LESERFORUM Freie Presse Mittwoch, 6. April 2016 LESEROBMANN Lieber in aller Ruhe REINHARD OLDEWEME TELEFON: 0371 656-65666 (10-12 Uhr) TELEFAX: 0371 656-17041 E-MAIL: [email protected] G eht Ihnen das auch manchmal so, liebe Leser? Da hören oder lesen Sie einen Satz, und ehe Sie recht wissen, wie Ihnen geschieht, hat er sich festgesetzt in Ihrem Kopf; verankert in den Gehirnwindungen schlummert er da, mehr nur eine Art von Ahnung als ein komplexes Erkennen, und wartet darauf, dass etwas passiert. Und dann auf einmal geschieht es: Die wahre Bedeutung dieser Worte für das eigene Selbstverständnis erschließt sich in einem Ausmaß, wie es unverhoffter dem Menschen kaum bewusst werden kann. Mir ist das gerade wieder einmal passiert, und weil dieser Satz in dem nur wenige Minuten andauernden Gespräch mit einem Anrufer fiel, möchte ich Ihnen davon erzählen. Unter den mehr als 20 Lesern, die mit mir nach der Kolumne „Das Netz ist einfach“ über das Leben ohne Internet reden wollten, war ein 69-jähriger Mann, der nicht – wie die meisten anderen Senioren – doch noch mit einer Nutzung von Online-Angeboten liebäugelt. „Ich bleibe dabei, ich brauche und möchte das Internet nicht“, hat er mir gesagt und außerdem erzählt, was er unter anderem mit seiner Zeit anfängt. Ich darf davon berichten: Der allein lebende Mann liest täglich zwei Zeitungen: „Freie Presse“ und „Neues Deutschland“, und weil er so gut wie keinen Artikel auslässt, ist der Vormittag damit weitgehend ausgefüllt. Dabei hört er Radio, fast ausschließlich den Sender „MDR Figaro“. „Neben interessanten Wortbeiträgen bekomme ich auch die Musik geboten, die mir gefällt, damit ich zwischendurch auch mal entspannen kann“, erklärte er mir. Nach der Presseschau am Vormittag nimmt er sich die Zeitung vom Vortag zur Hand, greift zur Schere und beginnt mit dem Ausschneiden. Zum einen sammelt und archiviert er: „Geschichte und wissenschaftliche Themen interessieren mich besonders, dafür habe ich mir mein eigenes kleines Archiv aufgebaut“, fügte er hinzu. Zum anderen will er mehr wissen: Was er nicht restlos versteht, weil ihm vielleicht Hintergrundwissen fehlt, oder worüber er mehr erfahren möchte, weil ein einzelner Artikel beispielsweise ein naturwissenschaftliches Thema höchstens anreißen kann, legt er zur Seite. „Ein oder zwei Mal in der Woche nehme ich die Ausschnitte, fahre mit dem Bus in die Stadt und gehe in die Bibliothek, weil ich etwas nachschlagen möchte“, sagte er und ergänzte: „Den Kaffee und das Stück Torte im Café gönne ich mir außerdem.“ Natürlich habe ich ihn gefragt: „Mit Internet müssten Sie die Wohnung gar nicht verlassen und könnten viel zielgerichteter nach weiteren Quellen suchen, warum wollen sie darauf verzichten?“ Einen Moment lang hat er gezögert, dann sagte er: „Ich kenne mich, das würde zu einer Eigendynamik führen, der ich kaum widerstehen könnte.“ Dann hörte ich diesen einen Satz, der mir kaum noch aus dem Sinn geht, wenn ich im Netz unterwegs bin: „Mein Leben gefällt mir so, wie es ist, ich möchte es nicht zusätzlich beschleunigen, nur weil ich die Möglichkeit dazu habe.“ HINWEIS Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe sinnwahrend zu bearbeiten. Leserbriefe geben stets die Meinung ihres Verfassers und nicht die der Redaktion wieder. E-Mails müssen die vollständige Adresse enthalten. Anonyme Zuschriften werden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Briefkasten Freie Presse, Ressort Chef vom Dienst Postfach 261 09002 Chemnitz. Fax: 0371/656-17041 E-Mail: [email protected] Seite B1 die Opfer Um mehr Sicherheit geht es nicht Nur sind nicht glücklich „Wir brauchen keinen Kalten Krieg“ lautete die Überschrift des Leitartikels zu dem Bericht „US-Panzer sollen Osten sichern“. Diese Leser haben uns dazu ihre Meinung mitgeteilt. Schlimmeres verhindern Den veröffentlichten Zahlen nach haben die Nato-Staaten schon jetzt einen Bestand von 4055 Panzern, wohlgemerkt ohne die Ukraine mit ihren 788 Panzern. 1105 mehr als Russland – was sollen da weitere 250 US-Panzer bewirken? Will man die Rüstungsspirale wie in den Zeiten des Kalten Krieges wieder in Gang setzen oder wozu soll das Säbelrasseln der USA gut sein? Mehr Sicherheit bringt das nicht, im Gegenteil; Russland hat ja schon Gegenmaßnahmen angekündigt. Es ist an der Zeit, dass alle verantwortungsbewussten Bürger der EU sich dagegen verwahren und aktiv werden. Man kann nur hoffen, dass die Außenund Verteidigungsminister der EU geschlossen auftreten und die Pläne der USA zu Fall bringen, um Schlimmeres zu verhindern. Karl-Heinz Hamel, Chemnitz Nicht mehr bevormunden lassen Man muss kein Militärstratege sein, um bei einem Blick auf die Karte Europas mit Einbeziehung der Türkei zu erkennen, wer hier von wem eingekreist bzw. umzingelt ist und sich bedroht fühlen kann. Allein die Zahlen der Truppenstärken, Panzerarmeen und Kampfverbände der Luftwaffen der sich gegenüberstehenden Kontrahenten ergeben ein eindeutiges Bild. In West-, Nord- und Südeuropa stehen gegen Russland durch die Nato-Staaten Albanien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Slowenien, Spanien, Tschechien und Großbritannien noch mal 1.175.000 Soldaten. Die Menge an Kampfpanzern und Kampfflugzeugen war leider nicht zu ermitteln, sie dürfte aber erheblich sein, und damit wären allein in Europa die Gegner Russlands in einer komfortablen Übermacht, von den Kräften der USA und Kanada mal ganz abgesehen. Man kann daher dem Leitartikel nur zustimmen, Zum Bericht „So strahlt es in Plauen, Chemnitz und Zwickau“: Bei der Mobilfunkstrahlung geht es nicht nur darum, ob Kopfschmerzen, Depressionen oder Müdigkeit damit in Verbindung stehen. Die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation hat sie 2011 als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Das weiß freilich kaum jemand bzw. will es nicht wissen. Die Industrie will sich ihr gutes Geschäft nicht verderben lassen und der Staat will nicht auf seine Milliarden-Einnahmen aus den Lizenzgebühren für Sendefrequenzen verzichten. Angehende Mediziner werden nicht informiert, und der Verbraucher will sich den Spaß an seinem elektronischen Spielzeug nicht verderben lassen. So schreitet der Ausbau des gesundheitlich riskanten Mobilfunknetzes ungebremst voran und alle – mit Ausnahme der „Opfer“ – sind glücklich und zufrieden. W. Möhrig-Marothi, Kottenheide Die Pläne der USA, weitere Panzer an die Nato-Ostgrenze zu schicken, stoßen auf heftige Kritik. dass wir keinen neuen Kalten Krieg brauchen, sondern vertrauensbildende Maßnahmen zwischen der Nato und Russland. Solange aber die westlichen Europäer und die hinzugekommenen Osteuropäer auf Betreiben der USA einen Konfrontationskurs gegen Russland fahren, wird es dazu nicht kommen. Wann endlich begreift man in Berlin, Paris, London und Rom, dass dieses Verhalten nur den Amerikanern nützt, aber uns nur schadet. Ich denke, dass es auf der Welt genügend Probleme gibt, auf die man seine ganzen Anstrengungen richten sollte, man denke nur an die weltweite terroristische Bedrohung. In diesem Sinne: Europäer, werdet endlich erwachsen und schüttelt die amerikanische Bevormundung ab. Uwe Odebrecht, Plauen Putin mal wieder der Böse Die Möglichkeit eines friedlichen Nebeneinanders von EU und Russland scheint die Amerikaner mächtig zu stören. Denn warum sonst sollten sie gerade jetzt erneut provozieren und eine Panzerbrigade mit 4200 Soldaten und 250 Panzern an die Grenze zu Russland verlegen? Und wenn, was vermutlich gewollt ist, Russland in diesem Treiben nachzieht, dann ist Putin mal wie- der der Aggressor. Diese erneute Aufrüstung an der Grenze zu Russland mit der aggressiven Außenpolitik Russlands zu begründen, ist mehr als deplatziert. Über Jahre hat sich Russland aus den von amerikanischen Interessen gesteuerten indirekten und direkten Kriegen dieser Welt weitestgehend rausgehalten. Und über Jahre hat es auch das Immer-näher-Rücken der Nato an seine Grenzen recht geduldig hingenommen. Erst als man versucht hat, wohl auch auf der Krim einen NatoStützpunkt zu errichten, und der IS auf Grund der Unfähigkeit und der verfehlten Politik des Westens immer stärker wurde, hat Russland reagiert. Und dies war eine Frechheit, ein Akt der Unverfrorenheit. Denn seitdem ist Putin das personifizierte Böse, und nichts wird in der Stimmungsmache und an Aktionen gegen ihn und Russland ausgelassen. Ein „Spiel“, das böse enden kann. Dietmar Sobottka, Chemnitz Immer nur Halbwahrheiten 250 Panzer sowie weitere schwere Waffen, 1700 Militärfahrzeuge und Bodentruppen wollen die USA zusätzlich nach Osteuropa verlegen. Und erneut soll es gegen Russland gehen, denn die „bösen Russen“ bedrohen die Freiheit der westlichen FOTO: UWE ANSPACH/DPA Welt – so will man uns mit Halbwahrheiten weismachen. Die aufgeführte Statistik weist aus, dass die Nato gegenwärtig 4055 Panzer an der Westgrenze Russlands stationiert hat. Bei dem Überfall des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion waren es 3670. Verfolgt man die US-Politik der vergangenen 20 Jahre, so wird sichtbar, dass die USA alles tun, um Europa in einen neuen Kriegsschauplatz zu verwandeln. Und um Deutschland wird ein Krieg und werden Not, Terror und Elend keinen Bogen machen, wenn wir das alles so hinnehmen. Deutschland trägt diese verheerende Politik der USA mit. Es stellt Häfen, Flugplätze und Truppenübungsplätze zur Verfügung und steckt Milliarden in eine weitere Aufrüstung. Um all das zu verschleiern, gebrauchen die Politiker gern die Worte „Freiheit“ und „Menschenrechte“. Und die Menschen hier in Deutschland – sie folgen ohne nachzudenken Pegida und der AfD, um ihren Frust abzubauen, der sich fälschlicherweise gegen die Menschen richtet, die Opfer der Politik der USA geworden sind. Ohne darüber nachzudenken, woher die eigentliche Gefahr für ihr, für unser Leben droht. Dietmar Hänel, Flöha Wettbewerb wird so komplett ausgehebelt Leben mit der Uhr – nur wie? Zur Bildnachricht „Erste Elektrozüge an Verkehrsverbund übergeben“ hat uns ein Leser seine Meinung zukommen lassen. Zu den Leserbriefen unter der Überschrift „Die Zeit – im Sommer ist sie eben etwas relativer“ haben uns diese Meinungen erreicht: Bahnstrecken werden stillgelegt, weil der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) deren Verkehrsleistungen nicht finanzieren kann, und nun dieser freimütige Kauf von Zügen im Wert von 145 Millionen Euro durch den VMS. Der durch die Europäische Union gewollte Wettbewerb von Verkehrsunternehmen wird komplett ausgehebelt. Mit der neuen Monopolstellung des VMS gilt offensichtlich „VMS gleich Deutsche Reichsbahn neu“, zumindest für unsere Region. Der Wettbewerb bedeutet neues Lohndumping, weil nur das Verkehrsunternehmen den Zuschlag erhält, das die billigsten Arbeitskräfte an Lokführern und Zugbegleitpersonal liefern kann. Die Schaffung von 70 Arbeitsplätzen – und das lässt der Beitrag offen – schafft mindestens genauso viele Arbeitslose oder eine Weiterbeschäftigung bei der Mitteldeutschen Regiobahn mit einem geringeren Lohn. Andreas Flemming, Chemnitz Rückkehr zur Normalzeit Auch wenn meckern nichts nützt, meine Meinung muss raus: Ich kenne die Zeit vor der Zeitumstellung noch genau, und es war eine unbeschwerte Zeit. Ich konnte ohne Uhr leben, wusste immer, wie spät es ist. Jetzt komme ich selbst mit Uhr durcheinander. Es vergehen viele Tage nach der Zeitumstellung, bis ich mich an die jeweils neue Zeit gewöhnt habe. Sicher, weil ich sie nicht akzeptieren will. Was nützt es mir, wenn es im Sommer länger hell ist, ich deswegen nicht einschlafen kann, früh aber trotzdem zeitig rausmuss? Wenn der nächste Tag frei ist, würde ich auch gern mal am Feuer oder bei Laternenschein die lauen Abende genießen. Das ist bei Helligkeit genauso lächerlich wie die Laternenumzüge der Kinder am 1. Juni. Dann kommt die nächste Zeit- Anfang vom Ende unseres Rechtsstaates Zum Bericht „Unfreiwilliger Sex soll bestraft werden“ hat uns dieser Leserbrief erreicht: Als Jurist treibt es mir die Zornesröte ins Gesicht. Sämtliche rechtsstaatlichen Prinzipien sollen der „politischen Korrektheit“ geopfert werden? Schon lange ist unfreiwilliger Sex für den Täter strafbar. Es ist lediglich angesichts dessen, dass normalerweise nur zwei Menschen anwesend sind, schwer nachweisbar, was freiwillig ist und was nicht – siehe Kachelmann-Prozess. Wenn eine strafbare Handlung nicht beweisbar ist, gilt jemand als unschuldig. Das ist ein elementarer rechtsstaatlicher Grundsatz, in Kauf nehmend, dass auch Schuldige straflos davonkommen. Eine Aufweichung dieses Prinzips stellt den Anfang vom Ende des Rechtsstaates dar. Andreas Vogt, Großrückerswalde Ein Mann kann dies nicht nachvollziehen In dem Bericht „Seine Spuren im Sand“ ging es um eine Biografie von Howard Carpendale: In einer solchen Kritik sollte man nicht herauslesen, was der Autor vom Sänger hält, sondern es sollte nur um das Buch gehen. Die Rezension triefte nur so vor Sarkasmus und Ironie, dass es ein Grauen war, und eigentlich war auch herauszulesen, dass sie von einem Mann geschrieben wurde, der diese Faszination auf Frauen nicht verstehen kann. Manuela Langer, Dresden Bei Goethe geht es stets um einen Wert Welche Uhr gilt – die innere oder die tatsächliche? umstellung, und plötzlich ist es tiefste Nacht, wenn man von Arbeit kommt. Es folgt eine Reihe sehr niedergeschlagener Tage. Nein, dieses Hin und Her kann nicht gesund sein. Ich gehe lieber im Dunkeln schlafen und stehe im Hellen auf. Deshalb bin ich für eine Rückkehr zur Normalzeit, dauerhaft. Kerstin Decker, Zwönitz Durchgängige Sommerzeit Für mich ist unwidersprochen, dass manche Menschen für kurze Zeit Probleme nach der Umstellung der FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Uhren haben, mir persönlich bereitet das keine Schwierigkeiten. Was ich aber in der Diskussion darüber vermisse: Nicht wenige Leute verreisen oft in Länder und zurück, wobei mehrere Zeitzonen überflogen werden, und das in sehr kurzen Abständen – das scheint keine Probleme zu bereiten, aber zweimal im Jahr schon? Wenn schon was geändert werden sollte, dann plädiere ich für eine durchgängige Sommerzeit. Dann haben alle etwas von schönen Sommerabenden. Rolf Büttner, Auerbach Zur Nachricht „Goethe-Zeichnungen von Liste gestrichen“: Wir brauchen kein Gesetz zum Schutz nationalen Kulturguts, wenn „Experten“ seinen Wert nicht anerkennen und den Verkauf erlauben. Goethe ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Alles, was von ihm herrührt, ist von nationalem Wert. Hier geht es nicht um einen alten Nachttopf, sondern um Zeichnungen, die Goethe selbst angefertigt hat. Wenn diese nicht von Wert sind, weiß ich nicht, was überhaupt Wert hat. Niels Engler, Gornau
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