AZ 3900 Brig | Donnerstag, 18. Februar 2016 Nr. 40 | 176. Jahrgang | Fr. 2.80 Schreinerei Zimmerei Bodenbeläge imboden-raron.ch www.1815.ch Auflage 21 285 Expl. Redaktion Telefon 027 922 99 88 | Abonnentendienst Telefon 027 948 30 50 | Mediaverkauf Telefon 027 948 30 40 INHALT Wallis Wallis Sport Co-Direktion Mehr als Bücher Star im Goms Ulrich Gerber und Géraldine Biollaz springen für den krankgeschriebenen SuchtWallis-Direktor ein. | Seite 5 Benita Imstepf, Direktorin der Briger Mediathek, sieht die Bibliothekslandschaft im Wandel begriffen. | Seite 10 Mit Dario Cologna geht ein dreifacher Olympiasieger erstmals am Gommerlauf an den Start. | Seite 25 Wallis Traueranzeigen Ausland Wirtschaft/Börse Schweiz Sport TV-Programme Wohin man geht Wetter Turtmann | Petition gegen eventuelles Asyl-Ausreisezentrum des Bundes KOMMENTAR Ein Dorf wehrt sich Verständliche Sorgen Noch ist zwar nicht entschieden, ob der Bund tatsächlich ein Ausreisezentrum für abgewiesene Asylsuchende auf dem Militärgelände von Turtmann errichten will. Dennoch formiert sich bereits breiter Widerstand dagegen. Heute lancieren die vier Turtmänner Ortsparteien CVP, CSP, SVP/Freie Wähler und die freie und unabhängige Liste eine gemeinsame Petition, in der sie den Staatsrat dazu auffordern, sich «beim Bund und sämtlichen Akteuren mit aller Entschlossenheit gegen ein geplantes Bundesasylzentrum mit Turtmann als Standort einzusetzen». Über alle Parteigrenzen hinweg sind die Turtmänner der Ansicht, ihr Dorf mit tausend Einwohnern sei zu klein, um ein Ausreisezentrum für 250 abgewiesene Asylbewerber zu beherbergen. Die Dorfgemeinschaft wäre mit massiven Veränderungen und kaum absehbaren schwerwiegenden Konsequenzen konfrontiert. | Seite 2 Zu klein. Turtmann befürchtet für seine tausend Einwohner schwerwiegende Konsequenzen, die sich durch die Errichtung eines Ausreisezentrums für abgewiesene Asylbewerber ergeben könnten. FOTO WB Europa League | FC Sitten empfängt heute Sporting Braga Wallis | Vollzug obliegt den Kantonen Schuss ins Schwarze Ausschaffungshaft Zeit für das Dessert: Der FC Sitten tritt heute unter den 32 besten Teams der Europa League an. Beispielhaft. Sitten-Trainer Didier Tholot – einst Stürmer – will im FOTO KEYSTONE Heimspiel kein Gegentor einfangen. Kasan, Liverpool und Bordeaux sind passé. Die nächste Hürde für den Schweizer Cupsieger ist Braga, vierte Kraft in Portugals Fussball hinter den «ewigen» Favoriten Sporting Lissabon, Benfica und Porto. Während die Lusitaner 2016 über ein Dutzend Wettkampfspiele absolviert haben, trat der FC Sitten im neuen Jahr erst gegen Zürich an. Sitten-Trainer Didier Tholot («Müssen sofort wach sein, um zu bestehen») «schenkt» die Rolle des Favoriten Braga, dessen Trainer Paulo Fonseca wiederum Sitten viel Respekt entgegenbringt. | Seiten 28 / 29 Engpass. Bei einer Annahme der DurchsetzungsFOTO KEYSTONE initiative wären mehr Plätze nötig. Wie sieht der Vollzug der Ausschaffungen aktuell aus und was wäre bei einer Annahme der Initiative zu erwarten? Kann eine Person nicht unverzüglich ausgeschafft werden, landet sie – falls eine mögliche Rückführung ins Heimatland nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann – in Untersuchungshaft. Die Kapazitäten sind dabei klein und schon heute ausgeschöpft. | Seite 3 Immer mehr Menschen strömen aus den Krisengebieten nach Europa und somit auch in die Schweiz. Der Bund braucht deshalb mehr Plätze für Asylbewerber. Die Suche nach geeigneten Standorten gestaltet sich aber enorm schwierig, weil an den meisten Orten, wo diese Plätze geplant sind, die betroffene Bevölkerung oft auf die Barrikaden steigt. Nun soll eventuell auch auf dem Militärgelände von Turtmann ein Ausreisezentrum für 250 abgewiesene Asylbewerber entstehen, deren Perspektiven, in der Schweiz leben zu dürfen, auf null gesunken sind. Noch bevor das Vorhaben überhaupt beschlossene Sache ist, wehren sich sämtliche Ortsparteien von Turtmann und sammeln Unterschriften für eine Petition an den Staatsrat, damit sich dieser mit aller Kraft dagegen zur Wehr setzt. Diese Angst vor einem Ausreisezentrum unmittelbar vor der eigenen Haustür ist verständlich. Denn bei den meisten der künftigen Bewohner wird es sich um junge Männer handeln, die aus wirtschaftlicher Not den Weg in die Schweiz suchten. Diese 250 abgewiesenen Asylbewerber dürfen sich frei bewegen und harren eigentlich nur noch ihrer Ausschaffung. Dass dabei einige von ihnen auf dumme Gedanken kommen könnten, ist vorhersehbar. Kommt hinzu, dass in Turtmann nur tausend Personen leben. Turtmann ist schlichtweg zu klein, um 250 perspektivlose Asylbewerber verkraften zu können. Der Bund muss über die Bücher. Kleine Dörfer sind für grosse Ausreisezentren nicht geeignet. Werner Koder 40007 9 Walliser Walliser W Wochen ochen bis bis 20. 20. F Februar ebruar 2 2016 016 3.05 5.75 3.70 Valdor Raclette Plättli AOP 00 g Solange Vorrat. Preisänderungen vorbehalten. allis alliser Roggenbrot AOPP, 00 g (100 g = 0.7744) 2 – 16 14 17/19 21 23/24 25 – 29 30 31 32 Coop Walliser Rohschinken per 100 g 771660 065005 2 WALLIS Walliser Bote Donnerstag, 18. Februar 2016 UNTERWALLIS Neue Tourismus AG ANZÈRE | Gestern wurde die «Anzère Tourisme SA» offiziell aus der Taufe gehoben. Insgesamt zehn Akteure aus den Gemeinden Ayent und Arbaz hatten sich für das Projekt starkgemacht. Ziel der neuen Aktiengesellschaft solle es sein, den Tourismus in der Region zu fördern und Anzère zusätzlich attraktiv zu machen, wie Präsident Alain Délétroz gegenüber dem «Nouvelliste» mitteilte. Marco Aymon, Präsident der Gemeinde Ayent, sprach von einem «historischen Tag». Eine solche Zusammenarbeit sei seit 30 Jahren immer wieder ein Thema gewesen, es sei daher gut, dass dieser Schritt nun erfolgt sei. Einen Direktor für die AG gibt es derzeit noch nicht. Bis Ende Monat soll sich dies ändern. Grosser Filmpalast RIDDES | Ende 2017 soll das geplante Multiplex-Kino in Riddes fertiggestellt sein. Es wäre das erste seiner Art im Kanton Wallis und soll insgesamt acht Kinosäle und 1400 Plätze beherbergen. Wie der «Nouvelliste» berichtet, hat eine Marktanalyse der Betreiberfirma «Pathé» ergeben, dass mit etwa 400000 Besuchern pro Jahr gerechnet werden könne. Fusionsgedanken ST-MAURICE | Pascal Gross, Präfekt des Bezirks St-Maurice, wünscht sich einige Änderungen in seinem Bezirk. So sollen die Gemeinden Collonges, Dorénaz, Evionnaz, Finhaut, Massongex, Saint-Maurice, Salvan, Vernayaz und Vérossaz neu zu einem «Grand St-Maurice» verschmelzen, wie er gegenüber dem «Nouvelliste» verlauten liess. Gross hatte diesen Gedanken bereits an der vergangenen Präsidentenkonferenz vom 9. Februar geäussert. Durch die neu geschaffene Gemeinde wünscht sich der Präfekt in wichtigen Bereichen bessere Leistungen für die Bevölkerung. Der Vorschlag ist aktuell in der Vernehmlassung bei den Exekutivorganen der betroffenen Gemeinden. Antiquitätenmesse MARTINACH | Bereits zum 39. Mal findet am Wochenende die Gebrauchtwarenund Antiquitätenmesse statt. Von Freitagmorgen bis Sonntagabend können Interessierte auf 4500 Quadratmetern Fläche im CERM in Martinach nach Herzenslust Waren von mehr als 80 Ausstellern begutachten. Egal ob Bilder, Schränke, Lampen oder diverse Accessoires: Die Messe bietet eine grosse Auswahl an Artikeln für Trödelfans. Asylwesen | Alle Turtmänner Ortsparteien starten heute Petition gegen ein Asylzentrum «Unser Dorf ist zu klein für ein Asyl-Ausreisezentrum» TURTMANN | Noch steht zwar gar nicht fest, ob in Turtmann tatsächlich ein Ausreisezentrum für abgewiesene Asylsteller entstehen soll, doch allein die Angst davor hat sämtliche Ortsparteien vereint. Heute starten sie eine Unterschriftensammlung für eine Petition an den Walliser Staatsrat, damit er sich vehement gegen das Vorhaben zur Wehr setzt. WERNER KODER «Wir sind keine Rassisten oder Menschenfeinde. Wir sind uns bewusst, dass es um Menschen in Not geht. Doch unser Dorf ist für ein Ausreisezentrum des Bundes schlichtweg viel zu klein. Ein solches Bundesasylzentrum gehört an eine grössere Agglomeration angegliedert. Ganz einfach, weil die das besser verkraftet», bringt Georges Jäger, Burgerrat von Turtmann und Mitglied der freien und unabhängigen Liste von Turtmann, die Bedenken der Einwohnerschaft von Turtmann gegen das Vorhaben auf den Punkt. Die Romandie muss am meisten Plätze stellen Hintergrund der Besorgnis ist die neue Asylpolitik des Bundes. Um die Asylverfahren zu beschleunigen, werden in sechs Regionen der Schweiz insgesamt 5000 Plätze für Flüchtlinge in Bundeszentren geschaffen. Künftig soll die Mehrheit der Asylverfahren innerhalb von 100 Tagen im beschleunigten Verfahren respektive innert 140 Tagen für sogenannte Dublin-Verfahren rechtskräftig entschieden und vollzogen werden. Auch die übrigen Gesuche im «erweiterten Verfahren» sollen nicht mehr länger als ein Jahr dauern. Gemäss der Einigung zwischen den Kantonen wird die Romandie am meisten Plätze für Asylsuchende schaffen müssen, nämlich mindestens 1280. Derzeit sind die Westschweizer Kantone immer noch am Verhandeln, wo diese Zentren angesiedelt werden sollen. Im Gespräch ist auch Turtmann als möglicher Standort eines sogenannten Ausreisezentrums des Bundes für 250 abgewiesene Asylsuchende, wie der zuständige Staatsrat Oskar Freysinger auf Anfrage bestätigte: «Die Verhandlungen zwischen den Westschweizer Kantonen sind aber derzeit an einem toten Punkt. Die Positionen sind Einigkeit. Sämtliche Turtmänner Ortsparteien sprechen sich gegen ein Bundesasylzentrum auf dem Militärgelände von Turtmann aus (v. links): Marcel Zenhäusern (CVP), Georges Jäger (freie und unabhängige Liste), Vivianne Z’Brun (CSP) und Michael Bregy (SVP und Freie Wähler). FOTO WB noch unvereinbar. Mehr kann ich darüber derzeit nicht sagen, eben weil wir noch mitten in den Verhandlungen sind», teilte Oskar Freysinger mit. «Die Verhandlungen zwischen den Kantonen sind an einem toten Punkt» Staatsrat Oskar Freysinger In einem Ausreisezentrum werden einerseits Asylsuchende untergebracht, deren Gesuch in letzter Instanz abgelehnt wurde und die unser Land demzufolge wieder verlassen müssen. Andererseits halten sich dort auch Asylsuchende während einer Beschwerdefrist auf oder während jener Phase, in der die Schweiz die Zuständigkeit für das Asylverfahren mit einem anderen Dublin-Staat klärt. Verantwortlich für den Betrieb eines Ausreisezentrums ist das Staatssekretariat für Migration. Der Bund betreut aber die Asylsuchenden dort nicht selbst, sondern beauftragt private Firmen mit der Betreuung. Zudem beauftragt der Bund Sicherheitsunternehmen, um die Si- cherheit der Anlage und ihres Umfeldes zu gewährleisten. solches Ausreisezentrum gefährdet», erklärt Zenhäusern. Bewohner dürfen Zentrum verlassen Konsens über Parteigrenzen hinweg Brisant dabei: Die Bewohner des Ausreisezentrums dürfen die Anlage von Montag bis Freitag von 9.00 bis 17.00 Uhr und am Wochenende von 9.00 bis 19.00 Uhr jederzeit verlassen. Exakt jener Punkt beängstigt die Turtmänner am meisten. «In Turtmann haben wir 1000 Einwohner. Und nun sollen auf dem Flugplatzgelände gleich 250 abgewiesene Asylsuchende untergebracht werden, die sich auch im Dorf aufhalten können? Das würde sich für die Entwicklung unseres Dorfes sicher nicht positiv auswirken», teilte Marcel Zenhäusern, CVP-Ortsparteipräsident und Grossratssuppleant, mit. Turtmann hätte in den letzten Jahrzehnten grosse Opfer erbringen müssen. «Man denke nur an den ganzen Fluglärm. Auch war das Dorf immer durch den Durchgangsverkehr gespalten, weil wir keine Umfahrungsstrasse erhielten. Jetzt kommt bald die Autobahn und wir hoffen immer noch auf den Innovationspark. Wir haben viel Boden für Wohnund Industriezonen gekauft und haben ein grosses wirtschaftliches Entwicklungspotenzial. Dieses wird durch ein In Turtmann ist man sich einig: Das Ausreisezentrum darf dort nicht erstellt werden. Aus diesem Grund haben sich alle vier Ortsparteien, CVP, CSP, SVP und Freie Wähler sowie die freie und unabhängige Liste, zusammengerauft und lancieren heute eine Unterschriftensammlung für eine Petition an den Staatsrat. Im Folgenden der Wortlaut der Petition «Nein zu einem Bundesasylzentrum in Turtmann»: «Die Unterzeichner dieser Petition fordern den Walliser Staatsrat auf, sich beim Bund und sämtlichen Akteuren mit aller Entschlossenheit gegen ein geplantes Bundesasylzentrum mit Turtmann als Standort einzusetzen. Ein Zentrum dieses personellen Ausmasses wird die hier lebende Dorfgemeinschaft (1000 Personen) mit massiven Veränderungen und momentan kaum absehbaren schwerwiegenden Konsequenzen konfrontieren. Das Bundesasylzentrum muss vernünftigerweise in eine grössere Agglomeration integriert werden. Die Bevölkerung von Turtmann und Region hat seit Jahrzehnten unverhältnismässig hohe Lasten im öffentlichen Interesse tragen müssen (Militärflugplatz).» SVP-Vorpreschen stiess sauer auf Im Vorfeld der heute lancierten gemeinsamen Petition aller Turtmänner Ortsparteien gab es gewaltig Knatsch. Die von SVPFraktionschef Michael Graber gegründete Facebook-Gruppe gegen ein mögliches Bundesasylzentrum sorgte in den letzten Tagen für rote Köpfe, weil zahlreiche Personen ungefragt zur Gruppe hinzugefügt worden waren (der WB berichtete). Zudem hatten sich alle Ortsparteien am letzten Samstag grundsätzlich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Als dann diesen Montag im «Walliser Boten» ein Leserbrief der Ortspartei SVP/Freie Wähler Turtmann-Unterems-OberemsErgisch erschien, in dem die Lancierung einer SVP-Petition mit dem gleichen Anliegen publiziert wurde, stiess dies den anderen Parteien sauer auf. «Der Leserbrief hätte zurückgezogen werden müssen», teilt Marcel Zenhäusern von der CVP mit. Nun, inzwischen haben sich die Ortsparteien versöhnt und stehen unisono hinter der gemeinsamen Petition. Heute auf 1815.ch Diensthabende Ärzte und Apotheken Den «Walliser Boten» auf 1815.ch lesen RhoneZeitung RZ auf 1815.ch Die diensthabenden Ärzte, Tierärzte und Apotheken vom kommenden Wochenende finden Sie in der Rubrik «Regio Info» auf einen Blick. Als Abonnent des «Walliser Boten» können Sie die komplette Ausgabe der Zeitung täglich ab fünf Uhr morgens auf 1815.ch als PDF herunterladen. Die aktuellen Themen der RhoneZeitung finden Sie auch digital auf 1815.ch. Auch heute mit vielen spannenden Themen rund ums Oberwallis www.1815.ch www.1815.ch www.1815.ch
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