Dialog International Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF Mittwoch, 30.03.2016 um 19:30 Uhr hbw Haus der Bayerischen Wirtschaft, Conference Area Max-Joseph-Straße 5, 80333 München Tischrede Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Es gilt das gesprochene Wort. 1 Monsieur le President, Monsieur le Consul Général, Mesdames, Messieurs, herzlich willkommen in München im Haus der Bayerischen Wirtschaft! Als Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft ist es mir eine große Freude, Sie heute Abend zu einem gemeinsamen Abendessen begrüßen zu dürfen. Es ist uns eine große Ehre, dass eine Delegation französischer Unternehmer, geleitet von der Verbandsspitze von MEDEF, uns in Bayern besucht. Ich hoffe, dass die heutigen Unternehmensbesuche Ihnen einen Eindruck der Innovationskraft der bayerischen Unternehmen verschafft haben. Über die vbw Ich freue mich, dass Sie den Start Ihrer kurzen Reise in Deutschland auf Bayern und die vbw gelegt haben. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 2 Als freiwillige Interessenvertretung der bayerischen Wirtschaft vereint die vbw 126 Verbände und 40 große Unternehmen, die für 4,5 Millionen Erwerbstätige stehen. Darüber hinaus ist die vbw Landesvertretung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), den beiden deutschen Partnerverbänden von MEDEF. Die vbw bündelt die Interessen der bayerischen Unternehmen und bringt sie auf Bundesebene ein. Aus dem Blick des Standorts Bayern, der in Deutschland den höchsten Industrieanteil, die niedrigste Arbeitslosenquote und mit die höchsten internationalen Verflechtungen hat. Deutsch-Französische Freundschaft Frankreich ist für Bayern heute der wichtigste Partner in Europa. Von der deutsch-französischen Partnerschaft und Freundschaft profitiert die Europäische Union, die gerade jetzt auf den „moteur franco-allemand“ angewiesen ist. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 3 Wirtschaftsbeziehungen Bayern-Frankreich Von dieser Freundschaft haben unsere Länder vielfältig profitiert, gerade auch wirtschaftlich. Das gilt auch und gerade für Bayern. Heute ist Frankreich der zweitwichtigste Exportmarkt für deutsche und der fünftwichtigste Exportmarkt für bayerische Waren. Bayern hat 2015 Waren im Wert von rund 12 Milliarden Euro nach Frankreich exportiert – ein Plus von 7,3 Prozent gegenüber 2014. Vor allem Kraftwagen und -teile, Maschinen sowie elektronische und optische Erzeugnisse. Dem stehen im Jahr 2015 Importe aus Frankreich für rund 6 Milliarden Euro gegenüber – vor allem Maschinen und chemische Erzeugnisse. Über 400 französische Unternehmen haben eine Niederlassung in Bayern. Etwa 3.000 bayerische Unternehmen haben Geschäftsbeziehungen nach Frankreich. Umso mehr freut uns Ihr Interesse, sich heute mit bayerischen Unternehmen auszutauschen. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 4 Bayerische Wirtschaft Doch bevor wir ins Gespräch kommen, ein paar Worte zur bayerischen Wirtschaft: Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 530 Milliarden Euro ist Bayern heute die sechstgrößte Volkswirtschaft der EU. Ein wichtiges Geheimnis des Erfolges ist der vergleichsweise hohe Stellenwert der Industrie. Sie hat einen Anteil von 35 Prozent an unserem BIP. Mehr als die Hälfte ihres Umsatzes erwirtschaftet die bayerische Industrie heutzutage im Ausland. Bayerns Exporte erreichten 2015 mit 178,9 Milliarden Euro einen neuen Rekord – plus 6,1 Prozent gegenüber 2014. Die bayerische Wirtschaft vereint einen leistungsstarken Mix aus erfolgreichen Global Playern, einem innovativen Mittelstand und leistungsstarken Kleinbetrieben. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 5 Digitalisierung in Bayern Und: Die bayerische Wirtschaft steht für Hightech und Innovationen: Zwei Drittel des industriellen Umsatzes werden in Hightech-Branchen erzielt – von über der Hälfte aller Industriebeschäftigten. Drei Prozent des bayerischen BIPs fließen in Forschung und Entwicklung. Drei von zehn deutschen Patentanmeldungen kommen aus Bayern. Stärken haben wir vor allem in spezialisierten Bereichen, vor allem bei Embedded Systems, Automatisierungs- und Prozesstechnologien. Das gibt unseren Unternehmen auch einen guten Ausgangspunkt für die größte Herausforderung, die Digitalisierung zu bewältigen. Unsere Unternehmen sind, jedes in seinem Umfeld, bei der Gestaltung dieser Herausforderung sehr aktiv. Der digitale Wandel hat jedoch auch einen deutlichen und positiven Wachstumseffekt. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 6 Er bietet reifen Volkswirtschaften die Chance auf mehr Produktivität und neue Geschäftsmodelle. Zukunftsrat Auch wir, die vbw, leisten unseren Beitrag, um Bayern fit für die digitale Zukunft zu machen. Vor knapp zwei Jahren haben wir den Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft ins Leben gerufen. 17 hochrangige Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft beschäftigen sich mit den großen Fragen, die von den neuen Technologien ausgehen. Der Zukunftsrat hat konkrete Vorschläge entwickelt, um die Wachstumspotenziale der Digitalisierung zu nutzen. Ich nenne hier nur ein paar Stichworte: Forschung und Entwicklung optimieren, Infrastruktur ausbauen, IT-Sicherheit garantieren, eGovernment-Angebote erweitern, und Bildungssystem und rechtliche Rahmenbedingungen modernisieren. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 7 Ich bin gespannt, welche Beobachtungen Sie heute gemacht haben und wie Sie in Frankreich die digitale Herausforderung meistern. In Zukunft kann ich mir mit Ihnen gut eine technologische Zusammenarbeit zu Fragen der Digitalisierung vorstellen. Gefahren für Europa Schließen möchte ich mit einem Thema, das uns stark beschäftigt: Die Sorge um Europas Zukunft. Angetrieben von Frankreich und Deutschland hat die Europäische Union seit ihrer Gründung eine einzigartige Friedensleistung vollbracht. Die europäische Einigung mit den vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes und der Währungsunion ist auch der Schlüssel für Wohlstand und Beschäftigung. Diese historischen Errungenschaften sind jedoch durch drei aktuelle Entwicklungen gefährdet. Erstens ist die Finanz- und Wirtschaftskrise noch längst nicht überwunden. Der Reformkonsens in Europa bröckelt. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 8 Es gibt Bestrebungen, den Stabilitätspakt unter dem Mantel der Flexibilität aufzukündigen. Das ist brandgefährlich – die Eurokrise kann jederzeit wieder aufflammen. An schmerzhaften Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Länder in der EU nachhaltig erhöhen, führt kein Weg vorbei. Zweitens ist der Ausgang des EU-Referendums in Großbritannien am 23. Juni völlig offen. Der „Brexit“ wäre ein schwerer Schlag für das europäische Projekt – und für unsere Wirtschaft. Drittens überschattet die Flüchtlingskrise alles. Anstatt an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten, häufen sich nationalen Alleingänge. Doch nationale Grenzkontrollen sind gefährlich – sie zerstören den gemeinsamen Binnenmarkt. Herr Präsident Gattaz, auch aus diesem Grund begrüßen wir den europäischen Appell, den Sie vor zwei Wochen gemeinsam mit den Präsidenten von BDA und BDI veröffentlicht haben. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 9 Sie sagen mit Recht, dass die EU jetzt alle Kräfte in Bewegung setzen muss, um die Flüchtlingskrise zu lösen und die wirtschaftliche Konvergenz in der EU voranzubringen. Eine Beschädigung des Schengen-Systems hätte in der Tat dramatische Folgen für Europa – wirtschaftlich und politisch. Die Reisefreiheit ist eine zentrale Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand Wir können Asylsuchenden nur Zuflucht bieten, wenn die Kontrollen an den EU-Außengrenzen wieder funktionieren. Dazu brauchen wir nicht nur schnelle Asylentscheidungen, sondern auch schnelle Umsetzungen und eine solidarische Verteilung in der EU. Es ist richtig, dass Frankreich und Deutschland in dieser schweren Krise an einem Strang ziehen. Nur wenn wir hier gemeinsam erfolgreich sind, kann das Vertrauen in die EU zurückkehren. Die EU darf an der Flüchtlingskrise nicht zerbrechen. Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede 10 Einzig die Populisten würden davon profitieren – in Deutschland genauso wie in Frankreich. Schluss Mesdames, Messieurs, wir freuen uns, dass Ihre Delegationsreise Sie nach Bayern geführt hat. Ich übergebe jetzt das Wort an Herrn Präsident Gattaz. Vive la France! Vive l’Allemagne! Vive la Bavière! Besuch des französischen Unternehmerverbandes MEDEF, Datum 30.03.2016 Bertram Brossardt, Tischrede
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