Lösungsskizze Einheit 1

Tutorium Erasmus Strafrecht AT
Katharina Baunach
Einheit 1
Die Fallbearbeitung – das Gutachten – die Subsumtion
Lösungsskizze
Beispiel 1
A könnte den objektiven Tatbestand des § 303 I StGB verwirklicht haben, indem er das Buch der B
zerriss.
I. Tatobjekt = Fremde Sache



Def.: Sache = jeder körperliche Gegenstand
Das Buch ist ein körperlicher Gegenstand und von seiner Umgebung räumlich
abgrenzbar. Somit stellt es eine Sache dar.
Def.: Fremd = eine Sache, wenn sie zumindest im (Mit-)Eigentum eines anderen
steht; Das Buch gehört der B und ist somit für A fremd.
II. Tathandlung = Beschädigen/ Zerstören




Def.: Beschädigen = Jede nicht ganz unerhebliche Kraftentfaltung auf eine Sache,
durch die ihre stoffliche Zusammensetzung verändert oder ihre Unversehrtheit
derart aufgehoben wird, dass die Brauchbarkeit für ihre Zwecke gemindert ist
Durch das Zerreißen des Buches wird die stoffliche Zusammensetzung verändert und
ihre Unversehrtheit aufgehoben, sodass die Brauchbarkeit des Buches vermindert ist.
Def.: Zerstören = eine so erhebliche Beschädigung, dass die Sache für ihre Zwecke
völlig unbrauchbar wird
Durch das Zerreißen des Buches ist es nicht mehr zum Lesen zu gebrauchen, sodass
eine Zerstörung vorliegt.
III. Taterfolg: A hat eine für ihn fremde Sache, das Buch der B, beschädigt und zerstört.
IV. Kausalität = eine Handlung ist kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der
Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Hätte A das Buch der B nicht zerrissen, wäre es weder beschädigt noch zerstört worden,
sodass sein Handeln kausal für den Erfolg war.
V. Objektive Zurechnung = Der Taterfolg ist dem Täter objektiv zurechenbar, wenn dieser eine
rechtliche relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert hat
Durch das Zerreißen des Buches hat A die Gefahr geschaffen, dass das Buch beschädigt wird.
Der Erfolg ist ihm somit auch objektiv zurechenbar.
Tutorium Erasmus Strafrecht AT
Katharina Baunach
VI. Ergebnis: A hat den objektiven Tatbestand des § 303 I StGB verwirklicht.
Beispiel 2
A könnte den objektiven Tatbestand des § 303 I StGB verwirklicht haben, indem er ein Loch in den
Eimer der B gemacht hat.
I. Tatobjekt = fremde Sache

Der Eimer der B ist für A eine fremde Sache
II. Tathandlung = beschädigen/ zerstören


Beschädigen (+)  Loch im Eimer verändert Substanz und mindert Brauchbarkeit
Zerstören (+/-)  je nachdem, wo das Loch im Eimer ist
III. Kausalität (+)
IV. Objektive Zurechnung (+)
V. Ergebnis: A hat den objektiven Tatbestand des § 303 I StGB verwirklicht.
Beispiel 3
A könnte den objektiven Tatbestand des § 303 I StGB verwirklicht haben, indem er die Haare der B
abschnitt.
I. Tatobjekt = fremde Sache

Sache = jeder körperliche Gegenstand. Gegenstand ist alles, was Objekt von Rechten
sein kann. Haare, die noch mit dem Körper verbunden sind, sind Körperteile. An
ihnen können keine Rechte begründet werden. Somit handelt es sich bei Haaren
nicht um Sachen.
II. Ergebnis: T hat den objektiven Tatbestand des § 303 I StGB verwirklicht.
Beispiel 4
A könnte den objektiven Tatbestand des § 223 I StGB verwirklicht haben, indem er der B die Haare
herausriss.
I. Tatobjekt = andere Person: B ist eine andere Person als A (+)
II. Tathandlung = körperliche Misshandlung/ Gesundheitsschädigung




Def.: Körperliche Misshandlung = Jede üble unangemessene Behandlung durch die
das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht unerheblich
beeinträchtigt wird
B hatte Schmerzen. Hierdurch ist das Körperempfinden der B beeinträchtigt worden.
Nach dem Ausreißen fehlte der B ein Büschel Haare. Durch das Ausreißen ist es also
zu einer Substanzveränderung gekommen. Folglich ist der Zustand körperlicher
Integrität verändert worden. Die körperliche Unversehrtheit ist beeinträchtigt
worden. B hat infolge der Schmerzen laut aufgeschrien. Die Schmerzen waren also
relativ stark. Folglich war die Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens mehr
als nur unerheblich
Def.: Gesundheitsschädigung = Das Hervorrufen oder die Steigerung eines
pathologischen, d.h.krankhaften Zustandes, unabhängig von seiner Dauer. Krankhaft
ist jeder nicht unerheblich vom körperlichen Normalzustand negativ abweichender
Zustand
Durch das Ausreißen erleidet B Schmerzen. Der Normalzustand eines Menschen ist
es, frei von Schmerzen zu sein. Der körperliche Ist-Zustand weicht somit vom
körperlichen Normalzustand ab.
III. Kausalität (+)
IV. Objektive Zurechnung (+)
V. Ergebnis: A hat den objektiven Tatbestand des § 223 I StGB verwirklicht.