Kontrolle der Mitarbeiter - Kunz | Schima | Wallentin

Kontrolle der
Mitarbeiter
In diesem Artikel werden wichtige Fragen zum Thema
¡rKontrolle der Internetnutzung und des E-Mail-Verkehrs<< beantwortet.
DER ARBETTcEBER VERIIUTET, dass Arbeitnehmer mehrmals in der Woche während ihrer
pflichten bewirken, noch die (technischen)
Arbeitszeit Internetseiten mit pornografischem
(2.8. durch Downloads, Einführung von Viren
etc.). Durch die Nutzung dürfen weder zusätzliche Sicherheitsrisiken geschaffen, noch widerrechtliche Handlungen wie z. B. durch den
Besuch von nationalsozialistischer Propagandaseiten begangen werden. Der Besuch von
Inhalt besuchen und diese Inhalte gegebenenfalls an andere Arbeitnehmer per E-Mail weiterleiten. Oder: Der Arbeitgeber hat aufgrund
einer anonymen Whistleblowing-Mitteilung
Gastautorin Katharina
Körber-Risak
ist Arbeitsrechtsexpertin
und Rechtsanwältin
bei der Kunz Schima
Wallentin Rechts-
denVerdacht, dass ein Arbeitnehmer unerlaubt
Geschenke annimmt. Zu klären ist nun die
Frage, inwiefern der Arbeitgeber technologische Betriebsmittel wie Computer oder E-MailAccounts kontrollieren darf um solchen konkreten Verdachtsmomenten nachzugehen.
anwälte oG (KSw).
oñ[email protected],
www.ksw.at
Grenzen der Mitarbeiterkontrolle
Dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei,
den Zugang zu den (eiektronischen) Betriebsmitteln auf die dienstliche Nutzung zu begrenzen oder die Privatnutzung ausdrücklich zu
erlauben. Praktisch werden oft aber keinerlei
Regelungen über die Nutzung von Internet und
E-MaiI getroffen. Ob allgemeine Richtlinien
oder Betriebsvereinbarungen dazu bestehen,
hängt von Größe und Unternehmenskultur ab.
Zu unterscheiden ist rechtiich nach Weisungen
über die Nutzung und Kontrolle bzw. Kontrollmöglichkeiten. Ersteres ist Sache des Arbeitgebers, Zweiteres in Betrieben mit Betriebsrat der
(zwingenden) Mitbestimmung unterworfen.
Allgemeine Richtlinien
Der Arbeitgebe¡ kann Nutzungsregelungen
entweder im Arbeitsveftrag, durch Einführung interner Richtlinien oder im Rahmen
einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung vorsehen. Wird keine ausdrückliche Regelung
getroffen, darf der Arbeitnehmer im Zweifel
die Kommunikationsmittel in einem für den
Arbeitgeber zumutbaren Ausmaß auch privat
nutzen. Die Frage, was im Einzelfall zumutbar
ist, führt immer wieder zu Problemen, die hier
nur kurz angerissen werden sollen. Generell
gilt: Die private Internet- und E-Mail-Nutzung
darf weder eine Vernachlässigung der Dienst-
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Ressourcen des Arbeitgebers störend belasten
- nicht strafrechtsrelevanten -
Internetseiten
mit pornografrschem Inhalt wird rein aufgrund
nicht zwingend
untersagt sein, kann aber selbstverständlich jederzeit untersagt werden. Ob ein Verhalten im
Einzelfall entlassungswürdig ist, kommt sehr
stark auf die Weisungen bzw vorangehende
Mahnungen an.
moralischer Erwägungen
Durchfährung von Kontrollen
Die Einführung von >Kontrollmaßnahmen und
technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeit-
nehmero muss in Betrieben mit Betriebsrat in
Form einer Betriebsvereinbarung beschlossen
werden, sofern diese Maßnahmen odie Menschenwürde berühren<. Rechtlich ist sonst die
ganze >Maßnahmeo unzulässig und kann vom
Betriebsrat durch einstweilige Verfügung untersagt werden. In betriebsratslosen Betrieben ist
die Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers
einzuholen. Kontrollmaßnahmen, die mit der
Menschenwürde überhaupt nichts zu tun haben, bleiben mitbestimmungsfrei. Wird durch
die Kont¡ollmaßnahme die
Menschenwürde
verletzt, so ist diese Maßnahme jedenfalls unzulässig. Wichtig ist, dass die Rechtsprechung
nicht auf die tatsächliche (absicht zur) Durchführung von Kontrollen abstellt, sondern nur
darauf, ob eine Kontrolle durch gewisse technische Systeme möglich ist. Angesichts der
technischen Möglichkeiten von Computersystemen, Telefonanlagen, Handys etc. ist diese
Voraussetzung eigentlich immer erfüllt. Dass
eine Überwachung der Nutzung dieser Geräte
potenziell die Menschenwürde beeinträchtigen
kann, wird vorausgesetzt. Der OGH >zwingt<
Arbeitgeber daher, eine Betriebsvereinbarung
TRA¡NiN6 0512S15
über Nutzungsregelungen solcher Systeme dem
Betriebsrat zumindest anzubieten. Lehnt dieser
kategorisch ab, darfdas System dann ohne Zustimmung des Betriebsrats betrieben werden.
Was genau in einer solchen Betriebsvereinbarung geregelt wird, ist übrigens der Fantasie der
Parteien überlassen.
Mitarbeiterkontrollen setzen nicht injedem Fall
einen konkreten Verdacht eines >ComplianceVerstoßes< voraus. Weil (insbesondere heimliche) Überwachung jedenfalls ein Eingriffin die
Privatsphäre ist, müssen Aktionen des Arbeitgebers aber in einer angemessenen Relation zum
geschützten Rechtsgut stehen. Generell muss
der Arbeitgeber immer auf das gelindeste Mittel
zurückgreifen.
Durchforsten von E-Mails der Mitarbeiter:
Der Arbeitgeber kann grundsätzlich auf EMails, die dienstlichen Inhalt haber¡ auch ohne
konkreten Verdachtsfall Einsicht nehmen, weil
sie mit dienstlichen Unterlagen oder Briefen
vergleichbar sind und diese unzweifelhaft dem
Arbeitgeber zuzuordnen sind. Die Aufzeichnung der dienstlichen E-Mails wie auch deren
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Verkehrsdaten verletzt daher keine persönlich-
keitsrechte und berührt nicht die Menschen-
würde der Arbeitnehmer. Der Abschluss einer
Betriebsvereinbarung wird daher nicht voraus-
der privat besuchten Internetseiten ist primär
relevant, ob die Aufzeichnung der dienstlich
besuchten Seiten zulässig ist. Soweit diese zu-
gesetzt. Demgegenüber darf der Arbeitgeber
nicht auf private E-Mails zugreifen, wenn kein lässig ist, werden auch die Verkehrsdaten
nicht
konkreterVerdacht (oder eine BV die ihn dazu dienstlicher Nutzung jedenfalls
mitumfesst.
ermächtigt) voriiegt. Der Arbeitnehmer hat das Daraus lassen sich zugegeben
erst VerdachtsRecht, private E-Mails verlässlich zu löschen. momente kreieren, die dann
zu weiteren KonIst keine automatische Erkennung oder Tren- trollen berechtigen.
nung der privaten von dienstlichen E-MaiIs
möglich, ist der Arbeitnehmer im Zweifel zu Abhören von Telefonaten:
Auch wenn es
befragen. Anderes muss wohl gelten bei Vorlie- schwer vorstellbar
erschein! zeigt die anwaltgen genz konkreter Verdachtsmomente. Dann liche Praxis, dass
Arbeitgeber auch nicht davor
ist m. E. das Durchforsten des ganzen postfachs zurückschrecken, in
besonderen Situationen
zulässig.
Mitarbeiter abzuhören. Dies wird aus arbeitsrechtlicher Sicht aber wohl immer ein unzuläsKontrolle der Internetnutzung der Mit- siger Eingriffin die Menschenwürde sein.
arbeiter: Die bloße Aufzeichnung von Verkehrsdaten dienstlich besuchter Internetseiten
- unabhängig von der Frage, ob der Arbeitgeber
Rechtsfolgen der überwachung
ver- Die Sanktionen im Falle einer unzulässigen
letzt keine persönlichkeitsrechte, wird aber Mitarbeiterkontrolle sind eher
bescheiden. Unaus Compliance-Gesichtspunkten mäßig span- zulässige Kontrollen
sind nur in äußerst seldiese Daten überhaupt aufzeichnen darf
nend sein. Der Arbeitgeber kann sein Interesse,
dass die Arbeitnehmer nur dienstlich relevan-
te Internetseiten aufrufen, weitgehend durch
die Sperre unerwÍinschter Seiten wie Facebook
oder YouTube (oder gar youporn), erreichen. Ist
die private Internetnutzung erlaubt bzw. wurde
diese nicht untersegt, dann wird der Arbeitgeber außerdem ein begründetes Interesse daån
haben, den übermäßigen Aufruf von Internet-
seiten zu verhindern. Für die Aufzeichnung
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tenen Fällen (2. B. Mitschnitt von Telefonaten
und Weitergabe an Dritte) gerichtlich strafbar.
Schadenersatzansprüche der Arbeitnehmer
aufgrund unzulässiger überwachung scheitern
meist am fehlenden Vermögensschaden. Ein
Ersatz immateriellen Schadens könnte nach zivilrechtlichen Grundsätzen oder auf Basis des
Datenschutzgesetzes in Betracht kommen. Die
konkrete Schadenersatzbestimmung hat aber
noch kaum praktische Bedeutung erlangt. I
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