Leseprobe - Die Piramos

Auf geht’s
uf geht‘s, Männer!“ Die drei Piratenmonster sprangen
auf und folgten dem Käpt‘n schnurstracks zu Timmis
Wandschrank.
Die Schranktür war zum Glück nur angelehnt. Sonst mussten
sie nämlich wagemutig übereinander klettern, damit Hagar
oben an den Türknauf fassen konnte. Eine ganz schön wackelige Angelegenheit! Heute konnten sie dagegen einfach in den
Schrank hineinspazieren. Aber was wollten sie dort? Hatten
sie dort ihre Piratenausrüstung versteckt? Nein! Dann vielleicht
einen Schatz? Auch nicht!
Hinter dieser Tür lag – wie hätte es auch anders sein sollen –
etwas Geheimnisvolles...
Die Piramos wühlten sich durch einen riesigen Berg aus
Jeans, T-Shirts und Pullovern, vorbei an Krimskrams und
alten Schuhen. In der hintersten Ecke blieben sie vor einer
kleinen Tür stehen. Mit einem Zollstock gemessen käme man
auf ungefähr 30 Zentimeter – kinderunterarmlang, sozusagen.
Oder doch eher kuscheltiermonstergroß.
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Gerade einmal so hoch und breit, dass ein Piramo ganz
gemütlich durchpasste. Käpt‘n Smuti zückte nun seinen goldenen Schlüssel.
Im Piratenabkommen von 1899 stand nämlich genau
geschrieben, wann und warum ein Piramo einen solchen
Schlüssel bekam:
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Der Eingang zur Menschenwelt war für Smuti nicht schwer
zu finden – für Piraten ein Kinderspiel! Außerdem gab es an
einem geheimen Ort ein riesiges Lager voll mit Landkarten,
Schatzkarten und, jawohl, auch Türkarten.
Genau vor dieser Tür standen sie gerade. Der Käpt‘n steckte
den Schlüssel in das Schloss und öffnete sie mit einem lauten
Klick.
Zunächst guckten die Piramos nur in einen langen, ziemlich
finsteren Tunnel. Wie ein schwarzes Maul gähnte er sie an.
Ängstlich schienen die kühnen Piramos aber keineswegs zu
sein, denn Scheffo ging voran, ohne zu zögern. Die zwei
anderen folgten ihm, und der Käpt‘n betrat als Letzter den
gruseligen Geheimgang. Schon nach wenigen Schritten
erreichten sie den Ausgang. Unter ihren Monsterfüßen fühlte
es sich nun warm und weich an. Die Luft war ein wenig rau,
aber die Sonne machte aus dem Wind eine angenehme Brise.
Sie hatten eine andere Welt betreten – Piramonien! Hier
waren die Piramos zu Hause, und so ziemlich jeden Tag kehrten
sie zurück, um gemeinsam Abenteuer zu erleben.
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Als sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, erschien vor
ihren Monsteraugen ein riesiger Schiffsrumpf.
Das dicke Schiff lag ruhig vor Anker. Es hieß Ratzefratze,
weil sein Bug zu einem verwegenen Grinsen verzerrt war.
Und auch sonst war es kein normales Schiff, denn anstelle
eines Segels hatte es einen Luftballon und hinten am Heck
hing ein dicker Propeller. Die freche Fratze spiegelte sich im
hellblauen Wasser. Und guckte man an dem gewaltigen Rumpf
vorbei, sah man das weite, weite Meer.
Als die Piramos die frische Seeluft einatmeten, raunten sie
ganz genüsslich „Ahhhh“ und „Mmmm“. Der Käpt‘n ging
in Position und schrie: „Männer, auf geeeeeehts! Alle an
Booooooooord!“ Noch während er rief, stürmten die vier
das Schiff. Glücklich und zufrieden hopsten sie auf dem Deck
herum. Oder sollte das ein Tanz sein?
Scheffo riss sein Steuerrad ganz wild von einer Seite zur
anderen. Flemmi dirigierte mit seinem Kochlöffel und steppte
dabei mit den Monsterfüßen. „Ach, Tanzen macht mich immer
so hungrig!“ Smuti und Hagar fassten sich bei den Pfoten und
wirbelten fröhlich im Kreis herum. „Hoppe hoppe hopse, auf
der Ratze-ratze-Fratze“, lachten sie. Tanzten die Piramos den
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on
st
er
-Tw i
s
Piraten-Tanz oder vielleicht einen P i r a t e n m
t?
gefährlichen Kuscheltier-Rock ‚n‘ Roll oder den lustigen Hopse-
Niemand weiß, wie sie ihren wilden Tanz nannten, auch sie
selbst hatten keinen Namen dafür. Als dann schließlich das
schwingende und tanzende Ritual zu Ende war, machte die
Monstercrew das Schiff fertig zum Auslaufen. Der Ballon
wurde aufgeblasen, der Propeller angekurbelt, der
Anker gelichtet und die Flagge gehisst.
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