Herr, schaffe Schweigen in mir

Herr, schaffe Schweigen in mir
Ich bin permanent ansprechbar und fordere stetig
Rückmeldungen ein. Ich bin vernetzt und verlinkt, nutze Kabel
und Verstärker, drücke laufend Tasten und Knöpfe an und aus,
drehe Lautstärkenregler rauf und runter, ich sende, suche und
empfange. Irgendeine Piep, Klingel, weck, brumm und pfeif
Melodie und irgendein Blinken und Leuchten senden mir den
ganzen Tag Signale. Mal laut, mal ganz subtil.
Herr, schaffe Schweigen in mir! Lass mich alle Stecker ziehen und
lass mich erfahren, was das mit mir macht.
Die Weltgeschehnisse, Politik, Unruhen, Unwetter, Leid und
Angst, Diskussionen, Sorgen, Stellungnahmen, Anteilnahmen und
Verwicklungen nehmen mich gefangen, ich bin gebannt und
beunruhigt. Ich will die Augen nicht verschließen und fühle
Verwirrung, auch Ohnmacht, es ist so viel und übermächtig.
Herr, schaffe Schweigen in mir! Lass mich keine voreiligen
Schlüsse ziehen, gib mir Gelegenheit, die Geschehnisse zu
erfassen und mich klar zu positionieren.
Beziehung, Partnerschaft, Verbindungen und soziale Kontakte
fordern mich zum ständigen Dialog auf. Lautes Lachen, leises
Weinen, Mitfühlen, Mitgehen, Teilen, Zuwenden und
Menschlichkeit gestalten treiben mich an und um.
Herr, schaffe Schweigen in mir! Lass mich innehalten, ich will
hören, was du mir für Impulse sendest, welche Wege ich
einschlagen soll und wo du mich in der Welt und in meinem Alltag
einsetzen möchtest. Lass mich spüren, wann ich laut sein soll und
an welcher Stelle ich still sein kann.
Herr, schaffe Schweigen in mir.