Untersuchung des Einsatzes des G36 in Gefechtssituationen Seit dem 1. Juni 2015 leitet Winfried Nachtwei die "Kommission zur Untersuchung des Einsatzes des G36-Sturmgewehres in Gefechtssituationen". Weitere Kommissionsmitglieder sind der ehemalige Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sowie zwei Soldaten als Experten für technische und taktische Fragen. Die zu untersuchende Leitfrage lautete: „Sind deutsche Soldaten durch Eigenschaften des G36 zu Schaden gekommen oder in Gefahr geraten?“ Ausgewertet wurden schriftlichen Quellen (Datenbanken, Gefechtsberichten usw.), praktische Einweisungen und vor allem mündliche Befragungen einsatz-/ gefechtserfahrener Soldaten aller Dienstgradgruppen. Im Einzelnen: • Die für das Parlament erstellte Chronologie sowie diverser daraus abgeleiteter Dokumente in nicht gezählter Anzahl, • Alle ca. 150 Sachverhaltsfeststellungen nach Gefechtshandlungen und weitere Gefechtsberichten aus den Einsätze der Bw, • Die Datenbank des Informationssystems Einsatzerfahrungen der Bundeswehr auf Erkenntnisse zum G36, • Alle (> 150) Feldjägerberichte, in denen deutsche Soldaten durch (Waffen)Gewalt und Unfälle zu Schaden gekommen sind oder deutsche Soldaten andere Personen geschädigt haben, • Jahresberichte des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr über „Besondere Vorkommnisse, Vorfälle und Mängel mit bzw. an Waffen und Munition“ seit Einführung G36 (1996), • Meldeaufkommen bei der zentralen Ansprechstelle G36 im BMVg (hierzu wurde Bw-intern als auch extern mehrfach aufgerufen, sich an die Meldestelle zu wenden), • Erkenntnisse anderer G36-Nutzerstaaten, die über vor Ort akkreditierte deutsche Militärattachés erschlossen wurden, • Befragung des Kontingentführers der Ausbildungsmission im Nordirak zu den Erfahrungen der Peshmerga, • Diverse Berichte in den Medien sowie in der Literatur. Es erfolgten Einweisungen am Ausbildungszentrum Infanterie in Hammelburg und beim Kommando Spezialkräfte in Calw. Gleichermaßen wurde die Kommission am Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz eingewiesen, ergänzt um Interviews mit Vertretern der WTD 91, des WiWeB und des EMI sowie des Bundesrechnungshofes. Insgesamt wurden über 500 Soldatinnen und Soldaten aufgrund ihrer Einsatz- und Gefechtserfahrungen sowie aufgrund von Verwundungen im Einsatz identifiziert: • Über 150 Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgradgruppen wurden persönlich durch die Kommission interviewt (hierzu wurden u.a. auch Standortbesuche in Bad Reichenhall, Zweibrücken, Seedorf und Hamburg durchgeführt.), • Ca. 350 Soldatinnen und Soldaten wurden persönlich angeschrieben, • Zudem wurden Einzelinterviews mit Journalisten geführt. Kernaussagen der Untersuchung: Die in den wissenschaftlichen Untersuchungen festgestellten Präzisionseinschränkungen des G36 bei schussinduzierter Erhitzung und sich ändernden Umweltbedingungen stehen nicht in Zweifel. Kein deutscher Soldat ist im Zusammenhang mit technischen Präzisionsmängeln des G36 gefallen oder verwundet worden. Es ergaben sich auch keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung von Soldaten im Zusammenhang mit dem Präzisionsverhalten des G36 1. Die Treffgenauigkeit und Wirkung eines Schützen im Einsatz hängt außer von der technischen Präzision des G36 maßgeblich auch von seiner Schießfertigkeit, von seiner momentanen Verfassung, von Umweltbedingungen, Kampfentfernung und Gegnerverhalten ab. Die technische Präzisionseinschränkung des G36 war in Gefechten für die eigene Wirkung auf den Gegner und den Gefechtsverlauf nicht von erkennbarer Relevanz. Nichts desto weniger ist eine bestmögliche technische Präzision notwendig. Soldaten beurteilten die angesichts der Lageverschärfung in Afghanistan notwendigen und spätestens ab 2010 verfügbaren bodengebundenen Waffensysteme (Waffenmix) als ausreichend. 1 Einige wenige durch die Waffe hervorgerufene Schädigungen von Soldaten (z.B. Hautverbrennungen durch ausgeworfene Patronenhülsen) sind nicht auf Präzisionseinschränkungen zurückzuführen. 2 Spezialkräfte benötigen eine Waffe mit deutlich höherer Präzision und erweiterten Fähigkeiten. Verschleiß und Regeneration beim G36 bedürfen besonderer Beachtung. Alle Soldaten hatten und haben volles Vertrauen in das G36, nicht zuletzt aufgrund der – auch im internationalen Vergleich – hohen Zuverlässigkeit. Daher stößt die negative öffentliche Darstellung des G36 als „Pannengewehr“ bei den Soldaten auf großes Unverständnis. Die umfassenden Einsatz- und Gefechtserfahrungen deutscher Soldaten widerlegen dieses Negativimage. 3
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