Ostern C 2016 Predigt zu Ostern, Lesejahr C Wir werden auferstehen. Liebe Schwestern und Brüder! Lassen Sie uns heute einmal nicht zuerst über das Ostergeschehen reden, über die Auferstehung Christi, sondern über unsere eigene Hoffnung auf Auferstehung. Als ich vor einiger Zeit einmal über unsere Hoffnung auf die Auferstehung sprach, bekam ich zur Antwort: „Wir bewundern ja Ihren Glauben, den Sie ja auch bei Beerdigungen immer wieder deutlich machen, aber wir haben da so unsere Zweifel, dass wir auferstehen werden.“ Da war ich doch ziemlich überrascht. Zunächst einmal ist eines ganz wichtig: Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn Sie solche Zweifel haben, und es ist gut und ganz wichtig, dass Sie sie auch aussprechen! Denn nur sprechenden Menschen kann geholfen werden! Was also spricht gegen die Auferstehung der Toten: Erst einmal schlicht und ergreifend unsere Erfahrung: Wir erleben, dass Menschen um uns herum sterben – auch und vor allem Menschen, die wir lieben. Wir können es uns noch so sehr wünschen, wir können uns noch so sehr abmühen. Sie sterben – und wir können ihren Tod nicht aufhalten. Sie sind tot und damit unwiederbringlich fort aus unserem Leben. Ihr Leib zerfällt und irgendwann ist nichts mehr von ihnen da – außer vielleicht ein paar Knochen im Grab oder Asche in der Urne. Aber stimmt das wirklich so? Sind sie wirklich unwiederbringlich fort aus unserem Leben? Ich frage mal andersherum: Haben Sie aufgehört, die Menschen, die Sie geliebt haben, zu lieben, bloß weil sie tot sind? Mit Sicherheit nicht! Unsere Friedhöfe legen ein leuchtendes und blühendes Zeugnis vom Gegenteil ab! Wie aber können Sie etwas, das nicht mehr ist, lieben? Wenn Sie aber Ihre verstorbenen Angehörigen und Freunde auch weiterhin – über den Tod hinaus – lieben, dann können sie nicht einfach fort sein, dann müssen sie logischerweise leben auch über den Tod hinaus. Was spricht auch noch für unsere Auferstehung? Ich meine, dafür spricht unsere Sehnsucht nach Leben - nach einem Mehr an Leben. Unser Leben, das wir führen, ist auf der einen Seite nicht so furchtbar, dass unsere einzige Sehnsucht sein könnte, aus diesem „Jammertal“ heraus zu kommen. Aber auf der anderen Seite merken wir auch, dass wir, selbst wenn wir alles haben, immer noch Sehnsucht nach Mehr haben. Diese Sehnsucht kann durch die Dinge dieser Welt nicht gestillt werden. Was aber ist dieses Mehr, nach dem wir uns sehnen? Ich denke, es ist die Sehnsucht nach Liebe, nach der Gabe, den anderen völlig und total lieben zu können, und dem Geschenk, vom anderen völlig und total geliebt zu werden. Immer dann, wenn wir dies erfahren, fühlen wir uns „wie im siebten Himmel“. Doch jeder von uns weiß, dass uns dies hier in unserem Leben niemals völlig gelingt beziehungsweise geschenkt wird. Ja, viele Beziehungen zerbrechen und am grausamsten werden wir auseinander gerissen durch den Tod. Deshalb sehnen wir uns ja danach, mit den Menschen vereint zu sein, die wir lieben, die uns lieben. Wenn Kinder Heimweh haben, ist das ja genau dieser Wunsch: Sie haben doch nicht Heimweh nach einem Ort oder Haus, sondern nach Mama und Papa, die sie lieben. Wenn aber diese Liebe, die mehr ist als ein bloßes Gefühl, offenkundig sogar über den Tod hinausgeht – ja, stärker ist als der Tod, dann muss der geliebte Mensch leben, auch wenn er für 1 Ostern C 2016 unsere Augen und für unseren Verstand tot ist. Dann aber werden auch wir leben, wenn wir die Pforte des Todes durchschritten haben. Nun könnten wir ja sagen, hier ist nur der Wunsch der Vater des Gedankens. Oder wie es Karl Marx einmal ausgedrückt hat: Religion ist das Opium des Volkes. Denn wie wollen wir beweisen, dass das, was ich gerade gesagt habe, richtig ist. Schließlich – so sagt man – ist von dort noch keiner zurückgekommen. Wirklich keiner? Einer ist zurückgekommen. Einer, der die Angst und den Tod auf grausamste Weise durchlitten hat. Einer, der wirklich tot und begraben war. Dieser eine ist Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch. Er hat uns gezeigt in dem Geschehen des letzten Abendmahles, das er eingelöst hat in seinem Tod am Kreuz, dass er zu seinem Wort steht, das er uns in seinem Namen gegeben hat: JAHWE – Ich bin immer für Dich da! Er hat gezeigt, wozu wahre Liebe uns befähigt – bis in die letzte Konsequenz. Damit hat er den Tod besiegt. Der Tod war sich seiner Sache so sicher: Er hat geglaubt, wenn er den Gott des Lebens in seinen Klauen hat, dass er dann endgültig gesiegt hat. Er hat dabei übersehen, dass er zwar dem Gott des Lebens das Leben rauben konnte, aber dieser Gott auch der Gott der Liebe ist, die stärker als der Tod ist. Somit wurde der Tod im Augenblick seines größten Triumpfes endgültig besiegt. Seitdem muss er das in seinen Augen jämmerliche Dasein führen, die Pforte für das ewige Leben zu sein. Liebe Schwestern und Brüder, die Zweifel an unserer Auferstehung, die Angst vor dem Tod werden immer wieder kommen, gerade wenn Menschen sterben, die wir sehr geliebt haben, oder wenn wir selbst dem Tode nahe kommen. Sie sind menschlich und verständlich. Doch gerade dann, wenn wir selbst nicht mehr können, wenn unser Glaube zu verzweifeln droht, ist es unglaublich wichtig, dass da andere Menschen sind, die uns begleiten, uns die Hand halten, bei uns sind, für uns da sind – und uns so zeigen, dass wir nicht von Gott und der Welt verlassen sind. Wir können den Tod nicht aufhalten, aber wir können durch unsere Liebe in solchen Situationen Gott ganz viele Hände, Füße und Herzen geben, mit denen er dem Menschen in Trauer, Angst und Verzweiflung zeigen kann, dass dieses Mehr, die Fülle des Lebens und der Liebe, kein bloßer Traum sondern Wirklichkeit ist. Mir hilft in solchen Situationen, wenn mich die Verzweiflung übermannen will, ein kleines amerikanisches Lied: We shall overcome, we shall overcome, we shall overcome some day – Oh deep in my heard, I do believe, we shall overcome some day. We shall live in peace, we shall live in peace, we shall live in peace some day – Oh deep in my heard, I do believe, we shall overcome some day. We’ll walk hand in hand, we’ll walk hand in hand, we’ll walk hand in hand some day – Oh deep in my heard, I do believe, we shall overcome some day. We are not afraid, we are not afraid, we are not afraid today – Oh deep in my heard, I do believe, we shall overcome some day. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen lebensfrohe Ostern! Johannes Gospos 2
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