28 Beratung … die Agentur beziehungsweise ein Finanzvertrieb oder ein Servicecenter des Versicherers. Und das, oobwohl der Kunde sich einen Makler zur Beratung gesucht hatte. Einige Versicherer ignorieren auf diese Weise noch immer den Willen ihrer Kunden. Schon vor zwei Jahren hatte der Bundesgerichtshof ein Machtwort zur Korrespondenzpflicht gesprochen, jetzt haben zwei Oberlandesgerichte weitere Ohrfeigen für den HDI und die Aachen-Münchener verteilt, allerdings bleibt noch eine Frage offen. HDI auch in zweiter Instanz gescheitert Gegen wollte weiter dieren die Entscheidung hat der HDI Berufung eingelegt. Er vor dem Oberlandesgericht Celle erreichen, dass man unmittelbar mit dem Versicherungsnehmer korrespondarf, auch wenn dem Versicherungsmakler vom Kunden „Mit falschen Betreuerangaben wird nicht nur der Kunde in die Irre geleitet, sondern auch andere Verkehrskreise.“ Michael Otto Otto Assekuranzmakler eine Postempfangsvollmacht erteilt wurde und der Makler den Schriftverkehr über sein Büro erbeten hat. Doch schon in seinem Hinweisbeschluss vom 31. März 2015 wiesen die Richter darauf hin, dass die Berufung des HDI in Sachen Postempfangsvollmacht Ausgabe 04_August/September 2015_portfolio international Es betreut Sie weiterhin ... Bild: stockphoto Den Versicherungsmakler Michael Otto kennen aufmerksame Leser schon länger. Er hat mit seiner Firma Otto Assekuranzmakler KG in Isernhagen bei Hannover schon manchen Versicherer vor Gericht gebracht und zum Nachdenken über den Umgang mit Maklern angeregt. „Der streitbare Michael Otto“ (siehe Ausgabe 3/2013), lautete deshalb der Titel einer Geschichte um den Streit mit der DKV Deutsche Krankenversicherung, die in Sachen Korrespondenzpflicht und falschen Betreuungshinweisen in der Kundenkorrespondenz erst nach mehreren Prozessen, die Otto gewonnen hat, eingelenkt hatte. Nun ist Otto wieder mal aktiv geworden, diesmal gegen die HDI Lebensversicherung. Der Versicherer hatte in seinem Kundenanschreiben eigene Vertriebs- und Betreuungsorganisationen als Ansprechpartner benannt, obwohl Makler Otto mit diesem Kunden Versicherungen und einen Maklervertrag abgeschlossen hatte und schon deswegen als Ansprechpartner hätte genannt werden müssen. Als der HDI später die Courtagezusage kündigte, nannte er nur noch die eigenen Vertriebspartner als Kontakt für den Bestandskunden. Dagegen wehrte sich Otto und reichte schließlich eine Unterlassungsklage ein. Das Landgericht Hannover gab dem Makler im Juni 2014 Recht und verurteilte den HDI auf Unterlassung, weil durch die falschen Ansprechpartner der Makler in seiner Arbeit behindert und der Kunde gezielt über seinen richtigen Ansprechpartner getäuscht wird (Az.: 23 O 102/13). Das Gericht ging sogar noch einen Schritt weiter. Da Otto sich zusätzlich vom Kunden eine Postvollmacht ausstellen ließ, damit sämtlicher Schriftverkehr des HDI mit dem Kunden direkt über ihn läuft, der HDI diese Vollmacht jedoch unterlief, sahen die Richter auch hier eine spürbare Beeinträchtigung und untersagten dem HDI fortan den Direktkontakt zum Kunden. zurückzuweisen ist. Im späteren Beschluss des OLG Celle vom 10. Juni 2015, der einem Teilurteil gleichkommt, bestätigte das Gericht die Korrespondenzpflicht: Die Entscheidung des Kunden, Versicherungsangelegenheiten an einen Dritten zu delegieren, „muss der Versicherer grundsätzlich respektieren“ (Az.: 13 U 119/14 – rechtskräftig). Allerdings glauben die Richter, dass die Angabe der Adresse des HDI-Servicecenters in Kundenanschreiben – statt Ottos Adresse – keine Irreführung des Kunden sei. Über diesen einen Punkt (fehlerhafte Betreuungsangabe) soll am 29. September mündlich verhandelt werden. Otto erwartet, dass der HDI in Kundenanschreiben ausschließlich einen Betreuungshinweis auf ihn abgibt. Er hat gute Aussichten, dass das Gericht auf seine Argumentation einschwenkt, denn „mit falschen Betreuerangaben wird nicht nur der Kunde in die Irre geleitet, sondern auch Mitversicherte und andere Verkehrskreise“, so Otto. Dem Makler Otto, Vorstand der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM), hat die IGVM nicht nur finanzielle Hilfe geliefert, sondern für den Termin in Celle kurzfristig auch neue Argumente und Rechtsprechung, indem sie ein anderes Mitglied in ähnlicher Weise vor dem Oberlandesgericht Nürnberg unterstützte. Mit Erfolg: Am 30. Juni 2015 hat das OLG Nürnberg einem Versicherer mit Sitz in Aachen sinngemäß untersagt, zu Zwecken des Wettbewerbs in seinen Schreiben an Kunden unter der Rubrik „Es betreut Sie“ den Berater des Beratung eigenen Allfinanzvertriebes zu benennen, wenn der Kunde einen Vertrag mit einem Versicherungsmakler geschlossen und der dem Versicherer eine entsprechende Vollmacht vorgelegt hat (Az.: 3 U 2086/14 – nicht rechtskräftig). Zugleich wurde dem Versicherer sinngemäß untersagt, auch auf Versicherungsscheinen unter der Rubrik „Ihr persönlicher Ansprechpartner“ den Berater eines eigenen Allfinanzvertriebes zu benennen, wenn der Kunde einen Maklervertrag geschlossen und der Makler dem Versicherer eine entsprechende Vollmacht vorgelegt hat. Die Assekuranz darf bei Kunden also nicht für konzerneigene Berater werben, die AachenMünchener etwa nicht mit der DVAG. Aachen-Münchener muss umdenken Erstritten hat das Urteil Dr. Sebastian Lux von der Nürnberger Kanzlei Dr. Wiedemann, Dr. Bronnenmeyer, Dr. Zeug, Datzer und Kollegen für seinen Mandanten, die Thummet Versicherungsmakler GmbH (Heroldsberg). Thummet, selbst IGVM-Mitglied, war in der Vergangenheit das Verhalten mehrerer Versicherer ein Dorn im Auge, die sich wenig um den Kundenwillen scherten und trotz vorgelegter Maklerverträge in Anschreiben und Vertragsunterlagen als Betreuer oder Ansprechpartner Strukturvertriebe wie die DVAG oder Ausschließlichkeitsorganisationen nannten. Da solches Vorgehen meist bundesweit erfolgt, ließ das OLG Nürnberg auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu. Das Besondere am Urteil, das sich vorwiegend um eine Wohngebäudepolice drehte: Das OLG Nürnberg hat die Argumente potenzieller Irreführungsmomente genau so gesehen, wie der Makler sie über seinen Anwalt vorgebracht hatte. Die Richter bestätigten, dass durch die Verwendung von „Ihr Betreuer“ und „Ihr persönlicher Ansprechpartner“ die maßgeblichen Verkehrskreise in die Irre geführt werden können. „Das Gericht sieht, wie wir, eine Irreführung darin, weil die Verkehrskreise glauben könnten, dass anstelle des Versicherungsmaklers der Vertreter des Versicherers tritt. Weiterhin sieht das Gericht eine Irreführung, weil die Verkehrskreise davon ausgehen werden, dass der Vertreter des Versicherers über den Versicherungsvertrag des Kunden Bescheid weiß, was er aber mangels Daten nicht kann“, betont Rechtsanwalt Sebastian Lux mit Bezug auf das Urteil. Dort heißt es wörtlich: „Es handelt sich dabei um eine zur Täuschung geeignete Angabe über die wesentlichen Merkmale der Dienstleistung wie den Kundendienst. Hierzu zählen alle nachvertraglichen Serviceleistungen.“ Das OLG Nürnberg hat damit als erstes Gericht in vollem Umfang den Standpunkt der Makler bestätigt. Nennung des falschen Betreuers führt in die Irre Manche Versicherer berufen sich gern darauf, dass sie laut Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gezwungen seien, den Kunden permanent zu beraten, es sei denn, der Kunde verzichtet schriftlich auf die Beratung durch den Versicherer (Paragraf 6 Absatz 4 VVG). Auf die Vorlage dieser Beratungsverzichtserklärung des Kunden kommt es nach Auffassung des OLG Nürnberg aber gar nicht an. Begründung: Ein solcher Verzicht ist für den Fall entbehrlich, wenn ein Makler von Anfang an den Kunden betreut und die Beratungspflicht des Versicherers ohnehin ausscheidet (Paragraf 6 Absatz 6 VVG). Allerdings lässt das Urteil offen, ob der Versicherer weiter eigene Betreuer nennen darf, wenn die per Maklervertrag übernommene Police von einem anderen Vertrieb abgeschlossen worden war. Damit wollen Versicherer wohl die Ansprüche ihrer Ausschließlichkeitsorganisationen auf Betreuungsentgelt weiter alimentieren und zugleich dem eigenen Vertrieb 29 die Tür zum Kunden offenhalten. Ein BGH-Urteil steht noch aus. Interessant ist die Position des OLG Nürnberg dazu. Über die historisch angeknüpfte Argumentation zum „Betreuer“ erkennen die Richter hier ein Irreführungspotenzial in der konkreten Angabe des Strukturvertriebskontaktes. Sähe das gegebenenfalls der BGH auch so, müssten sich die Versicherer in der Folge sehr gut überlegen, wenn sie besonders vertrauenserweckende Formulierungen verwenden wollen. Im konkreten Fall verhängte das OLG Nürnberg für den Wiederholungsfall 250.000 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft oder am Vorstandschef des jeweiligen Versicherers zu vollziehende Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Irreführende falsche Betreuungshinweise führen zu erheblichem Mehraufwand: Kunden rufen an und fragen, was da los ist. Doch damit nicht genug. Im Schadenfall führt diese Täuschung womöglich auch dazu, dass wichtige Unterlagen beim falschen Vermittler eingereicht werden und der eigentliche Makler nur lückenhafte Informationen besitzt, was im Extremfall zu Nachteilen für den Kunden und zu unnötigen Haftungsrisiken für den Makler führt. „Mit gezielter Falschinformation wird die Makler-Kunden-Beziehung gestört“, sagt Rechtsanwalt Dr. Carsten Hoppmann von der Kanzlei Brandi Rechtsanwälte, die den Makler Michael Otto vor dem OLG in Celle vertritt. „Es ist eine Irreführung, wenn anstelle des Versicherungsmaklers ein Vertreter des Versicherers in Erscheinung tritt.“ Sebastian Lux, Kanzlei Dr.Wiedemann und Kollegen Zu den hartnäckigsten Verweigerern der Kundenkorrespondenz über Makler gehört der Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster (LVM). In letzter Instanz entschied der BGH am 29. Mai 2013, dass generell eine vertragliche Nebenpflicht des Versicherers besteht, die Korrespondenz mit einem vom Kunden eingeschalteten Makler zu führen (Az.: IV ZR 165/12). LVM und kein Ende Der BGH entschied in Sachen LVM zugleich zur einzigen Ausnahmesituation, in der die Korrespondenzpflicht nicht gilt: wenn dies für den Versicherer im Einzelfall unzumutbar wäre, etwa weil es sich bei dem eingeschalteten Makler um einen ehemals bei diesem Versicherer „beschäftigten“ Ausschließlichkeitsvertreter handelte oder aber der Kunde dem Makler keine umfassende, sondern lediglich eine begrenzte Vollmacht erteilt hatte. „Es genügt eine Einzel- oder Spartenvollmacht“, meint IGVM-Vorstand Wilfried E. Simon und ergänzt: „Keinesfalls müssen Makler als Poststelle des LVM oder anderer Versicherer fungieren.“ Daher empfiehlt er, im Anschreiben an Versicherer deutlich zu machen, dass das Mandat auf einen oder genau bestimmte Verträge begrenzt ist. Das kann Makler Otto nicht passieren: Er will immer jedes Dokument in Urschrift vom Versicherer erhalten und lässt sich dazu von jedem Kunden in vollem Umfang bevollmächtigen. Spannender Nebeneffekt: Somit hat er inzwischen auch eine dicke Mappe mit Verstößen von verschiedenen Versicherern, die er von Fall zu Fall dann auch vor Gericht bringt. Detlef Pohl portfolio international_August/September 2015_Ausgabe 04
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