Der fahrende Schüler im Paradeis

Der fahrende Schüler im Paradeis
Ach, wie herrlich dichtet der Hans Sachs.
Das weiß schon ein kleiner Max,
Wenn er es auch kaum versteht,
Um was es da denn redlich geht.
Die Schule ist schon eifrig drin,
Dass der Meister hab`Gewinn.
Und so liest man gleich mit Fleiß,
Wovon man noch gar nichts weiß.
Der fahrend`Schüler im Paradeis,
Wie der schließlich nahm Ausreiß.
Ohne dass man lange ziert,
Wird ausführlich deklamiert:
„Herrgott, was hab`ich für ein Weib!
Sie ist fürwahr an Seel` und Leib
Ein Stockfisch und ein halber Narre.
So dumm ist keins in unsrer Pfarre!“
Alle fanden wir das witzig
Und wir lernten es ganz hitzig,
Lauter kleine Weiberlein,
Die passten in die Klasse rein
Und sollten einmal Frauen sein.
Warum mussten wir das lernen?
Sollten wir für Sachs nur schwärmen?
Für den schönen Knittelreim,
Den fand sogar Herr Goethe fein,
Benutzt ihn auch in seinem „Faust“,
Der zu jener Zeit auch haust.
Doch was hält man von dem Gedicht
So aus des Herrn Sachsens Sicht?
Es ist nur ein Fastnachtsspiel.
Aber was sagt es uns noch viel?
Ein Bauer hat ne dumme Frau.
Die macht ihm schon das Leben grau.
Er meint, er selber sei recht schlau.
Einem Schelm nimmt er was krumm
Und merkt, er selbst ist auch nur dumm.
Seine Dummheit ist so groß.
Er fragt sich selbst: Wie kam das bloß?
Ach, wie bin ich doch so dumm.
Darüber bleib ich lieber stumm.
Was ist nun Sinn in der Geschichte,
Dass man uns damit berichte.
Der Mann muss „liegen im Zaum gewaltig,
dass sie nicht verwahrlost sein Gut.
Doch weil sie hat ein treuen Mut,
kann er sie dester bass gedulden,
wenn es kummt auch gar oft zu Schulden,
dass dem Manne auch entschlüpft ein Fuß,
dass er ein Federn lassen muss,
etwan leid Schaden und Betrug,
dass er nit weiser ist genug.
Dies zieh man mit Schad gen Schaden ab,
damit man Fried im Ehstand hab
und keine Uneinigkeit aufwachs.
Das wünschet uns allen Hans Sachs.“
Mir scheint, das ist ein weiser Schluss,
Wenn man auch nicht dumm sein muss,
Und denkt, man zieh dem toten Mann
Noch recht schöne Kleider an,
Dass er auch im Paradies
Davon ja nichts missen müss`,
Schickt ihm auch noch Geld dazu,
Dass er im Paradies so tu,
Als sei er ein reicher Mann,
Der sich alles leisten kann.
Ein Mann soll nicht so töricht sein,
Dass er fällt auf Tücke rein.
Aber ach, der Mensch ist schwach,
Ist Torheit auch oft Ungemach.
Manches kann man gar nicht lassen.
Will die Liebe mich erfassen,
Schicke ich zwar keine Kleider,
Dafür gibt es keinen Schneider.
Aber schmücke Grab an Grab,
Auch das, was ich selbst schon hab.
Immer sollen Blumen blühen,
Bunt und fröhlich Liebe sprühen,
Leben leuchten über`m Tod,
Ist es auch schon Abendrot.
Sachs hat`s heimlich mit verwebt,
Dass letztlich doch der Tote lebt.