Existenzsicherung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz als Grundrecht © Georg Classen www.fluechtlingsrat-berlin.de Update Stand 16.04.2016 Asylbewerber, Ausländer mit Duldung und ausreisepflichtige Ausländer ohne legalen Aufenthalt („Illegale“) können an Stelle der Sozialhilfe (nach dem SGB XII) bzw. Alg II (nach dem SGB II) nur Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beanspruchen (§ 1 AsylbLG). Voraussetzung ist wie bei den anderen Existenzsicherungsleistungen die materielle Bedürftigkeit, d.h. kein ausreichendes Einkommen und Vermögen (§ 7 AsylbLG). Bundesverfassungsgericht: Menschenwürdige Existenzsicherung - Grundrecht auch für Asylsuchende Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte am 18.07.2012 die bis dahin gegenüber der Sozialhilfe und dem Alg II um mehr als 30 % gekürzten Leistungssätze des AsylbLG für verfassungswidrig. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum aus Art. 1 und Art. 20 Grundgesetz stehe deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Es umfasse neben der physischen Existenz auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben und die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen. Art.1 Abs. 1 GG begründe diesen Anspruch als ein Menschenrecht. Migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen für Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen zu vermeiden, rechtfertigten von vornherein kein Absenken der Leistungen unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum. Das BVerfG stellt klar: "Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss" und: "Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren." (BVerfG-Urteil v. 18.07.2015, Rn 120, 121). AsylbLG-Novellen März 2015, Oktober 2015, Februar 2016 Zum 1. März 2015 wurde das AsylbLG novelliert, um das BVerfG-Urteil umzusetzen. Die Grundleistungsbeträge nach § 3 AsylbLG sind nur noch etwa 10 % geringer als die Alg-II-Regelsätze. Es gilt weiter nur eine eingeschränkte medizinische Versorgung. Nach 15 Monaten können unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 2 AsylbLG Leistungen im Umfang der Sozialhilfe und eine reguläre Gesundheitskarte einer Krankenkasse nach Wahl beansprucht werden. Der Sachleistungsvorrang nach § 3 AsylbLG wurde ab 1. März 2015 auf Asylsuchende beschränkt, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung nach § 44 AsylVfG wohnen. Im Gegenzug wurden Serbien, Bosnien und Mazedonien zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt. Zum 24. Oktober 2015 wurden mit dem "Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz" das Asylrecht und auch das AsylbLG erneut novelliert. Die Pflicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen - und damit auch das Sachleistungsprinzip, die Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf den Landkreis, das absolute Arbeitsverbot und das Verbot eine Wohnung zu beziehen gelten statt für drei nunmehr für die ersten sechs Monate ab Asylgesuch. In Erstaufnahmeeinrichtungen soll, in Gemeinschaftsunterkünften kann der nach dem AsylbLG zustehende Barbetrag zum persönlichen Bedarf (dazu weiter unten!) teilweise oder ganz durch Sachleistungen ersetzt werden. Durch das Asylpakets II wird seit März 2016 der Barbetrag nach § 3 Abs. 1 AsylbLG für alle Leistungsberechtigten um 10 Euro/Monat gekürzt, für Kinder unter 6 Jahren um 6 Euro, u.a. wegen der Möglichkeit bei guter Bleibeperspektive an einem Integrationskurs teilzunehmen. Das gilt unabhängig davon, ob ein solcher Kurs verfügbar ist und ob man tatsächlich am Kurs teilnimmt. Zudem werden bis zur Ausstellung des "Ankunftsnachweises" am endgültigen Zuweisungsort nur auf das "Unabweisbare" gekürzte Leistungen analog §1a AsylbLG gezahlt. Diese Kürzungen sind willkürlich und verstoßen gegen das BVerfG-Urteil zum menschenwürdigen Existenzminimum. Welche Asylbewerber fallen unter das AsylbLG? Asylbewerber mit „Aufenthaltsgestattung“ für die Dauer des Asylverfahrens beim Bundesamt und bei den Verwaltungsgerichten. Für den Anspruch reicht das „Asylgesuch“ bei einer Aufnahmestelle oder der Polizei, eine förmliche "BüMA" oder Aufenthaltsgestattung ist nicht erforderlich. Auch ohne das Dokument gilt der Aufenthalt durch das Asylgesuch als gestattet, die Gestattung hat „deklaratorischen Charakter“, vgl. § 55 Abs. 1 AsylVfG. Ebenso leistungsberechtigt sind auch Asylfolgeantragsteller. Auch Asylsuchende, die wegen Überlastung der Behörden formal noch nicht registriert sind, haben bei Bedürftigkeit Anspruch auf Existenzsicherung. Das ergibt sich bereits aus dem Grundrecht aus Art. 1 und 20 GG, s.o. BVerfG-Urteil v. 18.07.2015. Würde man mangels "Aufenthaltsgestattung" noch keine Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG annehmen, ergibt sich daraus ein von der zuständigen Sozialhilfestelle (in Berlin: für Asylsuchende stets das LAGeSo) zu gewährender Anspruch unmittelbar auf "Sozialhilfe" zum Lebensunterhalt und auf Krankenhilfe nach dem 3. und 5. Kapitel SGB XII. Für den Anspruch stellen § 23 Abs. 1 SGB XII wie § 1 Abs. 1 AsylbLG insoweit allein auf den "tatsächlichen" Aufenthalt, also die physische Anwesenheit des Ausländers in Deutschland ab. Wechsel der Leistungsberechtigung AsylbLG > SGB II/SGB XII Von der Flüchtlingsanerkennung bis zur Ausstellung des entsprechenden Aufenthaltstitels dauert es oft Monate. Der Anspruch auf Alg II (bzw. bei Erwerbsunfähigkeit und im Rentenalter auf Grundsicherung vom Sozialamt) besteht schon ab Zustellung des Anerkennungsbescheids des BAMF, auch wenn noch kein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Die Betroffenen sind gemäß § 25 Abs. 2 S. 2 AufenthG so zu behandeln, als hätten sie bereits einen Aufenthaltstitel (Erlaubnisfiktion), vgl. Bundesagentur für Arbeit, Wissensdatenbank SGB II zu § 7 SGB II, Beitrag Nr. 070065 www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Veroeffentlichungen/WissensdatenbankSGBII/index.htm > § 7 SGB II > Asylberechtigte. Ausländer, die sich legal mit Visum zum Familiennachzug zu Flüchtlingen oder zur Aufnahme als Flüchtlinge hier aufhalten, haben ab dem Tag der Einreise Anspruch auf Alg II, hilfsweise auf Sozialhilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII. Das Visum erfüllt keinen der Tatbestände nach § 1 Abs. 1 oder 2 AsylbLG. Wegen des humanitären Aufenthaltszwecks gilt in beiden Fällen auch kein Anspruchsausschluss für die ersten 3 Monate, vgl. www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/pdf/SG_Berlin_Alg_II_mit_Visum_zum_Familiennachzug.pdf. Die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG Während der gemäß § 47 AsylVfG für höchstens sechs Monate zulässigen Unterbringung in einer Erstaufnahme für Asylbewerber (§ 44 AsylVfG) wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG der „notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts durch Sachleistungen gedeckt(Lebensmittelpakete, Hygienepakete, Kleidungsgutscheine usw.). Leistungsberechtigte erhalten „zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens“ zusätzlich den Bargeldbedarf (Taschengeld) nach § 3 Abs. 1 AsylbLG (>Tabelle). Der Barbetrag deckt die Bedarfe an Verkehr (Fahrtkosten), Nachrichtenübermittlung (Post, Telefon), Freizeit, Unterhaltung und Kultur, Bildung, Warenwert von Gaststättendienstleistungen sowie sonstige Waren und Dienstleistungen einschließlich Körperpflege. Der Barbedarf kann in Erstaufnahmeeinrichtungen und in Gemeinschaftsunterkünften seit November 2015 teilweise oder ganz durch Sachleistungen sichergestellt werden. Bei Unterbringung in einem Hostel oder einer sonstigen Unterkunft gilt somit das Sachleistungsprinzip nicht, da es sich um keine "Erstaufnahmeeinrichtung" im Sinne des § 44 AsylVfG handelt. Folglich kann dort der gesamte Grundleistungsbedarfssatz nach § 3 Abs. 1 und 2 als Bargeld beansprucht werden. Der derzeit beim LAGeSo Berlin bei Unterbringung im Hostel nur gezahlte Leistungssatz von 6,- Euro/Person/Tag ist frei erfunden und klar rechtswidrig! Für allen Anderen endet die Sachleistungsversorgung mit Auszug aus der Erstaufnahme, spätestens nach 6 Monaten. Die Bedarfe für Nahrung, Kleidung, Verbrauchsgüter des Haushalts (Strom) und Gesundheitspflege sind dann in bar auszuzahlen. Nur in besonders begründeten Einzelfällen (z.B. fehlende Küchen, aktuell kein Umbau möglich) sind Sachleistungen über 6 Monate hinaus zulässig. Die Bedarfssätze nach § 3 Abs. 1 AsylbLG und Abs. 2 AsylbLG werden addiert (§ 3 Abs. 2 Satz 5 AsylbLG) und ergeben dann die Grundleistungsbeträge, die in der Regel nach 3 Monaten in bar auszuzahlen sind: Tabelle Grundleistungen nach § 3 AsylbLG seit 17.3.2016 in € Stufe 1 Stufe 2 Alleinstehende je 90 % Alleinerziehende - bei Partnern Bargeldbedarf bei Sachleistungsversorgung § 3 Abs. 1 AsylbLG 135 122 Bedarfe § 3 Abs. 2 AsylbLG 219 196 Grundleistung § 3 Abs 1 und 2 gesamt 354 318 zum Vergleich: Regelsatz SGB II/XII/ § 2 AsylbLG 404 364 *Haushaltsangehöriger Stufe 3 80 % HA* ab 18 Stufe 4 14–17 Jahre Stufe 5 6–13 Jahre Stufe 6 0-5 Jahre 108 76 83 79 176 200 159 135 284 276 242 214 324 306 270 237 Zu den Grundleistungsbeträgen hinzu kommen Leistungen für Hausrat und Möbel, Unterkunft und Heizung, § 3 Abs. 2 S. 2 AsylbLG, die medizinischen Leistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG und ggf. Sonderbedarfe nach § 6 AsylbLG. Auf Antrag werden zusätzlich erbracht: - Neu einreisende Asylsuchende können eine Erstausstattung mit dem notwendigen Bedarf an Kleidung in Form von Sachleistungen oder Gutscheinen beanspruchen (§ 3 Abs. 1 AsylbLG). - Erstausstattungen an Kleidung, Kinderwagen usw. bei Schwangerschaft und Geburt (§ 6 AsylbLG). - Sonderbedarfe bei Krankheit, Behinderung und Pflegebedürftigkeit (§ 6 AsylbLG). - Kinder und junge Erwachsene haben Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe, z.B. Schulmaterial, Lernförderung, Ausflüge, mehrtägige Klassenfahrten, Schul- oder Kitamittagessen, ggf. Fahrtkosten zur Schule, Mitgliedsbeiträge für Vereine usw. (§ 3 Abs. 3 AsylbLG i.V. mit § 34 f. SGB XII). - Hausrat, Reinigungs- und Waschmittel sind ebenfalls zusätzlich zu leisten (§ 3 Abs. 2 AsylbLG). Gemeinschaftsunterkunft, Energiekosten und Hausrat Zusätzlich zu den Grundleistungen sind nach § 3 AsylbLG die Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat zu übernehmen. Dies beinhaltet - auch nach Polizeirecht (z.B. ASOG Berlin) - bei Obdachlosigkeit den Nachweis einer aktuell aufnahmebe- reiten Institution (Erstaufnahmestelle, Not- oder Gemeinschaftsunterkunft, Pension, Hostel usw.) mit Adresse durch das Sozialamt. Hostelgutscheine ohne Nachweis einer aufnahmebereiten Unterkunft sind rechtswidrig. Da Hausrat nicht in den Grundleistungsbeträgen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG enthalten ist, besteht zusätzlich Anspruch auf Erstausstattungen, aber auch auf den laufenden Ergänzungsbedarf an Hausrat wie Geschirr, Kochtöpfe, Handtücher, Bettwäsche, Möbel, Haushaltsgeräte einschließlich Reparatur und den laufenden Bedarf an Putz- und Waschmitteln. In Gemeinschaftsunterkünften wird dies in der Regel durch den Wohnheimbetreiber als Sachleistung erbracht. Zum „Hausrat“ gehören auch „Verbrauchsgüter für die Haushaltsführung“ wie Putz- und Waschmittel. In Gemeinschaftsunterkünften sind somit Spül-, Putz- und Waschmittel (und zugehörige Gerätschaften) zu stellen. Bedarfe, die die Unterkunft nicht deckt, sind vom Sozialamt zu zahlen, zB. bei fehlenden Waschmaschinen die Kosten des Waschsalons. Kosten für Haushaltsenergie (Strom) werden in einer Gemeinschaftsunterkunft von den Grundleistungsbeträgen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG abgezogen. Die Kürzung beträgt für Alleinstehende etwa 31 Euro/Monat, für Haushaltsangehörige entsprechend weniger ( > www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rdschr/2014_03.html#3). Mietkosten für eine Wohnung, Nebenkosten, Möbel und Hausrat Bei Unterbringung in einer Wohnung sind gemäß § 3 Abs. 2 AsylbLG die "angemessenen" Kosten für Miete, Heizung, Warmwasser und Hausrat vom Sozialamt zu übernehmen. Berlin ermöglicht seit 2003 AsylbLG-Berechtigten nach drei (seit November 2015 sechs) Monaten die Anmietung von Wohnungen, ebenso Bremen seit 2013. Beratung und Infos für Asylsuchende und Vermieter zu den in Berlin geltenden Mietobergrenzen usw. bietet die Wohnungsberatung des EJF Berlin www.ejf.de/einrichtungen/migrations-und-fluechtlingsarbeit/fluechtlingsberatung.html Bei Anmietung einer Wohnung kann eine Erstausstattung und der laufende Ergänzungsbedarf an Hausrat und Möbeln beantragt werden, wie Herd, Kühlschrank, Waschmaschine, Betten, Stühle, Tische, Schränke, Kochtöpfe, Geschirr, Besteck, Handtücher, Bettwäsche usw. Zudem ist der laufenden Ergänzungsbedarf an Hausrat zu übernehmen, s.o. Werden die Kosten einer Mietwohnung übernommen, müssen als „Kosten der Unterkunft“ auch die Mietneben- und Heizkosten, Neben- und Heizkostennachzahlungen, die Mietkaution und ggf. dem Mieter zulässig auferlegte Renovierungen übernommen werden. Bei dezentraler Warmwasserbereitung sind zusätzlich Warmwasserpauschalen ( > www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rdschr/2014_03_anlage.html#3) zu übernehmen. Hingegen muss Haushaltsstrom (ohne Warmwasser und Heizung) im Regelfall aus den Grundleistungsbeträgen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG selbst bezahlt werden. Medizinische Versorgung – §§ 4 und 6 AsylbLG Asylsuchende und unter bestimmten Voraussetzungen auch Geduldete erhalten nach 15 Monaten Aufenthaltsdauer eine vollwertige Gesundheitskarte einer Krankenkasse, § 2 AsylbLG iVm § 264 Abs. 2 SGB V. Andere Berechtigte sollten in Berlin von Amts wegen vorab für jeweils ein Quartal gültige "grüne" Krankenscheine des Sozialamts erhalten, mit denen die die gesamte ambulante Behandlung beanspruchen können. Innerhalb des Quartals sind in Berlin auch Überweisungen möglich, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Info_KV_Berlin_AsylbLG.pdf, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Krankenscheine-quartalsweise-vorab.pdf. Einschränkungen des Leistungsumfangs gelten in Berlin beim Behandlungen wie stationärer Behandlung, Physio- und Psychotherapie, Hilfsmitteln, Zahnersatz etc. Hier wird ein Genehmigungsverfahren beim Sozialamt durchgeführt und der Anspruch gemäß § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 AsylbLG beschränkt auf akut behandlungsbedürftige Erkrankungen, schmerzhafte Erkrankungen, sowie zur Sicherung der Gesundheit unerlässliche Behandlungen. Ohne Einschränkung zu erbringen sind die auch von der GKV empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen, z.B. Zahnvorsorge, Kinderuntersuchungen, Krebsvorsorge, Gesundheitsuntersuchung etc. (§ 4 Abs. 1 AsylbLG) und alle amtlich empfohlenen Schutzimpfungen (www.rki.de > STIKO). Ohne Einschränkung zu erbringen sind auch alle medizinischen Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt, einschl. Vorsorge und Hebammenhilfe und (§ 4 Abs. 2 AsylbLG). Das AsylbLG enthält anders als die gesetzliche Krankenversicherung keine Rechtsgrundlage für Zuzahlungen und Eigenleistungen, auch rezeptfreie Medikamente können beansprucht werden. Krankenhäuser, Apotheken, Krankentransporte usw. dürfen daher keine Zuzahlungen verlangen (Ausnahme: Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG). Aus Artikel 1, 2 und 20 GG (Menschenwürde, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Sozialstaatsprinzip), der ärztlichen Ethik und nicht zuletzt den Menschenrechten folgt ein Behandlungsanspruch und damit auch auf Krankenscheine. Vgl. Eichenhofer, Gesundheitsleistungen für Flüchtlinge, Zeitschrift für Ausländerrecht und -politik 2013, S. 169, www.zar.nomos.de/fileadmin/zar/doc/Aufsatz_ZAR_13_5-6.pdf). Hamburg und Bremen haben einen Vertrag mit der AOK gem. § 264 Abs. 1 SGB V über die Ausgabe von Gesundheitskarten nach §§ 4 und 6 AsylbLG, ähnlich NRW. Berlin plant dieses System zu übernehmen. Sonstige Leistungen - § 6 AsylbLG In Frage kommen neben den o.g. medizinischen Leistungen u.a. Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt, Eingliederungshilfen für behinderte Kinder, Leistungen zur ambulanten oder stationären Pflege (aber kein pauschales Pflegegeld), Bestattungskosten sowie Passbeschaffungskosten (auch zum Verbleib in Deutschland) einschließlich Fahrt zur Botschaft (OVG Sachsen 3.6.2008 - 4 A 144/08). In Berlin muss das LAGeSo (nicht die Bürgerämter!) für Asylsuchende auch den Berlinpass ausstellen. Für AsylbLG-berechtigte Schüler mit Aufenthaltsgestattung und Leistungsbescheid LAGeSo stellen die Schulen den Berlinpass aus, andernfalls (zB für Schüler mit BüMA) das LAGeSo. Besonders schutzbedürftige Asylsuchende wie z.B. behinderte und schwer kranke Menschen, Schwangere und Alleinerziehende, Minderjährige und Ältere, Traumatisierte und Folteropfer haben gemäß § 6 AsylbLG i.V. mit Artikel 19 ff. der „Asylaufnahmerichtlinie“ der EU (RL 2013/33/EU v. 26.06.2013) einen Rechtsanspruch auf die „erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe, einschließlich erforderlichenfalls einer geeigneten psychologischen Betreuung“. Einkommen und Vermögen – § 7 AsylbLG Verfügbares Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten, seiner im Haushalt lebenden Familienangehörigen und des eheähnlichen Partners sind vorrangig einzusetzen. Mit Ausnahme der „Entschädigung“ für Ein-€ Jobs nach § 5 AsylbLG gelten auch Aufwandsentschädigungen als Einkommen. Seit 1.3.2015 gilt nach § 7 Abs. 5 AsylbLG ein Vermögensfreibetrag von 200 Euro für den Leistungsberechtigten und jeden seiner Haushaltsangehörigen. Für Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG gelten die Freibeträge der Sozialhilfe. Erwerbstätige können 25% ihres Nettoeinkommens als Freibetrag behalten, maximal 50% der Grundleistung von 364,- €, also bis zu 182,- €. Der Rest wird auf die AsylbLG-Leistungen angerechnet. Steuern und Sozialabgaben notwendige Ausgaben (Fahrtkosten, Arbeitsmittel) sind zusätzlich vom Einkommen abzusetzen, § 7 Abs. 3 AsylbLG. Schmerzensgelder sowie Entschädigungsrenten für Gewaltopfer usw. nach BVG und BEG (§ 7 Abs. 2 AsylbLG), Pflegegeld der Pflegeversicherung (§ 13 Abs. 5 Satz 1 SGB XI) sowie Leistungen der Stiftung Mutter und Kind (§ 5 MuKiStiftG) werden nicht als Einkommen bzw. Vermögen angerechnet. Leistungskürzungen für Geduldete – § 1a AsylbLG? Leistungskürzungen auf den „im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar gebotenen“ Bedarf sind für geduldete und für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer möglich. Die Regelung ist nach ihrem Wortlaut nicht auf Asylbewerber, Asylfolgeantragsteller und Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis anwendbar. Mögliche Kürzungsgründe: § 1a Nr. 1 AsylbLG: Der Ausländer ist nach Deutschland eingereist, um hier Leistungen nach dem AsylbLG (bzw. Sozialhilfe) zu erhalten. § 1a Nr. 2 AsylbLG: Aus Gründen, die der Ausländer zu vertreten hat, kann derzeit eine rechtlich zulässige, zumutbare und technisch mögliche Abschiebung nicht vollzogen werden. Kein Kürzungstatbestand nach § 1a Nr. 2 AsylbLG liegt vor, wenn derzeit eine Abschiebung auch im Falle der Mitwirkung nicht möglich wäre oder aus humanitären oder politischen Gründen nicht vorgenommen würde. Eine Kürzung ist unzulässig, wenn ein Angehöriger (zB Elternteil) das Abschiebehindernis zu vertreten hat. Gekürzt werden kann nach § 1a AsylbLG nur ein verzichtbarer Anteil des Barbedarfs (Taschengeld; § 3 Abs. 1 AsylbLG) und Kleidung. Hingegen sind stets der gesamte Bedarf an Unterkunft, Heizung, Ernährung, Gesundheits- und Körperpflege und medizinischer Versorgung sicherzustellen, vgl. Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/11172, 8) und Entstehungsgeschichte des § 1a (OVG NRW - 16 B 388/01, InfAuslR 2001, 396) und § 1a Abs. 2 AsylbLG. Seit dem AsylbLG-Urteil des BVerfG vom 18.07.12 (s.o.) sind viele Sozialgerichte der Auffassung, dass die Kürzung unzulässig ist, weil laut BVerfG „das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss“ und „die in Art. 1 GG garantierte Menschenwürde ... migrationspolitisch nicht zu relativieren“ ist (Rz. 120 f. des Urteils). Nach 15 Monaten Leistungen in Höhe der Sozialhilfe – § 2 AsylbLG Leistungsberechtigte nach AsylbLG erhalten gemäß § 2 AsylbLG seit März 2015 „abweichend von §§ 3-7 AsylbLG“ Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII, "wenn sie sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben." Sie erhalten dann auch eine vollwertige Gesundheitskarte einer Krankenkasse nach Wahl, § 2 AsylbLG iVm § 264 Abs. 2 SGB V, müssen aber anders als nach §§ 4 und 6 AsylbLG aber bis zur Belastungsgrenze (2 % des Regelsatzes) wie gesetzlich Versicherte auch Zuzahlungen und Eigenanteile leisten. Leistungen nach § 2 AsylbLG sind ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte „die Dauer des Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst“ hat (§ 2 Abs. 1 AsylbLG). Das ist z.B. der Fall, wenn ein ausreisepflichtiger Ausländer sich geweigert hat, bei der Passbeschaffung mitzuwirken, oder falsche Angaben zu seiner Identität gemacht hat Weitere Infos • Existenzsicherung nach AsylbLG (dieser Text): www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/asylblg/AsylbLG_kurz.pdf • Leitfaden zum AsylbLG: www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/GGUA_AsylbLG_2015.pdf • Musteranträge AsylbLG: www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/arbeitshilfen/Antraege_AsylbLG_SGBII_SGBXII.pdf • Rechtsmittel - was tun, wenn das Amt nicht leistet? www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Antragstellung.pdf • Info zum Asylrecht (mehrsprachig) und vieles mehr: www.fluechtlingsrat-berlin.de > Gesetzgebung • Herkunftsländerinfos Datenbank: www.ecoi.net • Beratungsadressen Berlin: www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/arbeitshilfen/asylberatunginfoblatt.pdf www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/arbeitshilfen/adrflueberatung.pdf • Beratungsadressen bundesweit; kostenlose Rechtsprechungsdatenbank; Asylmagazin www.asyl.net und
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