NDR 2 Moment mal Montag – Freitag 18:15, Samstag & Sonntag 9:15 Uhr Bernhard Kassens, Krankenhausseelsorger aus Reinbek Mittwoch, 13. April 2016 ________________________________________________________________________________ „Ich habe Angst vor’m Sterben – und Sie haben mir die Angst nicht weggeredet. Das hat geholfen.“ Das ist das Fazit einer todkranken, 80-jährigen Patientin am Tag ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus. Sie blickt mich lächelnd an. Ich hab sie in den letzten Wochen begleitet. Tagelang ist sie oft nur zornig gewesen und dann wieder ganz stumm. Manchmal hat sie geweint. Gelacht haben wir auch. „Sie sind der Einzige gewesen, der mir nicht gesagt hat: Sie müssen keine Angst haben. Das hat gut getan.“ Von der Angst vor dem Sterben erzählen zu dürfen, sie zulassen, sie aussprechen können, sie ernst nehmen, etwas mit ihr machen – das kann hilfreich sein. „Erzählen Sie mir von Ihrer Angst“, hab ich die Patienten ermuntert: „Was sagt sie? Wie fühlt sie sich an?“ Genau davon lasse ich mir berichten, so ausführlich wie möglich. Ich frage nach. Manchmal bekommt die Angst einen Namen oder bekommt Ausdruck in einem Bild. Wenn man das Beängstigende aussprechen kann, ob stammelnd oder ausbruchartig, dann ordnen sich die Dinge manchmal neu und es findet sich ein Weg, mit der Angst umzugehen. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf das wir klug werden.“ (Ps 90,12) Vor den Erfahrungen mit Sterbenden höre ich diesen biblischen Vers immer wieder neu. Katholisches Rundfunkreferat – www.ndr.de/kirche
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