Wer sich auszieht, gewinnt

„Wer sich auszieht, gewinnt“
Hanaus Mieterbund-Vorsitzender Hans-Egon Heinz warnt vor Auswüchsen bei der digitalen Wohnungssuche
HANAU � Vor Auswüchsen bei
der digitalen Wohnungssuche
warnt der Vorsitzendes des Mieterbundes Hanau, Hans-Egon
Heinz. Er befürchtet: „Wer sich
datenmäßig auszieht, gewinnt.“
Immer mehr Wohnungsanbieter
gingen dazu über, das Internet
für die Suche nach Mietern zu
nutzen.
„Es ist gut möglich, dass in
gefragten Städten bald nur
noch „Top-Bewerber“ zur
Wohnungsbesichtigung eingeladen werden“, glaubt der
Hanauer Mieterbund-Vorsitzende. Das drehe den ursprünglichen
Bewerbungsprozess für eine Mietwohnung um, wonach sich der Eigentümer bislang zunächst
einen persönlichen Eindruck
von den Bewerbern einholt und erst danach Sicherheiten
abfragt, wenn der Mietvertrag aufgesetzt werden soll.
Heute gelte in den Städten
stattdessen
zunehmend:
„Wer sich datenmäßig auszieht, gewinnt.“
Der persönliche Kontakt
zwischen Wohnungsanbieter
und -suchendem drohe dabei
auf der Strecke zu bleiben,
warnt Heinz. Begonnen habe
diese Entwicklung allerdings
nicht im Internet. „Sie begann damit, dass immer
mehr
Wohnungssuchende
eine perfekt gestaltete Bewerbungsmappe dabei haben,
wenn sie sich in die Warteschlange zur Besichtigung
einreihen. Wer dem Makler
am Ende der Besichtigung
nicht direkt eine Bonitätsauskunft in die Hand drückt,
geht mit dem Gefühl nach
Hause, sowieso keine Chance
Hanaus Mieterbundchef HansEgon Heinz. � Foto: p
zu haben. Und liegt damit
meist richtig“, weiß Heinz.
Dieser Entwicklung habe
auch die Bundesregierung
Vorschub
geleistet:
Seit
knapp einem Jahr müsse der
Eigentümer, wenn er für die
Vermietung einen Makler
einschaltet, dessen Courtage
zahlen. Vielen Vermietern sei
das zu teuer. Deshalb seien
„selbsternannte Online-Makler“ auf den Markt getreten,
die den Eigentümern die Mietersuche abnehmen wollen.
Auf deren Webseiten legt
der Suchende ein Profil an
und bewirbt sich auf Wohnungen. Die Portale treffen
eine Vorauswahl; der Vermieter entscheidet am Ende.
Die Möglichkeit, eine digitale Bewerbungsmappe anzulegen, biete nun auch das Unternehmen Immobilienscout
24 an. Ganz nebenbei binde
die Plattform Wohnungssuchende so enger an sich - und
könne mehr Daten auswerten. Der Hanauer Mieterbund-Vorsitzende sieht diese
Entwicklung zwiespältig. Es
sei verständlich, dass Vermie-
ter jegliche Informationen
einholten, die sie über potenzielle Mieter bekommen
könnten. Schließlich sei die
Sorge, sich Mietnomaden ins
Haus zu holen, verbreitet.
Deshalb sei es auch für Bewerber rational, ihre Daten
preiszugeben - vor allem,
wenn Wohnungen knapp
sind.
Allerdings befürchtet Heinz
auch: „Je früher der Vermieter finanzielle Kriterien heranzieht, desto eher schwinden die Chancen etwa von
Studierenden und Geringverdienern, den Eigentümer mit
weicheren Kriterien von sich
überzeugen zu können.“ Und
je digitaler die Vorauswahl
getroffen werde, desto mehr
seien jene ausgeschlossen,
die auf den Schutz ihrer Daten achten und ihren Ein-
kommensnachweis deshalb
nicht bei einer Onlineplattform hochladen wollen, so
Heinz.
Entscheidend sei daher, wie
Vermieter mit dem deutlichen Mehr an Information
umgingen. Vielleicht wolle
der ein oder andere Eigentümer ja doch keinen Hochglanz-Kandidaten beherbergen, sondern eine nette Familie. Denn darum gehe es immerhin auch: um eine Beziehung zwischen Menschen.
„Mit der Entscheidung, wer
bei ihnen wohnen darf, tragen die Eigentümer eine Verantwortung gegenüber ihrem
Haus - und ihrer Stadt. Auch
das ist gemeint, wenn es im
Grundgesetz heißt: „Eigentum verpflichtet,“ findet der
Mieterbundvorsitzende HansEgon Heinz. � did