Die Stoff- und Energieflussmodellierung ist ein Teilbereich des Energie- und Stoffstrommanagements. Letzteres umfasst Analyse und Optimierung der Stoff und Energieströme in einem System. Bei einem System kann es sich beispielsweise um eine ganze Unternehmung oder lediglich um einen Automotor handeln. Das System muss jedoch nicht abgeschlossen sein, denn meist geht es darum, In- und Output und den damit einhergehenden Effekt auf umgebende Systeme zu analysieren. Das Betreiben eines Energie- und Stoffstrommanagements kann entweder ökonomisch oder ökologisch motiviert sein, wobei sich diese beiden Bereiche häufig überschneiden. Zum Beispiel die Optimierung des Ressourcenverbrauchs hat einen positiven Einfluss auf die Umwelt, sowie auf die Kosten einer Unternehmung. Im Umfang der Stoff- und Energieflussmodellierung werden Material und Energieflüsse mithilfe einer Modellierungssprache graphisch dargestellt. Dabei findet eine Abstraktion statt, welche den Input und Output von einzelnen Komponenten erfasst. Dadurch kann eine Stoff- und Energiebilanz erstellt werden. Dies kann für verschiedene Ebenen geschehen. Je nach Anforderungen kann man ein Modell für den ganzen Betrieb, einen Prozess oder für ein Produkt erstellen. Wird eine Bilanz für ein Produkt erstellt, nennt man dies auch Ökobilanz. Dabei werden die Umwelteinwirkungen eines Produktes über den ganzen Lebensweg von der Produktion bis zur Entsorgung analysiert. Die Stoff- und Energieflussmodellierung kann zu verschiedenen Zwecken erstellt werden. Es wurde bereits eine Unterscheidung nach ökonomischen und ökologischen Zielen genannt. Hier werden diese noch genauer aufgegliedert. Wie bereits erwähnt, überschneiden sich diese Ziele häufig und eine ökonomische Optimierung ist mit einer ökologischen Optimierung verbunden. Ökonomische Ziele Optimierung des Material und Energieverbrauchs Steigerung des Wirkungsgrades und dadurch weniger Emission und Abfall Transparenz für Management und Marketing Ökologische Ziele Verringerung des Ressourceneinsatzes Verringerungen von Schadstoff-Emissionen und Abfall Optimierung der Entsorgung Für die Modellierung und graphische Darstellung werden verschiedene Modellierungsformen verwendet. Das Vorgehen und die wichtigsten Modellierungstechniken werden im Folgenden beschrieben. Zuerst wird der Ist-Zustand des gewünschten Systems abgebildet. Handelt es sich um ein sehr komplexes System, muss ein geeigneter Abstrahierungsgrad gefunden werden oder man erstellt ein Modell mit mehreren Abstraktionsstufen. Bei der Modellierung müssen immer die Zielsetzungen berücksichtigt werden. Denn einerseits soll das Modell nicht zu komplex werden, aber andererseits müssen die nötigen Informationen darin abgebildet sein. Sobald der Ist-Zustand erstellt wurde, kann man Schwachstellen identifizieren und gegebenenfalls einen Soll-Zustand planen. Softwaretools können dabei durch eine Simulation zeigen, ob der gewünschte Effekt eintritt. Für die logische Modellierung wird meist ein sogenanntes Stoffstromnetz erstellt. Stoffstromnetze sind bauen auf einem Petri-Netz auf, sind aber für das Modellieren von Energie- und Stoffströmen angepasst. Im Folgenden werden kurz die einzelnen Modellelemente beschrieben, wie sie in der Software Umberto vorkommen: Transitionen Eine Transition definiert eine Umwandlung (Transformation) von Energie und/oder Stoffen. Dementsprechend hat eine Transition immer einen Input und einen Output. Stellen Eine Stelle ist ein Ort, an dem Stoffe oder Energie gelagert oder verteilt werden. Es werden verschiedene Stellen unterschieden: Input Definiert Energie und Stoffflüsse, welche dem System zugeführt werden. Output Definiert Energie und Stoffflüsse, welche das System verlassen. Lager Ein Lager befindet sich im Innern des Systems. Es hat einen Bestand, welcher durch Zuund Abflüsse verändert wird. Connection Da ein direktes Verbinden von Transitionen nicht erlaubt ist, gibt es die Verbindungsstelle. Diese leitet die Inputs direkt an die nächste Transition weiter und hat keine Lagerfunktion. Verbindungen (Kanten) Die Verbindungen stellen Transitionen und Stellen in Bezug zueinander. Eine Verbindung hat eine Richtung, welche durch eine Pfeilform visualisiert wird. Eine Verbindung muss immer zwischen Transition und Stelle (oder Umgekehrt) verlaufen. Beispiel Das nachfolgende Beispieldiagramm soll die Modellierungstechnik veranschaulichen. Es handelt sich um ein Modell, welches die Stoff- und Energieflüsse beim Teeaufkochen aufzeigt. Sankey Diagramme sind besonders geeignet um Stoff- und Energieflüsse zu visualisieren und einen Überblick zu verschaffen. Die Flüsse werden durch Pfeile dargestellt. Die Breite dieser Pfeile gibt dabei Auskunft über den prozentualen Anteil der Flussmenge. Anders als Stoffstromnetze sind Sankey-Diagramme keinen formalen Regeln unterstellt und eignen sich deshalb weniger zur Modellierung und Analyse eines Systems, sondern eher zur vereinfachten Darstellung. Beispiel Das folgende Beispiel zeigt ein Sankey-Diagramm der Energieflüsse eines Haushaltes: (Quelle: Wikipedia) Bei Umberto handelt es sich um eine Software zur Stoff- und Energieflussmodellierung und Analyse. Die Software wird von der Deutschen Firma ifu Hamburg GmbH vertrieben. Umberto befindet sich derzeit auf der Version 5. Umberto bietet einen grossen Funktionsumfang. Die wichtigsten Funktionen werden Anschliessend kurz beschrieben: Modellierung Die Modellierung wird mittels Stoffstromnetzten erstellt. Auch eine einfache Form von SankeyDiagrammen wird unterstützt. Materialliste Für die Modellierung benötigte Materialien lassen sich mit ihren Eigenschaften erfassen und verwalten. Bilanzen und Ökobilanzen Bilanzen und Ökobilanzen lassen sich automatisch errechnen und graphisch auswerten. Kostenrechnung Kosten- und Kostenträgerrechnung wird von Umberto ebenfalls unterstützt. Dadurch werden auch rein ökonomische Ziele abgedeckt. Schnittstellen Umberto kann direkt an ein ERP-System angebunden werden und somit Daten automatisch erfassen. Skripte und Customizing Zusätzliche Funktionalitäten lassen sich per Script einbinden. Dazu lässt sich Umberto auch auf die eigenen Bedürfnisse anpassen (Customizing). Umberto bietet eine umfangreiche Softwarelösung, welche als Umweltinformationssystem dient. Sind die betrieblichen Prozesse einmal im System abgebildet und relevante Daten über Schnittstellen automatisch eingebunden, kann das System langfristig als Informationssystem eingesetzt werden. Es wird ersichtlich, ob verfolgte Ziele erreicht werden und ob Änderungen die gewünschten Effekte bringen. Schwachstellen können im Modell identifiziert und neu geplant werden. Das System muss aber nicht langfristig eingesetzt werden. Es kann auch einmalig zur Planung und Optimierung verwendet werden. Dies ist weniger aufwändig, allerdings nicht so erfolgsversprechend wie eine langfristige Integration. Softwarelösungen, wie Umberto, ermöglichen die Modellierung von Systemen und anschliessend die Analyse der Auswirkungen auf andere Systeme. Dies kann viel zur nachhaltigen Nutzung und Entwicklung beitragen. Da viele Systeme sehr komplex und datenintensiv sind, ist die Softwareunterstützung ein logischer Schritt. Mit zwei Beispielen soll der Einsatz von einem Softwaretool wie Umberto für die nachhaltige Nutzung und Entwicklung veranschaulicht werden. Ein Industrieunternehmen möchte den Produktionsprozess analysieren und eine Prozessbilanz errechnen. Die Unternehmung hat sich zum Ziel gesetzt, den Material- und Energieverbrauch zu minimieren. Die Energie, die für die Produktion benötigt wird, soll aus nachhaltigen Quellen stammen. Abgesehen von Kostenvorteilen beim Einsparen von Energie und Material, kann das Unternehmen die gesammelten Daten auch fürs Marketing verwenden und das Umweltbewusstsein der Kunden ansprechen. Eine Staatengemeinschaft möchte den CO2 Ausstoss global soweit verringern, dass auch zukünftige Generationen keine Probleme mit Klimaerwärmung und Luftqualität bekommen. Die gewaltige Datenmenge und Systemkomplexität kann mittels einer Softwarelösung modelliert und langfristig analysiert werden. Entwicklungen können über Jahre hinweg gemessen und Bilanziert werden. Diese Daten geben Aufschluss darüber, ob gesetzte Ziele erreicht wurden und wo gegebenenfalls nachgebessert werden muss. Immer mehr Unternehmen betreiben ein aktives Nachhaltigkeitsmanagement. Sie haben gemerkt, dass eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen und eine Optimierung der Verarbeitungsprozesse nicht zu einem ökonomischen Nachteil führen muss. Zudem werden die Konsumenten immer umweltbewusster, was auch ein Umdenken der Unternehmen erfordert. Softwarelösungen, wie Beispielsweise ERP-Systeme, welche die betrieblichen Prozesse unterstützen, haben sich schon lange durchgesetzt. Informationssysteme für das Nachhaltigkeitsmanagement sind jedoch immer noch Nischenprodukte. Grosse Softwareanbieter wie SAP signalisieren jedoch eine Trendwende und beginnen mit der Vermarktung von neuen Softwaresystemen zum Nachhaltigkeitsmanagement. Durch eine enge Verknüpfung mit den bereits existierenden Systemen, lässt sich die Effektivität der Lösungen wesentlich steigern. Die Stoff- und Energieflussmodellierung wird dabei immer ein Teilbereich dieser Softwarekategorie sein. Behörden und andere Organisationen setzen Software als Informationssysteme zur Nachhaltigkeit bereits seit längerer Zeit ein. Aber auch sie können von neuen Innovationen in diesem Bereich profitieren. Frauenhofer Institut für Materialfluss und Logistik (2010): LOGISTIK FÜR RESSOURCEN UND RESSOURCENMANAGEMENT. Dortmund Lorie A. Wagner (2002): Materials in the Economy - Material Flows, Scarcity, and the Environment. Denver: US Department of the Interior Schmidt, Schorb (1995): Stoffstromanalysen in Ökobilanzen und Öko-Audits. Berlin: Springer Verlag SAP (2010) : EBook zur Nachhaltigkeit, http://www.sap.com/germany/solutions/sustainability/index.epx Wikipedia (2011): http://de.wikipedia.org/wiki/Energie-_und_Stoffstrommanagement Umberto Homepage (2011): http://www.umberto.de/ ifu Hamburg GmbH: Umberto Bedienungsanleitung ifu Hamburg GmbH: Umberto Schulungsfolien
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