Beate Hirt, Frankfurt hr1-Zuspruch am Mittwoch, 30. März 2016 Wieder Schokolade essen Heute gibt’s bei mir zum Frühstück wieder Schokocreme. Lecker. Ich genieße das diese Woche ganz besonders. Denn in den sieben Wochen davor habe ich Pause eingelegt von der Schokocreme. Wie auch vom Schokocroissant, vom Schokoriegel, vom Schokoeis. Das war mein Vorsatz dieses Jahr für die Fastenzeit: keinerlei Schokolade. Und ich hab das ziemlich gut durchgehalten. Bis auf diesen einen Freitagabend, an dem ich einen kleinen Anfall oder Rückfall hatte und der Schokoriegel im Küchenschrank einfach dran glauben musste. Aber ansonsten: von Aschermittwoch bis Ostersonntag: keine Schokolade. Und was dann wirklich erstaunlich ist: wie besonders lecker sie jetzt nach all der Zeit des Verzichts schmeckt. Das erste Osterei am Sonntag: ein Traum. Das zweite und das dritte übrigens auch noch. Und jetzt eben: die Schokocreme am Morgen. Die genieße ich in vollen Zügen. Ich esse eigentlich auch sonst nicht unbedingt Massen an Schokolade, aber ich hab gemerkt: Ab und zu gönne ich sie mir eben doch ganz gerne. Und morgens zum Frühstück kommt sie bei mir noch vor der Marmelade. Trotzdem oder gerade deswegen war es eine gute Erfahrung, eine Weile drauf zu verzichten. Zu merken: Süchtig nach Schokolade bin ich dann doch nicht. Ich kann mich entscheiden: will ich oder will ich nicht. Ich hab einen freien Willen, der macht es mir möglich, für oder gegen etwas zu sein. Das ist ja ein Grund fürs Fasten überhaupt: Ich kann damit den freien Willen und die Selbstkontrolle testen und festigen. Das steckt übrigens auch in dem alten Wort „Askese“. Es ist Griechisch und bedeutet: „Üben“. Ich übe, ich trainiere, um meinen Körper und meinen Geist aufmerksamer, bewusster, lebendiger zu machen. Und deshalb verzichte ich natürlich auch nicht um des Verzichtens willen oder um mich irgendwie zu bestrafen, sondern ganz im Gegenteil: Ich übe Askese, um bewusster zu leben und meine Sinne neu zu schärfen. Um zum Beispiel einen bestimmten Geschmack wieder neu wahrzunehmen. Wie den Geschmack von Schokolade. Im Christentum hat Askese eine lange Tradition. Und sie wird nicht nur in der Fastenzeit praktiziert, sondern etwa auch an Freitagen. Vielleicht probiere ich das ja mal: Ich verzichte freitags auf Schokolade – damit sie dann am Wochenende wieder besonders gut schmeckt. Zum Nachhören als Podcast: http://www.hr-online.de/website/radio/hr1/index.jsp?rubrik=19034 1
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