N E W S | SCH L A FM ED I Z I N U N D EP I L EP TO LO G I E Auch für Durchschläfer interessant Landläufig nehmen Schlafstörungen zu. – Die Schlaf abklärungen und Therapien im umgebauten SchlafWach-Epilepsie-Zentrum (SWEZ) tun daher Not. TEXT: Claudio Bassetti und Marianne Kaiser FOTO: Tanja Läser «Schlaf-WachStörungen verringern die Lebenserwartung und -qualität» Die modernen Lebensgewohnheiten (u.a. die zunehmende Tendenz, weniger zu schlafen) erklären nur zu einem Teil die steigende Häufigkeit von schlafmedizinischen Diagnosen. Vielmehr ist das Bewusstsein über die Bedeutung von Schlaf-Wach-Störungen gewachsen, was zu einer häufigeren und auch besseren Erkennung dieser Störungen geführt hat. Störungen des Schlafes und des Wachseins (Schläfrigkeit, Müdigkeit) können durch internistische (unter anderem pneumologische), neurologische, psychiatrische, aber auch durch psycho-soziale Faktoren ausgelöst werden. Seit 1980 wird – als erstes in der Schweiz – das Zentrum für Schlafmedizin des Inselspitals interdisziplinär durch die Neurologie und die Pneumologie geführt. Eine längere Kooperation besteht auch mit den UPD, der Kinderheilkunde und neuerdings auch mit der psychologischen Fakultät. Diese Zusammena rbeit ist nötig, denn eine gezielte und erfolgreiche Therapie ist nur dann möglich, wenn alle Faktoren einer Schlafstörung fundiert erfasst werden. Deswegen muss eine solche Abklärung unter Einbezug verschiedener Spezialisten erfolgen. Negativen Auswirkungen vorbeugen Schlaf-Wach-Störungen betreffen Menschen aller Altersgruppen. Bei Frauen, übergewichtigen Menschen sowie Patienten mit psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen treten sie häufiger auf. Abklärungen von Schlaf-Wach-Störungen sind wichtig, um den folgenden negativen Auswirkungen vorzubeugen: 4 PUNKT • AUSGABE 3/15 C L AU D I O B A S S E T T I , K L I N I K D I R E K T O R U N D C H E FA R Z T, U N I V E R S I TÄT S K L I N I K F Ü R NEUROLOGIE Der Schweizer Nationalfonds bewilligte ein Sinergia-Projekt in der Höhe von 1,8 Mio. Franken (Projektkoordinator: Prof. Claudio Bassetti). • Ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (arterieller Hochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall), welches als Folge von unbehandelten, schlafbezogenen Atmungsstörungen, aber möglicherweise auch in Zusammenhang mit einem Restless-Legs-Syndrom und einer Insomnie vorhanden ist. • Unfälle, die durch eine erhöhte/ pathologische Schläfrigkeit verursacht werden; ca. 10–20% der schweren, resp. tödlichen Verkehrsunfälle sind die Folge von Einschlafen am Steuer, dem sogenannten Sekundenschlaf. • Schlaf-Wach-Störungen können die erste Manifestation (das erste Signal) einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung sein, wie zum Beispiel eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung mit einem pathologisch Ausagieren von Träumen als Vorbote Das SWEZ steht unter der strategischen Co-Leitung von Prof. Claudio Bassetti und Prof. Matthias Gugger (Vorsitzende Kuratorium), Prof. Christoph Aebi, Prof. Antoine Adamantidis, Prof. Thomas Geiser und Prof. Werner Strik. Die operativen Geschäfte führt das SWEZ-Direktorium, dem die folgenden Mitglieder angehören: Prof. Kaspar Schindler (Co-Direktor), Prof. Johannes Mathis (Co-Direktor), Dr. Sebastian Ott, Prof. Thomas Müller und Prof. Maja Steinlin. beim Parkinson-Syndrom oder die Insomnie als Risikofaktor einer Depression. • Eine reduzierte intellektuelle Lei stungsfähigkeit und Lebensqualität, die man im Rahmen von verschiedenen Schlafstörungen beobachten kann. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass gut behandelte SchlafWach-Störungen zu besseren kognitiven Leistungen, zu einer erhöhten Lebenserwartung und zu einer besseren Lebensqualität führen. Methoden der Forschung Schlaf-Wach-Störungen können beim Menschen mit Hilfe mehrerer Metho- den erforscht werden: Einerseits sind dies Verfahren, welche den Schlaf, aber auch das Wachsein dokumentieren können (Polysomnografie, Vigilanztests, Fahrsimulation usw.). Mit Hilfe von weiteren Verfahren wie NeuroImaging (Schädel-MRI, Positron-Emissionstomografie usw.), Genetik und Laboruntersuchungen (von Blut- und Nervenwasser) können die Folgen von Schlaf-Wach-Störungen und deren Ursachen weiter erforscht werden. Einige dieser Methoden erlauben auch die Erforschung von Schlaf-Wach-Funktionen beim gesunden Menschen. Schlaf-Wach-Kompetenzzentrum und überregionales Netzwerk Die Etablierung eines überregionalen Netzwerks (BENESCO, Bern Network for Epilepsy, Sleep and Consciousness) verfolgt das Ziel, Schlafmedizinern und Forschern eine bessere Zusammenarbeit zu ermöglichen. Dies ist wichtig für die Diagnostik und Behandlung von seltenen SchlafWach-Störungen, für die Durchführung von gemeinsamen klinischen Studien und die Erreichung einer kritischen Masse an Forschern, die bei komplexen Projekten kooperieren können. Im Rahmen des BENESCONetzwerkes werden zurzeit über 15 SNF-Projekte durchgeführt. Vor wenigen Wochen bewilligte der Schweizer Nationalfonds SNF zusätzlich ein Sinergia-Projekt in der Höhe von 1,8 Millionen Franken zum Thema Schlaf und Erholung nach Schlaganfall. Umgebautes SWEZ öffnet für die Öffentlichkeit seine Türen Das umgebaute Schlaflabor bietet innerhalb vom Schlaf-Wach-EpilepsieZentrum (SWEZ) Schlafabklärungen und Therapien an. Prof. Claudio Bassetti erläutert. PUNKT: Herr Bassetti, warum ist die Epilepsie hier mit ein Thema? Die enge Zusammenarbeit in Bern zwischen Schlafmedizin und Epileptologie ist aus mehreren Gründen entstanden. Einerseits entstehen viele SchlafWach-Störungen wie die Epilepsie im Gehirn und deswegen basiert die Diagnostik in beiden Bereichen wesentlich auf einer Ableitung der Hirnstromkurven. Andererseits können epileptische Anfälle auch im Schlaf auftreten und primär eine Schlafstörung vortäuschen. Zudem sind eine Wechselwirkung und gegenseitige Potenzierung von Schlafstörungen und Epilepsie bekannt, welche eine Interdisziplinarität in Diagnostik und Therapie sinnvoll machen. PUNKT: Derzeit bestehen für eine Abklärung im Schlaflabor Wartezeiten von rund zwei Monaten. – Sind Schlaflabore in der Schweiz eine Mangelware? Wenn ja, warum? Ende der Neunziger Jahre haben Pneumologe Prof. Matthias Gugger und ich sowie andere Spezialisten aus der Schweiz daran gearbeitet, Qualitätskriterien für Schlafzentren in der Schweiz zu definieren und einen Zertifizierungsprozess zu etablieren. Heute sind ca. 30 Schlafzentren in der Schweiz zertifiziert. Diese Anzahl und die gute geografische Verteilung der Zentren dürften den Bedürfnissen für eine gezielte Schlafabklärung in der Schweiz genügen. Wir sind uns aber bewusst, wie stark Leute ohne erholsamen Schlaf und genügende Wachheit leiden. Mit dem neuen Schlaflabor möchten wir den Patienten eine Abklärung in noch kürzerer Zeit anbieten können. PUNKT: Wie muss man sich den Umbau vorstellen? Wie profitiert der Patient konkret von den Neuerungen? Im neu entstandenen SWEZ konnten die verschiedenen Laboratorien, aber auch die notwendigen Spezialisten für die Diagnostik und die Therapie von Schlaf-Wach-Störungen bei Erwachsenen und Kindern an einem Ort zusammengeführt werden. Dies hat sowohl für die Abklärung der Patienten wie auch für die inter- und multidisziplinäre Zusammenarbeit der Ärzte viele Vorteile. Die Nähe des experimentellen Schlaflabors im ZEN (Zentrum für experimentelle Neurologie) ist in der Schweiz einmalig: Die Nähe der Grundlagenforschung und der klinischen Forschung erlaubt uns, wesentlich zum Fortschritt der Schlaffor- Wiederholung schung beizutragen und die neuen Erkenntnisse zudem in die klinische Versorgung einfliessen zu lassen. Somit bekommt der Patient bei uns die bestmögliche Abklärung und Therapie. Tag der offenen Tür Publikumsveranstaltung Samstag, 17. Oktober 2015, 10.00 bis 14.00 Uhr. Eintritt frei, keine Anmeldung notwendig 10.00 – 14.00 Uhr Das Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum live erleben Bettenhochhaus, Stockwerk B 11.00 – 13.00 Uhr Kurzvorträge von Neurologen, Psychiatern und Pneumologen Auditorium Ettore Rossi •Das gefährliche Schnarchen •Nicht erholsamer Schlaf •Von nächtlichen Plaggeistern bis zum Sekundenschlaf am Steuer •Welche Formen der Epilepsie gibt es? •Der unfreiwillige Tagesschlaf 10.30 – 13.30 Uhr Hilfe zur Selbsthilfe – Selbsthilfegruppen stellen sich vor Foyer Auditorium Ettore Rossi www.insel.ch/swez 5
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