HIER DA von Lisa Puchner Hier Da fragt für jede stadtform-Ausgabe an einem manchmal mehr, manchmal weniger vermeintlich langweiligen Ort städtischen Alltags Vorbeigehende, Stehenbleibende, Herumsitzende und Wartende, was sie von hier da, wo sie gerade vorbeigehen, stehenbleiben, herumsitzen oder warten, halten, was sie hier erlebt haben, woran sie sich erinnern. Von welchem Ort dieses Stimmengewirr spricht, wird – wenn nicht ohnehin schon bekannt – in der jeweils nächsten Ausgabe verraten. mehr erinnern, wie’s vorher ausgeschaut hat, muss ich ehrlich sagen – bevor’s da das gemacht haben. Na, das ist schon ewig so, das gibt’s schon ewig ja … Das war halt so der Treffpunkt, wo die ganzen Bezirke sich irgendwie getroffen haben und auseinandergehen – das war schon was Besonderes da, früher. Eigentlich besser noch als der Karlsplatz, weil der war ja immer verrufen. Das war immer was Besseres hier. Ja, deswegen war da früher ein Juwelier. Und ein Bonbongeschäft – ein gutes Bonbongeschäft – hat’s geben, mit meiner Oma, so Pfefferminzdrops, die waren gut, ja solche Sachen. Ich war ja noch ein Kind, ein Kindergartenkind, was weiß ich, da schaut alles etwas anders aus – auch größer. 1961, ganz am Beginn der 60er Jahre, ist’s ja eröffnet worden. Alles Glasscheiben, alles ordentlich aufgeräumt, die Schriftzüge waren alle gleich, die waren alle so wie sie jetzt bei der Trafik noch sind, es war eigentlich ein eleganter Ort. Ja, jetzt ist’s ziemlich runtergekommen … Und das hat man da gang und gäbe – gestern ist die Klofrau niedergeschlagen worden, weil HIER DA »Das ist meine tägliche Route, eigentlich … ja, weil ich hier studiert hab’ und jetzt halt auf Jobsuche bin. Und einfach immer wieder diesen Weg wählen muss. Sehr viele Leute hier, sehr viele Leute sieht man da. Man kommt von da, man kommt von dort. Von Simmering oder von zuhaus’ und dann Richtung Grinzing, Hohe Warte, Richtung Wiener Wald jetzt, heute. Drüben ist der Park – Votivpark, da drüben. Ich komm’ hier vorbei, geh’ weiter; alle kennen mich hier, wenn sie mich sehen – alle. Gestern hab’ ich hier auch geschlafen, auf der Bank. Es ist halt ein Durchzugsort … Meine Cousine hat da mal gearbeitet, im Kaffee – da war ich dann ein paar Mal und hab’ sie besucht, aber sonst bin ich eher immer nur vorbeigezogen. Viele betteln hier auch, viele Menschen. Ich hab’ mir noch nicht so oft Gedanken gemacht – ist ganz okay da. Es ist nicht berauschend, aber ich kenn’ mich aus hier, das ist der Vorteil; wenn man sich nicht auskennt, ist es vielleicht ein wenig unübersichtlich aber ansonsten … ganz normal eben. Ja, ich bin zwar eine Wienerin – bin schon 85 Jahr’ in Wien – ich weiß sie haben’s umgebaut da, ich kann mich aber nicht 78 66-U3_B1_T5.indd 78 05.10.15 16:12 jemand – 50 Cent, wollt’s halt haben fürs Klo und der hat halt gemeint »Naaaaaa« und eins ums andere und ja schön is’ ... jetzt Klubs sagen und sonst gab’s nix. Es waren aber immer irgendwo irgendwelche spontan organisierten Parties. Da haben sich die Leute hier getroffen – das war wie so ein Flashmob, nur dass es nicht Flashmob geheißen hat, weil damals gab’s das Wort noch nicht. Wir sind einfach am Samstag um sieben oder acht da her gekommen und haben halt besprochen, auf welche Parties wir gehen. Ja, und ganz früher gab’s auch ein Automatencafé, aber dazu kenn’ ich keine Geschichten. Es gab auch einmal was mit Automaten hier, daneben war ein Juwelier, ein Buchhändler … Jaja, ist schon verbesserungsbedürftig hier, also sollte einfach gepflegter sein. Und komisch irgendwie, die Konstruktion ist irgendwie komisch. Also eben – es ist ja nur Beton, es ist ja nur ein ganzer Betonblock hier! Nicht sehr einladend, man könnte aus der Mitte da einiges mehr machen, weil das einfach so ein Grashügel ist. Man könnte das eigentlich schön ebenerdig machen, ich mein – die Leute verbringen hier die Zeit mit Warten und wenn man da dann auf etwas Schönes gucken Ja, ist schon alt da. Das ist halt so ein bisschen Oldkann und nicht nur auf diese Betonstreben das wäre ei- school-touch, ich mag’s, so wie’s ist: Gemütlich, gibt gentlich was Schönes. Könnt’ ein bisschen freundlicher viel zu essen, praktisch, dass man das nicht alles oben sein, ein bisschen mehr Kunst vielleicht, das wär’ was. machen muss und – bedeckt, man wird nicht nass. Das Und dass nicht so oft Reparaturen beim Lift sind – ja, ist schon ziemlich gut gestaltet, könnte etwas sauberer weil ich hab schon öfters zu Fuß die Treppe hinauf müs- sein aber generell … Es ist besser geworden. Es gab da sen. Ein bisschen zu laut hier – für mich. Sonst die Leute, eben so eine Zeit, wo’s richtig verwahrlost war teilweise, die Leute sind ganz angenehm, manchmal gehen schon wo’s recht böse ausgeschaut hat. Und es ist jetzt dann Verrückte, aber zum Aushalten … Auch dass da ein paar seitdem’s unter Denkmalschutz steht, eigentlich geht’s Geschäfte sind – das find ich ganz gut, dass es sie gibt. jetzt wieder bergauf sozusagen – rein architektonisch, Ganz am Anfang waren hier auch keine Geschäfts- weil es hat ja eigentlich einen sehr schönen Grundriss. lokale drin, sondern nur Vitrinen, dann wurden halt Wenn man sich anschaut, wie die Säulen sich von dem Geschäftslokale daraus. Ich selbst bin als Jugendlicher Eck aus dort so verjüngen; das hat so einen gewissen – hab mich in der Passage immer mit meinen Freunden Schwung – dieses Offene, dieses Rondo, wo auch diese getroffen; da waren früher Fernseher, die berühmten nicht bespielte Wiese ist. Die wird nur zwei Mal im Jahr Fernseher hier – da sind so Werbefilme gelaufen – die gemäht, was ich super find so, dass da jetzt nicht irgendwurden dann aber rausgenommen. Nach einem Brand welche Blümchen eingesetzt werden, sondern es einfach in der Albertina-Passage hat der Bürgermeister gesagt, eine Wiese sein darf. Dass es hier zwei solche Kreise gibt er will das jetzt nicht mehr, er hat Angst davor, und dann und ständig miteinander in Verbindung diese Kreise, wurden die Fernseher rausgenommen, durften nicht irgendwie genial geplant. Dass da Licht hineinkommt, mehr betrieben werden, später ist dann der Mann rein- dadurch dass das eben so ein Reindl ist, das find ich gekommen. Wir haben uns damals dort getroffen – da recht gut – ansonsten … viele Tauben, viele Tauben, aber gab’s noch keine Handys – am Samstag, da sind dann ja. Was soll man sagen, hab’s hier früher anders kennen immer zwei bis dreihundert Leute im Kreis gestanden gelernt, da hat’ ses noch nicht gegeben, aber jetzt sorgt’s und dann haben wir beschlossen, wohin wir gehen. Und für eine gute Verbindung – von innen nach außen. Einda gab’s aber keine Orte zum Weggehen in Wien außer mal war das alles nicht da, das war nur ein Park da oben, U4, Volksgarten, die Arena gab’s damals auch schon und ein großer Park, die Votivkirche und der Ring, und ich dann noch, wo jetzt der Ostklub drinnen ist – das wa- weiß gar nicht mehr, wann man angefangen hat da zu ren die fixen Orte, unter Anführungszeichen würd’ man bauen – aber da waren wir schon nicht mehr jung!« 79 66-U3_B1_T5.indd 79 05.10.15 16:12
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