Beate Hirt, Frankfurt hr1-Zuspruch am Freitag, 1. April 2016 Schweigen im April Es ist kein Aprilscherz: Ich liebe das Schweigen. Auch, wenn ich wirklich gerne rede, nicht zuletzt hier im Radio. Reden ist Silber – aber Schweigen: Das ist halt Gold. Deshalb werde ich es in den kommenden Apriltagen auch wieder einmal tun: Ich werde schweigen. In einem Schweigekloster. Eine Woche lang. Nun ja, nicht völlig konsequent. Ab und zu reden wir schon ein paar Worte, beim Abspülen zum Beispiel, bei der Arbeit im Klostergarten oder auch mal bei einer Tasse Tee am Nachmittag. Aber auch nur wenige, leise Worte. Und in all den andren Stunden: Da wird geschwiegen. Sogar beim Essen. Im Hintergrund läuft klassische Musik – und alle Verständigung am Tisch geht über Gesten und Blicke. Das ist übrigens ziemlich faszinierend: Mit der Zeit entwickeln alle einen guten Blick dafür, was die anderen am Tisch gerade brauchen, und wie von Geisterhand wandert dann die Butter zu mir, wenn ich gerade ein frisches Brötchen aufgeschnitten habe. Ich muss gar nichts sagen. Schweigen und Stille: Die tun mir in diesen Klostertagen immer unglaublich gut. Gerade, weil mein Alltag sonst so voller Wörter und Geräusche ist. Ich rede wirklich gerne, nicht nur im Radio, auch den Tag über mit Freunden, Familie, Kolleginnen. Aber ich brauche auch das Schweigen. Es ist für mich eigentlich nicht das Gegenteil von Reden, eher eine Ergänzung, eine ziemlich wichtige sogar. Wenn ich schweige, dann können sich die Worte setzen, die ich gehört habe. Und neue Worte können aus dem Schweigen wachsen. Das sind oft nicht die schlechtesten. Worte, die ich nicht schnell dahinrede, sondern über die ich in Stille nachgedacht habe. Die aus dem Schweigen geboren werden. Natürlich klappt so ein Schweigen nicht nur im Kloster, sondern auch zuhause, in kleinen Portionen. Ich versuch das auch in meinem Alltag immer wieder: mir Schweigen zu gönnen. Zum Beispiel mittags um zwölf, wenn an vielen Orten die Glocken läuten. Da lasse ich Telefon, Computer und Radio still stehen und lege eine Zwei-Minuten-Pause ein. Schon die tut gut. Aber jetzt eine ganze Woche Schweigen: Darauf freu ich mich ganz besonders. Da können Ohren, Sinne und Seele wunderbar zur Ruhe kommen. Tiefenentspannen. Ich kann so eine Woche im Kloster wirklich nur empfehlen. Kein Aprilscherz! Zum Nachhören als Podcast: http://www.hr-online.de/website/radio/hr1/index.jsp?rubrik=19034
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