Prof. Dr. Kyrill-A. Schwarz Professur für Öffentliches Recht am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht Hausarbeit für Anfänger im Öffentlichen Recht im Sommersemester 2016 Sachverhalt Teil A Rechtsanwalt R (R) ist empört über die Durchsuchung seiner Anwaltskanzlei und die Beschlagnahme einer Handakte. Dem liegt folgendes Geschehen zu Grunde: Wegen des Verdachts des Betruges hatte die Staatsanwaltschaft Würzburg ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer G der Firma Kredithai GmbH (K) aufgenommen. Es lagen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte Verbraucher im Hinblick auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der Darlehensvermittlung getäuscht habe. Bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume des Beschuldigten konnte ein Schriftsatz des R sichergestellt werden, in dem der R die K namens und in Vollmacht seiner Mandantin der Saubermann KG (S) wegen wettbewerbswidriger Kreditvermittlungstätigkeit abmahnte. Das zuständige Amtsgericht Würzburg ordnete daraufhin durch Beschluss die Durchsuchung der Kanzleiräume des R an. Diese sollte der Auffindung von Unterlagen, Schriftstücken, Notizen, insbesondere der anwaltlichen Handakte nebst eventueller Beiakten zu dem Mandat des R in der Sache K gegen S wegen der Veranlassung von Kreditinteressierten zur Zahlung von Entgelten im Zusammenhang mit Kreditvermittlungen vor Abschluss eines Darlehens-vertrages und erfolgreicher Auskehrung einer Darlehensvaluta dienen. Nach Ansicht des Amtsgerichts sei der entsprechende Schriftverkehr, eventuelle Antwortschreiben des G sowie sonstige Unterlagen aus der anwaltlichen Handakte zum Ablauf des Abmahnverfahrens geeignet, den Nachweis zu führen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beschuldigte Kenntnis von der Rechtslage zur Zulässigkeit der von ihm mit den Verbrauchern getroffenen Vereinbarungen hatte. Die Anordnung der Durchsuchung sei auch verhältnismäßig; die aufzufindenden Beweismittel unterlägen keinem Beschlagnahmeverbot, da die Beschlagnahmefreiheit nur gelte, wenn die Mandantin des zeugnisverweigerungsberechtigten R Beschuldigte sei. In der Folge wurde der Durchsuchungsbeschluss vollzogen und die Handakte des R zu dem Vorgang „S gegen K“ von den Polizeibeamten gegen dessen Widerspruch sichergestellt. Die von R eingelegte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss sowie die Beschlagnahme der Handakte blieb erfolglos. Die Beschlagnahme der Handakte wurde unter Bezugnahme auf die Gründe des Durchsuchungsbeschlusses durch das zuständige Amtsgericht bestätigt. Eine abermalige Beschwerde gegen diesen Beschluss zum Landgericht Würzburg blieb ebenso erfolglos. Angesichts massiver Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens erhebt R form- und fristgerecht Verfassungsbeschwerde gegen den letztinstanzlichen Beschluss. Wie wird das Bundesverfassungsgericht über die Beschwerde des R entscheiden? Teil B C ist Chefredakteur und Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes des (fiktiven) Politikmagazins "POLITICO". In einer Ausgabe der Zeitschrift wurde ein Artikel des freien Journalisten F über einen geplanten Anschlag in München in der Silvesternacht 2015/2016 veröffentlicht. Dabei wurde in zum Teil sehr detaillierter Weise auf Auswertungsberichte des Bundeskriminalamtes Bezug genommen. In dem Artikel wurde offengelegt, dass diese als vertraulich „VS - nur für den Dienstgebrauch" gekennzeichnet waren. Aus den Berichten wurde in dem Artikel auch ausführlich zitiert und relevante Einzelheiten zu den Anschlagsplänen genannt, die den Nachrichtendiensten bekannt waren. Ferner wurde dargestellt, inwiefern die Informationen auf Erkenntnissen ausländischer Nachrichtendienste beruhten. Nach Veröffentlichung des Artikels erstattete das Bundeskriminalamt Strafanzeige wegen Verdachts einer Verletzung des Dienstgeheimnisses nach § 353b StGB. Vorgebracht wurde, dass es sich bei dem Bericht um einen nicht autorisierten Entwurf des Bundeskriminalamts gehandelt habe. Zu diesem Entwurf, der dem F in elektronischer Form vorgelegen habe, habe ein begrenzter Personenkreis in der Behörde Zugriff gehabt. Problematisch gestaltete sich allerdings, dass sich laut des IT-Sicherheitsbeauftragten nur mit mehr Informationen über den F vorliegenden Bericht dessen Weg aus der Behörde aufklären und der Kreis der Verdächtigen eingrenzen ließe. In der Folge erteilte das Bundesministerium des Innern die Ermächtigung zur Strafverfolgung gem. § 353b IV StGB und die zuständige Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen C und F wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses ein und stellte einen Antrag an den zuständigen Ermittlungsrichter beim Amtsgericht gemäß §§ 102, 105, 162 I 2 StPO zur Durchsuchung der Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des F sowie der Redaktionsräume des "POLITICO". Es sei zu vermuten, dass dies zur Auffindung von im Einzelnen bezeichneten Beweismitteln führen werde, deren Beschlagnahme gemäß § 94 StPO beschlossen werden möge. Durch Beschluss ordnete das zuständige Amtsgericht die beantragte Durchsuchung der Redaktionsräume des "POLITICO" sowie die Beschlagnahme eventuell gefundener Beweismittel an. Von Bedeutung seien Schriftstücke oder Dateien, die Auswertungsberichte des Bundeskriminalamts zu einem geplanten Anschlag in München in der Silvesternacht 2015/2016 enthalten sowie die Datenträger auf denen diese Dateien abgelegt sind oder die E-Mail-Verkehr oder andere elektronische Kommunikation hinsichtlich dieser Dateien enthalten. Ferner seien auch Notizen und Aufzeichnungen über die Kontakte des Beschuldigten F zu Mitarbeitern des Bundeskriminalamts bedeutsam, aus denen sich ergibt, aus welcher Quelle er die oben genannten Auswertungsberichte bzw. die entsprechenden Dateien erhalten habe, wie beispielsweise Telefonbücher, Kalender und Ähnliches. Eine Durchsuchung der Redaktionsräume, die bereits terminiert war, wurde schließlich dadurch abgewendet, dass C die mit dem Artikel in Zusammenhang stehenden Datenträger (CD-Roms sowie E-Mail-Ausdrucke) freiwillig herausgab. C erschöpfte anschließend erfolglos den Rechtsweg gegen die zugrundeliegende gerichtliche Entscheidung. Das Ermittlungsverfahren gegen C wurde von der Staatsanwaltschaft schließlich nach Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1000 Euro gemäß § 153a StPO eingestellt. Gegen F wurde in der Folge die Eröffnung des Hauptverfahrens durch das zuständige Gericht abgelehnt, weil ein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich der dem Angeschuldigten zur Last gelegten Beihilfehandlung aus tatsächlichen Gründen nicht bestehe. Ist eine Verfassungsbeschwerde des C begründet? Bearbeitervermerk: Prüfen Sie hinsichtlich des Teils A in einem Gutachten die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde des R. Prüfen Sie hinsichtlich des Teils B in einem Gutachten die Begründetheit der Verfassungsbeschwerde (auf die Zulässigkeit ist in Teil B nicht einzugehen). Insoweit ist auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen gegebenenfalls hilfsgutachterlich einzugehen. Die Korrektur dieser Ferienhausarbeit für Anfänger setzt eine Online-Anmeldung vom 01.04.16 - 15.04.16 voraus. Die Hausarbeit darf eine Seitenanzahl von 15 im Fließtext nicht überschreiten. Für die weiteren Formalia sind die verbindlichen Hinweise des Leitfadens für das Erstellen von Hausarbeiten zu beachten. Dieser ist auf der Homepage der Professur (www.jura.uniwuerzburg.de/ lehrstuehle/schwarz) abrufbar. Die Hausarbeit ist spätestens bis zum 11.04.2016 (Datum des Poststempels) im Sekretariat der Professur für Öffentliches Recht, Professor Schwarz (Zimmer 1132 am Paradeplatz 4, Eingang Ebracher Gasse), abzugeben oder postalisch einzureichen. Das Sekretariat ist am 11.04.2016 von 9-13 Uhr besetzt.
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