Jugendstil Seite 1 von 3 Der Jugendstil Die geistige Erneuerungsbewegung reichte weit über den Symbolismus hinaus. Die düsteren Visionen mancher Symbolisten lösen sich auf in märchenhafte Bildwelten. Der Präraffaelit William Morris mit der Arts- and Crafts- Bewegung hatte den Jugendstil in England vorbereitet. Durch handwerkliche Fertigung sollte der Gebrauchsgegenstand, den industrielle Produktion verdorben hatte, wieder eine gute Form erhalten. Das Nachahmen alter Stile (Die Präraffaeliten und das Mittelalter, der Historismus!) wurde abgelehnt, die japanische Kunst, das Ornament und Pflanzenmotive bestimmten die Formvorstellungen. Der Jugendstil löste eine Revolution im Kunstgewerbe aus. Kunst und Handwerk sollten verschmelzen. Man sah auch die Individualität des Menschen in Gefahr durch die massenhafte Industrieproduktion. Wie später das Bauhaus forderte man die gute und zweckmäßige Form. Die Bewegung erfaßte alle Lebensbereiche, die Grenze zwischen „hoher Kunst“ und „Gebrauchskunst“ sollte verschwinden – man strebte ein Gesamtkunstwerk an – „Kunst ist Allgemeingut“ (Motto der Sezession). Der Alltag sollte in den Weiheglanz der Kunst gehüllt werden. Gestaltet werden Grafiken (Multiplizierbarkeit), Rahmen (Verbindung von Bild und Wand), Fresko, Fries (Dekorationen), Zeitschriften (Bild, Schrift und Ornament), Vasen, Schmuck, Möbel... – Luxus im banalsten Alltag. Unter Modern style, Stile floreale, Jugendstil, Art Nouveau... wurden historische Formen abgelehnt und zeitgemäße, neue Formen entwickelt. Vorreiter war dabei das Kunsthandwerk. Formbestimmend war die sensible, weichgeschwungene Linie. Neben den Ornamentmotiven, die von Pflanzen abgeleitet waren (floraler Stil), gab es den abstrakten Stil. Der florale Stil geht von der Naturform aus, benutzt die organische Ordnung und das Konstruktionsprinzip. Stuhl- und Tischbeine bekommen geringere Querschnitte und Verdickungen an den Zug- und Druckpunkten. Der Griff eines Henkels wird wie die Absprossung an einem Pflanzenschaft geformt, die Funktionalität wird erhöht. Beliebte Themen waren Frauenhaar, Wasserflächen, Schwan, Pfau, Schwertlilie und Rose. Ein Sessel sollte wie ein Bild gemacht werden, man sollte lernen die Musik der Farben und Formen zu genießen. Der Begriff der Jugend prägte eine ganze Epoche – Jugendbünde („Der Wandervogel“) suchten neue Formen naturnahen Lebens und jugendgemäßen Gemeinschaften. Die verlogene Moral der Erwachsenenwelt sollte niedergerissen werden. Die ersten Nacktbadebewegungen tauchten auf – unerhört in den Zeiten des Ganzkörperbadeanzugs. Die Zeichnungen von Kleinkindern wurden nicht mehr als Gekritzel abgetan, sondern als altersgemäße, umwelterforschende Artikulationen begriffen. Tiffany Henry van de Velde (1863-1957) Er war der Wortführer des abstrakten Linienornaments, der von der Malerei (Neoimpressionismus) zur Innenarchitektur gewechselt war. Die Sezession In Wien, einem Zentrum der Bewegung schlossen sich bedeutende Architekten zusammen: Otto Wagner, Joseph Hoffmann, Joseph Maria Olbrich Weitere bekannte Jugendstilachitekten waren der Schotte Charles Mackintosh, der Belgier Victor Horta und der Spanier Antoni Gaudi. Aubrey Beardsley (1872-1898) Der englische Grafiker gilt als Zeichner des Jugendstils schlechthin. Max Klinger (1857-1920) Bildhauer, Maler und Grafiker Jugendstil Seite 2 von 3 Franz von Stuck (1863-1928) Der bekannteste Münchner Jugendstilmaler. „Die Sünde“ Gustav Klimt (1862-1918) Er war der Lieblingsmaler des überwiegend jüdischen Großbürgertums und auch der Favorit der Nationalsozialisten. Im Gegensatz zum verfolgten Kokoschka, dessen Figuren ihr Leid hinausschreien bewahren die Klimtsschen Frauen die Contenance. Die Physiognomie verschwindet hinter der Kunstfassade, die Frau wird zur Ikone. Er soll 14 uneheliche Kinder gehabt haben, blieb aber Junggeselle und lebte bei seiner Mutter, später mit seinen Schwestern. Er löst das Motiv in dekorative Ornamentik auf. Die Körperteile werden zu schimmernden Mosaiksteinchen im Gesamtgefüge. Ägyptische Stilisationen und byzantinische Mosaiken. Klassizistisch modellierte Körperlichkeit. Der Mensch als Ornament. Er sucht eine „verfeinerte Sinnlichkeit“. Manieriertheit des Fin de Siecle. Vermieden wird alles zu Direkte, Themen sind: „Der Kuß“, „Erwartung“, „Sünde“. Die Bindung dieser Begriffe an mythologische Gestalten ist ein Erbe des Symbolismus. Der Stilpluralismus – Stilbruch ist kennzeichnend dafür (gegenständliche Köpfe und Hände, abstrakte Kleider und Hintergrund)Collagen von dekorativen Flächen und realen, plastischen Körperteilen, oft in einem strengen Ordnungsschema, das zur absoluten Malerei führt. Die Elementarformen Klimts 1. Die Linie als Kurve Als Begrenzung einer Farbzunge, die gegenständlich nichts bedeutet / als Einbuchtung und Zusammenfassung menschlicher Gliedmaße / als geschwellter Bauch einer Schwangeren- also Identität von Abstraktion und Gegenständlichkeit / als Teil eines verzweigten Kurvenkomplexes, der gegenständlich mehrdeutig ist 2. Die Gußform Ist die „prämorphe Gestaltzelle“, aus der die Makroform der Bildkomposition hervorgeht. Sie ist also eine Reduktionsform, in der potentiell alles Gegenständliche vorhanden ist. – Formdehnung und Echolinie ergeben die Schallkörperkontur Das Ambivalenzprinzip – der Transitionismus: Gemeint ist die Doppeldeutigkeit bestimmter Figur-Grund Konstellationen (Rubinsche Vase) / die Transponierbarkeit von Detail und Ganzem auf Grund der Verwendung ein und derselben Gestaltprinzips (Gußformen). Man spricht deshalb von Mikroform (Detail) und Makroform (Komposition). Das Resultat ist die transitorische Dynamik. Das Negativ wird zum, Positiv und umgekehrt. Das Detail (Signet) nimmt die Komposition vorweg – die Komposition spiegelt das Signet wieder. Psychologische Fundierung: Traumdeutung Freuds. Die Instanzenlehre: — Das Traumbild verbirgt dem Ich die Wahrheit über seine Triebe – und erhält sie damit, weil sich in ihnen das Es zu Wort meldet. — Die Archetypen. Das Unbewußte liefert Gußformen. z.B.: Gußform „Niere“ besteht aus einer abgeschlossenen Krümmung, das bedeutet Mutterleib, Schutz, Passivität – „Danaethema“ von Klimt. Die Gußformen werden sämtlichen Gegenständen des Gesamtkunstwerks aufgeprägt, egal ob Büffet, Hutschachtel oder Altarnische. Ein Gartentor ist eine vergrößerte Brosche. Ein Möbel ist zugleich Bestandteil der Architektur. Das „Festkleid“ der Gußform wird über die gesamte Wirklichkeit gelegt und macht aus ihr ein homogenes Ganzes. Alles wird unterschiedslos gleich behandelt, anschauliche Verkettung ist das Ornament. Die Dinge verlieren ihre Identität - Surrealismus Jugendstil Seite 3 von 3 Toulouse-Lautrec Er stammt aus einer Adelsfamilie und brach sich als Kind bei Unfällen beide Beine. Als Folge einer Knochenerkrankung blieben diese verkürzt. Er lebte und arbeitete als Außenseiter auf dem Montmatre, der sich zu einem Künstler- und Vergnügungsviertel entwickelte. Bekannt sind seine unzähligen, rasch hingeworfenen Skizzen, die den Alltag von Prostituirten in Bordellen und Situationen in Bars und Cabarets zeigen. Die Charakterstudien werden mit grellen Farben in einer nächtlichen Scheinwelt ausdrucksstark eingefangen. Toulouse-Lautrec nutzt die Technik der Lithografie um der Plakatgestaltung eine neue Form zu geben. Er vereinfacht die Form, beschränkt sich auf minimale Räumlichkeitsdarstellung, betont die Konturen, gestaltet in kontrastreichen Farbflächen und versucht eine Einheit von Schrift und Bild zu erreichen. Wichtigstes Mittel war die bewegte Linie. Thomas Theodor Heine (1867-1948) War einer der hervorragendsten Plakatkünstler in Deutschland. Er gehörte zu den Mitbegründern der satirischen Wochenzeitschrift „Der Simplicissimus“ Olaf Gulbransson (1873-1958) Der norwegische Grafiker fand am Tegernsee eine zweite Heimat. Bekannt sind seine Blätter aus dem Simplicissimus – Gulbranssonmuseum in Tegernsee. Olaf Mucha (1860-1939) Mucha wurde das „Plakatgenie“ des Jugendstils genannt.
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