Gelassen von Fonds profitieren

spezial
W E R T V O L L E I N F O R M AT I O N E N F Ü R E I N E N O P T I M A L E N A N L A G E - E R F O L G
Gelassen von
Fonds profitieren
Fonds im Versicherungsmantel
kombinieren Performance
und Sicherheit, von
steuerlichen Vorteilen
ganz zu schweigen
ROUND-TABLE SICHERHEIT HÄNGT NICHT VON FORMALEN GARANTIEN AB
Verlags-Sonderveröffentlichung
in Kooperation mit
06 | Fondsgebundene Policen Round Table: Kunden brauchen Sicherheit und Performance
Im €uro-spezial-Round-Table diskutierten die Experten von
Basler, Fidelity, ifa-Institut, Nürnberger und Standard
Life, warum ein lebenslanges Einkommen die Aufgabe Nr. 1 ist.
„Nutzlose Garantien nehmen
den Kunden die Rendite weg.“
Claus Mischler fordert den Gesetzgeber auf,
in der bAV und bei Riester-Produkten auf
die Garantie der Beitragserhaltung zu verzichten.
Claus Mischler ist Head of German Product
Development der Standard Life
Claus Mischler (Standard Life) Fondsgebundene Policen bieten ein deutlich
besseres Chancenprofil als viele andere Vorsorgeprodukte, weil sie Schutz
vor Lebensrisiken und moderne Anlagekonzepte zusammenbringen. Das
heutige Fondsuniversum umfasst immer mehr Konzepte, die breit gestreut
anlegen und dadurch eine stabile
Performance erwirtschaften können.
Das erlaubt in einem Vertrag eine bedarfsgerechte Risiko-Streuung, die sich
mit flexiblen Optionen jederzeit an veränderte Bedingungen anpassen lassen.
In der Rentenbezugs-Phase sind Policen so flexibel wie Bankprodukte …
Jürgen Hansemann (Nürnberger) …
und können wahlweise mit einer
Beitragserhaltungsgarantie ausgestattet werden. Moderne Garantiesicherungsverfahren sorgen dafür, dass der
Kunde damit optimal in Aktien investiert bleibt und attraktive Ablaufrenditen herausbekommen kann. Wichtig
ist, dass der Kunde durch eine ausführliche Beratung, immer bezogen auf
sein konkretes Risikoprofil, die entsprechenden Fondslösungen aufgezeigt bekommt. Für stark sicherheitsorientierte Kunden lassen sich in die
Fondspolice noch Ablaufgarantien und
Höchststandssicherungen einbauen.
? Niedrig-Zins und hohe Garantien
passen eigentlich nicht zusammen.
Sind fondsgebundene Policen somit
der Ausweg aus der Rendite-Falle?
Mischler (Standard Life) Wenn sie richtig konzipiert sind, schon. Man muss
sie also mit strategisch flexiblen Fonds
bestücken, die das Rückschlagspotenzial bereits im Anlagekonzept deutlich
begrenzt haben und dennoch eine ansprechende Rendite erwirtschaften
können. Diese Konzepte können auch
ohne Garantien für die gewünschte Sicherheit sorgen. Dann kann man die
Versicherer entlasten, denn im aktuellen Umfeld sind die hohen Garantien
von früher kaum mehr darzustellen.
ALLE FOTOS: JULIAN MEZGER
„Wer länger lebt,
braucht länger Geld …“
€uro Spezial: Kein Versicherungsprodukt entwickelt sich so schnell
weiter wie die fondsgebundenen
Policen. Warum ist das so?
Round Table: Kunden brauchen Sicherheit und Performance Fondsgebundene Policen | 07
Hansemann (Nürnberger) Es stimmt,
dass die Garantien der konventionellen Rentenversicherungen durch die
letzten Rechnungszinssenkungen immer unattraktiver geworden sind. Zudem ist die Kapitalanlage durch die
sehr niedrigen Zinsen stark belastet.
Wer auf Performancechancen nicht
verzichten will, wählt die Fondspolice
oder ganz neue intelligente Produktlösungen wie unsere DAX®-Rente.
Hier partizipiert der Kunde mit seinem Guthaben bis zu einer monatlichen Höchstgrenze an der Entwicklung des DAX. Zusätzliche Garantien
wie Guthabensicherung und Beitragserhaltungsgarantie zum Ablauf der
Sparphase runden das Produkt ab.
Marlies Tiedemann (Basler) Konkrete
Zahlen machen das Dilemma sofort
klar: Bei vier Prozent Zins musste man
nur 45,6 Prozent der Garantiesumme
verlustfrei anlegen, um sie nach 20
Jahren sicher auszahlen zu können.
Bei einem Prozent Zins muss man bereits 82 Prozent für die Sicherung aufwenden. Nach Kosten bleibt also nahezu nichts mehr als Renditeträger
übrig. Daher stellt unser Vario Konzept frei, wie viel Rendite-Potenzial,
also Investments, jemand nutzen und
wie stark er auf Nummer sicher gehen
will. Die Aufteilung lässt sich im Vertragsverlauf immer wieder ändern.
Martin Stenger (Fidelity) In den vielen
Jahren, die wir der Versicherungsbranche das Rendite-Element in Policen zuliefern, hat sich viel geändert. Das Thema Absicherung im Rendite-Motor
wird immer relevanter, etwa über MultiAsset-Fonds, welche Volatilität durch
breitere Diversifikation besser managen können. Fondsanbieter müssen also gemeinsam mit den Versicherern Sicherheit in einer neuen Form liefern.
Jochen Ruß (ifa-Institut) Ich denke, das
schwierige Umfeld wird dazu führen,
dass man „Sicherheit“ nicht mehr reflexartig mit „Garantie“ gleichsetzt.
Aufgrund der Mentalität vieler Sparer
werden Produkte mit Garantie natürlich weiterhin eine entscheidende Rolle
spielen, auch wenn diese bei den heutigen Zinsen immer schwieriger darstell-
bar sind. Es werden aber immer mehr
Menschen zu Gunsten des Rendite-Potenzials auf formale Garantien verzichten und Fonds wählen, welche die Risiken durch andere Maßnahmen als formale Garantien reduzieren.
Mischler (Standard Life) Was aber nur
die wenigsten richtig einordnen. Wir
haben potenzielle Kunden befragt, ob
sie den garantierten Beitragserhalt wollen? Die klare Antwort war: Ja! Fragt
man dieselben Personen weiter, ob sie
mit der Rendite zufrieden sind, die unter dieser Prämisse noch erreichbar
ist, erntet man ein fast entrüstetes
Nein! Kunden sehen also den Zusammenhang nicht, man muss sie intensiv
darüber aufklären. Für Anbieter heißt
das, mit renditeverhindernden Garantien hat er nur beim Abschluss zufriedene Kunden, später aber zunehmend
solche, die mit ihrer Investmententscheidung sehr unglücklich sind.
? Verzichtet Standard Life deshalb
nun ganz auf Garantieprodukte?
Mischler(Standard Life) Ja, Kunden
können langfristig ihre Vorsorgeziele
nur erreichen, wenn sie Produkte nutzen, die eine ausreichend hohe Rendite
erwirtschaften. Mit formalen Garantien ist das unmöglich, daher war die
Entscheidung konsequent, im Neugeschäft ganz auf Garantieprodukte zu
„Das beste Vorsorgeprodukt
verkauft sich nicht von allein.“
Jürgen Hansemann plädiert für eine akribische
Vorauswahl exzellenter Fonds und Strategien.
Jürgen Hansemann ist Vorstand der
Nürnberger Beamten Lebensversicherung
08 | Fondsgebundene Policen Round Table: Kunden brauchen Sicherheit und Performance
„Mit einer privaten Rente nutzt man Vermögen heute
so flexibel wie im besten Bankprodukt.“
Den Round Table moderierten der Redakteur Ludwig Riepl (l.) und Herausgeber Frank-B. Werner (2.v.l.)
verzichten. Die Garantie des Beitragserhalt erlaubte nur in einem anderen
Umfeld eine respektable Rendite und
war, nebenbei bemerkt, damals ein
enormer Marketing-Erfolg der Versicherungs-Branche.
tion auf die Gewichtung im Index. Damit werden die Gewinner von gestern
bevorzugt. Wissenschaftliche Studien
wie die von Antti Petajisto belegen, dass
aktiv gemanagte Fonds langfristig auch
nach Kosten besser abschneiden …
Stenger (Fidelity) Auf lange Laufzeiten
von 20 und 30 Jahren bietet Beitragserhalt ohnehin keine Sicherheit, weil nach
Jahrzehnten selbst minimale Inflation
zum Verlust von Kaufkraft führt. Die
Erträge aus der Fondsanlage müssen
das zuverlässig kompensieren, wir bei
Fidelity setzen daher konsequent auf
aktiv gemanagte Produkte.
Hansemann (Nürnberger) … trotzdem
beeinflussen ETFs die Kostendebatte
stark. Ohnehin sollte jeder mit der
Past Performance sehr kritisch umgehen. So werden sich auch nur in den
wenigsten Misch- und Rentenfonds
die Erfolge der Vergangenheit fortsetzen lassen. Mit laufend sinkenden Zinsen konnte das Management solcher
Produkte seit 2007 fast nichts falsch
machen. Weil es nichts mehr zu senken gibt, entfällt dieser Rückenwind.
Folglich wird sich jetzt die Spreu vom
Weizen trennen. Auch eine enorme
Herausforderung für die Versicherer:
Denn die sorgfältige Auswahl von
langfristig geeigneten Fonds spielt für
die Rendite eine entscheidende Rolle.
? Sie glauben demnach nicht, dass
Indexprodukte den aktiv gemanagten Fonds überlegen sind?
Stenger (Fidelity) Nein. Denn es ist ein
wichtiger Sicherheitsaspekt, Kunden
nicht unbegleitet in ETFs zu schicken.
Beim Hype der kostengünstigen ETFProdukte wird nämlich übersehen,
dass diese in Krisen mit Zwischenverlusten (Drawdowns) von 50 Prozent
und mehr keine gute Figur machen.
Passive Fonds reduzieren die Alloka-
? Es kommt demnach nicht darauf
an, möglichst viele Fonds
anzubieten, sondern eine möglichst
zuverlässige Vorauswahl zu treffen?
Hansemann (Nürnberger) Ein großes
Angebot an Fonds muss nicht zwingend immer gut sein. Wir setzen beispielsweise nur Fonds mit mindestens
A- oder B-Rating von Feri ein. Schlechter als C tolerieren wir nicht. Eine
Analyse von Feri hat gezeigt, dass
Fonds, die bei Abschluss sehr gut geratet waren, auch langfristig erfolgreicher sind. Eine qualitativ hochwertige
und überschaubare Fondsauswahl ist
zudem wichtig, weil der Kunde nach
unseren Erfahrungen während der
Laufzeit selten die Fonds auswechselt.
Häufig findet nicht einmal zum Ende
der Laufzeit ein Umschichten in ein
defensiveres Fonds-Portfolio statt.
Stenger (Fidelity) Dabei gibt es auch
zieldatumorientierte Fondslösungen,
die diese Umschichtung in schwankungsärmere Anlagen zum Ablaufende
selbständig und dynamisch vornehmen, ohne dass Makler und Kunden
aktiv werden müssen. Fidelity ist hier
mit seinen Target Funds Marktführer
in Deutschland. Übrigens wird mit Target Funds nicht nur die Allokationsentscheidung delegiert. Für Versicherer
Round Table: Kunden brauchen Sicherheit und Performance Fondsgebundene Policen | 09
haben sie zudem den Vorteil, dass sie
ihren Kunden ohne IT-Investition ein
dynamisches Ablaufmanagement anbieten können.
Tiedemann(Basler) Kunden wollen oft
ein Einstiegs- und Ablaufmanagement
von Ihrem Anbieter, etwa durch von
unabhängigen Experten gemanagte
Depots, die einfach zu verstehen sind
und die flexibel auf verschiedene
Marktphasen reagieren können. Denn
das macht es leichter, vorhandene Erträge in Sicherheit zu bringen.
Mischler (Standard Life) Gemachte Gewinne sichern und Kursverluste vermeiden ist sicher das Ziel. Selbstkritisch angemerkt gibt es aber ein Problem: Beratung und Verkauf orientieren sich an Moden. Am meisten
Abschlüsse sind mit dem zu erzielen,
was gerade en vogue ist. So kamen im
Börsenboom 2000 fast nur Aktienfonds ins Policen-Depot, hinterher
musste man Kunden klarmachen,
dass die Hälfte ihres Kapitalstocks
verdampft war. Produkte, die von ihrer Strategie her auch im Abschwung
bestehen können, werden bis heute
oft als zu erklärungsbedürftig empfunden. Obwohl in einer bereits länger anhaltenden Hausse viel für solche erprobten Strategien spricht, sind
sie also schwieriger zu verkaufen.
häufig nur ein Wunschbild ist. Viele
verhalten sich, unter Druck geraten,
emotional. Wer zum Beispiel Kursschwankungen fürchtet, fährt mit gemanagten Lösungen besser, welche
die Volatilität und Drawdowns, also
Kurseinbrüche, minimieren. Wichtig
ist, dass solche Konzepte auch tatsächlich funktionieren wie unser Global Absolute -Return Strategies Fund
(GARS). Er hat von Mitte 2006 bis
heute 8,1 Prozent eingebracht und ist
nur um 5,4 Prozent geschwankt.
Ruß (ifa-Institut) Die eigentliche Aufgabe besteht darin sicherzustellen, dass
ein Produkt zum Kunden passt. Keine
Produktkategorie ist gut oder schlecht.
Es passt einfach die eine zum einen,
eine andere zum anderen Kunden.
Wird einem risikoscheuen Kunden eine Fondspolice mit 100 Prozent Aktienfonds empfohlen, so besteht ein hohes
Risiko, dass dieser Kunde nach dem
ersten Rückschlag nervös wird und auf
dem Tiefstand storniert. Dann war das
Produkt eine schlechte Wahl, selbst
wenn es langfristig gut performt hätte.
Tiedemann (Basler) Mittlerweile gibt
es immer mehr Produkte im Markt,
die wie unser Vario Konzept eine Brücke zwischen reiner Fondsanlage und
Sicherheitskonzept schlagen. Wir haben speziell Wert auf Einfachheit ge-
legt, kein Index, kein Dreitopfhybrid,
sondern einfach zwei Renditequellen,
Investment und konventioneller Deckungsstock, die zusammen wirken.
Damit überwinden viele Personengruppen ihre Investmentscheu leichter, weil sie sich nicht über die gesamte Laufzeit auf „chancenreich und
riskant“ oder auf „langweilig und sicher“ festlegen müssen. Die Wenigsten wissen heute genau, wo sie in
drei bis fünf Jahren stehen werden.
Wie sollen sie sich da über Zeiträume
von 30 und 35 Jahren im Klaren sein?
? Dass ohne individuelle Vorsorge
das Alterseinkommen gefährdet
ist, sollte aber doch mittlerweile
bekannt sein, oder?
Tiedemann (Basler) Hier findet seit
einiger Zeit ein Umdenken statt.
Gerade die jüngere Generation macht
sich, soweit sie sich auf dieses Thema
einlässt, kaum mehr Illusionen. Das
Thema wird aber generell
unterschätzt, weil auch der Vertrieb
noch immer in Ablaufleistung und
nicht in Renten denkt. Man muss aber
erklären, welche Folgen es hat, dass
wir im Schnitt 15 Jahre länger leben
als unsere Großeltern und dass der
Zinseszins-Effekt über lange Jahre
ausfallen kann.
? Was bietet sich in Policenfonds
aktuell zum Einstieg an?
Hansemann (Nürnberger) Jungen Menschen sollte man aufgrund der Performance-Chancen bei Sparbeginn zu
reinen Aktienfonds (evtl. auch ETFs)
raten. Und dazu, sofort zu beginnen!
Wer kontinuierlich spart und langfristig Altersvorsorge betreibt, für den ist
nahezu egal, wo momentan die Börsen
stehen. Allerdings muss das letzte Drittel der Laufzeit genau beobachtet werden. Hier sollte zwingend ein sinnvolles
Ablaufmanagement zum Einsatz kommen, um erreichte Renditen zu sichern.
Alternativ kann der Kunde aber auch
durch einen Switch in eine eventuell defensivere Fonds-Lösung wechseln.
Mischler (Standard Life) Das beugt Fehlern vor, zumal rationales Verhalten
„Gute Fonds sind
Motor für Rendite
und Sicherheit.“
Martin Stenger propagiert, auch in der Rente
die Fondsperformance nutzbar zu machen.
Martin Stenger leitet den Vertrieb an unabhängige Finanzberater und Versicherungen
bei Fidelity Worldwide Investment
10 | Fondsgebundene Policen Round Table: Kunden brauchen Sicherheit und Performance
Hansemann (Nürnberger) Den
Menschen, die in den wohlverdienten
Ruhestand gehen, muss klar gemacht
werden, dass nur eine Rentenversicherung eine lebenslange Rente garantieren kann. Sonst heißt es später
bei den Rentnern und Rentnerinnen
einmal: „Hurra, ich bin 85, aber Geld
habe ich keines mehr“.
Ruß (ifa-Institut) Nur ist der Öffentlichkeit die Bedeutung dieser Garantie bisher viel zu wenig klar gemacht worden.
Die meisten Gesellschaften verkaufen
ihre Rentenpolicen immer noch unter
dem Etikett „Sparen fürs Alter“. Das ist
ziemlich einseitig. So als würde man
bei einem Fußballspiel nur die erste
Halbzeit angucken. Die Spannung
steigt aber zum Ende hin an: Wir leben
länger und haben lebenslang Ausgaben. Also brauchen alle auch ein lebenslanges Einkommen. Dies kann
man in vielen Fällen nur mit einer
Rentenversicherung erzielen.
Stenger (Fidelity) Mit 20 und mehr Jahren Anlagehorizont darf man aber
nicht nur defensiv, sondern muss zum
Teil auch chancen-, vor allem aber
ertragsorientiert investieren. Aktuell
mag der Fokus vieler Fondsgesell-
schaften auf ertragsorientierte Fonds
eine Antwort auf das Niedrigzinsumfeld sein. Langfristig kommt dazu die
Herausforderung, durch laufende Erträge aus Fonds ein zusätzliches Alterseinkommen zu sichern. Wir haben daher bereits eine Fondsfamilie mit
Fokus auf laufende Erträge entwickelt.
Mischler (Standard Life) Auch die Umschichtung macht die Rentenoption
unattraktiv, obwohl sie eigentlich für
viele Versicherte sinnvoller wäre. Denn
was passiert? Jahrelang haben sich die
Kunden mit jedem neuen Depotauszug
reich gefühlt und dann sollen sie „ihr“
Geld der Versicherung überlassen und
sich wieder arm fühlen? Das braucht
echt Überwindung, oder? Viel plausibler wäre es, auch bei Rentenbezug zu
splitten. Hier ist „Dein Fondsvermögen“ und hier ist „Deine Versicherung“, die einspringt, wenn die Rentenzahlungen den eigenen Kapitalstock
aufgebraucht haben. Die Sicherheit, im
Alter nie arm werden zu können, ist allerdings nicht umsonst. Sie kostet pro
Jahr soundsoviel Euro Prämie, was aber
transparent zu kommunizieren ist.
Ruß (ifa-Institut) Da es meiner Meinung
nach zu wenig Produktvielfalt in der
Rentenbezugsphase gibt, kann ich
solche - wie ich sie gerne nenne flexiblen Renten nur begrüßen. Denn
bisher haben wir nur für die
Ansparphase eine große
Produktvielfalt. Da gibt es das
passende Produkt für den sicherheitsliebenden Kunden genauso wie für den
Renditejäger. Wenn der Kunde dann
mit 65 oder 70 Jahren eine lebenslange
Rente möchte, bieten aber fast alle Versicherer sehr ähnliche Produkte an.
Aber auch Rentner unterscheiden sich
in ihren Wünschen und in ihrer Risikoneigung. Daher kann auch nicht ein
Produkt zu jedem passen! Produkte
mit mehr Flexibilität nach Rentenbeginn sind ein richtiger und wichtiger
Schritt hin zu mehr Produktvielfalt.
Hansemann (Nürnberger) Dazu passt,
dass branchenweit bisher nur jeder
Zehnte die Rente statt der Kapitalauszahlung als bessere Option betrachtet. Viele Lebensversicherer haben
aber mittlerweile ihre Rentenversicherungsprodukte von der Ein- und
Auszahlungsflexibilität sehr den
Bankprodukten angenähert. Dies gilt
besonders auch in der Rentenbezugsphase, wo jederzeit eine Auszahlung
des Restguthabens möglich ist.
? Woran liegt es, dass Leute das,
was sie langfristig am nötigsten
brauchen, nicht haben wollen?
„Der Zinseszins-Effekt
macht Steuerstundung
zum Rendite-Kicker.“
Marlies Tiedemann weist auf die steuerlichen
Vorteile der fondsgebundenen Produkte hin
Marlies Tiedemann leitet das
Produktmarketing bei der Basler Versicherung
Ruß (ifa-Institut) Das hat viele Faktoren: Viele verkennen den Bedarf eines
lebenslangen Einkommens, weil sie
die eigene Lebenserwartung unterschätzen und weil sie nicht mit einrechnen, dass die statistische Lebenserwartung nichts Fixes ist. Jeder einzelne kann aber ebensogut seinen statistischen Sollwert noch zehn oder
mehr Jahre überleben. Im FußballBild gesprochen, es gibt nach der
zweiten Halbzeit auch in der Realität
noch die Möglichkeit einer Verlängerung und das Elfmeter-Schießen.
Stenger (Fidelity) Beim Thema zweite
Halbzeit können wir als Partner der
Versicherungsbranche helfen und
unsere langjährige Erfahrung in die-
Round Table: Kunden brauchen Sicherheit und Performance Fondsgebundene Policen | 11
sem Bereich zum Beispiel aus den
USA einbringen. Flexibilität in den
Optionen der Ausgestaltung der
Rentenbezugsphase ist hier das entscheidende Stichwort.
Hansemann (Nürnberger) Kein Mensch
fragt sich bei der Kfz-Versicherung,
wie viele Autounfälle er noch haben
muss, um auf zehn Prozent BeitragsRendite zu kommen. Bei der Altersvorsorge dagegen rechnet sich jeder aus,
wie alt er werden muss, damit sich die
Versicherung für ihn bezahlt macht.
Tiedemann (Basler) Auch die meisten
Vergleiche bewerten die Rentenversicherung primär unter dem Aspekt
der Rendite und betrachten sie nicht
als das, was sie eigentlich ist: Eine
Versicherung gegen das Risiko länger
zu leben, als das Geld reicht. Eine
Fehleinschätzung, die übrigens der
Staat mit der Forderung der garantierten Beitragserhaltung in den geförderten Produkten unterstreicht,
obwohl diese prinzipiell keine Alternative zum Rentenbezug vorsehen.
Mischler (Standard Life) Hier muss der
Gesetzgeber sich bewegen, denn die
aktuelle Regelung ist nicht mehr
marktgerecht. In all diesen Produkten
muss Rente bezogen und darf kein Kapital entnommen werden (außer bei
Riester maximal 30 Prozent). Kurzum,
der Gesetzgeber erzwingt Garantien,
von denen die Kunden definitiv nichts
haben und die sie im aktuellen Marktumfeld teuer zu stehen kommen. Es
kommt aber noch besser: Künftig wird
eine Risikoklassifizierung erforderlich,
die sich an potenziellen Ablaufleistungen orientieren soll. Diese bleiben dem
Kundenzugriff entzogen, lenken aber
den Vertrieb in die falsche Richtung.
? Zumindest fördert der Gesetzgeber die private Altersvorsorge
steuerlich recht ordentlich?
Tiedemann (Basler) Ja, Fondspolicen
bieten in dieser Hinsicht enorme Vorteile. Die beiden wichtigsten sind angesichts der langen Laufzeiten, dass
ordentliche Erträge wie Zinsen oder
Dividenden nicht wie bei thesaurierenden Fonds jährlich zu versteuern
sind. Somit mindert der Abfluss der
Abgeltungssteuer nicht laufend den
Depotwert. Ebenso wichtig: Wer einen Fonds auswechselt und dabei realisiert, muss vorläufig keine Steuern
zahlen. Im Fonds mindert die Abgeltungsteuer sofort das Anlagekapital.
Hansemann (Nürnberger) Die Fondspolice bietet also gegenüber der Direktanlage den Vorteil, dass in der Ansparzeit keine Abgeltungsteuer anfällt.
Wählt man dann die Kapitalauszahlung, sind die Erträge nur zur Hälfte
mit dem individuellen Steuersatz zu
versteuern. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Vertrag mindestens
12 Jahre gelaufen sein muss und die
Auszahlung erst nach dem 62. (früher
60.) Lebensjahr erfolgt. Noch viel günstiger ist die steuerliche Situation, wenn
man bei Ablauf statt der Kapitalauszahlung die lebenslange Rente wählt.
Ruß (ifa-Institut) Die Abgeltungssteuer
wird dann sogar total erlassen. Wer al-
so Rente bezieht, zahlt abhängig von
seinem Eintrittsalter nur eine sehr begrenzte Steuer auf den Ertragsanteil.
Das ist sozusagen eine Pauschale auf
die angenommene Rendite, die sein
Vermögen ab Rentenbeginn liefert.
Tiedemann (Basler) Der Abgeltungssteuer-Vorteil bleibt sogar erhalten,
wenn der Versicherte vor Rentenbeginn stirbt. Bei der Direktanlage wird
jede Steuerschuld 1:1 mit vererbt, in
der Fondspolice dagegen in diesem
Fall endgültig erlassen.
Mischler (Standard Life) Vielleicht ein
korrigierender Zusatz zur Einordnung:
Das alles ist kein Geschenk, sondern eine Belohnung für die langfristige Vorausplanung und Vertragstreue. Denn
die Rentenversicherung hat zwei Seiten. Sie schützt den Versicherten vor
individueller Notlage und ist kollektiv
eine Versicherung des Staates vor der
Armut seiner Bürger im Alter.
Das Interview führten Ludwig Riepl und Frank-B Werner
„Lebenslange Renten sind
wichtiger als Performance.“
Jochen Ruß bedauert, dass die meisten den enormen Luxus
von lebenslang garantierten Rentenzahlungen verkennen.
Jochen Ruß ist Geschäftsführer des Instituts für
Finanz- und Aktuarwissenschaften in Ulm