Übungen zur Theoretischen Physik 2 - Institut für Theoretische Physik

Prof. C. Greiner, Dr. H. van Hees
Sommersemester 2013
Übungen zur Theoretischen Physik 2 – Lösungen zu Blatt 3
Präsenzübungen
(P4) Gekoppelte Pendel und Schwebung
(a) Die Bewegungsgleichungen lauten für kleine Auslenkungen x1 , x2 der Massenpunkte um die Ruhelage
ẍ1 = −ω12 x1 + ω22 (x2 − x1 ), ẍ2 = −ω12 x2 + ω22 (x1 − x2 ).
(1)
p
p
Dabei ist ω1 = g /l die Kreisfrequenz für ein mathematisches Pendel der Länge l und ω2 = k/m
die Kreisfrequenz für Schwingungen der Masse m an einer Feder der Federkonstanten k.
Offensichtlich entkoppeln die Gleichungen für die Variablen
R = x1 + x2
r = x1 − x2 .
und
(2)
Durch Addieren bzw. Subtrahieren der Bewegungsgleichungen (??) erhält man nämlich
R̈ = −Ω21 R,
r̈ = −Ω22 r
(3)
Æ
mit den Eigenfrequenzen des Systems Ω1 = ω1 und Ω2 = ω12 + 2ω22 . Die allgemeinen Lösungen
lauten
R(t ) = A1 cos(Ω1 t ) + B1 sin(Ω1 t ), r (t ) = A2 cos(Ω2 t ) + B2 sin(Ω2 t ).
(4)
Für die ursprünglichen Koordinaten folgt
1
x1 (t ) = [R(t ) + r (t )] =
2
1
x2 (t ) = [R(t ) − r (t )] =
2
1
2
1
2
[A1 cos(Ω1 t ) + B1 sin(Ω1 t ) + A2 cos(Ω2 t ) + B2 sin(Ω2 t )] ,
(5)
[A1 cos(Ω1 t ) + B1 sin(Ω1 t ) − A2 cos(Ω2 t ) − B1 sin(Ω2 t )] .
(b) Die Eigenmoden sind angeregt für die Bewegungen r (t ) = 0 = const (die Massenpunkte schwingen
parallel zueinander hin und her, ohne daß die Feder gespannt wird, so daß die Eigenfrequenz der des
mathematischen Pendels entspricht) bzw. R(t ) = 0 = const (die Massenpunkte schwingen gegeneinander).
(c) Die gegebenen Anfangsbedingungen übersetzen sich in die Anfangsbedingungen
R(0) = A,
r (0) = −A,
Ṙ(0) = ṙ (0) = 0
(6)
für die beiden Eigenmoden. Eingesetzt in (4) liefert dies
A1 = A,
B1 = 0,
A2 = −A,
B2 = 0.
(7)
Gemäß (5) lauten die Lösungen für diesen Fall also
x1 (t ) =
A
2
[cos(Ω1 t ) − cos(Ω2 t )],
x1 (t ) =
A
2
[cos(Ω1 t ) + cos(Ω2 t )].
Es handelt sich also um eine Überlagerung der beiden Normalmoden.
(8)
Bemerkung: Um die Bewegung besser interpretieren zu können, verwenden wir die Additionstheoreme für den Cosinus:
cos(α ± β) = cos α cos β ∓ sin α sin β.
(9)
Addieren bzw. Subtrahieren dieser Gleichungen liefert
cos(α + β) + cos(α − β) = 2 cos α cos β,
cos(α + β) − cos(α − β) = 2 sin α sin β.
(10)
α − β = Ω2 t ,
(11)
Wählen wir nun α und β so, daß
α + β = Ω1 t ,
also
α=
Ω 1 + Ω2
2
t,
β=
Ω1 − Ω2
2
t,
(12)
können wir (8) auch in der Form
x1 (t ) = Asin
Ω1 + Ω2
Ω1 − Ω2
t sin
t ,
2
2
Ω1 − Ω2
Ω 1 + Ω2
t cos
t .
x2 (t ) = Acos
2
2
(13)
Da nun nach Aufgabenstellung die Kopplung schwach ist, d.h. ω2 ω1 , ist (Ω1 + Ω2 )/2 ≈ ω1 und
Ω1 − Ω2 = ω 1 −
q
ω12 + ω22
= ω1 [1 −
q
1 + ω22 /ω12 ] ≈ −
ω22
2ω1
ω1 .
(14)
Wir können also die Lösungen (13) für diesen Fall so deuten, daß beide Massen harmonisch mit einer
Frequenz (Ω1 +Ω2 )/2 schwingen, wobei sich aber die Amplitude mit der wesentlich kleineren Frequenz
|Ω1 − Ω2 |/2 ≈ ω22 /(4ω1 ) periodisch ändert. Dieses Phänomen der Überlagerung von Schwingungen
mit fast gleicher Frequenz nennt man Schwebung.
(P5) Eigenmoden eines dreiatomigen Moleküls
(a) Seien x1 , x2 und x3 die Auslenkungen der Atome im Molekül entlang der Molekülsachse von der
Gleichgewichtslage. Dann lauten die Bewegungsgleichungen für longitudinale Schwingungen entlang
der Molekülachse
m ẍ1 = −k(x1 − x2 ),
(15)
M ẍ2 = −k(x2 − x1 ) − k(x2 − x3 ) = k(x1 − 2x2 + x3 ),
(16)
m ẍ3 = −k(x3 − x2 ).
(17)
Fassen wir die drei Koordinaten zu einem Spaltenvektor ~u = (x1 , x2 , x3 ) t zusammen, können wir dieses
Gleichungssystem in der Form
~u¨ = M̂ ~u
(18)
mit der Matrix

−k/m
k/m

M̂ =  k/M −2k/M
0
k/m

0

k/M 
−k/m
(19)
schreiben. Die Normalmoden sind nun solche Schwingungsformen des Systems, für die
~u (t ) = ~uω exp(iωt )
(20)
gilt. Gehen wir mit diesem Ansatz in (18) ein, ergibt sich
−ω 2 ~uω = M̂ ~uω ,
(21)
und wir suchen nichttriviale Lösungen ~uω 6= 0 dieses homogenen linearen Gleichungssystems. Das
bedeutet, daß −ω 2 die Eigenwerte der Matrix M̂ und die ~uω die jeweils dazugehörigen Eigenvektoren
sein müssen.
(b) Das liefert die Bedingung
det(M̂ + ω 2 1) = 0.
(22)
Für unsere Matrix (19) ergibt die Berechnung der Determinante die Gleichung
‚
Œ
k
2m + M
2
2
ω −
ω −
k ω 2 = 0.
m
mM
(23)
Das liefert die Eigenwerte
È
ω1 =
k
m
È
,
ω2 =
2m + M
mM
k,
ω3 = 0.
Die dazugehörigen (auf 1 normierten) Eigenvektoren sind
 


1
1 1
1


~u1 = p  0  , ~u2 = Æ
−2m/M  ,
2
2
2 −1
2 + 4m /M
1
 
1 1
~u3 = p 1 .
3 1
(24)
(25)
Man beachte, daß die ~u j ( j ∈ {1, 2, 3}) linear unabhängig sind.
Für jede der Normalmoden folgt nun gemäß (20) und (21) mit dem Ansatz
~u (t ) = A j (t )~u j ⇒ ~u¨ = Ä j ~u j = −ω 2j A j ~u j ⇒ Ä j = −ω 2j A j .
(26)
Für ω j 6= 0 ( j ∈ {1, 2}) ist die allgemeine Lösung dieser DGLs jeweils
und für ω3 = 0
A j (t ) = a j exp(iω j t ) + b j exp(−iω j t )
(27)
A3 (t ) = a3 t + b3 .
(28)
Die allgemeine Lösung des Systems von Bewegungsgleichungen ist damit also
~u (t ) =
3
X
j =1
A j (t )~u j .
(29)
Insgesamt enthält diese Gleichung die sechs Integrationskonstanten a1 , a2 , a3 und b1 , b2 , b3 , die sich
aus den sechs Anfangsbedingungen für Ort und Geschwindigkeit ~u (0) und ~u˙ (0) bestimmen lassen.
Die einzelnen Schwingungsmoden lassen sich entsprechend der Eigenvektoren wie folgt interpretieren:
Die Lösung ω3 = 0 entspricht gemäß (28) der kollektiven Bewegung des gesamten Moleküls mit einer
konstanten Geschwindigkeit, ohne daß das Molekül intrinsisch schwingt. Ist zusätzlich zu dieser freien
Bewegung des Schwerpunktes die Eigenmode zur Eigenfrequenz ω1 angeregt, schwingen die beiden
Atome mit der Masse m gegeneinander mit derselben Amplitude relativ zur mittleren Masse M , die
im Ruhsystem des Gesamtmoleküls, d.h. im Schwerpunktsystem, ruht. Ist hingegen die Mode mit der
Eigenfrequenz ω2 angeregt, schwingen die beiden Atome der Masse m mit gleicher Amplitude relativ
zum Atom mit der Masse M in dieselbe Richtung gegeneinander, und das Atom mit der masse M
schwingt entgegengesetzt mit einer Amplitude im Verhältnis 2m/M zur Amplitude der beiden Atome
mit der Masse m.