Walter Dürig, ehem. Kommandant der Flieger

Kolumne im Glattaler vom 31. Juli 2015
Respekt – Begriff mit vielen
Facetten
Respekt vor Gefahren
Im Jahr 1947 bin ich, zusammen mit einem
Bergkameraden, auf einem steilen Gletscher
verunglückt. Es war ein heisser Sommer.
Die Gletscher waren am frühen Morgen glatt wie eine Eisbahn. Um vier Uhr
haben wir die Hütte verlassen. Zwei Stunden später sind wir auf dem Gletscher abgestürzt. Wir waren
beide mittelschwer verletzt. Die Rettungsaktion war damals eine Tortur. Als wir gegen Abend im Spital
Meiringen angekommen waren, empfing uns der Chefarzt mit den Worten: «Dir sid zwee dummi
Cheibe». Wir hatten zu wenig Respekt vor den Gefahren des Gletschers. Junge Menschen wollen oft
ihre Grenzen ausloten. Ich rate ihnen, den Respekt vor den Gefahren, die sie erwarten, immer im
Auge zu behalten.
Respektspersonen
In der Schule, im Beruf und in der Gesellschaft kennen wir alle sogenannte Respektspersonen.
Menschen mit edler Gesinnung und hervorragendem Leistungsausweis, im Grossen oder im Kleinen,
verdienen den Respekt ihres Umfeldes. Solche Menschen leben, insbesondere in der Gesellschaft,
mit Risiken. Wenn sie, vielleicht aus einem nichtigen Grund, ins Visier der Medien geraten, sind sie oft
zu bedauern. Respektspersonen können aber auch einem Machtrausch erliegen. Den
Machtmenschen genügt der Respekt der «Untergebenen» nicht. Sie verlangen «absolute Loyalität»
oder sie beginnen, ihre Macht zu missbrauchen. Der Respekt kann dann rasch in Abneigung,
Widerstand oder Hass mutieren. Dank der Liberalisierung unserer Gesellschaft werden solche Dinge
heute eher beim Namen genannt. Aber sie kommen in Familien und Unternehmungen auch bei uns
noch vor. In der heutigen Welt spielen sich unfassbare menschliche Tragödien ab. Despoten, die vom
Respekt ihrer Anhänger hochgespült wurden, erweisen sich als brutale Verbrecher, die im Namen
einer Religion oder einer Ethnie Dinge tun, bei denen uns der Verstand stillsteht.
Respekt vor der Freiwilligenarbeit
Aus meiner Tätigkeit im ehemaligen Eidgenössischen Militärdepartement habe ich grossen Respekt
vor den Milizangehörigen der Armee aller Grade. Sie engagieren sich selbstlos für die Sicherheit der
Schweiz und für die Freiheit und Unabhängigkeit unseres Landes. Der Milizgedanke, der Wille, sich
für eine Sache ohne Gewinnanspruch zu engagieren, ist einer der höchsten eidgenössischen Werte.
In der Stadt Dübendorf besteht ein leuchtendes Beispiel. Im Flieger-Flab-Museum sind 150 Freiwillige
in zahlreichen Funktionen tätig. Ohne ihren Einsatz wäre der Betrieb der JU-AIR und des Museums
nicht denkbar. Sie verdienen, zusammen mit allen Personen, die eine Freiwilligenarbeit für unsere
Gesellschaft wahrnehmen, den allergrössten Respekt.
Walter Dürig
ehem. Kommandant der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen, ehem. Präsident FDP Dübendorf