Respekt heisst … … möglichst keine Vorurteile

Kolumne im Glattaler vom 3. Juli 2015
Respekt heisst …
… möglichst keine Vorurteile
Vor kurzem sass ich in einer kleineren
Kafferunde. Zu verschiedensten Themen wurde
eifrig diskutiert, Meinungen gebildet, geurteilt und das eigene
Ergebnis gleich mitgeteilt. Beim Verlassen dieser Runde wurde mir aber bewusst, mit wie wenig
Fakten und Tatsachen unsere Haltung schlussendlich begründet war.
Wie schnell und einfach bilden wir uns doch heute eine Meinung über Ereignisse und Themen, die wir
noch gar nicht richtig erfasst und durchleuchtet haben. Aus der eben geschilderten Erfahrung kann
oder muss ich sogar sagen, auch mir passiert das fast tagtäglich. Ich nehme die Tageszeitung zur
Hand, informiere mich und bilde mir sehr schnell ein Urteil über eine darin beschriebene Situation oder
über eine an anderer Stelle getroffene Entscheidung. Im klassischen Sinn bilde ich mir also bereits ein
eigentliches Vorurteil. Ich bin überzeugt, das passiert nicht nur mir, sondern ist ganz einfach auch eine
menschliche Angewohnheit Vieler.
Nehmen wir jedoch die Bedeutung des Wortes Respekt ernst, so sind wir besser beraten, vor der
Fällung dieses Vorurteils auch die Gründe des Verursachers dazu zu kennen. „Sich umsehen“ oder
auch mit „Anerkennung“ wird in verschiedensten Fachbüchern der Begriff Respekt umschrieben. Dies
heisst aber nicht, sich kein eigenes Urteil bilden zu dürfen. Nein, es heisst ganz einfach, sich nach
Möglichkeit alle Gründe und Überlegungen, die zu einer bestimmten Entscheidung oder Sachlage
geführt haben, anzuhören. Dort, wo dies notwendig und auch möglich ist, das unmittelbare Gespräch
mit den Verantwortlichen suchen.
Dieses Vorgehen zeugt von einem respektvollen Umgang untereinander und einer grundsätzlichen
Anerkennung der Personen, die so ihre Meinung kundgetan haben oder dies auch Kraft ihres Amtes
oder ihrer Stellung mussten.
Meinungsverschiedenheiten der verschiedensten Art hat es immer gegeben und das wird in der
Zukunft nicht anders sein. Fragen wir uns also vor dem nächsten, mit Sicherheit schnell einmal
gefassten Vorurteil zuerst: Was hat zu der getroffenen Entscheidung geführt? Kennen wir alle Fakten?
Wurden andere Lösungen geprüft? Dazu braucht es aber etwas sehr Wichtiges, nämlich respektvolle
Gespräche untereinander. Auch wenn wir schlussendlich die Position des Partners nicht oder nur
teilweise mittragen können, wir haben ihn respektiert und damit als Person anerkannt. Sei es im Beruf
oder in der Freizeit, pflegen wir doch diesen wichtigen Grundsatz wieder vermehrt.
Respekt heisst, „Me mues halt rede mitenand“ – eine alte, von Generation zu Generation übertragene
Weisheit, die hoffentlich auch in Zukunft noch gelten wird.
Werner Benz, Präsident Gewerbe-, Handels- und Industrieverein Dübendorf (GHI), Dübendorf