Weltbank-Gelder fließen in Steueroasen

Mit Einfluss
JIM YOUNG/REUTERS
Die Stimmen der Schwarzen haben im US-Wahlkampf Gewicht.
Viele unterstützen den Kandidaten
Bernard Sanders. Auch sonst steht
die Black Community mehrheitlich
hinter der Demokratischen Partei.
Von Jürgen Heiser
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Recht erkämpfen
Blockade brechen
Rücktritt fordern
Brecht singen
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Großbritannien: Tausende auf der
Straße gegen Premier Cameron.
Von Christian Bunke
Zehn Chöre, 300 Sänger, eine kommunistische Ethik. »Die Maßnahme« in der Berliner Philharmonie
Die Aufrechten von Paris
Hunderttausende bei Protesten gegen »Gesetz der Bosse« in Frankreich. »La nuit
debout« widersetzen sich Gewaltherrschaft des Kapitals. Von Hansgeorg Hermann, Paris
I
Gegen die Demontage des Arbeitsrechts: Vor allem junge Menschen demonstrierten am Samstag in Paris
bilisierung des Arbeitsmarkts«. Die
neue »Geschmeidigkeit« soll Firmen
das »Risiko« bei der Einstellung von
Arbeitskräften nehmen und es – nach
Ansicht der Protestierenden – vollends
auf die Schultern der Lohnabhängigen
verlagern.
Die Novelle würde, sollte sie in ihrer jetzigen, bereits mehrfach umgeschriebenen Fassung vom Parlament
verabschiedet werden, die in Frankreich seit mehr als 15 Jahren bestehenden Regelungen zur 35-Stunde-Woche
unterminieren. Der Protest artikulierte
sich daher am Samstag auch gegen die
von Unternehmern und Regierung geplante Verlängerung der Arbeit auf bis
zu zwölf Stunden pro Tag. »Mehr arbeiten, um weniger zu verdienen – das
kann so nicht weitergehen«, hieß es am
Samstag während der Kundgebungen
in Paris.
Die aus dem Protest gegen das »Gesetz El Khomri« hervorgegangene Aktion »La nuit debout« (Aufrecht durch
die Nacht) hat inzwischen mehr als
100 französische Städte erreicht und
die Grenzen nach Spanien und Belgien
überschritten. Sie wird von überwiegend jungen Menschen – Schülern,
Studenten, Auszubildenden, jungen
Lohnabhängigen – getragen und versteht sich als eine der Parteipolitik
ferne, in erster Linie soziokulturelle
Bewegung. Ihre Aktivisten besetzen
zentrale Plätze und veranstalten Diskussionsrunden, aus denen heraus
detaillierte Forderungen zur Veränderung einer gegenwärtig kapitalistisch
bestimmten und regierten Gesellschaft
gestellt werden. In Frankreich ist Paris der Mittelpunkt der Bewegung, die
ihre Geburt am 31. März auf der Place
de la République erlebte. Die junge
Generation protestiert mit ihren nächtlichen Aktionen gegen ihre eigene, von
Regierung und Kapital »jetzt schon
festgelegte Prekarisierung« – aber
auch gegen die »Gewaltherrschaft des
Kapitals mit Krieg und Vertreibung in
Folge«.
Weltbank-Gelder fließen in Steueroasen
Oxfam veröffentlicht Bericht zur Kreditvergabepraxis und fordert neue Finanzierungsregeln
D
erzeit herrscht viel Aufregung
um die Nutzung von Briefkastenfirmen durch Reiche, Konzernchefs und Politiker zwecks Steuervermeidung. Die Entwicklungsorganisation Oxfam hat nun den Blick auf das
Wirken halbstaatlicher Institutionen
gelenkt, die solches Verhalten fördern.
In einem von ihr in der vergangenen
Nacht veröffentlichten Bericht wird
festgestellt, dass drei Viertel der Unternehmen, die 2015 Kredite der Weltbank-Tochter International Finance
Corporation (IFC) für Investitionen
in afrikanischen Staaten südlich der
Ukrainischer Premier
­Jazenjuk tritt zurück
Kiew. Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk (Foto) ist
am Sonntag zurückgetreten. Grund
sei die »politische Krise der Regierung«, erklärte er in einer Fernsehansprache. Formell werde er seinen
Rücktritt am Dienstag im Parlament
einreichen. Jazenjuk ist seit 2014 im
Amt. Präsident Petro Poroschenko
schloss Neuwahlen aus.
Unterdessen kam es am Wochenende zwischen der ukrainischen
Armee und den Aufständischen zu
schweren Gefechten nördlich der
Großstadt Donezk im Donbass.
Die Europäische Union und die
Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
äußerten sich sehr besorgt. OSZEBeobachter verzeichneten an Frontabschnitten um Donezk Hunderte
Explosionen und Feuerstöße. Zum
zweiten Mal in einer Woche gerieten
sie am Samstag selber unter Beschuss. (dpa/Reuters/jW)
PICTURE ALLIANCE / ABACA/MUSTAFA YALCIN / ANADOLU AGENCY
n mehr als 200 Städten haben am
Samstag Menschen in Frankreich
wieder gegen das neue Arbeitsrecht der sozialdemokratischen Regierung des Staatspräsidenten François
Hollande und seines Premierministers
Manuel Valls demonstriert. Am sechsten von den Gewerkschaften ausgerufenen nationalen Tag des Protests
marschierten allein in Paris 110.000
Vertreter aller Berufsgruppen, Studenten und Schüler gegen Hollande,
der sich für die kommende Präsidentschaftswahl im Mai 2017 »als Kandidat
der Linken disqualifiziert« habe.
Am Samstag abend versuchten zudem einige hundert Menschen zum
Wohnsitz des Premiers zu gelangen,
um »einen Aperitif bei Valls« zu trinken. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Insgesamt wurden in Paris und Rennes
17 Demonstranten nach Zusammenstößen mit Einsatzkräften festgenommen.
Der Entwurf des nach Valls’ Arbeitsministerin benannten »Gesetzes
El Khomri« wird derzeit in der Nationalversammlung beraten; nach Angaben aus dem Parlament liegen fast
1.000 Änderungswünsche vor. Der
Protest gegen die Vorlage hält Regierung und Öffentlichkeit seit mehr als
einem Monat in Atem. Nach Angaben
der Gewerkschaften sind bisher mehr
als zwei Millionen Menschen dagegen
auf die Straßen gegangen. Die Kritik
richtet sich in erster Linie gegen Regierungschef Valls, dem bei der Ausarbeitung der Novelle die Unternehmer die
Hand geführt hätten. Demonstranten
tauften das »Gesetz Gattaz« – Pierre Gattaz ist seit 2013 Präsident des
französischen Unternehmerverbands
Medef. Das veränderte Arbeitsrecht
basiert in erster Linie auf einer von
der Regierung proklamierten »Flexi-
SERGEY DOLZHENKO/EPA/DPA-BILDFUNK
Viele Baustellen: In der Tarifrunde des DGB-Demo in München für ein Gesetz
öffentlichen Dienstes geht es um
gegen den Missbrauch von Leihmehr als Lohnprozente
arbeit und Werkverträgen
Sahara bezogen haben, ihre Gewinne
durch das Parken in Steueroasen dem
Gemeinwesen entziehen. Der kurz
vor der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und
Weltbank Ende kommender Woche
publizierte Report »Die IFC und Steueroasen« zeigt, dass 51 von 68 durch
die IFC kreditierte Unternehmen Verbindungen zu Steueroasen haben, »die
keinen Bezug zu ihrem Kerngeschäft
aufweisen«. Diese 51 Firmen haben
demnach im vergangenen Jahr 84 Prozent der für die Länder südlich der
Sahara vorgesehenen Gelder erhalten.
Damit hat die IFC seit 2010 allein
im Programmbereich »subsaharisches
Afrika« ihre Investitionen in Unternehmen mit Bezug zu Steueroasen mehr
als verdoppelt: von 1,2 Milliarden USDollar auf 2,87 Milliarden.
Tobias Hauschild, Referent für Steuergerechtigkeit und Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland,
kommentierte: »Es ist aberwitzig, dass
die Weltbank einerseits Geld ausgibt,
damit Unternehmen in Entwicklung investieren, und es andererseits zulässt,
dass ihre Kreditnehmer arme Länder
um die steuerlichen Früchte dieser
Investitionen prellen.« Das 1945 als
multinationale »Entwicklungsbank«
gegründete Institut müsse künftig sicherstellen, dass Kreditnehmer ihre
Gewinne ordnungsgemäß versteuern.
Im Bericht fordert Oxfam Weltbank
und IFC auf, umgehend neue Finanzierungsstandards einzuführen, die ihre
Kreditnehmer wirksam auf Steuertransparenz und eine »sozial verantwortliche
Steuerpraxis« verpflichten.
Jana Frielinghaus
Bericht online:
www.oxfam.de/ifc-tax-havens
Siehe Seiten 5, 7 und 9
Türkische Botschaft:
­Strafe für Böhmermann
Berlin. Die türkische Regierung hat
in einer Verbalnote an das Auswärtige Amt die Strafverfolgung des
Satirikers Jan Böhmermann wegen
seines Erdogan-Gedichts gefordert.
Regierungskreise bestätigten am
Sonntag einen entsprechenden
Bericht des Berliner Tagespiegels. Der türkische Botschafter in
Deutschland ließ die Forderung
dem Auswärtigen Amt in Berlin zukommen. Die Bundesregierung werde zügig über den Umgang damit
entscheiden, hieß es. Dazu sollten
Mitarbeiter des Kanzleramts, des
Auswärtigen Amts und des Justizministeriums Anfang der Woche
zusammenkommen. Böhmermann
hatte das Gedicht »Schmähkritik«
über den türkischen Präsidenten
Recep Tayyip Erdogan am 31. März
in seiner TV-Show »Neo Magazin
Royale« präsentiert – und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass so
etwas in Deutschland nicht erlaubt
sei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt
bereits wegen mehrerer Anzeigen.
(dpa/jW)
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