Mehrsprachigkeit und Deutsch an Universitäten in Finnland

Sabine Ylönen, Emmi Heimonen, Universität Jyväskylä
Mehrsprachigkeit und Deutsch an Universitäten in Finnland
In Finnland wird Mehrsprachigkeit traditionell sowohl allgemein als auch speziell
an Universitäten und Hochschulen geschätzt. Obwohl Englisch unangefochtene
Lingua franca ist, sind die Einstellungen gegenüber akademischer
Mehrsprachigkeit weiterhin positiv. Großangelegten Umfragen unter Studierenden
und Personal finnischer Universitäten zufolge ist Deutsch noch immer die
zweitwichtigste Fremdsprache, wenngleich mit großem Abstand zu Englisch. Ziel
vorliegender Studie ist zu untersuchen, welche Argumente für und gegen den
Gebrauch verschiedener Sprachen das Personal an Universitäten in Finnland hatte
und welche Auffassung von Sprache der jeweiligen Argumentation zugrunde liegt.
Als Untersuchungsmaterial dienen 2015 offene Kommentare auf eine Frage der
Umfrage zur Rolle von Sprachen unter finnischem Universitätspersonal aus dem
Jahr 2009. Diese Kommentare werden inhaltsanalytisch untersucht. Vorläufige
Ergebnisse zeigen, dass eine überwältigende Mehrheit der Informanten den
Gebrauch verschiedener Sprachen an den Universitäten für nötig oder
selbstverständlich hält. Als Argumente für die Bedeutung verschiedener Sprachen
wurden u. a. angeführt, dass sie notwendige Ressourcen in Forschungs-, Lehr- und
Verwaltungstätigkeit sind sowie das Knüpfen internationaler Kontakte und die
Arbeit in Netzwerken erleichtern. Hauptargument gegen die Verwendung
verschiedener Sprachen war vor allem eine postulierte Sprachenunabhängigkeit
von Wissenschaft. Sprache wird also einerseits als Mittel zur Beschreibung einer
unabhängig von Sprache existierenden objektiven Realität und andererseits als
von perspektivischen Wahrnehmungen der jeweiligen Sprachgemeinschaften
ausgehendes Mittel zur Schaffung oder Vereinbarung von Realität betrachtet.