Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 2 8 . 0 5 . 2 0 1 5 Schlaf gut – aber wie? Jeder vierte Deutsche hat Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen. Doch erst wenn man mindestens dreimal pro Woche wach liegt und das über mehr als vier Wochen am Stück, sprechen Ärzte von einer Schlafstörung, die behandelt werden sollte. Was kann man tun, wenn man nächtelang nicht schlafen kann? Schlaflose Menschen leben tagsüber gefährlich. Dr. Norbert Preetz, Hypnotherapeut und Leiter des Instituts für Hypnosetherapie in Magdeburg dazu: „Das Risiko, einen Verkehrsunfall zu verursachen, erhöht sich um das Zweieinhalbfache, die Wahrscheinlichkeit eines Arbeitsunfalls ist sieben mal höher als bei Menschen ohne Schlafstörungen.“ Ein Symptom – viele Ursachen Schlaflosigkeit kann viele Ursachen haben: Stress, psychische Probleme, körperliche Schmerzen, Krankheiten, Nebenwirkungen von Medikamenten oder auch hormonelle Umstellungen. Deshalb bedarf es bei lang andauernder Schlaflosigkeit einer intensiven Ursachenforschung. Oftmals ist auch eine Verkettung von verschiedenen Störungen ein möglicher Auslöser. Bei Menschen, die nachts häufig auf die Toilette gehen müssen, liegt möglicherweise eine noch unerkannte Nieren- oder Herzerkrankung vor. Dabei wird tagsüber überschüssiges Wasser im Körper gebildet. Endgültige Abklärung von möglichen Ursachen erhält man im Schlaflabor. Dort wird mittels Elektroden der Schlaf des Patienten grundlegend analysiert. Gemessen werden ver- schiedene nächtliche Körperfunktionen wie Hirnströme, Atmung, Augenbewegungen oder auch die Sauerstoffsättigung des Blutes. Aus diesen Messwerten wird ein individuelles Schlafprofil erstellt, welches Aufschluss über mögliche Störungen gibt. Langfristige Auswirkungen Langfristig hat eine Schlafstörung gravierende Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Die Liste der verschiedenen Studien zu Wechselwirkungen zwischen Schlaflosigkeit und Krankheiten ist lang: Wunden heilen langsamer, das Risiko an Diabetes zu erkranken steigt und auch Übergewicht und Schlaf hängen zusammen. Dazu kommen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und auch ein Zusammenhang zwischen Demenz und Schlafstörung wird diskutiert. Deshalb ist es wichtig, jede Schlafstörung ernst zu nehmen und, wenn möglich, frühzeitig zu behandeln. Ist die Schlafstörung noch relativ frisch und konnte der Arzt körperliche Ursachen ausschließen, kann Hypnose eine effektive Chance sein, endlich wieder schlafen zu können. Dabei können Einschlafstörungen besser und schneller 1 Seite 2 von 5 behandelt werden als Durchschlafstörungen. Hypnose –Therapie ohne Nebenwirkungen Letztere sind oft mit psychischen Problemen gekoppelt und können möglicherweise mit einer Hypnotherapie – einer Kombination aus Hypnose und Psychotherapie – behandelt werden. Während der Hypnose werden tiefere Ebenen des Bewusstseins angesprochen. Dabei wird ein sogenannter Auslöserreiz gesetzt. Dieser Reiz hilft Patienten mit Schlafstörungen in einen Trancezustand zu gelangen und damit in einen Entspannungsmoment, der in den Schlaf führt. Innerhalb von wenigen Wochen etabliert sich so ein neues Schlafmuster. Ein sehr effektiver Weg kann die Selbsthypnose sein. Selbsthypnose kann man in Kursen an der Volkshochschule oder bei ausgebildeten Therapeuten erlernen. Manche von diesen Kursen werden auch von den Krankenkassen ganz oder anteilig bezahlt. Es lohnt sich also, bei der Krankenkasse danach zu fragen. Schlafmittel – Fluch und Segen zugleich Hundertausende Deutsche schlucken regelmäßig Schlaftabletten, denn sie versprechen schnelle Linderung. Nach manchmal jahrelangen qualvollen Nächten scheint die Nacht nach der ersten Schlaftablette wie eine wundervolle Heilung. Dass manche der Mittel schon nach wenigen Wochen süchtig machen, ist den meisten Menschen allerdings nicht bewusst. Allein von Benzodiazepinen sind in Deutschland mindestens 1,2 Millionen Menschen abhängig. Jürgen S. und Beate H. gehörten dazu. Über viele Jahre waren die beiden von Schlaftabletten abhängig. Bei ihm fing es mit einer halben Tablette an, 30 Jahre später waren es sechs am Tag. Heute beschreibt er die damalige Sucht-Situation so: „Ich habe dabei völlig aus dem Blick verloren, dass sich alles nur noch um diese Medikamente drehte.“ Doch das schnelle Verschreiben von Schlafmitteln gehört in vielen Arztpraxen zum Alltag. Hausarzt Klaus Aschern kennt die Beweggründe seiner Kollegen sehr gut: „In den Arztpraxen kommt es häufig zu Zeitdruck, Zeitmangel und Patienten, die sehr häufig mit bestimmten Symptomen auftauchen. Da gibt es eine natürliche Neigung dazu, diese mit einem Medikament zu versorgen, damit sie erst mal zufriedengestellt sind.“ Auch Beate H. wurde so zufriedengestellt. Sie bekam zehn Jahre lang Benzodiazepine verschrieben – ohne Aufklärung, dass diese süchtig machen. Und ohne, dass der Arzt nach der Ursache für ihre Probleme geforscht hätte. Auf der anderen Seite ist die Sucht oft so stark, dass Patienten die Schlafmittel von ihrem Arzt regelrecht einfordern. Wenn das nicht klappt, beginnt ein wahrer Arzttourismus. Ein verantwortungsvoller Hausarzt sollte aufmerksam zuhören, wenn Patienten von jahrelangen Schlafproblemen berichten und sie auch auf Alternativen oder die Möglichkeit des ambulanten Entzugs aufmerksam machen. Einen solchen ambulanten Entzug macht auch Beate H. Nach einer neuen Studie eine überraschend erfolgreiche Methode. Ohne Klinik, aber mit ärztlicher Begleitung, setzt sie die Benzodiazepine nach und nach ab und begann ein neues Leben – ohne Schlafmittel. Medikamente als Ursache von Schlaflosigkeit „Schlaflos in Seattle“, so hieß 1993 eine romantische Filmkomödie mit Tom Hanks und Meg Ryan in den Hauptrollen. „Schlaflos in Leipzig“ könnte ein Film über Ullrich Backhaus heißen. Er ist Sänger der Leipziger Cover-Band Tageins und nachts, wenn andere schlafen, ist der Mittfünfziger äußerst aktiv. Er radelt stundenlang durch die Stadt, macht Liegestütze oder musiziert. Eine Autoimmunerkrankung hat beide Nieren von Ullrich Backhaus zerstört. Seitdem hängt sein Leben an der Dialyse. Das heißt: dreimal pro Woche fünf bis sechs Stunden an den Tropf. So lange dauert es, bis sein Körper wieder entgiftet ist. Seit mehr als elf Jahren wartet er nun schon auf eine Spenderniere. „Es ist schwer. Man muss wirklich 2 Seite 3 von 5 einen eisernen Willen haben, um das durchzuhalten.“ Die Schlaflosigkeit dabei sei das Schlimmste, erklärt er. Auch früher gab es die eine oder andere Nacht, in der er nicht geschlafen habe, weil er über irgendetwas nachgedacht oder auch ein Problem gewälzt habe, doch das war selten und eher sporadisch. Heute ist die Schlaflosigkeit ein Dauerzustand. Die Dialyse laugt den Körper aus. Der ersehnte Anruf kann ihn jeden Tag erreichen oder auch jede Nacht. Die Spenderniere würde ihn nicht nur von der Dialyse erlösen. Gut möglich, dass mit ihr auch innere Ruhe und Schlaf zurückkehren. Schlafmediziner Dr. Steffen Schädlich, leitender Oberarzt des Martha-Maria Krankenhauses in Halle-Dölau hat noch einen anderen Verdacht für die Schlafprobleme von Ullrich Backhaus. Er ließ sich die Medikamentenliste schicken und wurde sofort fündig. Unter den zahlreichen Medikamenten, die der Leipziger täglich schlucken muss, befinden sich einige, welche als Nebenwirkung schlaflos machen. Diese Medikamente sollte man sich genauer anschauen. Besonders Blutdrucksenker (Betablocker), Cholesterinsenker und ein Asthmaspray fielen auf der Liste von Ullrich Backhaus auf. Die Empfehlung von Dr. Schädlich: „Für die Betablocker könnte man eventuell Alternativen suchen. Die Cholesterinsenker sollte man zeitweise absetzen, um zu schauen, ob sich damit die Schlafprobleme bessern. Und das Asthmaspray sollte man so lange wie möglich vor dem Schlafengehen nehmen.“ Tipp: Schauen Sie sich die Beipackzettel Ihrer Medikamente gründlich an. Steht Schlaflosigkeit als Nebenwirkung auf dem Beipackzettel, sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt darüber. Möglicherweise können Sie ein Alternativmedikament verschrieben bekommen. Andere Medikamente können Sie eventuell früh oder untertags statt abends einnehmen. Auf Medikamente, die nicht lebenswichtig sind, können Sie eventuell eine Zeitlang verzichten, um zu testen, ob dort die Ursache für die Schlafstörung liegt. Wichtig: Kontaktieren Sie in jedem Fall Ihren Arzt. Nur er kann klären, welche Variante für Sie geeignet ist. Möglicherweise kann auch die Dosis des einen oder anderen Medikaments verringert werden. Das Schlafzimmer ein Ort der Ruhe – damals und heute? Während in anderen Kulturen Schlafgemächer eine lange Tradition haben und selbstverständlich waren, hielt das Schlafzimmer, wie wir es heute kennen, in Europa erst im Mittelalter Einzug. Bis dahin schliefen die Menschen meist im großen Wohn- und Essbereich. Auch Betten waren unbekannt, es wurde einfach ein Strohlager auf dem Fußboden errichtet. Oder das Gesinde schlief beim Vieh im Stall. Statt Bettdecken wärmte die Körpertemperatur der Tiere. Im Mittelalter kamen dann die ersten Betten auf und nur zum Schlafen bestimmte Räume. Die Betten waren relativ kurz, so dass die Menschen halb sitzend schliefen. Ein ausgestreckter Körper flößte Angst ein, war diese Position doch den Toten in den Särgen vorbehalten. Außerdem herrschte bis ins 19. Jahrhundert die Furcht, dass der Tod einen im Schlaf leichter übermannen könne. Schlafkammern konnten sich nur Adlige oder reiche Bürger und Bauern leisten. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war ein Schlafzimmer für einfache Arbeiter ein unerschwinglicher Luxus. Heute ist das kaum mehr vorstellbar. Aber wie sollte ein Schlafzimmer für einen erholsamen Schlaf beschaffen sein? Wichtig: Schreibtisch, Fernseher, Laptop, Handy, Leuchtuhren, aber auch Grünpflanzen gehören nicht ins Schlafzimmer! Eine angenehme Raumtemperatur für den Schlaf 3 Seite 4 von 5 sind 16 bis 18 Grad, ein gut durchlüftetes, lärmfreies und dunkles Zimmer fördert das Ein- und Durchschlafen. Ob die Matratze weich oder hart, mit Federkernen oder aus Schaumstoff ist, spielt für den erholsamen Nachtschlaf eine untergeordnete Rolle – wichtig ist, dass man sich auf der Matratze wohl fühlt. Daher ist es ratsam, beim Matratzenkauf die künftige Unterlage sehr intensiv zu testen. Schlafexperten empfehlen, die Matratze aller zehn Jahre zu wechseln. Hausmittel für einen gesunden Schlaf Melissenvollbad Warme Bäder entspannen, lockern die Muskulatur und machen müde. Das ätherische Öl der Melisse wirkt beruhigend und schlaffördernd. Geben Sie ein paar Tropfen Melissenöl ins Badewasser oder bereiten Sie einen Badesud zu. Dazu zwei Handvoll Melissenblätter mit zwei Liter kochendem Wasser übergießen, 20 Minuten zugedeckt ziehen lassen und direkt über der mit warmem Wasser gefüllten Wanne abseihen. Die Badetemperatur sollte 34 bis 36 Grad Celsius betragen. Baden Sie nicht länger als 10 bis 15 Minuten. Schlafkissen Man nehme einen kleinen Kissenbezug, fülle diesen fünf bis sieben Zentimeter dick mit getrockneten Kräutern wie Lavendel, Kamille, Melisse und Pfefferminze. Den Bezug gut verschließen und zum Schlafen auf das Kopfkissen oder unter den Nacken legen. Um die Wirkung zu verstärken, kann man auch noch ein bis zwei Tropfen ätherisches Lavendelöl auf das Kissen geben. Der Duft der Kräuter und ihre Inhaltsstoffe wer- den über die Atemwege und die Haut vom Körper aufgenommen. Schlaftee Zwei Teelöffel Hopfenblüten mit 250 Milliliter kochendem Wasser übergießen und 15 Minuten ziehen lassen. Trinken Sie den Tee eine Stunde vor dem Zubettgehen. Heiße Milch mit Honig Milch enthält eine Aminosäure namens Tryptophan. Diese ist die Grundlage für Hormone und Botenstoffe, die den SchlafWach-Rhythmus steuern. Der Honig wiederum liefert Kohlenhydrate, welche die Insulinabgabe an die Bauchspeicheldrüse bewirken. Das wiederum fördert den Tryptophantransport. Bewegung Bewegung baut Spannung ab und ermüdet den Körper. Günstig ist eine moderate Bewegung, wie Spazieren gehen oder Walken. Zu starke und schnelle Bewegungen regen den Kreislauf an und bewirken eher das Gegenteil – der Körper wird aufgeputscht und der Schlaf erschwert. Sportarten mit hohem Bewegungsanteil sollte man daher ein paar Stunden vor dem Zubettgehen ausüben, damit der Körper sich vor dem Schlaf wieder regeneriert. Was tun, wenn es trotzdem nicht klappt? Wachen Sie nachts auf, bleiben Sie nicht im Bett liegen. Stehen Sie auf, lesen ein Buch, trinken einen Tee oder schnappen Sie ein wenig frische Luft. Erst wenn Sie sich wieder müde fühlen, gehen Sie erneut ins Bett. Der Körper soll lernen: Das Bett ist zum Schlafen da. Und für Sex. Der hilft übrigens auch sehr gut zum Einschlafen. Gast im Studio Dr. Steffen Schädlich, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Schlafmedizin Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau Dr. Norbert Preetz, Psychologe, Institut für Klinische Hypnose Magdeburg Uli Backhaus, Patient Loreen Kanis, Patientin 4 Seite 5 von 5 Wertvolle Tipps, wie Sie dank einfacher Hausmittel Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren und Ihren Körper wieder ins Gleichgewicht bringen können, finden Sie auch im Hauptsache Gesund-Buch „Meine besten Hausmittel“. ISBN: 978-3-89883-272-4; 19,95 Euro Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop. Anschrift MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Thema der nächsten Sendung am 04.06.2015: “Der Magen“ 5
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