Es lebe der Sport - Cardiovascular Medicine

EDITORIAL
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Eine neue Artikelserie zur Sportkardiologie
Es lebe der Sport
Christian Marc Schmied
Universitäres Herzzentrum Zürich
Correspondance:
PD Dr. med.
Christian Marc Schmied
«Es lebe der Sport» hiess in den 80er Jahren einer der
je nach beobachteter Subgruppe sehr relevanten sport-
bekanntesten Hits des österreichischen Chansonniers
assoziierten plötzlichen Herztod bezeichnet. Bezüg-
Rainhard Fendrich. Er besang in diesem ironischen
lich der wirklichen Inzidenz dieser fatalen Ereignisse
Liedtext die Unfallgefahren in diversen Fernsehsport-
liegen jedoch z.T. diskrepante Daten vor, die nicht nur
arten bzw. die Sensationslust der Zuschauer vor den
auf die beobachteten Subgruppen zurückzuführen
Bildschirmen. Dennoch eignet sich der Liedtitel per-
sind, sondern auch von der Methode abhängen, mit
fekt als Leitspruch in der präventiven Kardiologie:
der die Todesfälle erfasst wurden. Aufschluss über die
Ungenügende körperliche Aktivität, die sogenannte
Häufigkeit und vor allem auch die Ursachen des plötz-
Sedentarität, gilt als unbestrittener kardiovaskulärer
lichen Herztods im Sport können nur akkurate Regis-
Risikofaktor, während der präventive Nutzen eines re-
terdaten bieten. Ein absolut exemplarisches und
gelmässigen sportlichen Trainings bestens evidenzba-
bereits gut etabliertes Register wurde am Institut für
siert belegt ist. Dies gilt nicht nur für kardiovaskuläre
Sport- und Präventivmedizin in Saarbrücken auf-
Erkrankungen und kardiovaskuläre Risikofaktoren,
gebaut. Eingeschlossen werden dabei seit einiger Zeit
sondern unter anderem auch für gewisse Malignome,
nicht nur Vorfälle im deutschen Fussball; neu wird
Osteoporose sowie psychische Erkrankungen.
auch die Datenbank des Internationalen Fussballver-
Umso unverständlicher erscheint vor diesem Hinter-
bands FIFA integriert. In ihrem interessanten Über-
grund der immer noch weit verbreitete Bewegungs-
sichtsartikel diskutieren die Gründer und Leiter des Re-
mangel in der Bevölkerung. So erreicht nach aktuellen
gisters ausserdem über generelle Aspekte der primären
Erhebungen beispielsweise nur gut ein Drittel der
und sekundären Prävention des plötzlichen Herztods
Schweizerinnen und Schweizer das gesundheitswirk-
im Sport und bieten dabei einen sehr lesenswerten
same Mindestmass an körperlicher Aktivität. Es sind
Überblick über die Thematik [2].
also mehr denn je dringend suffiziente Strategien
Es lebe also der Sport! Eine adäquate sportkardiologi-
gefragt, welche zu einer Verbesserung des Bewegungs-
sche Betreuung ist dabei jedoch von entscheidender
verhaltens führen. In Wintersportnationen wie Öster-
Bedeutung. Nicht zuletzt, weil wir eben nicht alle ein
reich und der Schweiz liegt deshalb der populäre alpine
«Herz wie ein Bergwerk» haben, das Rainhard Fendrich
Skisport nahe, der von der breiten Bevölkerungsmasse
in einem weiteren wunderbaren Lied besingt.
ausgeübt wird. Doch überwiegen die positiven Effekte
In diesem Sinne wünsche ich viel Vergnügen bei der
letztlich die potenziellen Gefahren von Verletzungen
Lektüre der beiden sportkardiologischen Artikel und
oder gar kardialen Ereignissen? Die Salzburger Gruppe
natürlich auch der übrigen Beiträge in dieser Ausgabe
um Niederseer und Kollegen beleuchtet diese Thema-
von «Cardiovascular Medicine».
tik in einem spannenden Artikel in dieser Ausgabe [1].
Leitender Arzt
Als «Sport-Paradox» wird oftmals die Ambivalenz
Universitäres Herzzentrum
zwischen den erwähnten, unbestrittenen und wissen-
Zürich
CH-8091 Zürich
schaftlich bestens belegten positiven gesundheitli-
Christian.Schmied[at]usz.ch
chen Effekten des Sporttreibens und dem andererseits
CARDIOVASCULAR MEDICINE – KARDIOVASKULÄRE MEDIZIN – MÉDECINE CARDIOVASCULAIRE
Referenzen
1
2
Niederseer D, Schmied C, Niebauer J. Cardiovascular risk-benefit
ratio of alpine skiing in recreational skiers. Cardiovascular
Medicine. 2015;18(11):298–305.
Bohm P, Meyer T, Scharhag J. Participation screening of elite and
recreational athletes. Cardiovascular Medicine. 2015;18(11):306–11.
2015;18(11):297