Entscheidung des Sozialgerichts Berlin: Mehrere Monate Wartezeit

Nachrichten
KV-Blatt 09.2015
Entscheidung des Sozialgerichts Berlin
BGH-Urteil
Mehrere Monate Wartezeit auf
Psychotherapie sind zumutbar
GEMA-Verträge
überflüssig
Wer ohne Zustimmung seiner Krankenkasse eine private Psychotherapie
beginnt, läuft Gefahr, auf den Behandlungskosten sitzen zu bleiben. Auch in
dringenden Fällen ist der vorgeschriebene Weg zur vertragsärztlichen Versorgung seitens der Patienten einzuhalten.
Zu dieser Entscheidung kam das Sozialgericht Berlin Ende Juli 2015.
Ärzte und Psychotherapeuten dürfen
in ihren Praxen Hintergrundmusik aus
dem Radio laufen lassen, ohne dafür
Gebühren an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische
Vervielfältigungsrechte (GEMA) zahlen zu müssen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung
(KBV) rät Niedergelassenen, bereits
mit der GEMA abgeschlossene Verträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt
zu kündigen. Bei Praxisneugründungen
sollen sich die Ärzte nicht auf neue
Lizenzverträge einlassen und Zahlungsaufforderungen mit Verweis auf das
Urteil ablehnen. Die KBV weist jedoch
alle Ärzte und Psychotherapeuten
darauf hin, dass die GEMA-Gebühren
nicht mit den Rundfunkbeiträgen (GEZ)
zu verwechseln seien. Diese würden
auch weiterhin fällig, wenn in Praxisräumen Radios, TV-Geräte etc. betrieben
würden. (AZ: BGH I ZR 14/14)
KBV/red
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Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller aufgrund einer schwerwiegenden
Depression im Dezember 2014 mit
einer Psychotherapie begonnen; allerdings hatte er zum einen vor Beginn
der Behandlung die geplante Therapie
nicht bei seiner Krankenkasse beantragt,
zum anderen war die behandelnde Therapeutin nicht zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen. Dessen ungeachtet beantragte er im Nachhinein
die Kostenübernahme für die Psychotherapie bei seiner Krankenkasse, was
diese jedoch ablehnte. Daraufhin zog
der Antragsteller vor das Sozialgericht
Berlin, um über eine einstweilige Anordnung die Krankenkasse zur Kostenübernahme zu verpflichten.
Die zuständige Kammer begründete ihre
Entscheidung wie folgt: „Auch im Notfall darf ein gesetzlich Krankenversicherter eine nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Psychotherapeutin
nur dann in Anspruch nehmen, wenn
er auf eine Akutbehandlung angewiesen
und ein zugelassener Therapeut nicht
erreichbar ist.“ Der Antragsteller bedürfe
einer Behandlung, allerdings folgte das
Gericht nicht seiner Argumentation,
diese sei akut und dringend zu erbringen; schließlich bestünde seine Depression seit 2011, mit der Behandlung aber
habe er erst Ende 2014 begonnen, mit
einer Frequenz von einer Sitzung pro
Monat. Die in Sachen Psychotherapie
übliche Wartezeit von mehreren Monaten bis zum Beginn einer Behandlung,
die mit dem im Juli 2015 verabschiedeten GKV-VSG verkürzt werden soll, sei
dem Antragsteller zuzumuten, so das
Sozialgericht Berlin. Die Entscheidung
ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller kann sie mit einer Beschwerde
beim Landesozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam anfechten. (AZ: S 72 KR
1702/15 ER PKH)
red/sg.berlin
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Freitag, 17. Juli 2015 10:45:39