen Sie die steigende Nachfrage nach der kompletten Wertschöpfung beim EMS zurück? Thomas Kaiser: Rund 70% der Systemkosten werden bereits in der Design-Phase formuliert. Ist dies unter Dach und Fach, sind Einsparungen nur noch mit tiefen ein- bis zweistelligen Prozentsätzen zu erzielen. Die Kunden wünschen sich daher komplette Lösungen, ohne sich mit Lieferzeiten, Qualität und anderen Problemen der Einzellieferanten beschäftigen zu müssen, denn der Kommunikationsaufwand mit vielen einzelnen Lieferanten ist groß. Weil diese Kommunikation während der ganzen Entwicklungszeit stattfinden soll, ist der Weg meist schwierig, oder die Kommunikation fällt wegen Kosten- und Zeitaufwendungen unter den Tisch. Die Folgen, wie mangelnde Produktqualität und hohe Produktkosten, sind dann nur durch Re-Designs zu beheben. Ein EDMS-Dienstleister, wie wir es sind, bietet hingegen die komplette „Kette“ unter einem Dach. Worin liegen also die Vorteile für den Kunden, wenn er sich an Sie als EDMS wendet? Wir verfolgen einen ODM-Ansatz und starten, wenn immer möglich, in der Designphase mit dem Kunden und begleiten ihn von der Produktidee bis zum After-Sales. Wir sind also Leos_N_25x25_MT_49.pdf;S:1;Format:(25.00x25.00mm);25.Nov201511:32:27 Anzeige „ Thomas Kaiser, CCS-Gruppe Wir verfolgen einen ODMAnsatz und starten, wenn immer möglich, in der Designphase mit dem Kunden und begleiten ihn von der Produktidee bis zum After-Sales. “ eine Art Systemintegrator oder ODM – Original Design Manufacturer. Wenn man den ODM-Ansatz konsequent verfolgt, dann ist das für den Kunden natürlich sehr komfortabel, weil dadurch die Risikofragen beim ODMEMS liegen. Andererseits entstehen dadurch sehr intensive Partnerschaften mit dem Kunden durch den kompletten Lebenszyklus eines Produktes hindurch. Als Komplettdienstleister in der Elektronik, der Kabelkonfektionierung und der System-Integbration entwickeln wir ja nicht nur, sondern fertigen eben auch. Damit hat der Kunde die bestmögliche Variante aus der Wertschöpfungskette. Das unterscheidet uns zum Beispiel vom Ingenieurhaus, das zwar entwickelt, aber nicht produziert. Für unsere Leser würde ich gerne den Begriff „EDMS“ genauer definieren: Was verstehen Sie unter einem EDMS-Dienstleister? 38 Das „D“ steht in unserer Interpretation für folgende Teilaspekte: Design for Excellence (DfX), Design for Manufacturing (DfM), Design for Cost (DfC), Design for Testability (DfT) und Design for Logistic. Design for Excellence (DfX) ist in jedem Fall nötig – ein geflügeltes Wort, aber es muss frühzeitig und allumfassend verstanden werden. Mit „frühzeitig“ ist bereits die Konzeptphase und das Pflichtenheft des Produkts gemeint. Unter DfX verstehen wir die Zusammenfassung aller Voraussetzungen, die zur Produktion von Leiterplatten, Baugruppen und Systemen in allen Projektphasen benötigt werden, um kostengünstig und mit passender Qualität den Markt zu bedienen: also die vorgenannten DfT, DfM, DfC und so weiter. Ist Design for Manufacturing nicht inzwischen selbstverständlich? Es gibt DfM-Anweisungen, die leider nicht alle Prozesse zur Herstellung von Leiterplatten, deren Bestückung und Test sowie die Verdrahtung und Montage zu Systemen beschreiben können – ganz abgesehen von der Komplexität, den Prozessabweichungen und deren Wechselwirkung. Genaue Kenntnisse der Produktionsprozesse und deren Berücksichtigung im Design sind aber dringend erforderlich, denn sie garantieren eine höhere Qualität bei geringeren Produktionskosten. Auch beim Design von Leiterplatten und Kabelbäumen müssen zwingend Prozess-Spezialisten einwirken. Diese umfangreichen Produktionskenntnisse sind nicht ausschließlich mit IPC-Richtlinien beschreibbar. Den tiefgehenden Anspruch, die Vielseitigkeit und die Entwicklungskompetenz spiegelt Ihre 60-köpfige internationale Entwicklungsmannschaft wider. Haben Ihre Entwickler bestimmte Applikationsschwerpunkte? www.elektroniknet.de Nr. 49/2015 Unser Angebot als Design-Partner erstreckt sich von Elektronikdesign, Embedded Software sowie Hochfrequenz- und Kommunikationstechnik über die Konzipierung und den Bau von Prüfsystemen und Unterstützung bei diversen Produkte-Zulassungen bis hin zum klassischen Box-Build-Design. Unsere hauseigenen Ingenieure haben keine spezifische Applikationsausrichtung, entscheidend ist vielmehr der DfX-Support. Wie ja bereits beschrieben, werden rund 70% der Produktkosten durch das Design und die Konstruktion bestimmt. Das ist unser Mehrwert für den Kunden und nicht die Applikationsstoßrichtung. Welche Märkte adressieren Sie vorrangig? Wir sind in allen anspruchsvollen Märkten wie Bahntechnik, Medizintechnik, Industrieelektronik – auch im ATEX-Umfeld tätig – und verfügen über die entsprechenden Zertifizierungen. Durch den Merger mit Akatech und deren spezifische Kompetenz im Kabelkonfektionsund System-Bau sind wir auch in speziellen Segmenten des Automotive-Sektors sehr gut verankert. Akquisitionen gehören seit 2011 zur Strategie von CCS und haben der Unternehmensgruppe seither ein signifikantes Wachstum beschert. Eine kluge Akquisitionsstrategie hat die Umsätze inzwischen fast verdreifacht. Mit welchem Umsatz rechnen Sie für 2015 ? Wir planen mit etwa 180 Millionen Euro für 2015. Etwa 12% unseres Umsatzes werden derzeit am deutschen Standort Hildesheim gefertigt. Das Werk gehörte bis 2012 zur Gohlke Elektronik GmbH und wurde 2012 komplett von der CCS Gruppe übernommen, um den Footprint nach Deutschland auszuweiten. Über die nächsten drei Jahre möchten wir zusätzlich 10% des gesamten Umsatzvolumens durch die neu gegründete Vertriebs-Niederlassung im bayerischen Aichach generieren. Wir haben in Deutschland eine starke Akquisitions-Pipeline und sind dank des internationalen Set-Ups immer um mehr als 10% gewachsen. Sie sagten kürzlich in einem unserer Gespräche, dass die BOM entscheidet, wo gefertigt wird. Was heißt das für den CCS-Kunden konkret? Wir fertigen in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, der Slowakei, China und Sri Lanka. Die Ramp-Ups werden in der Regel vor Ort beim Kunden durchgeführt, und dann verlagern wir gegebenenfalls in Absprache die Serie dorthin, wo es sich für den Kunden am Nr. 49/2015 www.elektroniknet.de besten rechnet. Das ist meist in der Zielregion des Kundenabsatzes. Auch wenn der Auftrag international läuft, muss sich der Kunde nicht auf einen neuen Ansprechpartner einstellen. Wir agieren nach dem „Local-Field-Engineering-Approach“. Das heißt, technisch sehr versierte Mitarbeiter agieren im Feld und betreuen den Kunden den gesamten Lebenszyklus über und übernehmen auch die internationale Koordination. In dieser Phase muss sich der Kunde woanders oft auf einen neuen Partner einstellen, das ist bei uns nicht der Fall. Für den Kunden ist das also eine Art „Lebenspartnerschaft“. Nicht zuletzt dadurch, dass wir schon 30 Jahre in Asien aktiv sind, können wir der Kundschaft in jeder Phase eine Lösung bieten. Ihr größtes Werk befindet sich in Sri Lanka mit 1100 Mitarbeitern. Was spricht für diesen doch eher ungewöhnlichen EMSStandort? Dieses Werk ist sehr kostenoptimal auch im Vergleich zu China. Dadurch dass CCS dort seit 30 Jahren aktiv ist, ist unsere Expertise bestens ausgerichtet. Die Lohnkosten sind verhältnismäßig moderat und die Region relativ preisstabil. Inzwischen ist Sri Lanka auch politisch befriedet und bietet daher optimale Bedingungen sowohl in der Elektronikfertigung als auch in der Kabelkonfektionierung und im kleinvolumigen Box Building. Seit 15 Jahren dient uns das Werk in China als Back-Up in Asien und profiliert sich zusätzlich dank der Nähe zum Komponentenmarkt. Ist China nach wie vor ein rentabler Fertigungsstandort – trotz der in den letzten Jahren gestiegenen Lohnkosten? Ja, das ist es, vor allem wenn es um das Prinzip „Local-for-Local“ geht. Das Overseas-Geschäft nach Europa wird aus logistischen Überlegungen dagegen für die Kunden mehr und mehr uninteressant. Als Einkaufsregion ist das „Komponenteneldorado“ China aber nach wie vor interessant, vor allem für elektromechanische Bauteile, Passives, Opto-Komponenten und PCBs. Wir haben hier ein strategisches Netzwerk an Lieferanten geschaffen, das durch persönliche Audits untermauert wird. Prämisse ist, dass die Lieferanten im Umkreis von zwei Stunden zu unserem chinesischen Werk sein müssen. Wenn Sie mit China operieren möchten, dann tun Sie das am besten mit direkten Kontakten. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle noch besser: Wir prüfen die Qualität der Bauteile selbst, um sicherzustellen, dass die Cross-Referenzen auch das halten, was sie versprechen. Das Interview führte Karin Zühlke 39
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