KUR Z GUTACHT EN Auswirkungen des geplanten Messstellenbetriebsgesetzes auf das Datenmanagement für betriebliche Anwendungen und Abrechnungszwecke des Verteilnetzbetreibers Aachen | 11.04.2016 Dr. Wolfgang Zander Dr. Andreas Nolde Ulrich Rosen KRITIK (1), ABRECHNUNGS- UND PROGNOSERELEVANTE DATEN Die im MsbG-E vorgesehene Änderung der Zuständigkeiten für die Qualitätssicherung und Verteilung abrechnungsrelevanter Daten ist unnötig, erzeugt keinen Zusatznutzen, ist ineffizient und somit kontraproduktiv für alle Akteure • Der Messstellenbetreiber und nicht mehr der Verteilnetzbetreiber ist zukünftig vollumfänglich zuständig für die Erhebung, Plausibilisierung und Ersatzwertvergabe d. h. die Bereitstellung abrechnungsrelevanter Daten bezogen auf die einzelne Messstelle, unabhängig von der Verwendung für die verschiedenen Abrechnungsaufgaben. • Durch die Trennung der Verantwortung für die Ermittlung und Verteilung der abrechnungsrelevanten Daten (Messstellenbetreiber) von der Verantwortung für die Abrechnung der Netznutzung, der EEG-/KWKG-Einspeisung sowie der Steuern/Konzessionsabgaben/Umlagen (Verteilnetzbetreiber) wird der Clearingprozess komplexer und der Verteilnetzbetreiber trägt zusätzliche finanzielle Risiken, ohne die Ursachen (Datenqualität) beeinflussen zu können. • Durch die Beschränkung, dass der Verteilnetzbetreiber die vom Übertragungsnetzbetreiber aggregierten Summenzeitreihen aus den intelligenten Messsystemen für die Verteilnetzbilanzierung verwenden muss, entstehen neue potenzielle Fehlerquellen, die im Fehlerfall die Bilanzkreisabrechnung negativ beeinflussen und Zusatzkosten für den Verteilnetzbetreiber erzeugen können. • Durch die im MsbG-E vorgesehene tägliche Übermittlung von Einzelzeitreihen u.a. aus EEG-Anlagen lässt sich die Qualität der Einspeiseprognose und deren Vermarktung durch den Übertragungsnetzbetreiber wahrscheinlich verbessern, wobei alternativ hierzu durch den Verteilnetzbetreiber bereitgestellte Summenzeitreihen dies auch sicherstellen würden. • Die im MsbG-E vorgesehene tägliche Übermittlung von Summenzeitreihen an die Bilanzkreisverantwortlichen ist zur Steigerung der geforderten Bilanzkreistreue nützlich, könnte aber auch über den Verteilnetzbetreiber realisiert werden. 3 KRITIK (2), BETRIEBSRELEVANTE DATEN Der eingeschränkte Datenzugriff des Verteilnetzbetreibers auf Einzelzeitreihen behindert den intelligenten Verteilnetzbetrieb • Unter betriebsrelevanten Daten sind sowohl Netzzustandsdaten als auch Einspeise- und Entnahmezeitreihen zu verstehen. • Der umfassende und zeitnahe Zugriff auf Einzelzeitreihen sowie untertägige Netzzustandsdaten aus intelligenten Messsystemen ist für die Sicherstellung der Systemstabilität im Verteilnetz zukünftig von wachsender Bedeutung. • Die vorgesehenen Beschränkungen des Datenzugriffs auf die Einzelzeitreihen der intelligenten Messsysteme sind kontraproduktiv für den Betrieb und die Planungsprozesse im Verteilnetz . Sie konterkarieren das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel intelligenter Verteilnetze. 4 ENTWICKLUNG DER MENGENGERÜSTE DURCH DAS MSBG-E Im Zielszenario 2032 werden immer noch 87% der insgesamt ca. 45 Millionen Messeinrichtungen einmal jährlich vor Ort abgelesen, während 13 % fernauslesbar sind Durch den Roll-out von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen wird der heutige Bestand von ca. 44,4 Mio. Zählern (Messstellen) schrittweise und komplett modernisiert • Verbraucher > 6.000 kWh/a und Erzeuger > 7 kW sollen mit intelligenten Messsystemen ausgestattet und damit fernauslesbar werden (Pflichteinbaufälle) • Die Anzahl der fernauslesbaren Messstellen steigt damit von rd. 0,4 Mio. heute auf rd. 6 Mio. im Jahr 2032 (Zielszenario) • Die zukünftig verfügbaren Zeitreihen aus intelligenten Messsystemen werden für die Abrechnung, die Verbesserung von Prognosen und für netzbetriebliche Zwecke benötigt • Es verbleiben aber rd. 39 Mio. moderne Messeinrichtungen, die weiterhin zyklisch (jährlich) vor Ort abgelesen werden müssen Quelle: Eigene Darstellung 5 ÄNDERUNG DER DATENBEREITSTELLUNG UND ZUSTÄNDIGKEITEN DURCH DAS MSBG-E Das MsbG-E verknüpft mit der sternförmigen Datenbereitstellung aus dem Smart-MeterGateway eine Anpassung der Zuständigkeiten für abrechnungsrelevante Daten Der Übertragungsnetzbetreiber soll die Aggregation von Einzelzeitreihen und deren Verteilung übernehmen, der Messstellenbetreiber soll die Datenqualität anstelle des Verteilnetzbetreibers sichern Quelle: Eigene Darstellung BKV = Bilanzkreisverantwortlicher MSB = Messstellenbetreiber iMsys = intelligentes Messsystem ÜNB = Übertragungsnetzbetreiber SMGW = Smart-Meter-Gateway emZ = elektromechanischer Zähler VNB = Verteilnetzbetreiber mME = moderne Messeinrichtung LGZ = Lastgangzähler 6 ÄNDERUNGSEMPFEHLUNG (1) Der Netzbetreiber sollte auch zukünftig für die Prüfung, ggf. Ersatzwertbildung und Bereitstellung der abrechnungsrelevanten Daten zuständig sein („Datendrehscheibe“) Bereitstellung abrechnungsrelevanter Daten ERLÄUTERUNG • Die hohen Qualitätsanforderungen an abrechnungs-relevante Daten erfordern eine eindeutige Zuständigkeit für die Datenbereitstellung bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Verantwortlichkeit (letztere trägt weiterhin der Netzbetreiber) • Abrechnungsdaten sollten erst nach Plausibilisierung der vom Messstellenbetreiber übermittelten Daten (Zeitreihen, Energiemengen) und abschließender Qualitätssicherung durch den Netzbetreiber versendet werden • Nur der Netzbetreiber verfügt über die notwendigen technischen und vertraglichen Informationen zur Qualitätssicherung und - im Falle eines nachträglich festgestellten Fehlers – zur Prüfung und Korrektur im Sinne eines eindeutigen Clearingprozesses • Die komplexen Regelungen zur Ersatzwertbildung sind in einem branchenweit etablierten Metering Code beschrieben und können nur teilweise automatisiert in einem Smart-MeterGateway umgesetzt werden * Die zur Verbesserung der Prognose von EEG-Einspeisungen und der Bilanzkreisbewirtschaftung erforderlichen Daten entsprechen weitestgehend den bilanzkreisscharfen täglichen Summenzeitreihen Quelle: Eigene Darstellung • Die tägliche Aggregation der Einzelzeitreihen zu abrechnungsrelevanten Summenzeitreihen sowie deren Über-mittlung sollte durch den Verteilnetzbetreiber erfolgen und hätte auch einen geringeren Anpassungsbedarf bei den etablierten Marktkommunikationsprozessen zur Folge • Weitere Marktakteure wie Energielieferanten, Anschlussnutzer/ Endkunden, Anlagenbetreiber etc. (in der Grafik nicht abgebildet) erhalten ebenfalls die ihnen zustehenden Daten. 7 ÄNDERUNGSEMPFEHLUNG (2) Die Sicherstellung der Überwachungs- und Steuerungsaufgaben (Systemstabilität) erfordert die zeitnahe Verfügbarkeit von Netzzustandsdaten auch für Verteilnetzbetreiber Bereitstellung betriebsrelevanter Daten ERLÄUTERUNG • Die im Zuge der Umsetzung der Energiewende wachsenden Anforderungen an Verteilnetz- und Übertragungsnetzbetreiber erfordern einen vermehrten und zeitnahen Zugriff auf betriebsrelevante Daten • Betriebsrelevante Daten sind sowohl (ggf. auch untertägige) Netzzustandsdaten als auch Einspeiseund Entnahmezeitreihen • Neben dem Übertragungsnetzbetreiber übernimmt auch der Verteilnetzbetreiber zunehmend Verantwortung für die Systemstabilität, daher benötigt er diese Daten zu Überwachungs- und Steuerungszwecken zeitnah und sowie zu Planungszwecken jeweils unbeschränkt • Der Bedarf von Einzelzeitreihen und/oder Netzzustandsdaten für den Übertragungsnetzbetreiber ist zu diskutieren und grundsätzlich durch die direkte Übermittlung aus dem Smart-Meter-Gateway realisierbar – dabei handelt es sich allerdings nicht um abrechnungsrelevante Daten • Zur weiteren Verbesserung der Prognose von EEGEinspeisungen kann ein untertägiger Zugriff sinnvoll sein Quelle: Eigene Darstellung • Für systemrelevante Erzeuger und Verbraucher sowie Netzkoppelpunkte liegen dem Übertragungsnetzbetreiber die erforderlichen Daten ohnehin vor 8 E N E R G I E . B E T Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH Aachen, Leipzig, Hamm (D) | Zofingen (CH) Alfonsstraße 44, D-52070 Aachen, Telefon +49 241 47062-0 Telefax +49 241 47062-600 www.bet-aachen.de W E I T E R D E N K E N KONTAKTPERSON Herr Ulrich Rosen Telefon E-Mail +49 241 47062-414 [email protected]
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