Kreuz & Quer Der Podcast aus dem Bistum Trier Stefan Weinert – 26. März 2016 altfried g. rempe Ist es eine Lust, zu leben? Ich bin Stefan Weinert von der Rundfunkarbeit im Bistum Trier. „Es ist eine Lust zu leben!“ jubelt der Ritter und Reformator Ulrich von Hutten vor ziemlich genau 500 Jahren. Hutten freute sich über das Aufblühen des Geisteslebens, der Wissenschaften – damals, zur Zeit des Humanismus. Ich gebe zu: Meine Stimmung trifft das gerade nicht. Hutten schrieb weiter: „Barbarei, nimm dir einen Strick und mach' dich auf Verbannung gefasst!“ Aber das war wohl nix. Die Barbarei lässt sich’s gut gehen, könnte man meinen. Siehe Brüssel. Siehe die Anschläge in Istanbul und Paris und Ankara, in Kenia, im Irak und wo auch immer. Auch Huttens Jubel „Die Studien erblühen, die Geister erwachen“, auch der scheint nicht so richtig zu passen in unseren Tagen, in denen auch bei uns im Gegenteil Ressentiments blühen und Vorurteile; und die tragen Hass und Gewalt als Früchte – siehe die Anschläge auf Flüchtlingsheime. „Was ist aus der Welt geworden?“ – diesen verzweifelten Stoßseufzer kann man immer wieder hören und im Web lesen. Tja. Aber stimmt die Frage eigentlich? Was ist aus der Welt geworden? Müsste es nicht genauer heißen: Was ist aus unserem Ausschnitt der Welt geworden? Wir haben in Mitteleuropa jetzt sechzig, siebzig Jahre erlebt, in denen es weitgehend friedlich zuging. Aber schon in der nächsten Nachbarschaft war das anders. Nordirland. Jugoslawien. Und wenn wir die Kreise weiter ziehen: Kaukasus. Naher Osten. Kolumbien. Ruanda. Die Diktaturen Lateinamerikas. Vietnamkrieg. Manchmal müssen wir uns halt daran erinnern, dass wir durch unsere deutsche, mitteleuropäische Brille die Welt betrachten. Das ist wohl auch normal, niemand hat dauernd die ganze Welt im Blick. Wichtig ist, dass wir uns eben immer mal wieder daran erinnern und dann die Brille absetzen und feststellen: Wir sind nicht der Nabel der Welt. Was wir jetzt an Schrecken und Terror erleben – ja, das machen Menschen in anderen Teilen der Welt auch mit. Und zum Teil schon viel länger und noch heftiger. „Kreuz & Quer“ – 26.03.2016 – Seite 2 Und – war’s so nicht auch vor 2.000 Jahren in Israel? Von den Römern besetzt, eine Gewaltherrschaft also, mit der manche aus der Obrigkeit paktieren; und wieder mal sind’s die kleinen Leute, die’s ausbaden. Und da mitten drin Jesus von Nazareth, der die Armen selig preist, und die, die verfolgt werden, und die, die Frieden stiften. Der aber auch feiert mit seinen Freunden, Hochzeit von Kana; seine Gegner drehen ihm daraus einen Strick und nennen ihn einen Fresser und Säufer. Und da, mitten drin, Karfreitag. Verrat des Judas, Verrat des Petrus. Die Menge, die die Kreuzigung fordert. Die Führungsschicht, die ihn loswerden will. Pilatus, der um seinen Ruf beim Kaiser fürchtet. Die Kreuzigung. Das Grab. Und da, mitten drin, die Auferstehung. Erst mal Verwirrung, Verstörung. Nur ganz langsam tasten sich die Jünger an dieses Neue heran: Jesus lebt. Gott hat ihn auferweckt, Der Tod hat nicht das letzte Wort. Nicht einfach zu glauben; auch für uns heute nicht. Aber eben doch die große Hoffnungsgeschichte. Verrückte Hoffnung, auch für die Opfer von Brüssel. Und Paris. Und Ankara. Und wo auch immer. Hoffnung, die Mut macht für Statements wie: Die Terroristen werden nicht gewinnen. Die Mut macht für diesen wunderbar trotzigen Humor, der in Karikaturen das Manneken Piss triumphieren lässt über den Terror. Die Hoffung, durch die dann irgendwie auch wieder der Jubel möglich wird: „Es ist eine Lust zu leben“. Nicht immer – aber eben doch auch.
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