e r e i r r a b i e fr Was sie vor dem 1. Jänner 2016 unbedingt Wissen sollten. Barrierefrei15.indd 1 13.10.15 13:49 Wir sehen die Zukunft Cover: dan raCe/Fotolia; sabine Klimpt Mit der Sonnenkraft hoch hinaus – Solar Impulse 2 & Schindler 3300 Solar Wir fördern die Idee von nachhaltiger Mobilität – Solar Impulse 2 fliegt dank 17.200 Solarzellen um die Welt. Die Erkenntnisse dieser Forschungsreihe fließen in alle Schindler Produkte, wie zum Beispiel den Solar Aufzug, welcher auf Basis des Schindler 3300 entwickelt wurde. www.schindler.at Schindler_SolarImpulse_148x210abf.indd 1 Barrierefrei15.indd 2 02.10.15 13.10.15 00:13 13:49 3 editorial Herausforderung barrierefreiheit A b dem 1. Jänner 2016 gelten die kaufskomfort und Be- Bestimmungen des „Bundes-Behin- hinderungsabbau eine dertengleichstellungsgesetzes“ (BGStG): entscheidende Rolle. Die Der Gesetzgeber postuliert darin unter damit verbundene Kom- anderem den barrierefreien Zugang zu fortverbesserung kann – allen Warenkäufen und gewerblichen wird sie vom Unterneh- Dienstleistungen. Es geht dabei nicht men „gelebt“ – zu einem Mag. dagmar Lang, MbA geschäftsführerin und Heraus geberin, Manstein Verlag primär um den viel zitierten „Rollstuhl- sehr wichtigen Wettbe- fahrer“, sondern generell um die Vermei- werbsfaktor in Handel dung von Zugangs- bzw. Zugriffsbarrie- und Dienstleistung werden. In Österreich ren, egal aus welchen Gründen diese von leben derzeit rund eine Million Menschen einzelnen Menschen als solche empfun- mit Bewegungseinschränkungen. Davon den werden. Das BGStG zielt daher nicht brauchen mehr als 50.000 einen Rollstuhl. nur auf konkrete, äußerlich meist erkenn- Mehr als 300.000 Menschen leiden unter bare körperliche Behinderungen ab, einer Sehbehinderung. Das Thema ist sondern will auch älteren Menschen oder ohne Zweifel eine Herausforderung für Familien mit Kindern Barrieren für das Unternehmen … Cover: dan raCe/Fotolia; sabine Klimpt Kundesein im gewerblichen Bereich aus 00:13 dem Weg räumen. Was in dieser kurz gefassten Information Damit sind diese Bestimmungen und not- vorliegt, ist ein Statusbericht mit vielen wendigen Rahmenbedingungen für unsere wichtigen Hinweisen für die Unterneh- Kernlesergruppen aus den Bereichen Ein- mensleitungen. Bei Inkrafttreten des zelhandel, Gastronomie, Hotellerie und Gesetzes wird noch bei Weitem nicht Großverpflegung von vitalem Interesse. alles verwirklicht sein. Es bleibt auf dem Deshalb widmet sich der Manstein Verlag, Weg zur Barrierefreiheit noch viel zu tun. mit seinen Fachmagazinen in diesen Wir werden dem Thema jetzt viel öfter Branchen stark präsent, in dieser Sonder- als bisher begegnen. beilage diesem Thema. Die Redaktion verantworten MMag. Claudia In einer älter werdenden Gesellschaft Stückler und Dkfm. Milan Frühbauer spielen die neuen Regelungen für Ein- als Chefredakteur. Barrierefrei15.indd 3 ■ 13.10.15 13:49 4 intervieW „es ist viel nachzuholen“ er wacht über die einhaltung der rechte von behinderten: dr. erwin buchinger, behindertenanwalt des bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, ist für die gleich behandlungsfragen zuständig. der ehemalige Sozialminister weiß um die Probleme von behinderten naturgemäß bestens bescheid. im interview gibt er einen Statusbericht zur barriere freiheit, die ab 2016 überall verwirklicht sein sollte. Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der emotionalen Gegenwind: Viele Verant- investiven Vorbereitungen von Behörden, wortliche fragen ängstlich, was denn da Handelsunternehmen oder Tourismusbetrie schon wieder an Kosten und Bürokratie ben für den barrierefreien Zugang und die auf sie zukomme. Dennoch bin ich zuver- problemlose Inanspruchnahme der Dienst sichtlich, denn es bewegt sich etwas. So leistungen auch für behinderte Menschen? legen uns etwa große Handelskonzerne Erwin Buchinger: Seit rund zehn Jahren ist Masterpläne vor und ersuchen um Exper- bekannt, das ab Jahresbeginn 2016 im tise und Begutachtung. Das ist erfreulich. lungsgesetzes der Zugang zu öffentlichen Der Handel hat in den vergangenen Jahren Waren und Dienstleistungen barrierefrei sehr viel in neue Standorte investiert … sein muss. Bis vor rund eineinhalb Jahren … und tut sich mit der Barrierefreiheit war das kaum ein Thema in der Wirt- mit Outlets auf der grünen Wiese natur- schaft. Jetzt gibt es erkennbar einen gemäß leichter. Schwieriger ist es für Aufbruch, vornehmlich in Handel und Unternehmen in den Stadtkernen, die oft Tourismus. Es haben sich einschlägige in historischer Bausubstanz angesiedelt Plattformen gebildet, die die Unternehmen sind. Oder jene, die auf zwei Ebenen intensiv beraten. verkaufen. Also hat man bis zum letzten Augenblick Wie sieht es mit den öffentlichen gewartet oder die Sache überhaupt nicht sehr Dienstleistern aus? ernst genommen? Die Wiener Linien oder die ÖBB sind Ich kritisiere das nicht, denn offensicht- beispielsweise schon sehr gut aufgestellt, lich liegt das in der menschlichen Natur, das ist erfreulich. Der Bund hat sich aller- erst im letzten Moment aktiv zu werden. dings die Fristen für die eigenen Gebäude Außerdem gibt es da und dort auch bekanntlich bis 2020 verlängert, was aus Barrierefrei15.indd 4 13.10.15 13:49 bmasK – bundesministerium Für arbeit, soziales und KonsumentensChutz Sinne des Bundes-Behindertengleichstel- dr. erwin buchinger: „rechne mit mehr Schlichtungen, aber keiner Klagsflut.“ Welche Möglichkeiten hat ein Behinderter, der sich bei der Inanspruchnahme von Dienstleis tungen aller Art irgendwo diskriminiert fühlt? Er kann sich an die Behindertenanwaltschaft wenden. Bei uns sind das derzeit rund 1.300 Beschwerden im Jahr. Man kann aber auch die Diskriminierung bei Behindertenverbänden – etwa beim Behindertensportverband – thematisieren. Kann die Behinderung nicht sofort beseitigt werden, dann ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen. Dazu kommt es derzeit in rund 200 Fällen jährlich. Ist dabei keine Einigung erzielbar, so steht meiner Sicht zu durchaus berechtigter dem Betroffenen dann der Klagsweg Kritik führt. Eines der Probleme ist etwa beim Bezirksgericht offen. Dieser Weg ist der gesamte universitäre Bereich. Die Situ- gesetzlich vorgeschrieben. Das Problem ation in Ländern und Gemeinden ist eben- lautet jedoch: Worauf habe ich Anspruch falls unbefriedigend. Hier gibt es Etappen- in Sachen Schadensgutmachung? Dazu pläne für Investitionen, die teilweise – etwa gibt es noch keine Judikatur. bmasK – bundesministerium Für arbeit, soziales und KonsumentensChutz in Wien – bis 2042 reichen. Viele Schulen etwa sind noch nicht entsprechend ausge- Mit welchen Konsequenzen rechnen Sie ab stattet. Es gibt aber auch Gemeinden, die dem kommenden Jahr? sich im Gemeinderat mit dieser Thematik Die Zahl der Schlichtungsverfahren wird noch nie beschäftigt haben. sicher zunehmen, ich rechne aber nicht mit einer signifikanten Klagswelle. In Die Bürgermeister berufen sich oft auf denk vielen Fällen wird man Lösungen finden. malgeschützte Objekte, die nicht umgebaut werden dürften. Angenommen, man bewertet den Idealfall der Die Ausrede Denkmalschutz ist zwar sehr bundesweiten Barrierefreiheit in Österreich beliebt, aber sie gilt nicht. Die Denkmal- mit 100 Punkten. Wie würden Sie den Zustand ämter sind in dieser Frage flexibel und zum 1. Jänner 2016 quantifizieren? auch die technischen Möglichkeiten Leider unter 50. Aber es bewegt sich werden immer ausgereifter. bereits sehr viel. Barrierefrei15.indd 5 ■ 13.10.15 13:49 6 handel Zeit, zu handeln Wie kaum eine andere branche ist der Handel von der umsetzung der regelungen zur barrierefreiheit betroffen. Mit Jahresbeginn müssen auch die barrieren in „alten“ bauwerken, die bereits vor dem 1. Jänner 2006 genehmigt wurden, beseitigt werden. D er Handel nimmt das Thema Barrie- Dabei sieht die Branche neben Heraus- refreiheit ernst und setzt bereits seit forderungen auch durchaus die positiven geraumer Zeit Schritt für Schritt Aktivitäten Aspekte der Neuregelung: „Der öster- und Maßnahmen, speziell in Sachen Um- reichische Handel ist für alle Menschen setzung der baulichen Barrierefreiheit in da und sieht die Barrierefreiheit als den Geschäften“, erklärt René Tritscher, Chance, sein schon vorhandenes hervor- Geschäftsführer der Bundessparte ragendes Service für sämtliche Kunden Handel der Wirtschaftskammer Öster- auszubauen“, so Bundesspartenobmann reich (WKO). „Sowohl in den Geschäften Peter Buchmüller. haben die Handelsbetriebe in den vergan- Service für Kunden ausbauen genen Jahren bereits freiwillig viel inves- Der richtige Umgang mit Personen mit tiert, um Kunden und Mitarbeitern einen speziellen Bedürfnissen stelle dabei auch barrierefreien Zugang zu ermöglichen.“ für Mitarbeiter im Handel eine Herausfor- So seien etwa Stufen oder andere bau- derung dar: „Deshalb wurden schon in liche Hindernisse beseitigt, WC-Anlagen der Vergangenheit und werden auch zu- ebenso barrierefrei umgebaut und Kunden- künftig Arbeitnehmer im Handel speziell parkplätze für Menschen mit speziellen dafür geschult und sensibilisiert.“ Ein Pro- Bedürfnissen geschaffen worden. blem wären allerdings die unbestimmten Barrierefrei15.indd 6 shutterstoCK, WKo (2) als auch in den Verwaltungsgebäuden 13.10.15 13:49 Regelungen über die Gleichstellung hätte für Menschen mit besonderen von Menschen mit Behinderungen: „Viele Bedürfnisse wohl bessere Lösungen gege- Investitionen für die Barrierefreiheit ben.“ Der finanzielle Aufwand ist ein stehen unter dem Damoklesschwert einer weiterer großer Kritikpunkt der Branche: späteren Klage durch einen Betroffe- „Die Investitionen sind in Zeiten sinken- nen“, gibt Buchmüller zu bedenken. der Margen immer schwieriger zu er- Beispielsweise ermöglicht eine Zufahrts- wirtschaften. Es gibt vielerorts wenig rampe für einen Rollstuhlfahrer diesem Verständnis bei den Händlern, wenn die zwar den Zugang ins Geschäft, sie stellt öffentliche Hand sich durch großzügige für einen Blinden oder Sehbehinderten Übergangsfristen ihre Hausaufgaben zur aber noch keinen barrierefreien Zugang Barrierefreiheit aufschiebt und Handels- dar. „Die unterschiedlichen Facetten der betriebe gesetzlich dazu verpflichtet einzelnen Bedürfnisse machen es dem werden. Diese Ungleichbehandlung Handel daher besonders schwer, für alle versteht niemand.“ Menschen mit speziellen Bedürfnissen entsprechende Lösungen zu finden. info – Offensive der WKO Erleichterung sollen dabei spezielle ungleichbehandlung schafft Kritik Förderungen für diese Investitionen Mit dem gesetzlichen Zwang zur Umset- bringen. Mitglieder können sich über zung und Geldstrafen sei dem Anliegen diese Möglichkeiten bei den Kammern der Personen mit speziellen Bedürfnissen informieren, die auch für alle anderen nicht gedient. Besser wäre es gewesen, Fragen zum Thema zur Verfügung ste- bei den Unternehmen auf Freiwilligkeit hen: „Nachdem das Thema den Handel und positive Anreize bei der Umsetzung wegen der zahlreichen Kundenkontakte dieses Themas zu setzen: „So hätten sich bewegt, startet die Bundessparte Handel Händler viele Investitionen erspart und es der WKO eine Informationsoffensive im heurigen Herbst zu diesem Thema“, erklärt Bundesspartenobmann Buchmüller. Die Händler erfahren dabei aus erster Hand im Rahmen einer Roadshow zur Barrierefreiheit Genaueres zu diesem wichtigen Thema. Weitere Services um- shutterstoCK, WKo (2) fassen die Broschüre „Die Einstellung macht’s“, die Plattform wko.at/barrierefreiheit oder den „Online Barriererené tritscher, WKO: „Handel hat bereits viel investiert.“ Barrierefrei15.indd 7 Peter buchmüller, bundes spartenobmann: „ungleichbe handlung versteht niemand.“ Check“, der Unternehmen einen ersten Einblick in das Thema geben soll. ■ 13.10.15 13:49 8 handel barrierefreies einkaufsvergnügen der tägliche einkauf kann für Konsumenten zum Hürdenlauf werden: nicht nur Menschen mit behinderung stehen hier vor Herausforderungen. Auch für ältere Personen oder Frauen mit Kindern gibt es barrieren zu überwinden. D ie großen Lebensmitteleinzelhändler Behindertenorganisationen aufgenommen. des Landes sind bereits seit Jahren „Um dieses wichtige Thema in Zukunft intern wie extern stärker vorantreiben zu Nicht wegen der Vorschrift, sondern in können, starten wir heuer mit der Ent- erster Linie, um ihren Kunden das Leben wicklung einer Disability-Strategie“, zu erleichtern. REWE beschäftigt sich erklärt Pressesprecherin Lucia Urban. seit 2008 mit dem Thema Disability. „Um dafür Sorge zu tragen, dass hier Damals wurde auch der Dialog mit auch sinnvolle Maßnahmen entwickelt spar, reWe/ p. J. hartberger mit dem Thema Barrierefreiheit befasst. Barrierefrei15.indd 8 13.10.15 13:49 Freundlicher Service soll auch behinderten ein einkaufserlebnis vermitteln. 2.500 Filialen der REWE-Handelsfirmen baulich barrierefrei. Darüber hinaus gibt es eine Fülle an Einzelbeispielen, wo auf die Bedürfnisse von Stammkunden mit Behinderungen hin Maßnahmen realisiert wurden, etwa bei BILLA im Auhofcenter in Wien. Hier gibt es speziell für Rollstuhlfahrer Gemüsewaagen mit Bildschirm unterhalb der Waagschale. „Innerhalb des nächsten Jahres soll eine komplett barrierefreie Musterfiliale entstehen“, so Urban. Das bedeute nicht nur rollstuhlgerecht, sondern auch mit Hilfen für seh- und hörbehinderte Menschen. „Ausgehend von diesem Pilotpround umgesetzt werden, wurde eigens jekt und den Erfahrungen, die wir dort eine Disability-Managerin eingestellt, machen werden: Für alle Handelsfirmen die seit Mitte August ausschließlich für sollen Barrierefrei-Standards entwickelt mehr Barrierefreiheit für Mitarbeiter und werden.“ Aber Internetseiten und Online- Kunden zuständig ist, mit dem Ziel, Best shops sollen mittelfristig barrierefrei ge- Practice für die Integration von Menschen staltet werden – mittels Vorlesefunktion. spar, reWe/ p. J. hartberger mit Behinderungen zu schaffen.“ Darüber hinaus wurde eine interne Arbeitsgruppe „Für uns als REWE International AG hat gegründet, die das Thema Chancengleich- das Projekt vor allem das Ziel, Integra- heit und Barrierefreiheit vorantreibt. tion von Behinderten – als Mitarbeiter „Denn der Aufbau eines Netzwerks in ebenso wie als Kunden – verstärkt zum einem Unternehmen ist eine sehr wesent- öffentlichen Thema zu machen. Es ist liche Voraussetzung für die erfolgreiche uns wichtig, dieses Thema umfassend, Umsetzung einer Disability-Strategie.“ strategisch und nachhaltig wirksam anzugehen“, so das Ziel des Unternehmens. integration und Vorbildwirkung Außerdem möchte man andere Unterneh- Als Ergebnis dieser Maßnahmen sind men motivieren, auch aktiv zu werden. bereits deutlich mehr als 90 Prozent der Diese Verantwortung der Vorbildrolle Barrierefrei15.indd 9 13.10.15 13:50 10 handel habe REWE als eines der größten Unter- oder Akustikbojen am Eingang zur nehmen und Arbeitgeber des Landes. Orientierung für Sehbehinderte“, unterstreicht PR-Verantwortlicher Mag. Lukas SPAr will den einkauf erleichtern Sövegjarto. Zusätzlich gibt es auch ein Auch beim großen Mitbewerber SPAR ist Blindenleitsystem mit im Boden integrier- die Barrierefreiheit seit Jahren ein Thema: ten Leitstreifen. Diese führen den Kunden Stufenloser Zugang in die Märkte, breite vom Parkplatz zum Eingang. An zahlrei- Gänge, automatische Türen, Behinderten- chen Standorten wurden auch Rufhilfen und vielfach Familienparkplätze sind installiert, mit denen bereits am Eingang Standard in allen SPAR-Filialen. Neben eine Einkaufsassistenz angefordert der baulichen Ausstattung sind aber auch werden kann. SPAR ist nach ÖGNI serienzertifiziert, Bedürfnisse haben. „Über die Standard- somit entsprechen alle SPAR-Neubauten ausstattung hinaus testet SPAR an mehre- den umfassenden ÖGNI-Standards, die ren Standorten besondere Einrichtungen, auch zahlreiche Punkte zur Barrierefrei- die Menschen mit Beeinträchtigung das heit umfassen. Bei bestehenden Märkten, Einkaufen erleichtern, wie Induktionsan- besonders in innerstädtischen Altbauten, lagen für Hörgeräte zur besseren Verstän- waren aber Platzmangel und Denkmal- digung an Kassa und Feinkostbedienung schutz teilweise eine Herausforderung. ■ Hilfe für Sehbehinderte ist auch ein Wettbewerbsfaktor. im einkaufsalltag sichtbar erleichterung schaffen. shutterstoCK mit Menschen geschult, die besondere spar, reWe/ p. J. hartberger die Marktmitarbeiter auf den Umgang Barrierefrei15.indd 10 13.10.15 13:50 Barrierefreiheit – Chance und Herausforderung a spar, reWe/ p. J. hartberger b dem 1. Jänner 2016 muss in allen geschäfts räumen und lokalen barrierefreiheit gegeben sein. viele unternehmer sind verunsichert, was das für sie bedeutet: barrierefreiheit bedeutet, dass Waren und dienstleistungen, die öffentlich verkauft werden, barrierefrei zugänglich sein müssen. shutterstoCK räumlichkeiten müssen frei von baulichen barrieren sein und alle Kundinnen und Kunden müssen zugang zu informationen – beispielsweise Webauftritt oder broschüren – haben. die Wirt schaftskammer Österreich unterstützt ihre mit glieder bei der umsetzung dieser maßnahmen, gibt tipps und informiert über Fördermöglichkeiten. besonders der Handel ist von den neuen rege lungen betroffen, entsprechend engagiert zeigt sich die sparte handel, die eine ganze palette an services bietet: einen ersten überblick über die barrierefreiheit des eigenen unternehmens kann man sich beim eigens eingerichteten online barriereCheck verschaffen. neben der broschüre „die einstellung macht’s“ bietet die WKo auch ein umfangreiches beratungsangebot. Barrierefrei15.indd 11 dabei beherzigt etwa die sparte handel auch selbst den grundsatz der „barrierefreiheit“: im rahmen einer bundesweiten roadshow werden den handelsbetrieben alle Fragen zum thema direkt, persönlich und aus erster hand beantwor tet. bis Jahresende machen die experten der WKo noch in salzburg, oberösterreich, dem burgenland und niederösterreich halt. im Frühjahr 2016 findet dann eine veranstaltung in Wien statt. „der österreichische handel ist für alle menschen da und sieht die barrierefreiheit als Chance, sein schon vorhandenes hervorragendes service für sämtliche Kunden auszubauen“, betont bundesspartenobmann Peter buchmüller. „da das thema den handel wegen der zahlreichen Kundenkontakte bewegt, hat die bundessparte handel der WKo im herbst eine informations offensive zu diesem thema gestartet.“ unter wko.at/barrierefreiheit finden mitglieder neben einer plattform zur erstinformation auch alle termine der roadshow. 13.10.15 13:50 12 FragenKatalog Fragen und Antworten zur barrierefreiheit im unternehmensalltag stellen sich rund um die barrierefreiheit viele konkrete Fragen. noch wichtiger sind die Antworten. im Folgenden finden Sie wichtige Hinweise auf akute Fragen rund um die barrierefreiheit ab dem kommenden Jahr. ein Auszug aus Quellen des Sozialministeriums. Kostet die Umsetzung der Barrierefreiheit Kann ein Vermieter bzw. Verpächter eines viel Geld? Geschäftslokals von Kundinnen oder Wenn Barrierefreiheit bei der Planung mitberücksichtigt wird, sind die Mehrkosten Kunden wegen fehlender Barrierefreiheit rechtlich belangt werden? gering. Adaptierungen bestehender Ge- Dies ist nicht möglich, da die Kundin bäude kosten erfahrungsgemäß wesent- oder der Kunde keine Rechtsbeziehung lich mehr. Wenn Sie einen Umbau oder zum Vermieter bzw. Verpächter hat. eine Sanierung planen, lassen Sie sich auf jeden Fall in Bezug auf die barrierefreie Muss die Barrierefreiheit in Mietverträgen Gestaltung Ihrer Angebote, beraten. von Geschäftslokalen geregelt sein? Bei neuen Mietverträgen empfiehlt es Ist der Mieter eines Geschäftslokals für sich, einen entsprechenden Passus über die Barrierefreiheit verantwortlich oder der die Zustimmung zur Herstellung von Eigentümer? Barrierefreiheit aufzunehmen. Es ist immer der Anbieter einer Leistung dafür verantwortlich, dass sein Angebot diskriminierungsfrei – und damit auch Darf der Denkmalschutz der Barrierefreiheit widersprechen? barrierefrei – ist. Die Herstellung bauli- Denkmalschutz kann im Einzelfall der cher Barrierefreiheit unterliegt neben den Herstellung der Barrierefreiheit entgegen- baurechtlichen Vorgaben auch den ent- stehen. Allerdings gibt es viele Beispiele sprechenden Rechtsnormen wie Mietrecht, Wohnrecht und den Rechtsvorschriften für Pachtverträge. Sehr oft erfordern bauliche Maßnahmen die Zustimmung shutterstoCK (2) des Vermieters. Wesentlich ist auch, was im jeweiligen Miet- oder Pachtvertrag geregelt ist. Barrierefrei15.indd 12 13.10.15 13:50 für Alternativlösungen, die trotz Denkmalschutzbestimmungen eine Nutzung des Angebotes auch für Menschen mit Behinderung ermöglichen. Was mache ich, wenn in einem Baubescheid Barrieren vorgeschrieben sind (z. B. Stufen vor dem Eingang in einer hochwasser gefährdeten Ortschaft)? Wenn die Herstellung der Barrierefreiheit aus baurechtlichen Gründen verweigert besteht, so sieht das Gesetz einen Min- wird, darf auch die entsprechende bauliche destschadenersatz von 1.000 Euro vor. Maßnahme nicht durchgeführt werden. Allerdings müsste man in einem solchen Fall alternative Maßnahmen prüfen. Wie ist das mit der Barrierefreiheit im Brandfall? Bei Evakuierungen ist auf die Bedürfnisse Kann ich rechtlich belangt werden, obwohl von Menschen mit Behinderung besonders mir der Denkmalschutz den barrierefreien zu achten, insbesondere sind Notsignale Umbau verweigert hat? im Zwei-Sinne-Prinzip auszuführen. Wenn die Herstellung der Barrierefreiheit rechtlich nicht möglich ist, sind alternative Möglichkeiten zur prüfen, etwa eine mobile Rampe oder auch eine Klingel. Muss man bei mehreren Filialen alle auf einmal barrierefrei umbauen? Es gilt das Prinzip der Zumutbarkeit. Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, einen Plan Wie hoch können Schadenersatz zur Herstellung der Barrierefreiheit zu er- forderungen sein, wenn mein Geschäft stellen, insbesondere dann, wenn es einer nicht barrierefrei ist? Vielzahl von Maßnahmen bedarf, um An- Das Behindertengleichstellungsrecht sieht gebote barrierefrei zugänglich zu machen. den Ersatz des Schadens vor, der tatsächlich eingetreten ist, wie etwa den Ersatz shutterstoCK (2) einer Fahrkarte oder von Taxikosten. Muss das gesamte Verkaufslokal barrierefrei sein? Dazu gibt es noch einen immateriellen Mangelnde Barrierefreiheit kann zu einer Schadenersatz für die erlittene Kränkung. Diskriminierung von Menschen mit Dazu gibt es allerdings noch wenig Judi- Behinderung führen, wenn die Herstellung katur. Wenn die Diskriminierung in einer der Barrierefreiheit zumutbar ist. Bei Belästigung (Mobbing, über längeren Verkaufslokalen bilden Regalhöhen sehr Zeitraum andauernde Kränkungen) oft eine Barriere. Einschränkungen in Barrierefrei15.indd 13 13.10.15 13:50 14 FragenKatalog Im Unternehmen gibt es „nur“ ein KundenWC, muss das barrierefrei sein? Kunden-WCs, Informationsschalter, Restaurants für Kunden etc. gehören ebenfalls zum Leistungsangebot und sind daher diskriminierungsfrei – und damit auch barrierefrei – zu gestalten. Allerdings wird in jedem einzelnen Fall auch der Höhe würden aber bedeuten, dass für die Zumutbarkeit zu prüfen sein. das gleiche Warenangebot ein viel größerer Platzbedarf bestehen würde. Dies Das Unternehmen hat eine Kundengruppe, wäre im konkreten Fall möglicherweise bei der davon ausgegangen werden kann, nicht zumutbar. dass sie definitiv nicht behindert ist, muss ich trotzdem mein Angebot barrierefrei anbieten? Müssen alle Eingänge barrierefrei sein? Ja, es sei denn, Maßnahmen zur Her- Ein barrierefreier Zugang sollte über den stellung der Barrierefreiheit sind nicht zu- Haupteingang möglich sein. Falls dieser mutbar. Dass keine behinderten Kunden Eingang nicht barrierefrei zugänglich ist, vorhanden sind, hängt eben oft mit der sollte zumindest ein zweiter, gut erreich- mangelnden Barrierefreiheit zusammen. barer Eingang einen Zugang für mobilitätsbehinderte Personen ermöglichen. Wie sieht die Sachlage aus, wenn Waren nur einer bestimmten (vordefinierten) Müssen in einem Hotel alle Zimmer Kundengruppe angeboten werden? barrierefrei sein oder reicht eine Der im Behindertengleichstellungsrecht bestimmte Anzahl aus? festgeschriebene Schutz vor Diskrimi- Wichtig ist zunächst die Barrierefreiheit nierung gilt auch für Angebote, die nur der allgemein zugänglichen Räumlich- einer eingeschränkten Öffentlichkeit keiten wie Speisesaal, Aufenthaltsraum, zugänglich sind. Bar, Wellness-Bereich etc. Für bestehende dass in jedem Betrieb mindestens ein Welche Servicestelle ist für ein Schlichtungsverfahren zuständig? Zimmer barrierefrei für Gäste mit Mobi- Das Sozialministeriumservice ist eine litätsbehinderungen vorhanden sein Behörde mit neun Landesstellen, recht- muss. Pro 60 weiteren Gästebetten oder lich ist keine örtliche Zuständigkeit vor- 30 weiteren Unterkunftseinheiten geschrieben. Der Schlichtungswerber (Zimmer, Appartement) ist ein weiteres entscheidet, zu welcher Schlichtungs- barrierefreies Zimmer vorzusehen. stelle er geht. Barrierefrei15.indd 14 ■ shutterstoCK (2) Betriebe gibt die ÖNORM B 1600 vor, 13.10.15 13:50 Barrierefrei in Niederösterreich LAndeSFÖrderung Für uMbAuten n iederösterreich nimmt die Chancengleichheit sehr ernst: das land bietet für die „barrierefreiheit“ der unternehmen umfassende beratung und vor allem auch die Förderung von notwendigen investitionen. aufgrund der rechtlichen vorgaben stehen viele betriebe vor notwendigen bau lichen maßnahmen. vor allem im tourismus sind für die erreichung des barriere freien zugangs zu allen angeboten teils umfangreiche investitionen erforderlich. das land niederösterreich hilft. den unternehmen wird ein maßgeschneidertes Förderpaket angeboten: im mittelpunkt stehen maßnahmen für die zugänglich keit von unternehmen für menschen mit behinderung. gefördert werden beispielsweise investitionen wie • Errichtung einer Rampe, • Einbau eines Liftes, • Schaffung von Behindertenparkplätzen, • Installation von Leitsystemen für blinde oder schwer sehbehinderte Personen. Antragsberechtigt sind Klein- und Kleinstunternehmen, die ein Projekt am Standort Niederösterreich realisieren. die Förderbedingungen konkret: • Förderbar sind Beratungskosten sowie dem Projekt direkt zurechenbare Erst investitionen. • Zur Evaluierung der IstSituation sowie der Planung der Investitionen sind Bera tungskosten in einem ausmaß von max. 20 stunden förderbar. die finanzielle un terstützung beträgt max. 75 % bei einem beraterstundensatz von bis zu 90 euro. • Die Investitionsförderung für Barrierefreiheit des Landes NÖ ist eine Ergänzung zur bundesförderung (diese unterstützt investitionen bis 50.000 euro). Für projekte mit investitionskosten zwischen 50.000 und maximal 100.000 euro wird vom land nÖ für den vom bund nicht geförderten Kostenteil ein zuschuss shutterstoCK (2) von bis zu 20 prozent gewährt. das ziel der aKtion: bArriereFreieS niederÖSterreiCH Barrierefrei15.indd 15 13.10.15 13:50 16 tourismus Wo ein Wille, da auch ein Weg Viele Hotels, restaurants oder Freizeiteinrichtungen leben unter anderem von ihrem Charme und ihrem Ambiente – nur leider stellen gerade historische baujuwele oder Lokale mit besonderem Charakter eine Herausforderung für die barrierefreiheit dar. H otellerie und Gastronomie sind stehen den Betrieben im Rahmen von sicher Branchen, die von den neuen unzähligen Einzelberatungen mit Rat und Regelungen am stärksten betroffen sind. Tat zur Seite.“ Man weise die Branche Neben baulichen Besonderheiten sind bereits seit Längerem darauf hin, Barriere- es die hohe Kundenfrequenz, aber auch freiheit – soweit finanzierbar – in die der ausgeprägte Service-Charakter, die zu Investitionsvorhaben miteinzuplanen: Herausforderungen werden können. „Wir informieren unsere Betriebe laufend Bundesspartenobfrau Petra Nocker- über alle uns zur Verfügung stehenden Schwarzenbacher bietet ihren Berufskol- Kanäle über Barrierefreiheit, es gibt eine legen dabei umfassende Unterstützung: Vielzahl an Publikationen, angefangen von „Unsere Mitglieder sind auf einem guten den baulichen Notwendigkeiten bis hin zu Weg. Damit aber auch alle ans Ziel barrierefreien Natur- und Freizeitan- kommen, weisen wir auch weiterhin in geboten, aber auch Fördermöglichkeiten.“ Workshops, Broschüren und im Rahmen von Informationsveranstaltungen auf die gesetzlichen Voraussetzungen hin und „extrawürste“ führen zur ungleichbehandlung Eine der Hürden für die Umsetzung der bundesspartenobfrau Petra nockerSchwarzenbacher: „Klares bekenntnis gegen die diskriminierung.“ Barrierefreiheit ist für die oberste Standesvertreterin jedoch die zeitliche Vorgabe: „Vor allem angesichts der Tatsache, dass der öffentlichen Hand eine drei Jahre länger dauernde Übergangsfrist zur Stadt Wien konnte sich sogar eine Übergangsfrist bis 2042 ausverhandeln. Das sehe ich schon als krasse Ungleichbehandlung an. Wir werden uns jeden- Barrierefrei15.indd 16 WKÖ, shutterstoCK Adaptierung zugestanden wurde. Die 13.10.15 13:50 eine broschüre fasst alle infos für den tourismus zusammen. führt. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten könnten dadurch neue Märkte eröffnet werden“, ist NockerSchwarzenbacher überzeugt. Die Branche bekenne sich ganz klar zum WKÖ, shutterstoCK Schutz vor Diskriminierung von Menfalls weiterhin dafür einsetzen, damit wir schen mit Behinderungen: „Es ist aller- hier eventuell noch eine Gleichstellung dings auch eine Tatsache, dass viele un- für unsere Unternehmen mit der öffentli- serer Mitglieder bauliche Gegebenheiten chen Hand erreichen können.“ haben, die nur mit sehr hohen Investiti- Andererseits ergeben sich Chancen aus onen barrierefrei zu adaptieren sind. der Bewusstmachung des touristischen Das kommt just zu einer Zeit, wo sich Potenzials, das das Stichwort „Barriere- unsere Unternehmer auch mit Allergenen, freiheit“ mit sich bringt: „Angesichts der Tabakgesetz, Mehrwertsteuererhöhung, prognostizierten Überalterung der Bevöl- Verlängerung der Abschreibungsdauer kerung wird der Bedarf an barrierefreien etc. auseinanderzusetzen haben“, gibt die Produkten und Dienstleistungen kontinu- Bundesspartenobfrau zu bedenken. Eine ierlich steigen. Mobilitätsbeeinträchtigte wahre Reglementierungsflut. Dennoch Menschen inklusive der steigenden Zahl habe die Branche erkannt, dass sie sich älterer Menschen sind eine wichtige dieser Entwicklung – nicht nur aufgrund Zielgruppe, deren Reiseintensität durch der Gesetze, sondern auch aus demo- barrierefreie Angebote erhöht werden grafischen Gründen – anpassen muss. könnte, was wiederum zu Nachfragestei- Frei nach dem Motto „Wo ein Wille, da gerungen außerhalb der Hauptsaisonen ist auch ein Weg“. Barrierefrei15.indd 17 ■ 13.10.15 13:50 18 FlughaFen Wien erfolgsbeispiel Flughafen Wien A ls eines der größten Unternehmen in Aus Fehlern gelernt der Ostregion hat der Wiener Airport Die Kompetenz kommt nicht von unge- beim Thema Barrierefreiheit nicht nur fähr: „Nach der Eröffnung des neuen viel Erfahrung, sondern mittlerweile auch Terminals wurde von einigen Behinder- Vorbildfunktion. Mit dem Ausbau des tenorganisationen Kritik an uns herange- Flughafens wurde die Barrierefreiheit tragen“, so Kleemann. Man habe diese nicht nur flächendeckend umgesetzt, Kritik außerordentlich ernst genommen, sondern auch noch weiterentwickelt. sich mit den diversen Verbänden an einen Seit 2007 liegt die sogenannte PRM-Ver- Tisch gesetzt und jeden einzelnen Punkt antwortung (Passengers with Reduced besprochen. Aus einem Mangel sei so Mobility) laut einer EU-Richtlinie nicht eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mehr bei den Airlines, sondern bei den entstanden. Diese Kooperation mit den Flughäfen: „Bei Barrierefreiheit geht es betroffenen Verbänden habe sich in nicht nur um Infrastruktur und bauliche Arbeitsgruppen manifestiert, in denen Maßnahmen, sondern im Besonderen jedes Projekt bereits in der Planungs- auch um Prozesse und Serviceleistun- phase durchbesprochen wird. So können gen“, erklärt Oliver Nettel, Projektverant- Fehler von Anfang an vermieden werden. wortlicher bei der Flughafen Wien AG. „Spezialisten für Infrastruktur sind nicht „Wir legen hier besonderen Wert auf zwingend auch Experten für Barrierefrei- die Serviceorientiertheit,“ betont auch heit“, gibt Nettel zu bedenken. Die Erfah- Presseverantwortlicher Peter Kleemann. rungswerte von Betroffenen geben somit Barrierefrei15.indd 18 pepo sChuster (3) Jahr für Jahr nutzen 22,5 Millionen Passagiere den Flughafen Wien – tendenz steigend. dazu kommen rund 20.000 Mitarbeiter. insgesamt frequentieren täglich etwa 100.000 Personen den Airport. Alle genießen barrierefreiheit mit hervorragenden Lösungen. 13.10.15 13:50 Absolute barrierefreiheit als strategisches Konzept. wertvollen Input. „Es gelte nicht nur, die Tafel fahren, aber auch sehbehinderte Norm zu beachten, sondern Maßnahmen oder ältere Menschen profitieren von der praktikabel umzusetzen. Wir klären De- größeren, kontrastreicheren Anzeige. tails über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus“, so der PRM-Verantwort- Monitor für gehörlose liche. „Es soll für jeden Menschen mit be- Das Leitsystem wurde in Zusammenarbeit sonderen Bedürfnissen ein akzeptabler mit den Behindertenverbänden völlig Zustand geschaffen werden.“ Ein Kon- überarbeitet und zeigt sich nun ebenfalls zept, von dem auch alle anderen Passa- klarer, übersichtlicher und für alle besser giere, Besucher oder Mitarbeiter am Flug- lesbar. Das flächendeckende Blindenleit- hafen profitieren: So wurden system soll zudem noch weiter ausgebaut beispielsweise völlig neue Monitore ge- werden. Besonders beliebt bei allen Passa- schaffen: Diese sind niedriger angebracht gieren sind auch die besonders breiten als herkömmliche Bildschirme. Rampen: „Kaum jemand benutzt mehr die Ein Rollstuhlfahrer kann so direkt vor die Stiegen. Egal ob Trolley oder Kinderwagen, alle sind auf der Rampe unterwegs“, registriert man in Schwechat. Herzstück des PRM-Services ist jedoch ein eigener Infoschalter, bei dem jederzeit spezielle Hilfe angefordert werden kann. Besonders stolz ist man hier auf einen Monitor, über den Gehörlose wichtige Informationen in Gebärdensprache erhalten: „Wir haben Leitsystem, das auch Sehbehinderten die Orientierung erleichtert. das speziell entwickelt, es gibt nichts Vergleichbares“, so Nettel nicht ohne Stolz. Auch für die Airlines, die Wien anfliegen, und für den heimischen Fremdenverkehr informationen für behinderte auf Augenhöhe. bedeutet die Barrierefreiheit ein wichtiges Asset, das den Standort noch attraktiver macht. Besonders die Vertreter von WienTourismus sehen im Flughafen ein perfektes Entree, entsprechend gerne arbeitet man zusammen. Kleemann zur strategischen Ausrichtung: „Unser Service pepo sChuster (3) ist ein strategischer Eckpfeiler, aber wir machen es, weil wir wollen und nicht weil wir müssen.“ Barrierefrei15.indd 19 ■ 13.10.15 13:50 20 demographisChe entWiCKlung Wir werden älter, aber auch gebrechlicher das thema barrierefreiheit gewinnt an brisanz, nicht nur weil es gesetzliche bestimmungen gibt. die Menschen werden erfreulicherweise älter, aber naturgemäß auch anfälliger für behinderungen aller Art. doch sie wollen ein barrierefreies Leben führen. D ie Alterung der Gesellschaft ergibt hat dazu interessante Daten zusammen- sich aus zwei Trends, die in Europa getragen. Sie müssen nicht nur nach- stark ausgeprägt sind: die steigende denklich stimmen, sondern unterstreichen Lebenserwartung und die sinkende Kin- die These, dass der Alterungsprozess derzahl. Das gilt auch für Österreich. Der einer Gesellschaft nicht nur viele medizi- bekannte Bevölkerungswissenschaftler nische Fragen, sondern auch Themen und Chef des Erste Group Research and des Zusammenlebens mit behinderten Knowledge Center, Prof. Rainer Münz, Menschen aufwirft. europa ergraut: bevölkerung eu28 nach Alter und geschlecht und durchschnittsalter 1950, 2010 und 2050, Quelle: eurostat 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1.00 0,75 0,50 0,25 0,00 in prozent männer (2010) männer (2050) Barrierefrei15.indd 20 0,25 0,50 0,75 1,00 Frauen (2010) Frauen (2050) 13.10.15 13:50 Seit 170 Jahren steigt die Lebenserwartung in den westlichen Industriestaaten kontinuierlich an. Seit dem Jahre 1950 ist die Lebenserwartung der Österreicher es gibt heute weniger Kinder pro Familie als früher Kinderzahl pro Frau (tFr), 1951–2012 Quelle: statistik austria 2,8 um etwa 20 Jahre gestiegen. Parallel dazu hat sich die Kinderzahl pro Familie signifikant verringert. Auf eine Frau im 2,0 gebärfähigen Alter entfielen noch am 1,6 Beginn der Sechzigerjahre des vergan- 1,5 1,4 1,4 1,4 1994 2000 2012 genen Jahrhunderts 2,8 Kinder. Derzeit sind es – seit vielen Jahren weitgehend konstant – statistisch rund 1,4 Kinder. Das unterstreicht den Alterungsprozess in den kommenden Jahrzehnten. ■ 1952 1964 1976 1982 die Jungen werden weniger, die Alten werden mehr in mio. bevölkerung nach Altersgruppen 1961–2060 Quelle: statistik austria 10 vorausschätzung 2012 9 8 65 und mehr Jahre 7 6 5 20 bis 64 Jahre 4 3 2 1 0 bis 19 Jahre 0 1961 65 70 75 80 85 90 95 2000 05 10 15 20 25 30 35 40 45 2050 55 60 iMPreSSuM Verleger manstein zeitschriftenverlagsges.m.b.h. Aufsichtsratsvorsitzender prof. hansJörgen manstein geschäftsführung mag. dagmar lang, mba Chefredaktion dkfm. milan Frühbauer redaktion mmag. Claudia stückler Layout martin renner Lektorat angelika hierzenbergergokesch Anzeigen martina rosenauer Verlagssitz, Verwaltung, geschäftsführung, redaktion 2380 perchtoldsdorf, brunner Feldstraße 45, tel.: +43/(0)1/866 480, Fax: dW 100, www.manstein.at druck druckerei Friedrich vdv gmbh & Co. Kg, 4020 linz, zamenhofstraße 43–45 erscheinungsweise einmal pro Jahr als beilage zu ausgewählten titeln des manstein verlags Auflage 72.555 exemplare Barrierefrei15.indd 21 13.10.15 13:50 22 austrian standards die ÖnOrMen als solide grundlage D ie Grundlage für die neuen Regelun- auf Barrierefreiheit angewiesen sind, sollte gen zur Barrierefreiheit sind natur- völlige Barrierelosigkeit das Ziel sein.“ gemäß entsprechende ÖNORMEN. Dipl.- Barrierefreiheit bedeutet im Wesentlichen Ing. Stefan Wagmeister, stellvertretender die Umsetzung baulicher Maßnahmen. Leiter Standards Development und Mana- Diese sind in der ÖNORM B 1600 „Barrie- ger eines Komitees, in dem die Standards refreies Bauen – Planungsgrundlagen“ für Barrierefreiheit entwickelt wurden, geregelt. Darin ist zusammengefasst, was erklärt den Zusammenhang: „ÖNORMEN in diesem Bereich State of the Art ist. Die sind keine Gesetze und keine Vorschriften, darin angeführten Maßnahmen ermögli- aber sie bieten anerkanntes Wissen, das chen behinderten Menschen und vorüber- Fachleute zusammengetragen haben“, be- gehend bewegungs- oder sinnesbehinder- tont der Experte. Dieses Wissen gibt den ten Menschen die sichere Nutzung von Planern die Sicherheit, dass sie die richtige Gebäuden und Anlagen weitgehend ohne Lösung finden, was wiederum dem Unter- fremde Hilfe. nehmer, der seinen Betrieb oder sein Hotel Austrian Standards stellt dabei die ÖNORM umbauen lässt, die Gewähr gibt, dass er B 1600 als Basisnorm zum Thema Bar- hier sinnvoll investiert hat und dass es rierefreiheit sowie die drei ergänzenden nachher keine Probleme geben wird. Dokumente B 1601 bis 1603 für barriere- „Die nachträgliche Adaptierung bestehen- freie Gesundheitseinrichtungen, bzw. Bil- der Bauten war auch ein zentrales Thema dungseinrichtungen sowie Tourismus- und bei der Erstellung der jüngsten Ausgabe Freizeiteinrichtungen gegen Entgelt zur der ÖNORM B 1600. Denn Verfügung. „Außerdem gibt bei älteren Bauten lassen sich es ein bei Austrian Standards mitunter nicht alle Anforde- erschienenes und bereits rungen vollständig umset- vielfach bewährtes Handbuch zen“, so Wagmeister. Deshalb von Maria R. Grundner, habe man ausdrücklich sinn- die für die Mobilitätsagentur volle Erleichterungen in der Wien an der jüngsten Aus- Norm vorgesehen. „Aber im gabe dieser Norm engagiert mitgearbeitet hat.“ Interesse aller Menschen, die ■ austrian standards Austrian Standards ist das heimische Kompetenzzentrum rund um normen. Seine Aufgabe besteht unter anderem darin, in normen festgehaltenes Fach wissen zu verbreiten. So sollen interessen zwischen Wirtschaft, industrie, Forschung sowie Konsumenten und gesellschaft reibungslos gestaltet werden. dipl.ing. Stefan Wagmeister: „die ÖnOrM ist State of the Art!“ Barrierefrei15.indd 22 13.10.15 13:50 MACHEN SIE IHR UNTERNEHMEN BARRIEREFREI ! BARRIERE CHE K austrian standards www.barriere-check.at Testen Sie, wie barrierefrei Ihr Unternehmen ist. Die neue Webseite www.barriere-check.at macht es möglich. Denn Barrierefreiheit ist ein Mehrwert für alle! Ein Angebot des ÖZIV in Kooperation mit der WKÖ. Barrierefrei15.indd 23 13.10.15 13:50 Die beste Zugabe: der Heimweg. Ihr Ticket wird zum Fahrschein: Denn die Eintrittskarten für viele Veranstaltungen in Wien gelten gleichzeitig als Netzkarten für alle öffentlichen Verkehrsmittel. Und zwar zwei Stunden vor bis sechs Stunden nach Beginn. www.wienerlinien.at Barrierefrei15.indd 013408T3 WL EistF 24 Arena POP 148x210 Beilage Barrierefreiheit COE.indd 1 13.10.15 01.10.15 13:50 09:30
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