Thomas Hitschler Mitglied des Deutschen Bundestages Konzeptpapier: Anforderungen an ein G36-Nachfolgegewehr Die Beschaffung eines neuen Sturmgewehres für die Bundeswehr hätte auch ohne die aktuellen Diskussionen um das G36 in Kürze angestanden. Denn das G36 ist seit fast 20 Jahren im Einsatz und war für diesen Zeitraum angelegt. Unvorhersehbare Einsatzszenarien verlangen Modularität Als das G36 vor zwei Jahrzehnten beschafft wurde, standen Einsätze in Ländern wie Afghanistan oder Mali gar nicht zur Debatte. Vor der Ukraine-Krise galt selbst die unmittelbare Landesverteidigung als Relikt aus der Vergangenheit. Einsatzszenarien sind also nur bedingt plan- und vorhersehbar. Deshalb muss auch das neue Standardgewehr der Bundeswehr möglichst viele Szenarien abdecken. Je nach Situation sollten die Soldaten unterschiedliche Module nutzen, anbauen und einsetzen können. Kaliber, Lauf und Auflage sollen den Anforderungen entsprechend austauschbar, Zusätze leicht anzubringen sein. Sturmgewehr der Zukunft für den Infanteristen der Zukunft Das Sturmgewehr der Zukunft muss darüber hinaus mit den Systemen des Programmes ‚Infanterist der Zukunft‘ vereinbar sein. Auch dieses setzt auf Modularität und Ergänzungen durch Einbausätze. Das neue Gewehr soll auch ganz klar ein Sturmgewehr und dementsprechend auch auf die Nutzung als Sturmgewehr ausgelegt sein. Die Präzision im Einzelfeuer hat also eine höhere Priorität als die Benutzung im Dauerfeuer. Gleichwohl muss die Waffe auch in extremen Gefechtssituationen verlässlich sein. Deutsch-französische Zusammenarbeit Auch Frankreich sucht zurzeit einen Nachfolger für sein Sturmgewehr FAMAS und ist in diesem Prozess schon recht weit fortgeschritten. In den vergangenen Wochen wurde viel von der europäischen Armee und der deutsch-französischen Zusammenarbeit geredet. Hier könnten wir diese Vorsätze konkret umsetzen. Ein kleiner Schritt wäre, Untersuchungsergebnisse auszutauschen und Anforderungen abzustimmen. Möglicherweise könnte sich Deutschland auch für das Kontingent einer Übergangslösung für die Soldaten im Einsatz an die französische Beschaffung anhängen. Gerade mit Blick auf die deutsch-französische Brigade wäre es von Vorteil, wenn deutsche und französische Soldaten das gleiche Gewehr hätten. Langfristig wäre begrüßenswert, wenn das Sturmgewehr der Zukunft mit Frankreich oder anderen Partner in Europa oder der NATO gemeinsam entwickelt werden könnte. Einfach zu handhaben und einfach zu erlernen Das G36 hat in einigen Punkten Maßstäbe gesetzt, die auch ein zukünftiges Sturmgewehr nicht unterschreiten sollte. Die Soldaten loben das geringe Gewicht und die einfache Handhabung. Auch das Nachfolgegewehr sollte diese Eigenschaften besitzen und in der Grundversion eine Ausbildung innerhalb kürzester Zeit ermöglichen. Die Fachausbildung wird dann an den modularen Systemen vertieft. Kalkulierbare Kosten für die gesamte Lebensdauer Als Lebensdauer des neuen Gewehres sollten wie beim G36 etwa 20 Jahre angepeilt werden, wobei durch die Modularität Anpassungen an veränderte Rahmenbedingungen vereinfacht werden sollen. Die Kosten sind bei Sturmgewehren in der Regel überschaubarer als bei Großprojekten in der Rüstung. Sie sollten sich selbstverständlich im Rahmen halten. Wichtig ist hierbei einerseits eine realistische Kostenkalkulation über den gesamten angepeilten Zeitraum. Andererseits sollte aber auch nicht am falschen Ende gespart werden: Schließlich ist die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten unmittelbar von ihrem Gewehr abhängig.
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