Grusswort am Abschiedssymposium für Prof. Josef Sachs in

DEPARTEMENT
VOLKSWIRTSCHAFT UND INNERES
Vorsteher
Grusswort von Landammann Dr. Urs Hofmann am Symposium Josef Sachs in der Klosterkirche Königsfelden, 24. August 2015
Ich freue mich, heute hier zu sein und Ihnen die besten Grüsse des Aargauer Regierungsrats zu
überbringen. Der Grund für meine Anwesenheit ist klar: Sie sind es, Dr. Josef Sachs – und für Sie
sind die regierungsrätlichen Grüsse ganz besonders gedacht.
Nach fast 25 Jahren als Leiter der Forensischen Psychiatrie verlässt Dr. Josef Sachs die Psychiatrischen Dienste des Kantons Aargau. Ein Vierteljahrhundert ist eine lange Zeit. Gerade heute in der
schnelllebigen und ultramobilen Gesellschaft ist dies nahezu eine kleine Ewigkeit. Für Ihre Treue und
natürlich für Ihre Arbeit, die Sie für den Kanton Aargau, für die Psychiatrie und insbesondere für die
forensische Psychiatrie geleistet haben, danke ich Ihnen im Namen des Regierungsrates herzlich.
Als Leiter der forensischen Psychiatrie standen Sie einem ganz speziellen und herausfordernden
Bereich der Psychiatrie vor. Die Disziplin siedelt sich zwischen Psychiatrie und Recht an. Im Bereich
von Gutachten müssen juristisch relevante Auswirkungen psychischer Störungen herausgeschält
werden. Hier muss der forensische Psychiater eine nüchterne Analyse der Schuldfähigkeit, der medizinischen Massnahmen und der Prognose erstellen. Anders im Bereich der Therapien, wo sich der
Therapeut auch emotional auf die psychisch auffälligen Personen, die ein Delikt begangen haben
und oft wenig motiviert sind, einlassen müssen. Zwar trägt jeder Arzt eine grosse Verantwortung.
Beim forensischen Psychiater jedoch müssen die Therapieüberlegungen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und insbesondere auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung in Einklang
gebracht werden – eine ausserordentlich schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe.
Sie, Herr Dr. Sachs, haben diese Herausforderungen in ihrer langjährigen Tätigkeit immer wieder
von neuem gemeistert. Heute sind Sie eine Koryphäe auf dem Gebiet der forensischen Psychiatrie.
So ist es kein Zufall, dass man gerade Sie regelmässig in Schweizer Medien sieht, zur Psyche der
Täter schwerer Verbrechen oder zu Themen wie Jugendgewalt, häusliche Gewalt, erweiterter Suizid,
wie im Fall des Co-Piloten der German Wings, oder neulich zum Tötungsdelikts an einem zweijährigen Kind in der Ostschweiz. Immer handelt es sich um Unbegreifliches, Unerklärliches, um Abgründe
der menschlichen Seele. Letztlich oft auch um Unheimliches, das breite Bevölkerungskreise beschäftigt, verängstigt, das bei vielen von uns nach Erklärungen ruft, was denn nun wirklich das Undenkbare Realität werden liess. Umso verdienstvoller ist es, sehr geehrter Herr Dr. Sachs, wie es Ihnen
jeweils gelingt, klare und auch für Laien nachvollziehbare Erklärungen zu den sonst unerklärlichen
Taten und Motiven zu liefern. Indem Sie das Irrationale etwas begreifbarer machen, haben Sie immer wieder dazu beigetragen, Unerträgliches für uns erträglicher machen.
Wie Sie persönlich geniesst auch Ihre Abteilung hier in Königsfelden weitherum einen hervorragenden Ruf. Das Gutachterzentrum, die psychiatrische Betreuung von Jugendlichen, wie im Jugendheim
Aarburg, das stationäre Behandlungszentrum für psychisch kranke Straftäter, die ambulante Nachbehandlung von Haftentlassenen sowie die Gefängnispsychiatrie in der JVA Lenzburg sind wichtige
Tätigkeitsfelder. All dies ist Teil des forensischen Departements der Psychiatrischen Dienste Aargau
und wurde von Ihnen mitaufgebaut und weiterentwickelt.
Das Amt für Justizvollzug, eine Abteilung meines Departements Volkswirtschaft und Inneres, arbeiten seit Jahren eng und erfolgreich mit der Forensik der PD AG zusammen. In der JVA Lenzburg
geht diese Zusammenarbeit gar auf Anfang der 70er Jahre zurück. Die Forensik der PD AG ist, seit
Sie im Jahr 1991 die Leitung übernommen haben, untrennbar mit Ihrem Namen verbunden. Wer von
der Forensik in der PD AG spricht, meint automatisch Dr. Josef Sachs.
Namentlich auch die zum Amt für Justizvollzug gehörende Sektion Vollzugsdienste und Bewährungshilfe, also die aargauische Vollzugsbehörde, haben konstruktiv mit der Forensik der PD AG
zusammengearbeitet. Sie haben das Anliegen der Vollzugsbehörde und den Bedarf nach zusätzlichen geschlossenen forensischen Plätzen mit immer höherer Sicherheit ernst genommen. Auf Ihre
Initiative hin wurden innert kurzer Zeit in der Forensik der PD AG geschlossene Stationen neu errichtet und erweitert.
Auch im Jugendheim Aarburg haben Sie Spuren hinterlassen. Einerseits waren Sie therapeutisch als
Psychiater tätig. Anderseits haben Sie auch konzeptionell mitgearbeitet. Bereits Ende der 80er Jahre haben Sie mitgeholfen, die damals neue Anstalt für Nacherziehung – heute geschlossene Wohngruppe – mit zu entwerfen. Wie zentral Ihr Einfluss war, zeigte sich schon damals darin, dass das
Bundesamt für Justiz Ihre Teilnahme an den Konzeptarbeiten forderte bzw. sogar vorschrieb. Sie
haben mit viel Herzblut und Engagement auch immer wieder dafür gesorgt, dass das Jugendheim
Aarburg mit sehr guten und für die Aufgabe geeigneten Psychiatern "versorgt" wurde. Ohne Sie hätte
im Jugendheim auf der Aarburg manches gefehlt, insbesondere was die therapeutischen Leistungen
betraf.
Wie schon angetönt: Die forensische Psychiatrie agiert in einem schwierigen Umfeld. Für die einen
sollen die Psychiater nur feststellen, dass der Delinquent psychisch krank ist, um ihn möglichst lange
wegzusperren. Für die anderen ist es suspekt, dass ein einzelner Psychiater mit seinem Urteil die
Zukunft des Gefangenen massgeblich mitbestimmen kann. Kaum ein Bereich der medizinischen
Tätigkeit wird von der Öffentlichkeit und den Medien derart kritisch beobachtet. Die öffentlichen Debatten, die bei vermeintlich zu Unrecht entlassenen Straftätern, die erneut straffällig werden, geführt
werden, sind uns ebenso bekannt, wie der Vorwurf, ein angeblich harmloser Täter sei wegen einer
Fehlbeurteilung ohne Grund "in der Psychiatrie versorgt" worden. Wie so oft ist auch hier die Wirklichkeit sehr viel komplexer. Um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen, muss sich deshalb die
forensische Psychiatrie dem öffentlichen Diskurs stellen, sich den gesellschaftlichen Bedürfnissen
anpassen und sich weiterentwickeln. Das hat sie hier in Königsfelden in den letzten 25 Jahren getan,
und daran haben Sie, sehr geehrter Herr Dr. Sachs, einen wichtigen Beitrag geleistet.
Die Aargauer Zeitung titelte kürzlich: "Der berühmteste Psychiater der Schweiz geht in Pension". Wir
sind stolz darauf, dass Sie von Ihrem Tätigkeitsfeld im Aargau aus schweizweit nachhaltig gewirkt
haben. Vor 50, vor 40, ja vor 30 Jahren dachte man beim Namen "Sachs" an Hans Sachs, den legendären Oberstaatsanwalt aus Nürnberg, der von 1955 bis 1989 Mitglied von Robert Lembkes Rateteam bei "Was bin ich?" war. Seit 25 Jahren denkt man bei uns beim Namen "Sachs" an Josef
Sachs, den legendären Psychiater aus Königsfelden. Und, sehr geehrter Herr Dr. Sachs, gehe ich
recht in der Annahme, dass wir auch in den nächsten Jahren immer wieder von Ihnen hören werden.
Denn bei jemandem, der so viel zu sagen hat wie Sie, wird mit Sicherheit auch künftig immer wieder
nachgefragt – vielleicht auch dann, wenn man für einmal lieber nichts sagen würde. Das ist wohl die
andere Seite Ihres erfolgreichen Schaffens.
Es wäre deshalb völlig verfehlt, Ihnen heute einen verdienten Ruhestand zu wünschen. Der kann
warten. Vielmehr wünsche ich Ihnen bei Ihren weiteren Projekten weiterhin viel Erfolg und im privaten Bereich natürlich eine gute Gesundheit und viel Glück! Ich freue mich auf unsere künftigen Begegnungen.
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