Wolfgang Baumgärtner

Dr. med. Wolfgang Baumgärtner
Workshop auf dem Symposium
BALINTARBEIT mit musikalischer IMPROVISATION
Wie geht das – Balintgruppe mit Musik? Neben der „klassischen“ Balintarbeit werden
die vorgestellten Situationen, Episoden, „Fälle“ zusätzlich mit musikalischer Improvisation aufgearbeitet; musikalische Vorkenntnisse sind dazu weder erforderlich noch
nützlich. Ein reichhaltiges musiktherapeutisches Instrumentarium bietet viele Möglichkeiten, Gefühltes, Schwer zu Sagendes wie „Unsagbares“ oder auch „Archaisches“ vor
dem Analysieren und Bereden „zum Klingen“ zu bringen.
Eigentlich ist diese Variation nichts Besonderes. Gemäß seinem Gründer kann man die
Balintarbeit als eine „Supervision der Beziehung“ bezeichnen. Unsere Kommunikation,
sowohl in unseren Berufen, die mit Beziehung zu tun haben, als auch in der Balintgruppe ereignet sich aber ganz wesentlich mithilfe der Musik unserer Sprache. Was
unbewusst passiert, was wir miteinander in unserer Kommunikation „machen“ (auch
was wir mit den Patienten „machen“ oder die Klienten mit uns) manifestiert sich auch in
den musikalischen Qualitäten des Sprechens und Hörens. Es ist bedeutsam und es
wirkt: wie etwas klingt, wie schnell oder langsam es gesagt wird, mit welcher Betonung,
welchem Rhythmus, welcher Dynamik. Alle Qualitäten der Musik finden sich in unserer
Sprache wieder.
Mit dem Einbeziehen musikalischer Improvisation in der Balintarbeit versuchen wir also
nichts anderes, als diese sprachlich-musikalischen Qualitäten der Übertragung und
Gegenübertragung einmal zu fokussieren und bewusst zu machen. Wir erreichen dabei
verschiedenes: wir verlangsamen das Tempo unserer diskursiven Analyse, indem wir
stärker auf unser Inneres und die Gegenüber hören. Durch das Überlegen, wie ich
etwas klanglich zum Ausdruck bringen kann und das Hinhören kommen tiefere Schichten unseres Unbewussten zum Tragen; im anschließenden Analysieren richten wir uns
auch bewusst einmal mehr auf Archaisches und auf Gefühltes in uns und den Gegenübern. Nebenbei macht es oft auch noch sehr viel Freude, mit den Instrumenten zu
spielen – man kann dabei ja nichts falsch machen, weil es nicht darum geht, „richtig“ zu
spielen, sondern darum, etwas zum klingenden Ausdruck zu bringen. Dass uns das
musikalische Spielen auch etwas in eine Regression führt, bietet Chance und Risiko
eines etwas stärkeren Anteils an Selbsterfahrung; das lässt sich mit Erfahrung gewinnbringend steuern.
Eine „musikalische Balintarbeit“ ist also nicht besser, sie verschiebt nur etwas die
Akzente. Sie kann als Ergänzung dienen und bietet sich für musikalisch/ stimmlich
ausgebildete LeiterInnen an. In 10 Jahren Balintarbeit hat sich diese Variante in
Kleingruppen und Großgruppen für mich bewährt. Herzliche Einladung, es einmal auf
dem Symposium auszuprobieren.
Literaturhinweise und Informationen beim Verfasser Dr. Wolfgang Baumgärtner