Gott und Gold – Wie viel ist genug?

Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Gott und Gold – Wie viel ist genug?
Von Dekan Ludwig Krag, Pfarrei St. Michael, Kirchheim
Lied zu Beginn:
GL 769, 1+2, „Zu dir in Angst und Leid“
Liturgische Eröffnung
Meditation
Wie viel ist genug?
Gott und Gold
Wie viel ist genug?
Frag die Goldgräber
die auszogen nach Eldorado
Frag die Spekulanten und
die Lottogewinner
Frag die Verantwortlichen in den Banken
und den großen Konzernen
Frag die Börsenmakler
und die Wirtschaftsminister
Frag die Großgrundbesitzer
und die Milliardäre
Frag die Mächtigen und die Kriegstreiber
Frag die Menschen in den reichen Ländern
Frag die Menschen in den armen Ländern
der Erde
Wie viel Gold ist genug?
Und dann frage:
Wie viel Gott ist genug?
Frag Menschen aller Religionen
Frag die Armen des Evangeliums
Frag die verfolgten Christen
und die Märtyrer aller Zeiten
Frag die Mystiker
und alle die nach Gott suchen
Frag die Atheisten
und alle die an Gott leiden
Frag die Armen beim Gottesdienst
unter freiem Himmel
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Frag die Glaubenden
in den Ländern des Südens
Frag die wenigen Gläubigen hierzulande
Frag alle:
Wie viel Gott ist genug?
(Katharina Barth-Duran) 1
Kyrie
Herr Jesus Christus,
Heiland und Erlöser.
Herr, erbarme dich
Herr Jesus Christus,
erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
Christus, erbarme dich
Herr Jesus Christus,
nimm von uns, was uns trennt von dir und voneinander.
Herr, erbarme dich
Gebet
Du lässt mich nicht in Ruhe, Gott,
du lässt mich einfach nicht in Ruhe.
Immer bist du hinter mir her und willst etwas von mir.
Du willst, dass ich mich entscheide und stößt mich mit dem Kopf und dem Herz auf
den Widerspruch,
den unversöhnlichen Widerspruch zwischen dir und dem Mammon, die alles
entscheidende Wahl: Gott oder Geld.
Hilf mir, dein Wort verstehen.
Hilf mir, dein Wort leben.
Tiefer und tiefer.
Amen.
(Jacqueline Keune) 2
1
Diese Meditation ist eine von zehn, welche die Autorin zum Hungertuch verfasst hat. Sie finden sie
auf der DVD zum Arbeitsheft Hungertuch, Best.-Nr. 2 129 15.
2
Arbeitsheft zum Hungertuch, S.7.
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Schriftlesung
Mt 6,19–24
Jesus spricht: Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm
sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch
Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe
einbrechen und sie stehlen.
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Das Auge gibt dem Körper Licht.
Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Körper hell sein.
Wenn aber dein Auge krank ist, dann wird dein ganzer Körper finster sein.
Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein!
Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den
andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten.
Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.
Ansprache (Je nach Situation kann dieser Text gekürzt werden.)
unter Verwendung eines Textes von Dr. Claudia Kolletzki, MISEREOR Aachen, Arbeitsheft
Misereor Hungertuch 2015/2016, S. 8-15.
Ein modernes Kunstwerk hat der chinesische Maler Dao Zi geschaffen. Es ist das
Misereor-Hungertuch 2015/2016. Inspiration für den chinesischen Künstler Dao Zi
waren die Verse der Bergpredigt, die wir eben gehört haben (Mt 6,19-24).
Die Bergpredigt ist Jesu Bild von der veränderten Welt, in der das Reich Gottes
gegenwärtig ist und ein gutes Leben für alle gelingen kann. Weil die Bergpredigt
Anrede ist, schließt sie – bei jedem Menschen, der sie hört – die eigene
Lebenswirklichkeit ein. Was Jesus sagt, gilt mir!
Dao Zi hat ein Kunstwerk geschaffen, das sich nicht auf den ersten Blick erschließt.
Drei Farben dominieren. Gold, Schwarz und Grau. Unscheinbar noch ein wenig Rot
in chinesischen Schriftzeichen.
Etwas, das anmutet wie mächtiger goldener Stein, hat sich scharfkantig im Schwarz
des Balkens verkeilt und durchbricht dessen Linie nach oben und unten.
Gold ist für die traditionelle chinesische Tuschemalerei eine ungebräuchliche Farbe:
Für Dao Zi symbolisiert sie die Sonne, die Transzendenz und die Macht des
Göttlichen, aber auch Habgier und Reichtum.
Schwarz und Rot stehen für Blut, Tod und Leiden.
Grau ist eine Form von Schwarz, in der sich das reine Weiß und das tiefe Schwarz
verbinden: die Welt ist noch nicht so, wie sie sein könnte und hat sich durch
menschliches Fehlverhalten grau gefärbt.
Grau symbolisiert somit unsere Realität, in der sich das Kommen des Reiches Gottes
bereits ankündigt und sichtbar, aber noch nicht vollendet ist.
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Das Gold (der goldene Stein) symbolisiert den inkarnierten, menschgewordenen
Christus: Er ist der Stein des Anstoßes, der zum Eckstein wird (Mk 12,10). Er ist
Gottes Sohn, der nicht gekommen ist, um Frieden auf die Erde zu bringen, sondern
Spaltung (Lk 12,51; Mt 10, 34).
Er ist der Stein, an dem wir uns stoßen,
weil er eine Entscheidung fordert:
Wer ist dein Herr?
Wem dienst du?
Gott oder dem Gold?
Menschliche Unersättlichkeit hat Wasser, Erde und Himmel grau gefärbt: die Welt ist
nicht so, wie sie von Gott gewollt ist.
Unser Lebensstil dient oftmals nicht dem Gemeinwohl, sondern schadet.
Jesus wirbt für ein kluges Wirtschaften. Nehmen wir beispielsweise die Perikope, in
der es heißt, wir sollen mit unseren Pfunden wuchern.
Kluges und am Gemeinwohl orientiertes Wirtschaften ist die Voraussetzung für
soziales Engagement.
Jesus fordert uns auf, nicht-verderbliche Schätze zu sammeln und fügt dem noch
einen weiteren Satz hinzu: „Wo Euer Schatz ist, da ist Euer Herz“.
Wenn Jesus von „Schätzen“ spricht, dann meint er damit: das, was uns Freude
bereitet, das, wofür wir unsere meiste Energie aufwenden.
Gott und Gold
Gott und Gold – eine enge Beziehung seit uralten Zeiten. Gold gehörte anfangs zur
kultischen und rechtlichen Sphäre und bezeichnete das, womit man Buße und Opfer
entrichten kann.
In der Frühzeit brachten die Menschen den Göttern Sach- und Naturalwerte dar,
hinterlegten später Gold- und Silberbarren in den Heiligtümern, stempelten, münzten
und prägten Gold und Silber.
Natürlich wäre es völlig falsch, das Geld einfach zu verteufeln. Auch Jesus tat das
nicht. Es gibt Geld als Tauschmittel, weil es gebraucht wird. Es macht den globalen
Warenhandel erst möglich.
„Geld regiert die Welt“, sagt der Volksmund.
Sind wir also noch Herren im eigenen Hause und unterscheiden genau, was wirklich
letztwertig ist?
Wo die Geldfragen alles bestimmen, da zeigt das Evangelium Jesu uns die rote
Karte.
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Denn dann wird alles prinzipiell bezahlbar und verrechnet, dann muss man sich alles
verdienen.
Wohin also fließen die Hoffnungsenergien im eigenen Leben?
Worauf richten sich unsere Sorgen?
Lied GL 440, 1 – 5, „Hilf, Herr meines Lebens“
Besinnung
Wie viel ist genug …
Um das leuchtende Gold herum sind kleine Goldkörner wie Tupfen verstreut.
Scheinbar ist jedes von ihnen von der Quelle getrennt, in Wahrheit jedoch existiert es
nur aus ihr heraus.
Die Goldkörner unten links und rechts neben dem Stein sind das, was Gott allen
Menschen zur Verfügung gestellt hat.
In ihrer Anzahl – sieben – finden wir einen Hinweis auf die Vollkommenheit dessen,
was Gott geschaffen hat: Bereits im Judentum war die Sieben eine heilige Zahl.
Am siebten Tag ruht Gott.
Die sieben fetten Kühe, von denen Josef träumt,
die sieben Ähren.
Jedes siebte Jahr ein Sabbatjahr.
Die sieben Gaben des Hl. Geistes, die sieben Sakramente, die sieben Werke der
Barmherzigkeit und die sieben Todsünden, das Buch mit den sieben Siegeln, die
sieben Wochen der vorösterlichen Bußzeit.
Gott hat all das in unsere Obhut gegeben, was wir für ein zufriedenes und würdiges
Leben benötigen. Am Anfang war „alles gut“, so erzählt es die Genesis. Heute geht
es um die gerechte Verteilung dieser Güter und um ein Leben als Teil eines Ganzen.
„Ich kann es nicht mehr hören
das Bekenntnis zu den Marktgesetzen
das Credo der herrschenden Götzen.
Bilanzen abschreiben.
Verluste verschieben.
Schulden einfordern.
Wann ist es genug?
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Alles hat seinen Preis.
Alles seinen Gegenwert.
Alles will bezahlt sein.
Wie viel ist genug?
Gott
und Gold Höchstes Gut.
Letzter Wert.
Welche Währung zählt?
ER sagte in wenigen Worten, wo es lang geht:
Wo dein Schatz ist, da ist dein Herz.
Uns prägt, was wir lieben.
Wie viel ist genug
für dich und mich
für unsere Kinder, unsere Eltern?
Wie viel ist genug
für die Elenden aller Welt?
Sie zahlen die Zinsen.
Wie viel ist genug
für Gott?“
(Dr. Claudia Kolletzki, MISEREOR)
Wie viel ist genug?
Wie viel ist genug für mich?
Habe ich immer noch mehr nötig, um zufrieden leben zu können?
Wie stehe ich zu Geld und materiellen Gütern?
Welchen Stellenwert nehmen die Dinge ein, die mir am Ende doch nicht bleiben?
Woran hängt mein Herz?
Wie gehe ich um mit den Gaben der Schöpfung,
mit Lebensmitteln?
Was sind mir die Gaben der Schöpfung wert?
Ist es mir wichtig und wert, achte ich darauf, dass Produzenten gerecht entlohnt
werden für ihre Produkte?
Hier bei uns und in den Herkunftsländern von Kaffee und exotischen Früchten.
Zählt für mich billig und viel,
oder weniger und dafür gesünder und gerechter?
Wie kritisch bin gegenüber der Werbung, die mir vorschreibt, was ich zu einem
reichen und glücklichen Leben brauche?
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Nehme ich aus meinem Glauben heraus Stellung zu Globalisierung des Marktes und
der Marktwirtschaft?
Setze ich mich durch mein Konsumverhalten ein für eine Globalisierung der
Gerechtigkeit?
Dafür, dass die Schere zwischen arm und reich nicht noch weiter auseinandergeht,
hier bei uns und in den Ländern, die wir dritte und vierte Welt nennen?
Wie viel ist genug für meine Kinder, meine Eltern?
Wie viel ist genug für die Menschen in Brasilien und die Armen aller Kontinente?
Bin ich zufrieden mit diesem "Genug"?
Wie viel Besitz ist notwendig für ein glückliches, für mein glückliches und zufriedenes
Leben?
Stille
Lied GL 437, 1-4, „Meine engen Grenzen“
Schuldbekenntnis
Zusage
Gott hat uns durch Christus mit sich versöhnt und
uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen.
Er schenkt uns seinen Frieden.
Lied GL 446, 1-4, „Lass uns in deinem Namen, Herr“
Fürbittgebet GL 20,2 (aus Nicaragua)
Herr, allmächtiger Gott,
der du die Welt trägst,
gib, dass alle,
die Verantwortung haben,
erfüllt werden mit Weisheit und Kraft,
damit sie ihre Aufgabe
vollbringen zum Leben
und nicht zum Verderben der Welt.
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Dir empfehlen wir die Menschen
in Rechtlosigkeit
und unter Unrechtsregimen an:
die Gequälten
und zu Unrecht Verhafteten,
die Gefolterten,
die Heimatlosen
auf der Flucht und in Lagern
und die Hungernden.
In einer Welt der Angst
hilf uns, die Hoffenden zu bleiben
durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Amen
Vater unser
Segensbitte
Segne, Gott,
die schwarzen Schafe,
die Bettler und die Verliebten,
die Arbeiterinnen an den Fließbändern
und die auf der Flucht.
Segne uns alle,
dass neu werde,
die Erde,
ganz neu.
Segne, Gott,
die schrägen Vögel,
die Toren und die Obdachlosen,
die Campesinos in ihrem Kampf
und die nie auf einen grünen Zweig kommen.
Segne uns alle,
dass neu werde,
die Erde,
ganz neu.
Bußandacht zum Hungertuch 2015 / 2016
Segne, Gott,
die bunten Hunde,
die Müßiggänger und die Habenichtse,
die Kumpels in ihren Gruben
und die immer den Kürzeren ziehn.
Segne uns alle,
dass neu werde,
die Erde,
ganz neu.
(Jacqueline Keune) 3
Segen
Lied GL 453, 1-4, „Bewahre uns, Gott“
Quellen:
Zusammenstellung des Bußgottesdienstes durch Dechant Pfr. Ludwig Krag,
unter Verwendung des Arbeitsheftes zum Misereor Hungertuch 2015/2016.
Hinweis:
Alle Materialien zum Hungertuch können Sie bestellen unter:
[email protected]
Informationen zum Hungertuch finden Sie hier: www.hungertuch.de
3
Jacqueline Keune, Arbeitsheft Hungertuch 2015 / 2016, S. 5.