Gynäkologie Foto: Fotolia.com - gstockstudio Meistens treten die diffusen Schmerzen im Unterleib kurz vor oder zusammen mit der Menstruation auf. Schätzungen zufolge sind mehr als 15 Prozent aller Frauen von einer Endometriose betroffen. Experten meinen, dass die Diagnose viel zu selten und vor allem zu spät gestellt wird. Schwierig zu diagnostizieren Endometriose B ei der Endometriose siedeln sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) an Stellen im Bauch an, an die sie eigentlich nicht gehören. Meistens sind die Eierstöcke, die Eileiter, die Blase, das Bauchfell oder der Darm betroffen. Ganz selten aber auch andere Organe wie zum Beispiel die Lunge. Die Gewebeherde sind hormonabhängig. Mit dem Regelzyklus der Frau wachsen sie. So verschieden die Orte sind, an denen sich die Gebärmutterschleimhaut ansiedelt, so unterschiedlich kann die Erkrankung ausgeprägt sein. Die Endometrioseherde können klein wie ein Stecknadelkopf sein oder sich zu einer großen blutgefüllten Zyste entwickeln. Verklebungen zwischen Gebärmutter, Eileitern, Eierstöcken, Harnblase und Darm sind ebenfalls möglich. Dr. Thomas Füger, Leiter des zertifizierten klinischen Endometriose-Zentrums der Frauenklinik Dr. Geisenhofer in München: „Die betroffenen Frauen haben oft eine Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich. Denn sie leiden unter sehr unterschiedlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blasen- und Darmproblemen, aber auch verstärkten Periodenblutungen. Häufig steht auch ein unerfüllter Kinderwunsch im Raum. Kaum jemand kommt anfangs auf die Idee, dass eine Endometriose dahinter stecken könnte.“ Ein weiteres Problem: Sind die Frauen endlich in einer Frauenarztpraxis angelangt, erkennt auch der Frauenarzt nicht immer gleich die Ursache für diese oft unspezifischen Unterleibsschmerzen. Die schlimme Folge: Endometriose wird oft erst nach sieben Jahren diagnostiziert. „Endometriose ist nicht leicht zu diagnostizieren“, sagt Dr. Füger. Erste Hinweise auf die Endometriose können zwar eine genaue Befragung sowie eine Tast- und Ultraschalluntersuchung ergeben. Um eine 100-prozentig sichere Diagnose zu fällen, ist aber ein operativer Eingriff nötig, bei dem in den Bauch hineingeschaut und eine Gewebeprobe entnommen wird. „Viele Ärzte zögern sehr lange, bevor sie sich zur Operation entschließen. Natürlich will niemand die Frau unnötig belasten. Wenn aber alles auf eine Endometriose hindeutet, sollte man nach meiner Ansicht diesen Weg gehen – und zwar um der Patientin einen unnötigen Leidensweg zu ersparen“, sagt Dr. Füger. 16 apo_m_016-017.indd 1 09.07.15 11:47 Trotz intensiver Forschung sind die genauen Ursachen für die Erkrankung noch immer unklar. Niemand weiß genau, warum sich die Zellen der Gebärmutterschleimhaut an anderen Stellen ansiedeln. Eine Theorie geht davon aus, dass die Herde bei einer Art „umgekehrten“ Menstruation durch die Eileiter in den Bauchraum gelangen. Andere Wissenschaftler wiederum vermuten Veränderungen im Immunsystem der betroffenen Frauen. Offenbar haben die Frauen Antikörper gegen die Gebärmutterschleimhaut im Blut. Ihr eigener Körper bekämpft somit körpereigenes Gewebe, eine Entzündung entsteht. Die Vererbung scheint ebenfalls eine Rolle zu spielen, da die Erkrankung in manchen Familien gehäuft auftritt. Es gibt mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Welche Behandlung gewählt wird, ist vom Ausmaß der Beschwerden sowie vom Lebensalter der Patientin abhängig. Ein eventuell bestehender Kinderwunsch muss ebenfalls berücksichtigt werden. Ein Überblick: Foto: Fotolia.com - gstockstudio Medikamentöse Therapie Deutet vor allem bei jungen Frauen nach einer genauen Befragung, Tast- und Ultraschalluntersuchung alles auf eine Endometriose hin, ist eine Hormontherapie in der Regel der erste Therapieversuch, um die Beschwerden zu lindern. „Die Frau bekommt eine gestagen-betonte Pille. Damit verschwinden zwar die Endometrioseherde nicht, aber der Patientin geht es besser. Gleichzeitig ist die Verhütung gewährleistet“, sagt Dr. Füger. Operation Bei einer schweren Endometriose oder unerfülltem Kinderwunsch steht die operative Therapie im Vordergrund. Dabei wird versucht, die Endometrioseherde möglichst komplett zu entfernen. Die Operation wird immer schonend minimalinvasiv durchgeführt. Über winzig kleine Schnitte führt der Arzt eine Videooptik (Laparoskop) in den Bauch ein und kann nun die gesamte Bauchhöhle untersuchen. Dr. Füger: „Die Endometrioseherde erkennt man als kleine bräunliche, blaue oder auch rote Punkte auf den Geweben. Sie werden dann gleich entfernt. Auch durch Endometriose bedingte Veränderungen wie Verwachsungen oder Verklebungen von Organen können beseitigt werden.“ Damit die Endometrioseherde nach der Operation mit dem nächsten Monatszyklus nicht wiederkommen, schließt sich als weitere Behandlung manchmal eine Hormontherapie an. Bis vor einigen Jahren war es noch üblich, sogenannte GnRH-Analoga als monatliche Injektion anzuwenden. Diese unterdrücken die Bildung der Östrogene im Eierstock und führen meist recht schnell zu einer Beschwerdefreiheit. Da jedoch damit ein Östrogenmangel erzeugt wird, litten betroffene Frauen dann meist unter heftigen Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Dr. Füger: „Meistens verschreibt der Arzt heute daher eine normale Antibabypille, die ohne Pause eingenommen werden sollte. Alternativ kann ein synthetisches, speziell für die Endometriose dosiertes Gelbkörperhormon verschrieben werden. Dieses wird ebenfalls täglich eingenommen. Die Schmerzen lassen unter dieser Therapie nach, eine Blutung findet nicht statt.“ Zusätzlich haben sich diese natürlichen Methoden als begleitende Therapie bewährt Bewegung ● Sport ist auch bei dieser Erkrankung gesund, denn er normalisiert den Hormonspiegel. Empfehlenswert ist dreimal wöchentlich eine Stunde. Entspannung ● Durch Stress verspannt der Bauch noch mehr. Daher sind Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga zu empfehlen. Ernährungsumstellung ● Die Patientinnen sollten weniger tierische Produkte wie Fleisch oder Milch verzehren, denn sie enthalten entzündungsfördernde Botenstoffe. Stattdessen empfiehlt es sich, mehr Rohkost, Gemüse und Obst zu essen. Diese enthalten auch Vitamine und Spurenelemente. Wichtig ● Betroffene Frauen sollten sich genau beraten lassen und sich möglichst an ein zertifiziertes Endometriose-Zentrum wenden. Dort ist man auf die Krankheit spezialisiert. Dr. Füger: „Zertifizierte Zentren verfügen nicht nur über umfassende Erfahrung, sondern sie müssen auch bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Jährlich sind diese Zentren zur Dokumentation der Krankheitsfälle verpflichtet.“ Weitere Infos auch unter: www.endometriose-vereinigung.de www.endometriose-liga.eu Unser Experte Dr. Thomas Füger Leiter des zertifizierten klinischen Endometriose-Zentrums der Frauenklinik Dr. Geisenhofer, München www.geisenhoferklinik.de 17 apo_m_016-017.indd 2 09.07.15 11:47
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