DISS. ETH NR. 22451 ORDNUNGEN SCHAFFEN? DATEN IN DER KUNSTGESCHICHTE – AM BEISPIEL VON SÄULENORDNUNGEN Abhandlung zur Erlangung des Titels DOKTORIN DER WISSENSCHAFTEN der ETH ZÜRICH (Dr. sc. ETH Zürich) vorgelegt von SUSANNE EVELYN VERENA SCHUMACHER Magister der Kunstwissenschaft Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe geboren am 01.08.1971 in Deutschland angenommen auf Antrag von PROF. DR. LUDGER HOVESTADT PROF. EM. DR. HUBERTUS GÜNTHER PROF. DR. MARTIN WARNKE 2015 ZUSAMMENFASSUNG ORDNUNGEN SCHAFFEN? DATEN IN DER KUNSTGESCHICHTE – AM BEISPIEL VON SÄULENORDNUNGEN Säulenordnungen sind das wichtigste formale Ausdrucksmittel der klassisch geprägten Architektur. In den 1970er-Jahren wurden erste informationstechnische Experimente zu den Säulenordnungen durchgeführt – ein Thema, das seither ein bevorzugtes Gebiet von Computer-Anwendungen in der Kunstgeschichte ist. Denn insbesondere die Darstellungen von Säulenordnungen und die Anleitungen zu ihrer Konstruktion lassen sich vergleichsweise einfach in Daten übertragen und somit diversen Methoden der Bearbeitung oder Auswertung zuführen. Dabei werden Facetten der Ordnungen verschiedenartig durch Repräsentationsformen von Daten wiedergegeben: Die geometrische Konstruktion der Ordnungen lässt sich beispielsweise in Liniendarstellungen übertragen; die massenhafte Anwendung und weite Verbreitung der Ordnungen wird in Pixelbildern zugänglich gemacht; die fachliche Terminologie und die begriffliche Kategorisierung werden via Metadaten erfasst; die den Ordnungen zu Grunde liegenden Regeln werden in logischen Sprachen beschrieben. Die vorliegende Arbeit wertet Beispiele für den Einsatz von Informationstechniken in der Kunstgeschichte aus. Sie zeigt anhand von Projekten, wie die Verwendung des Computers in der Kunstgeschichte die gebräuchlichen medialen Praktiken des Abbildens und Beschreibens um digitale Repräsentationsformen ergänzt. Dabei bestimmen die Möglichkeiten digitaler Techniken die Verarbeitung von Daten, und die Methoden computergestützter Auswertung nehmen Einfluss auf die Wege der Erkenntnis. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeiten stehen die Prozesse zur Übertragung des historischen Gegenstandes in Daten und deren Repräsentationsformen. Die dabei entstehenden digitalen Derivate sind Ergebnisse verschiedener Entscheidungen und technischer Abläufe und stehen in einem komplexen Verhältnis zur historischen Vorlage. Die Arbeit zeigt, wie sich die Verfügbarkeit des historischen Gegenstandes durch seine digitale Bearbeitung verändert und welche kunsthistorischen Arbeitsformen mit digital vorliegenden Repräsentationen bisher möglich sind. Dabei zeichnet sich in den untersuchten Bereichen eine Tendenz ab: Unter dem Vorzeichen des Vernetzens und des Bereitstellens von Quellen und Werken konvergieren digitale Repräsentationsformen auf deren Verfügbarkeit im Internet hin. Zugleich gewinnt das Thema der Regelhaftigkeit an Bedeutung – durch Fragen der formalisierten Erfassung und durch die Anwendung von Methoden der algorithmischen Analyse. Mit der Untersuchung von Säulenordnungen hat die Kunstgeschichte bereits frühzeitig ein Thema in die Diskussion um Informationstechniken gebracht, das auch für kommende Entwicklungen ein ergebnisreiches Experimentierfeld darstellen wird aufgrund seiner systematischen Notation, seiner Gesetzmässigkeit und seines Variantenreichtums. 3 ABSTRACT ESTABLISHING ORDER? DATA AND ORDERS OF COLUMNS IN ART HISTORY The system of orders of columns is the most important means of formal expression in classical architecture. In the 1970s, experiments started on the orders of columns using information technologies. Since that time, the orders have been the most popular subject of computer experiments in art history because of the comparatively easy way to transfer them into data and methods of processing and analysis. Within these processes, facets of the topic are shown by different forms of representation: The geometric construction of the orders can be directly expressed by line drawings; the extensive application and widespread use of the orders can be documented by pixel images; terminologies and categories are translated into metadata; and the rules that construct the orders can be formalized by logical languages. Using the example of orders of columns, this thesis evaluates the use of information technology in art history. At first glance, digitalization looks just like a simplification during the search of material and like an extension of the distribution of results. But a closer examination scrutinizes the existing categories of displaying and describing historical artefacts using the qualities of digital representation. Working with digital data, scientific results are driven by the conditions and the origin of the data and by the methods of processing and analysis. This thesis investigates the process of transference of the historical topic into data and their forms of representation. The forms of digital representations of the orders of columns display the historic topic or relate conceptually to it. These digital derivatives are actually the results of complex processes that accumulate human interpretation and technical sequences. The thesis demonstrates how the availability of the topic is changed by its digital formation and which art historical methods are facilitated. The tendency that emerges is that with a view to the cross-linking and the accessibility of content, digital forms of representation converge in order to facilitate their availability on the Internet. At the same time, the rule based logic gets more attention because of the tasks around formalized notation and of the application of algorithmic analysis. Within the reviewed computer projects, art history has at an early stage adopted and applied information technology to a very eligible topic. The orders of columns have been and will continue to be a rewarding task for computer supported experiments because of their relationship to rules and data and because of their immense variety. 4
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