Kaffee-Grundlagen

Kaffee-Grundlagen
Barista Skills Foundation, Coffee Diploma (SCAE)
Mai 2015
Thomas Schweiger – green and bean
Technologiepark 4
D-91522 Ansbach
www.greenandbean.de
Wolfram Sorg – backyard coffee
Georg-Büchner-Straße 27d
D-60437 Frankfurt am Main
www.backyard-coffee.de
Eric Wolf – baristacoaching
Praunheimer Landstraße 109
D-60488 Frankfurt am Main
www.baristacoaching.de
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Kaffee-Grundlagen
Wolfram Sorg, Thomas Schweiger, Eric Wolf
Wolfram Sorg, backyard coffee, Frankfurt am Main
Thomas Schweiger, green and bean, Ansbach
Eric Wolf , baristacoaching, Frankfurt am Main
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THEMEN: Herkunft, Anbau, Varietäten, Arabica, Robusta, Verpackung, Lagerung, Alterung
ZUSAMENNFASSUNG: Dieser Artikel liefert einen ersten Einblick in das Thema Kaffee. Es werden die Herkunft,
Varietäten und die Frische von Kaffee behandelt. Die behandelten Inhalte sind Bestandteil der Coffee Diploma
Ausbildung (SCAE) für das Lernmodul Barista Skills Foundation.
Der wahre Kaffeegenuss stellt sich in den heimischen
vier Wänden oftmals erst nach sehr viel Frust ein. Zu
sauer, zu bitter, keine Crema auf dem Espresso. Es gibt
viele Dinge, die zu Beginn nicht so recht funktionieren
möchten. Meistens ist man froh, wenn überhaupt etwas
aus der Maschine läuft, was annähernd an Espresso
erinnert. Ob es dann auch schmeckt ist eine andere
Sache. Einen guten Espresso zuzubereiten ist eben
nicht einfach mal schnell gelernt, sondern erfordert
Grundlagenwissen und Praxis.
Man geht von mehr als 80 Ländern aus, in denen
Kaffee produziert wird. Kaffee produzierende Länder
befinden sich überwiegend in der Äquator-Region,
wegen der dort noch herrschenden optimalen
klimatischen Bedingungen. Bedingt durch den
Klimawandel sehen sich viele Produzenten einem
Wandel unterworfen. Die allgemeine Tendenz ist, dass
die vorhandenen Anbauregionen kleiner werden und
neue Gebiete erschlossen werden müssen. Tendenziell
ist daher von einem steigenden Rohkaffeepreis in der
Zukunft auszugehen, da die Gesamtmenge an
Rohkaffee in den kommenden Jahrzehnten abnehmen
wird.
Seinen Ursprung hat die Kaffeepflanze in Äthiopien.
Sämtliche heute auf der ganzen Welt zu findenden
Kaffeepflanzen
gehen
auf
einige
wenige
Mutterpflanzen zurück, die von Niederländern in die
Heimat gebracht wurden. Von diesen Pflanzen wurden
zahlreiche Ableger und Nachfahren gezüchtet, die sich
durch Handel in der ganzen Welt verbreitet haben.
Durch Mutation und Anpassung und lokale
Gegebenheiten sind neue Sorten entstanden, ebenso
durch gezielte Züchtung. Waren in der Vergangenheit
Ertragsmenge und Robustheit gegen Schädlinge und
Krankheiten vordergründige Faktoren, so spielt der
Faktor eines eigenständigen Charakters einzelner
Kaffees immer mehr eine Rolle. Spezialitätenkaffees
unterscheiden sich heute, abhängig von Region und
den jeweiligen klimatischen Bedingungen (Terroir),
stark voneinander. Was bei Wein bereits seit
Jahrhunderten selbstverständlich ist, ist nun bei Kaffee
seit mehreren Jahren ebenfalls möglich: auf Basis der
Herkunft und des Erntejahres können Aussagen über
Charakter und Qualität eines Kaffees getroffen werden.
Von den zahlreichen Kaffee-Arten sind Arabica und
Canephora (auch Robusta genannt) die am häufigsten
genannten. Weitere Arten, wie Excelsa und Liberica,
sind wirtschaftlich nicht interessant und haben sich
daher nicht im großen Maßstab durchsetzen können.
Von Arabica und Robusta zu sprechen wird der Sache
jedoch nicht gerecht, da man diese Arten in zahlreiche
Sorten untergliedern kann. Insbesondere bei den
Arabicas hat sich in den vergangenen Jahrhunderten
eine Vielzahl von Sorten entwickelt. Das folgende
Diagramm zeigt einen Auszug der bestehenden
Vielfalt.
Arabica und Robusta unterscheiden sich grundlegend
voneinander. Wie der Name Robusta erkennen lässt,
ist diese Pflanze wesentlich resistenter gegen
Schädlinge und Krankheiten. Insbesondere der höhere
Koffeingehalt im Robusta sorgt für eine bessere
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Abwehr von Schädlingen. Koffein ist ein Schutzgift der
Kaffeepflanze gegen Fressfeinde. Zudem ist Robusta
genügsamer, was die Anbauregion angeht und wird in
der Regel in deutlich niedrigeren Höhenlagen
angebaut, was der Massenproduktion zuträglich ist.
Robusta hat einen höheren Fettgehalt und deutlich
weniger Säuren als Arabicas, daher findet sich dieser
oft im klassischen italienischen Espresso. Aromatisch
kann selbst der hochwertigste Robusta mit
durchschnittlichen Arabicas nicht mithalten. Arabicas
zeigen fein nuancierte Aromen, die ein breites
Spektrum abdecken können. Zitrusfrüchte, Beeren,
Steinobst, Trockenfrüchte, Nüsse, Schokolade, würzige
Noten und zahlreiche weitere Aromen sind in Arabicas
zu finden. Bedingt durch die höheren Anbaulagen
reifen die Früchte bei Arabicas langsamer und können
so mehr aromabildende Substanzen ausbilden.
Robusta hingegen zeigt oft holzige, erdige und an
Gummi erinnernde Aromen.
Kaffee verändert sich in den Tagen und Wochen nach
der Röstung stark. Während der Röstung entstehen die
Aromen, die Säure wird reduziert und der spätere
Körper beeinflusst. Direkt nach der Röstung zeigt
Kaffee deutliche rauchige Noten. Diese Merkmale sind
nicht erwünscht, da sie den eigentlichen Charakter des
Kaffees überlagern, können jedoch nicht vermieden
werden. Nach der Röstung benötigt Kaffee daher
zwingend eine Ruhephase, während der die rauchigen
Noten
entweichen
können.
Rauchige
Noten
entweichen bedingt durch den Abtransport von CO2,
das während des Röstprozesses entsteht. Gleichzeitig
führt dies zu einem Abtransport der Aromen. Der
Abtransport von CO2 benötigt Zeit und verändert den
Charakter des Kaffees währenddessen stark. Abhängig
von der Lagerung läuft dieser Prozess unterschiedlich
schnell ab, dazu später mehr. Über einen Zeitraum von
fünf bis zehn Tagen nach der Röstung wird der Kaffee
klarer. Röstnoten werden reduziert, die eigentlichen
Aromen des Kaffees treten deutlich hervor. Über
diesen Zeitraum hinaus reduzieren sich die Aromen
immer deutlicher. Die besten Ergebnisse erzielt man in
einem Zeitraum von bis zu vier Wochen nach dem
Röstdatum, einen Zeitraum von drei Monaten sollte
man nie überschreiten. Diese Zeiten haben nichts mit
der tatsächlichen Haltbarkeit von Kaffee zu tun, die
deutlich höher liegt.
Kaffeeverpackungen wurden entwickelt, um den
Alterungsprozess von Kaffee zu reduzieren und die
Frische länger zu garantieren. Die zuvor genannten
Zeiträume, in denen Kaffee idealerweise verbraucht
werden sollte, gehen von einer korrekten Lagerung in
solchen Verpackungen aus. Wichtig ist die
Barrierewirkung der Verpackung, der Kaffee muss vor
äußeren Einflüssen geschützt werden. Zudem muss ein
Abtransport von CO2 möglich sein, aus diesem Grund
werden Kaffeeverpackungen mit einem Ventil
versehen, da diese sonst platzen würden. Die
Lagerung von Kaffee nach dem Öffnen der
Verpackung sollte stehend in der Originalverpackung
erfolgen, an einem lichtgeschützten, kühlen und
trockenem Ort. Kühl bedeutet Zimmertemperatur,
nicht Kühlschrank und besonders nicht im Tiefkühlfach.
Einerseits
nimmt
Kaffee
sehr
schnell
Umgebungsgerüche auf, zum Anderen wird durch eine
Lagerung im Kühlschrank oder Gefrierfach ein
Wassertransport im Kaffee begünstigt, wodurch dieser
altert. Ein Schutz vor Tageslicht ist durch eine normale
Kaffeeverpackung gegeben. Wie jedes Lebensmittel
degeneriert Kaffee unter Sonneneinstrahlung, man
spricht hierbei von Fotooxidation. Die Lagerung in der
Originalverpackung ist optimal, da Kaffee mit dem
Sauerstoff der Luft reagiert und dadurch altert. Das
vom Kaffee abgegebene CO2 sammelt sich in der
Kaffeepackung und verdrängt einen Teil des
Sauerstoffs. Dieser natürliche Schutz geht bei Umfüllen
des Kaffees in ein anderes Behältnis verloren.
Ein weiterer Aspekt der Lagerung betrifft die
eigentliche Verwendung des Kaffees. Aus den bereits
beschriebenen Gründen sollte Kaffee nicht zu lange im
Bohnenbehälter der Mühle aufbewahrt werden. Der
Schutz vor dem Sauerstoff der Luft und auch der
Schutz von Tageslicht ist hier kaum möglich.
Gemahlener Kaffee verliert innerhalb weniger Minuten
den Großteil der flüchtigen Aromen, die sich dann
nicht mehr in der Tasse Kaffee oder Espresso
wiederfinden. Aus diesem Grund sollte Kaffee niemals
vorgemahlen, sondern jeweils bei Bedarf die benötigte
Menge frisch gemahlen und direkt verwendet werden.
Um die gemachten Aussagen in der Praxis zu
überprüfen,
können
folgende
Experimente
durchgeführt werden:
Experiment 1
Das erste Experiment zielt darauf ab, den
Alterungsprozess eines Kaffees zu dokumentieren.
Hierfür wird ein frisch und nicht zu dunkel gerösteter
Kaffee benötigt, der nicht älter als eine Woche ist.
Wichtig ist, den Kaffee immer identisch zu brühen. Die
Brühzeit, die Dosierung, der Mahlgrad und die
Temperatur des Wassers müssen identisch sein. Die
verwendete Zeit, Menge, der Mahlgrad und die
Temperatur sollten notiert werden. Nach Brühen wird
auf einer Skala festgehalten, wie rauchig der Kaffee ist.
Auf einer weiteren Skala wird festgehalten, wie
deutlich die Aromen des Kaffees zum Vorschein
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kommen. Für die Skala wird ein Wertebereich von 0
(sehr niedrig) bis 10 (sehr hoch) verwendet. Beim
ersten Versuch wird für beide Kategorien der Wert 5
vergeben. Alle weiteren Versuche werden relativ dazu
bewertet. Die Versuche können täglich oder mit einem
Abstand von wenigen Tagen durchgeführt werden. In
der Tendenz sollte das Experiment zeigen, dass die
rauchigen Noten weniger werden, die Aromen jedoch
deutlicher hervortreten.
Experiment 2
Das zweite Experiment zeigt auf, wie schnell Kaffee
seine Aromen nach der Mahlung verliert. Auch für
dieses Experiment wird ein frischer Kaffee benötigt,
dieser sollte jedoch sieben bis zehn Tage alt sein (nach
Röstdatum). Es werden drei Kaffeeproben vermahlen,
jeweils mit einem Abstand von zehn Minuten. Danach
werden alle drei Proben gleichzeitig gebrüht. In der
Verkostung sollten sich deutliche Unterschiede in der
Komplexität der Kaffees zeigen. Insbesondere der
Vergleich
zwischen
einem
vor
20
Minuten
gemahlenem Kaffee und einer frischen Vermahlung
sollte ein deutliches Ergebnis bringen und erkennen
lassen, warum eine Vorratsmahlung oder der Kauf von
bereits gemahlenem Kaffee nicht sinnvoll ist.
Für die Durchführung der Experimente wird folgendes
Zubehör benötigt:
• • • • • Drei AeroPress Kaffeezubereiter für das Brühen
von bis zu drei Proben.
Eine Kaffeemühle, um den Kaffee jeweils frisch zu
vermahlen.
Eine Waage, um eine auf 0,1 Gramm
gleichbleibende Dosierung zu erzielen.
Ein Thermometer, um die Wassertemperatur exakt
zu bestimmen.
Eine Uhr, um eine einheitliche Brühzeit zu
ermöglichen.
Autoren
Thomas Schweiger ist seit dem Jahr 2000 in der
Kaffeebranche tätig und betreibt in Ansbach unter
dem Namen green and bean eine Kaffeeschule, eine
Rösterei und ein kleines Café. Er arbeitet in enger
Kooperation mit Farmern in Peru zusammen, um
nachhaltig eigene Kaffees zu entwickeln. Thomas
Schweiger ist Deutscher Baristameister 2010 und 2012
und zertifizierter SCAE Trainer.
Wolfram Sorg ist Unternehmensberater und betreibt in
Frankfurt am Main die Spezialitäten-Rösterei backyard
coffee. Er beschäftigt sich seit 2007 intensiv mit dem
Thema Kaffee und hat zu diesem bereits zahlreiche
Fachartikel veröffentlicht. Wolfram Sorg ist Deutscher
Baristameister 2011 und zertifizierter SCAE Trainer.
Eric Wolf ist seit dem Jahr 2001 in der Kaffeebranche
tätig und bietet als Barista Coach individuelle Trainings
für Anfänger und Professionals in allen Leistungsstufen
an. Eric Wolf ist Deutscher Latte-Art Meister 2005,
Deutscher Baristameister 2006 und zertifizierter SCAE
Trainer.
coffeeminds ist ein Gemeinschaftsprojekt von Thomas
Schweiger, Wolfram Sorg und Eric Wolf. Zusammen
entwickeln sie standardisierte Lerninhalte und Kurse,
führen Schulungen durch und nehmen Prüfungen nach
dem Coffee Diploma System (SCAE) ab.
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