Anwendung eines Kalman-Filters in der Auswertung von VLBI-Daten Benedikt Soja Gutachter: Prof. Dr. Dr. h.c. Harald Schuh Prof. Dr. Thomas Hobiger Kurzfassung Very Long Baseline Interferometry (VLBI) ist eines der fundamentalen geodätischen Weltraumverfahren. Wichtige Ziele für die nächste Generation an VLBI-Technologie sind die kontinuierliche Durchführung von Beobachtungen und eine automatische Datenverarbeitung. Zu diesem Zwecke ist es notwendig, echtzeitfähige Parameterschätzungsalgorithmen, wie das Kalman-Filter, in der VLBI-Auswertung einzuführen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein solches Filter in die VLBI-Software VieVS@GFZ implementiert und verschiedenste Aspekte in Bezug auf die Prozessierung von VLBI-Daten untersucht. Innerhalb des entsprechenden Moduls VIE_KAL ist es u.a. möglich, alle in der VLBI-Auswertung gängigen Parameter zu schätzen, deren stochastische Modelle anzupassen, flexibel das Datum zu definieren, externe Daten zu integrieren sowie datumsfreie Normalgleichungen zu extrahieren. Der Fokus der Untersuchungen wurde auf den Einfluss der Troposphäre, der wichtigsten Fehlerquelle in der VLBI-Auswertung, und auf die Bestimmung von Stationspositionen, welche in der Geodäsie von wesentlicher Bedeutung sind, gelegt. Für die stochastische Modellierung der troposphärischen Laufzeitverzögerungen wurden stations- und zeitabhängige Unterschiede berücksichtigt. In Vergleichen mit troposphärischen Parametern aus GNSS, Wasserdampfradiometern und numerischen Wettermodellen wies die Kalman-Filter-Lösung um 5 bis 15% geringere Differenzen als eine Kleinste-QuadrateLösung auf, die auf denselben Modellen und VLBI-Daten basierte. Auch in Bezug auf geschätzte Stationskoordinaten wies die Kalman-Filter-Lösung bessere Basislinienlängenund Koordinatenwiederholbarkeiten auf. Die Anwendung des stationsabhängigen Prozessrauschens brachte eine zusätzliche Verbesserung. Des Weiteren wurde das KalmanFilter dazu verwendet, subtägliche Stationskoordinatenvariation aufgrund von Gezeiten und Auflasteffekten zu bestimmen. Schließlich wurden die gewonnenen Erkenntnisse dazu verwendet, Kalman-Filter-basierte globale terrestrische Referenzrahmen (TRF) zu bestimmen. Für die stochastische Modellierung der Koordinatenvariationen einzelner Stationen wurden Auflastdeformationszeitreihen herangezogen. Durch den nichtdeterministischen Ansatz des Filters war es möglich, nichtlineare Positionsbewegungen, verursacht z.B. durch unregelmäßige saisonale Effekte oder postseismische Deformationen, zu berücksichtigen. In Vergleichen mit einer VLBI-TRF-Lösung mittels einer klassischen Ausgleichung und dem ITRF2008 zeigten sich gute Übereinstimmungen in Bezug auf die Transformationsparameter und Stationsgeschwindigkeiten. Das Testen verschiedener Optionen bezüglich der Parametrisierung und stochastischen Modellierung führte zu Erkenntnissen, wie zukünftige Referenzrahmen verbessert werden können.
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