SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde "Klassische Musik auf dem Weg in andere Kulturen" Klassik geht fremd (4) Von Peter Krause Sendung: Redaktion: Donnerstag, 14. April 2016 Ulla Zierau 9.05 – 10.00 Uhr Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert.Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2 2 SWR2 Musikstunde mit Peter Krause „Klassik geht fremd“ – Klassik auf dem Weg in andere Kulturen (4) "Klassik und elektronische Musik" Herzlich Willkommen – heute mit dem 4.Teil der Reihe „Klassik geht fremd“ – Klassik und elektronische Musik – am Mikrofon Peter Krause Titelmusik ca 10„„ Klassik und Elektronik? Kann das überhaupt zusammen funktionieren oder sind das zwei verschiedene Welten? Hier die klassische Musik mit Partituren, die den Instrumentalisten exakt vorgeben, was, wann und wie sie zu spielen haben, und die zudem oft nur mit sehr viel Aufwand aufgeführt werden kann. Auf der anderen Seite die Elektronische Musik, die digital ist und bei der man auf Musiker und Instrumente verzichten kann und nicht viel mehr benötigt als einen Computer, einen Sampler und 4 Wände. Doch die beiden Musikrichtungen sind sich gar nicht so fremd, wie es auf den ersten Blick scheint. Schon vor 60, 70 Jahren haben sich viele bekannte Komponisten der zeitgenössischen Musik des 20. Jahrhunderts intensiv mit Elektronik befasst und das noch sehr neue Medium für ihre Werke benutzt. Pierre Schaeffer, Pierre Henry, Pierre Boulez, Karl Heinz Stockhausen, Edgar Varese und viele andere haben mit den elektronischen Mitteln der damaligen Zeit experimentiert und versucht, Instrumente durch die neuen technischen Möglichkeiten zu ersetzen. Diese Künstler haben den Weg für geebnet, für die Musik, die heute in der 4. Sendung von „Klassik geht fremd“ im Zentrum steht. Wir beschäftigen uns in „Klassik und Elektronik“ mit Musikern, die bekannte klassische Stücke, oder auch nur Auszüge davon als Grundlage für Elektronische Musik verwenden. Einer der Protagonisten ist der in Hamburg lebende Musiker und Produzent Mathias Arfmann. Er bekam die Erlaubnis in das Archiv der renommierten Plattenfirma Deutsche Grammophon hinab zu steigen und sich bei Aufnahmen, die Herbert von Karajan dirigiert hatte, zu bedienen. Arfman gab den Kompositionen von Dvorak, Smetana, Mussorgsky, Holst und anderen eine Portion Swing, Dub oder Roots-Reggae. Auch „Sheherazade“ von Nikolai Rimski-Korsakow unterzog er dieser musikalischen Prozedur und macht das Stück dadurch tanzbar. Musik 1 Nikolaj Rimskij-Korsakow / Mathias Arfmann: Ausschnitt aus „Sheherazade“ Op 35 4:03 (Nikolai Rimsky-Korsakov-Deutsche Grammophon-LC 00173- Best Nr 00289 477 5763- Sheherazade Op 35-Matthias Arfmann) 3 Rimski-Korsakows Suite „Sheherazade Opus 35“ in der Version von Mathias Arfmann. Der Musiker war Mitbegründer der Independent-Band Kastrierte Philosophen, die sich 1997 auflöste. Arfmann selbst bekam als Kind klassischen Klavierunterricht und sang im Schulchor als Mezzosopran Werke von Orff und Händel. Doch als er die Punk-Musik für sich entdeckte, war es mit der Klassik augenblicklich vorbei. Erst 2004, als sich die Deutsche Grammophon an ihn wandte, weil sie klassische Werke von Musikern der Clubmusikszene neu arrangieren und interpretieren lassen wollte, beschäftigte er sich wieder mit klassischer Musik. Arfmann hat einen eher ironischen Blick auf die Werke große Meister, die – wie er sagt – das Hauptthema ihrer Komposition durch einen permanenten Dschungel an Variationen und Interpretationen schicken, bis es am Ende wieder auftauchen darf. Seine Frage lautete also: Wo befindet sich in den Originalstücken ein einzelner Song, ein Motiv, das er herauspicken und am Computer bearbeiten kann. Mit seiner Interpretation von neun klassischen Musikwerken startete die Plattenfirma ihre „Recomposed“-Reihe. Schon ein paar Jahre vorher, in 1997, veröffentlichte die japanische JazzMusikerin Keiko Matsui gemeinsam mit ihrem Gatten Kazu Matsui ein Album, das sie „Tribal Mozart“ nannten. Darauf hat das Paar die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart auseinander genommen und neu zusammengesetzt. Pianistin Keiko Matsui suchte sich 10 Stücke von Mozart aus, denen sie gemeinsam mit Kazu Matsui an der Bambuslangflöte Shakuhachi und dem Programmierer, Perkussionisten und Keyboarder Derek Nakamoto eine jazzige Note gab. Durch den weichen Klang der traditionellen japanischen Flöte, die vor allem bei Zenbuddhistischen Zeremonien verwendet wird, bekam die Musik aus dem fernen Westen einen östlichen Touch. Musik 2 Kazu Matsui / Mozart: -Tribal Mozart (Klavierkonzert d-moll, KV 466) 3:54 Keiko Matsui, Klavier, Kazu Matsui, Flöte (Mozart/Kazu Matsui-Planet Joy-Best Nr PJ 0007-Kazu Mazui-Tribal Mozart) „Tribal Mozart“ von Keiku und Katsu Matsui. Als Grundlage diente ihnen der 3. Satz des d-Moll Klavierkonzerts, KV 466 von Wolfgang Amadeus Mozart. Keiku Matsui ist seit fast 4 Jahrzehnten musikalisch aktiv, sie lebt mit ihrem Mann in Los Angeles und hat bereits mehrere Dutzend Tonträger veröffentlicht. Wer die japanische Pianistin und Komponistin sucht, wird am ehesten unter den Sparten Jazz und New Age fündig, da sie auch einen ausgeprägten Hang zu weichen, sphärischen Klängen hat. Aber im Zentrum steht die Verknüpfung von traditioneller asiatischer mit westlicher Musik. Von einem Österreicher des 18. Jahrhunderts begeben wir uns zu einem Landsmann, der erst 20 Jahre nach Mozarts Tod geboren wurde, zu Franz Liszt. Seine Musik haben der italienische Produzent, Radio-DJ und Soundbastler Roberto Baldi und seine Frau, die Sängerin 4 Zenima Granieri remixt. Baldi, der aus Mailand stammt, ist vor knapp 3 Jahren nach New York gezogen, weil ihm die Produktions- und Arbeitsbedingungen in Italien zu eingeschränkt waren. Seine Karriere startete er im berüchtigten La Bionda-Studio, in dem der italienische Disco-Sound mit erfunden wurde. Heute verdient der 51-Jährige sein Geld hauptsächlich mit Musik für Werbeclips weltbekannter Autofirmen, Möbelhersteller und Privatfernsehsender. Für das Stück „Sunday Eclipse“ hat Baldi unter dem Projektnamen Resort die „Klaviersonate in h-Moll“ von Franz Liszt gesampelt und daraus eine swingende Club-Jazzmelodie kreiert. Musik 3 Roberto Baldi / Franz Liszt: Resort-Sunday Eclipse (nach der Klaviersonate in h-Moll) Roberto Baldi, Zenima Granieri 3:37 (Roberto Baldi, Zenima Granieri/Liszt-Edel Rec-LC 01666-Best Nr 0132672EREPResort/Roberto Baldi-Sunday Eclipse) MOD 4 Resort, bestehend aus Roberto Baldi und seiner Frau Zenima Granieri mit einer Adaption von Franz Liszt „Klaviersonate in h-Moll“. Granieri ist klassisch ausgebildete Sängerin, sie hat schon mit Kate Bush und Andrea Boccelli zusammen gearbeitet. Wir bleiben in Italien und gehen nach Neapel, der heimlichen Hauptstadt der italienischen Musik. Aus der süditalienischen Hafenmetropole kommen die bekanntesten Canzoni und viele der wichtigsten Interpreten und Interpretinnen traditioneller und populärer Musik. Vito Ranucci, Komponist, Instrumentalist und Werbefachmann, war schon als Kind fasziniert von Musik. Mit 8 Jahren wollte er unbedingt Saxofon spielen, der Progressive Rock und Jazz der beginnenden Achtziger, Bereiche in denen oft Blasinstrumente zu hören waren, hatten es ihm angetan. Als er aber in der Plattensammlung seines Vaters Musik von Paul Hindemith und Maurice Ravel entdeckte, öffnete sich ihm ein bislang unbekanntes Universum. Bis heute ist er beiden musikalischen Welten treu geblieben, empfindet sie nicht als getrennte Gebiete, zwischen denen es klare Grenzlinien gibt. Nur Eines wirft er der Klassik und ihren Bewahrern vor: Dass man sie immer in ihrem Urzustand konservieren soll und sie sich nicht in den Händen der Musiker, die sie interpretieren, entwickeln darf. Vito Ranucci hat sich jedenfalls nicht davon abhalten lassen, 13 bekannte Melodien von Mozart, Vivaldi, Chopin, Puccini, Satie, Ravel, Bach und Beethoven elektronisch zu bearbeiten, zu verändern, ihnen eine andere Struktur, andere Tempi und vor allem einen mitreißenden Rhythmus zu geben. „Killing the Classics“ nannte er das Album, das er vor 2 Jahren veröffentlicht hat und wenn er davon spricht, dass er 5 die Klassik umgebracht hat, meint er das ganz und gar nicht despektierlich, sondern liebevoll ironisch. Musik 4 Vito Ranucci / Ludwig van Beethoven: Lobet den Herrn, 3. Satz, 9. Sinfonie 4:06 Vito Ranucci (Ranucci/Beethoven-Citimusic-Best Nr CNDL26896-Vito Ranucci-Lobet den Herrn) MOD 5 SWR 2 Musikstunde „Klassik geht fremd“, heute Klassik und Elektronische Musik. Der 3. Satz aus Beethovens 9. Sinfonie in d-Moll, Opus 125 in der Version von Vito Ranucci. Viel Raum benötigt der neapolitanische Musiker und Komponist nicht, seine Klassik-Bearbeitungen für die CD „Killing the Classics“ konnte er zuhause machen, unterstützt von seiner Lebensgefährtin, der Sängerin Federica Mazzochi. „Wenn man die Musik von Mozart für einen Waschmittel-Werbeclip verwenden darf, dann kann ich auch damit machen, was ich will“, sagte Ranucci in einem Interview. Für ihn ist Ersteres das wirkliche Sakrileg. Jimi Tenor ist Finne und heißt eigentlich Lassi Lehto. Der Musiker hat eine Vorliebe für überdimensionale Brillen, die ihn wie ein Insekt aussehen lassen. Ende der 80er Jahre gründet er eine Band, die Musik mit Werkzeugmaschinen, Küchen- und Haushaltsgeräten sowie selbstgebauten Instrumenten macht. Nachdem dieses Projekt erfolglos blieb, verkauft er alles, was er besitzt auf dem Flohmarkt und wandert in die USA aus. In der neuen Heimat New York verdient er sein Geld anfangs als Fotograf, nimmt aber nebenher bereits seine ersten Soloalben auf. Und beginnt aufzufallen, die Elektronikszene nimmt Tenor wahr und sogar die Deutsche Grammophon ist von seinen Pop-Funk-Jazzstücken so angetan, dass sie ihn für ihre „Recomposed“-Reihe engagiert. Jimi Tenor suchte sich aus dem Archiv des Labels Stücke von Erik Satie, Edgar Varese, Pierre Boulez, RimskiKorsakow und Steve Reich aus und beschäftigte sich damit. Danach klang „Six Pianos“ von Steve Reich so. Musik 5 SteveReich; Six Pianos 5:00 Jimi Tenor, Synthesizer, Drum Machine, Computer und Sequenzer (Steve Reich/Tenor-Deutsche Grammophon-LC 00173-Best Nr DG 476 5676-Jimi Tenor-Six Pianos) „Six pianos“, eine Komposition des Minimalisten Steve Reich, gespielt mit Synthesizer, Drum Machine, Computer und Sequenzer. Jimi Tenor sagte, dass er an dieses Werk ganz anders herangehen müsse, als an alle anderen Stücke, denn Reichs Musik unterscheide sich in ihrer Struktur nicht so sehr von Pop, sie 6 habe einen konstanten Rhythmus und man könne sie ganz einfach per Computer loopen. Das Produzieren dieser CD nahm genauso viel Zeit in Anspruch, wie das Schreiben mancher Oper - drei ganze Jahre. Urheberrechtsprobleme mit den Verlegern haben die Arbeit sehr erschwert und dadurch verlangsamt. Ähnliche Urheberrechstprobleme hatte der britische Musiker, Komponist und Produzent William Orbit, als er sich mit der Musik des französischen Komponisten Camille Saints-Saens beschäftigte. Der 60-jährige Orbit, der eigentlich William Wainwright heißt, ist ein Pionier der House und Ambient- Music - Ambient wird eine Variante der elektronischen Musik bezeichnet, bei der sphärische, sanfte, langgezogene und warme Klänge dominieren. Orbit hat bereits Musik für Sting, Madonna, Blur, Peter Gabriel und viele andere Popstars geschrieben und produziert. Zudem gilt er als ein MeisterRemixer, der es hervorragend versteht, bestehende Musik in einen ganz anderen stilistischen Kontext zu übertragen und ihr eine neue Erscheinungsform zu geben. Das hat er auch auf seinen CD„s „Pieces in a modern style“ Teil 1 und Teil 2 gemacht. Die Musik von Beethoven, Bach, Elgar, Grieg, Händel, Vivaldi und einiger anderer bekannter Komponisten kam im Originalzustand in den Computer und in einem modernen Stil wieder heraus. William Orbits Version von „Aquarium“ aus dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saints-Saens. Musik 6 Camille Saints-Saens: Aquarium aus “Karneval der Tiere” 3:30 William Orbits, Synthesizer (Camille Saints-Saens-Decca-LC 00171-Best Nr 478 2538-Orbit-Aquarium) „Aquarium“ von Camille Saint-Saens nach der Bearbeitung durch William Orbit . Der „Karneval der Tiere“ ist eine Suite für Kammerorchester, die der französische Komponist 1886 geschrieben hat. 124 Jahre später hat sich die Musik ganz schön verwandelt. William Orbit ist überzeugt davon, dass klassische Musik eine längere Halbwertzeit als Pop hat, weil sie nicht so sehr mit Erinnerungen und Assoziationen verknüpft ist wie große Teile der Popmusik. Orbit hat sich auch einen Namen als Soundtrack-Komponist gemacht und das verbindet ihn mit Claudio Gianfreda, der sich Balduin nennt. Er ist Schweizer, Multiinstrumentalist, Soundbastler, hat eine „Ein Mann-Band“ die er „Creative Cooking“ getauft hat und er schreibt Musik für Filme. Der in Bern geborene Musiker lässt sich gerne in psychedelischer Pose ablichten, beispielsweise bekleidet mit einem bunten Flower-Power-Hemd und einer Sitar in der Hand. Es sind vor allem die 60er Jahre, die es ihm musikalisch angetan haben, viele seiner Helden waren in jener Zeit aktiv, allen voran die Beatles. Auf Balduins Webseite findet man unter der Rubrik Inspirationen eine schier unendliche Liste mit Musiker- und Bandnamen, die in eine lange Aufzählung von klassischen Komponisten mündet, von Beethoven über Scarlatti 7 bis zu Strawinsky und Tschaikowsky. Dessen „Nussknacker-Suite“ hat der Musiker auf seiner Platte „Rainbow Tapes“ veröffentlicht – in einer ganz eigenen Version. Musik 7 Balduin / Peter Tschaikowsky: Sugar Fairy (Zuckerfee) aus dem Ballett “Der Nußknacker” 3:01 Balduin (Tschaikowsky/Balduin-Crippled Dick Hot Wax-LC 09759-Best Nr CDHW 072) „Sugar Fairy“ – Zuckerfee des Schweizer Musikers Balduin, der hier Teile von Tschaikowskys „Nussknacker-Suite“ recycelt hat. Dass die Klassik ein fester Bestandteil seiner Musiksammlung und auch seiner musikalischen Vorlieben ist, hat mit Balduins Mutter zu tun, die ihn schon als Kind damit angesteckt hat. Maurice Ravel hat mit seinem „Bolero“ in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts für großes Aufsehen gesorgt. „Ich habe nur ein Meisterwerk gemacht, das ist der Bolero. Leider enthält er keine Musik“ sagte der Komponist einst zu einem Kollegen. 2008 näherten sich die beiden Techno-Produzenten, der Hamburger Moritz von Oswald und der Amerikaner Carl Craig, diesem aufsehenerregenden rhythmischen Stück auf ihre Weise an und verfremdeten es zu einem fast tranceartigen Dance-Track. Von Oswald ist ein Urenkel Otto von Bismarcks, er war Mitglied bei der Neuen Deutschen Welle-Band „Palais Schaumburg“, bekam aber auch schon als junger Mann Schlagzeug-Unterricht bei einem Solopaukisten der Mailänder Scala. Da er sich fast gleichzeitig intensiv mit elektronischer Musik auseinander gesetzt hat, entschied er sich relativ schnell gegen eine klassische Laufbahn. Carl Craig, der aus der Autostadt Detroit kommt, war schon sehr früh ein gefragter Remixer und hat viele Stücke anderer Technomusiker neubearbeitet. Er wurde gemeinsam mit Moritz von Oswald von der Deutschen Grammophon beauftragt, eine weitere CD in der Serie „Recomposed“ zu machen. Die beiden bekamen Orchesteraufnahmen, die von Herbert von Karajan dirigiert worden waren, zur Verfügung gestellt und sie suchten sich den Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky sowie den „Bolero“ von Maurice Ravel aus. Von Oswald und Craig nahmen das rhythmische Fundament des „Bolero“, loopten es, was nach Aussagen des Duos relativ einfach war, da schon das Original Tanzmusik mit beinahe jazzigen Elementen ist. Dann vermischten sie das Ganze mit Fragmenten der Mussorgsky-Aufnahme und legten eigene Bass-, Synthesizer- und Percussions-Spuren darüber. Das Ergebnis ist eine fast halbstündige hypnotische Reise durch zwei der bekanntesten Stücke der klassischen Musikhistorie. „Intro“ und „Movement 1“ von Carl Craig und Moritz von Oswald. 8 Musik 8 Carl Craig und Moritz von Oswald nach Mussorgskys und Ravels „Bilder einer Ausstellung“ Intro + Movement 1 4:41 Movement 2 1:02 Carl Craig und Moritz von Oswald (Mussorgsky/Ravel/Craig/von Oswald-Deutsche Grammophon-LC 00173-Best Nr 476 691 3-Carl Craig+Moritz von Oswald) Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ und Ravels „Bolero“ verwandelten sich bei Carl Craig und Moritz von Oswald zu „Intro“ und „Movement 1 und 2“. Szenenwechsel – der Londoner Musiker Ben Angwin hat in den 80er Jahren zuerst als Keyboard-Spieler bei einer Rockband und kurze Zeit später als Techniker in einem Tonstudio angeheuert. 30 Jahre danach ist er Besitzer einer renommierten Produktionsfirma, die nicht nur Musik herausbringt, sondern sehr erfolgreich vor allem kurze Musikstücke für die Werbebranche herstellt. Als Live-Musiker stand Angwin unter anderem mit Al Green und Annie Lennox auf der Bühne und er hat Songs von Sting oder Bob Marley remixed. Irgendwann stellte er sich die Frage, wie man die Musik von Johann Sebastian Bach in die Zukunft transportiert könnte? Die Antwort gab er selbst mit „Air“ aus der Suite Nr. 3 D-Dur von Johann Sebastian Bach. Er nahm sich ein paar Passagen davon, zerlegte sie in ihre Bestandteile und baute aus den Resten eine jazzige und sehr swingende Tanznummer. Angwin hat für diese Produktion wie viele andere DJ‟s und Elektronik-Produzenten auch, nicht seinen eigenen Namen benutzt, sondern sich einen Projektnamen ausgedacht – bnm Corporation. Ben Angwin und bnm Corporation mit „Bach to the Future“. Musik 9 Ben Angwin Bach to the Future 4:04 Ben Angwin und bnm Corpo (Ben Angwin/Bach-Edel Rec- LC 01666-Best Nr 0132672EREP-bnm Corp-Bach to the Future) „Air“ aus der Suite Nr. 3 D-Dur von Johann Sebastian Bach für Orchester tarnsformiert zu „Bach to the Future“ von der bnm Corporation. Im Gegensatz zu aufwendigen Konzertaufführungen, die mit einem Orchester und vielen Instrumentalisten einstudiert werden müssen, ist Elektronische Musik mit viel weniger Aufwand und im Grunde überall machbar. Ein paar Instrumente, Effektgeräte, Synthesizer und Sampler und natürlich der Computer ersetzen den Weg in ein Studio oder den Konzertsaal. Wenn ein Stück dann fertig ist, bedeutet es allerdings nicht, dass es so bleibt. Denn irgendwo in der Welt sitzen andere 9 Elektronik-Tüftler, hören sich das Ergebnis an, remixen es und lassen daraus wieder etwas völlig Neues entstehen. Zum Abschluss des 4. Teils von „Klassik geht fremd“ in der Musikstunde von SWR 2 noch ein letztes Stück von Mathias Arfmann. Er hat „Die Planeten“ von Gustav Holst auf die Hälfte gekürzt, die Musik nach Jamaika verlegt und eine Dub Version daraus gemacht. Musik 10 Gustav Holst/Matthias Arfmann Ausschnitt aus „Die Planeten“ Matthias Arfmann 3:42 (Gustav Holst/Matthias Arfmann-Deutsche Grammophon-LC 00173- Best Nr 00289 477 5763- Die Planeten-Matthias Arfmann)
© Copyright 2024 ExpyDoc