Predigt zu 1. Korinther 4,1-51 Was denkst du denn von mir?

Predigt zu 1. Korinther 4,1-51
Textlese („Neues Leben“):
 Paulus und die Korinther
1 Ihr sollt in uns Diener von Christus sehen, denen die Aufgabe anvertraut wurde, Gottes Geheimnisse zu
erklären.
2 Nun erwartet man von einem Menschen, dem ein Amt anvertraut wurde, dass er treu ist.
3 Wie ist das nun bei mir? Bin ich treu gewesen? In dieser Frage spielt es kaum eine Rolle, was ihr oder sonst
irgendjemand denkt, ja ich vertraue in diesem Punkt nicht einmal meinem eigenen Urteil.
4 Mein Gewissen ist zwar rein, doch das ist nicht entscheidend. Es ist der Herr selbst, der mich prüft und
darüber zu entscheiden hat.
5 Deshalb hütet euch, voreilige Urteile über den Glauben anderer zu fällen, bevor der Herr wiederkommt.
Wenn der Herr kommt, wird er unsere tiefsten Geheimnisse ans Licht bringen und unsere verborgensten
Beweggründe offenbar machen. Und dann wird Gott jeden so loben, wie es ihm zusteht.
Was denkst du denn von mir?
Viele kennen diesen in der Regel empört ausgesprochenen Satz, der heißen soll:
„Du traust mir doch nicht etwa so etwas (Schlechtes) zu?“ oder – „Du erwartest doch nicht von mir, dass ich
sowas mitmache?“ oder…
So mancher von uns fühlt sich im Leben leicht einmal ungerecht eingeordnet oder zu Unrecht für etwas
verantwortlich gemacht. So manches wird uns zugetraut, was wir uns selbst nicht zutrauen würden (oft im
negativen Sinn – „…dem ist manches zuzutrauen“).
Als Paulus diesen Brief nach Korinth schrieb, ging es ihm zumindest so: er hatte mit so einigen nicht gerade
netten Unterstellungen aus der Gemeinde zu tun, die doch nicht unwesentlich durch seine Arbeit entstanden
war – zumindest menschlich betrachtet.
Inzwischen fiel das Urteil mancher Gemeindemitarbeiter in Korinth aber zu seinen Ungunsten und zugunsten
anderer Missionare aus, die anscheinend besser reden oder auf andere Weise mehr begeistern konnten.
Wie reagiert nun Paulus? Keine Entrüstung, kein beleidigtes „Was denkt ihr denn von mir (bzw. von uns als
Team)!“ ist hier zu lesen – sondern eine vierfache Denk-Hilfe:
Wenn ihr schon urteilt, dann bitte die richtigen Maßstäbe an uns anlegen.
Eigentlich spielen unsere Urteile über uns selbst (wie toll oder nicht toll wir uns finden) und über Andere (wie
geeignet oder zuverlässig oder glaubwürdig wir diese finden) keine entscheidende Rolle.
Jesus Christus selbst ist der entscheidende Prüfer.
Wir sollten uns voreilige Urteile über den Glauben anderer verkneifen, denn Jesus Christus wird am Ende mit
seinen Engeln über „Lob“ oder „Tadel“ entscheiden.
Macher fragt sich inzwischen:
Was soll das jetzt in der Adventszeit, zum Taufgedächtnis heute in Reinsdorf? Passt scheinbar gar nicht dazu
und doch können wir Hilfreiches für uns hier und heute entdecken…
Drei Gedanken sollen uns dabei helfen:
1
Gehalten am Sonntag, den 13.12.2015 (3. Advent) in der Ev.-luth. Kirche in Reinsdorf
Autor: Dipl.-Rel.-päd. Lutz Günther
An der Bublika 6 |08321 Zschorlau
Email: [email protected]
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 Was denkst du denn von mir…
 Ich bin getauft, damit ist alles gesagt…!?
 Ich bin getauft, keiner hat mich gefragt…
 Ich bin getauft – jetzt wird etwas gewagt!
 Ich bin getauft, damit ist alles gesagt…!?
Es wird ja heute in vielen Zusammenhängen in christlichen Kreisen heiß diskutiert, wann denn der richtige
Zeitpunkt für die Taufe ist – bei einem kleinen, neugeborenen Kind oder erst bei einem Menschen, der in der
Lage ist, sich das selber zu wünschen. Nicht Wenige sind da sogar grundsätzlich in die eine oder andere
Richtung festgelegt. Das soll heute nicht unser Thema sein – wohl aber die Frage: Was bedeutet denn die
Taufe für mich? Was erwarte ich davon/ was habe ich davon?
Wer für sich sagen würde: „Ich bin getauft, damit ist alles gesagt!“ – sagt damit eine Menge darüber aus, was
ihm/ ihr die Taufe bedeutet: mit der Taufe bin ich im Grunde im Himmel registriert und habe die „himmlische
Staatsbürgerschaft“ (oder soll ich aus aktuellen Gründen sagen: „das himmlische Asylrecht“) sicher. Diese
Meinung ist weitverbreitet aber dennoch nicht ganz vollständig…
Richtig ist, dass ich durch die Taufe das Recht erwerbe, zu Gottes großer Familie zu gehören und die Zusage
Gottes bekomme, mir dabei mit aller Kraft des Himmels zu helfen.
Wichtig ist, dass mir dieses Recht nur dann etwas nützt, wenn ich es einlöse…
Zum besseren Verständnis: Wenn ich eine Million im Lotto gewonnen habe, bin ich rechtmäßiger Gewinner.
Aber es kommt nicht ein einziger Cent von allein zu mir – ich kann nicht mit dem Lottoschein einen Porsche
oder die Traumvilla kaufen… Ich muss schon zum Lotteriebüro gehen und den Schein einlösen…, mir den
Gewinn auszahlen lassen…
Logisch, im „Lotto-Normalfall“ würde das jeder machen. Nur selten löst einer seinen Gewinn nicht ein, z.B.
weil er gar nicht mitbekommen hat, was er für einen Gewinn da gemacht hat…
Man kann die Taufe ganz gut damit vergleichen: die Taufe ist der Berechtigungsschein zum Hauptgewinn für
jedes Menschenleben: mit Gott, dem Schöpfer der ganzen Welt, zusammenleben und über seine
Unterstützung ein Leben lang und in Ewigkeit verfügen zu dürfen. Sozusagen eine „Flatrate der Güte Gottes“
Deshalb ist die Taufe auch immer nur der Anfang. Entscheidend ist, was ich daraus mache… Vertraue ich
darauf, dass Gott auch für mich da ist? Erwarte ich, dass er mit mir mitgeht, wenn ich aus dem Hören auf
seine Wegweisungen menschliche Sicherheiten aufgebe? Bin ich mir im Klaren, dass ich meinen
Hauptgewinn nur persönlich bei Gott einlösen kann, indem ich mit ihm lebe?
In der Bibel lesen wir, was Jesus Christus den ersten Christen, seinen Jüngern, aufgetragen hat (nach
Meinung vieler gilt das bis heute als Auftrag für alle Christen):
"Gehet hin… und tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie
halten alles, was ich Euch geboten habe." (Mt 28,19)
„Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ (Mk
16,16)
 In beiden Sätzen steckt die Botschaft: Nicht nur getauft sein, sondern Taufe leben ist angesagt…
Autor: Dipl.-Rel.-päd. Lutz Günther
An der Bublika 6 |08321 Zschorlau
Email: [email protected]
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 Ich bin getauft, keiner hat mich gefragt…
Die Fragen oder Vorwürfe, die hinter dieser Aussage stehen, hat sich der eine oder die andere schon gestellt:
Was soll ich mit so einem religiösen Ballast nur anfangen? Wozu brauch ich sowas? Was, wenn es diesen
Gott gar nicht gibt? Und so weiter…
Zwei Impulse fallen mir dazu ein:
1. Wie offen ist es denn nach außen erkennbar, dass ich getauft bin? – Keiner muss auf der Stirn ein Symbol
tragen, das mich so kennzeichnet. Zumindest bei uns in Deutschland wird auch niemandem an die
Hauswand ein „C“ gesprüht oder gemalt, das dann wie in vom IS besetzten Gebieten des Irak oder
Syriens bei den Christen das arabische „N“ aussagt: „Vorsicht – hier wohnen uneinsichtige Christen, die
keine Muslime werden wollen.“
2. Wo ist das Problem, wenn mir jemand anders meine „Hauptgewinn“-Berechtigung schon mal gesichert
hat? Wenn ich meine, das nicht zu brauchen, löse ich´s einfach nicht ein – basta! Dann könnte ich aber
auch darüber nachdenken, ob ich solche Werbeveranstaltungen für die Hauptgewinnverteilung
(Advent…?) überhaupt noch brauche. Wozu auf die Preisverleihung vorbereiten, wenn ich nicht dabei
sein will?
 Ich bin getauft – jetzt wird etwas gewagt!
Wer sich im vorhergehenden Gedankengang wiedergefunden hat, kann sich zumindest innerlich jetzt
zurücklehnen – was jetzt kommt, betrifft nur Menschen, die dem Gewinnversprechen Gottes vertrauen…
Wie der Paulus damals, mit dem wir ja eigentlich in die Predigt gegangen waren, sollte jeder von uns
irgendwann eine Entscheidung treffen, wie sie/ er mit Gott umgehen will:
Hat die Taufe für mich wirklich die Bedeutung, damit zu Gottes Hauptgewinnern zählen zu können, dann tue
ich alles, um an Gott dranzubleiben. Für Paulus und seine Freunde hieß das damals z. B., zu „Dienern Christi“
zu werden, die anderen Menschen helfen, Gott besser zu verstehen. Paulus nahm diese Aufgabe ernst, aber
dabei den Mund nicht zu voll… Er schrieb sinngemäß: „Ob ich meinen Job gut mache, lasse ich mir weder von
anderen sagen, noch wage ich mir selber darüber ein Urteil. Ich tue einfach mein Bestes und überlasse Jesus
die Verantwortung, den Glauben der Leute (einschließlich dem meinen) zu beurteilen.“
Mit anderen Worten – wenn ich auf Gott in meinem Leben Wert lege, kann ich eigentlich nur einen
entscheidenden Fehler machen: mich mit meinem „Tauf-Gutschein“ an einem sicheren Ort (meine Kirche,
mein Zuhause…) verkriechen und aus Angst vor Fehlern lieber nichts zu machen.
Zur Erinnerung: Paulus schreibt:
„3 Wie ist das nun bei mir? Bin ich treu gewesen? In dieser Frage spielt es kaum eine Rolle, was ihr oder sonst
irgendjemand denkt, ja ich vertraue in diesem Punkt nicht einmal meinem eigenen Urteil.
4 Mein Gewissen ist zwar rein, doch das ist nicht entscheidend. Es ist der Herr selbst, der mich prüft und
darüber zu entscheiden hat.
5 Deshalb hütet euch, voreilige Urteile über den Glauben anderer zu fällen, bevor der Herr wiederkommt.
Wenn der Herr kommt, wird er unsere tiefsten Geheimnisse ans Licht bringen und unsere verborgensten
Beweggründe offenbar machen. Und dann wird Gott jeden so loben, wie es ihm zusteht.“ (1. Kor 4,3-5)
In diesem Sinne hat die Tauferinnerung oder das „Taufgedächtnis“, wie wir es nennen, eine große
Bedeutung:
Wir erinnern uns daran, unseren Hauptgewinn nicht zu vergessen, sondern diesen durch ein Leben in
Verbindung mit Gott einzulösen und das Ganze unter seinem Segen, mit seiner Kraft zu tun!
Ich finde, das ist es Wert, es immer wieder zu tun!
Amen!
Autor: Dipl.-Rel.-päd. Lutz Günther
An der Bublika 6 |08321 Zschorlau
Email: [email protected]
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