TECHNIK | Aus der Sachverständigenpraxis Kratz-Scheuerempfindlichkeit bei Pulverlackoberflächen Die Pulverlackbeschichtung hat sich im Fassadenbereich als preisgünstige und lösemittelfreie Variante am Markt weitestgehend durchgesetzt. Qualitätskriterien, wie sie von den weitläufig anerkannten Qualitätsgemeinschaften wie der GSB International oder der Qualicoat aufgestellt werden, tragen dazu bei, die Qualität messbar zu machen. So haben sich mehrere Prüfkriterien als sinnvoll erwiesen, um die Qualität der Lackierung bewerten zu können. Darüber hinaus haben diese Anforderungen dazu beigetragen, eine Prozessstabilität von Pulverlackierungen im Fassadenbereich zu gewährleisten. Oberflächenveränderung durch Schutzfolie. 48 FASSADE 5/2015 ist hier vorprogrammiert, welcher meistens zur Auseinandersetzung zwischen Lieferant und Kunden führt. So ist die Pulverlackbranche gut beraten, dieser Gegebenheit besonderes Augenmerk zu schenken und Lösungen zur Optimierung zu erarbeiten. Aus Sachverständigensicht wird empfohlen, weitere Prüfkriterien – ähnlich wie sie zum Beispiel im Automotive-Bereich durchgeführt werden – zu vereinbaren. Weitere Prüfungen erforderlich Das sind zum Beispiel Beständigkeitsprüfungen hinsichtlich der verwendeten Reinigungs- und Folierungsmittel, die zum Teil ebenfalls zu Oberflächenveränderungen oder Abdrücken innerhalb der Pulver lackierung führen. So konnte ein Tauchoder ggf. Tüpfeltest eine Aussage darüber bringen, ob es zu visuell sichtbaren Veränderungen kommt. Anzuraten ist ebenfalls, die so belasteten Proben einer Bewitterungsprüfung auszusetzen, so dass die langfristigen Einflüsse der Medien ebenfalls berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Bewertung der Kratzempfindlichkeit existieren in der Oberflächentechnik zahlreiche Reib-, Scheuer-, Kratzprüfungen, welche bereits durch internationale Normen definiert und standardisiert sind. Das Problem im Bereich der Pulverlackierung ist jedoch, dass die Messmethoden eine Differenzierung von „i.O.“ und „n.i.O.“ Qualitäten nicht reproduzierbar zulässt. So haben bereits mehrere Ringversuche keine verlässlichen Resultate erbracht. Aktuell bemüht sich der Verband der Oberflächenveredlung von Aluminium in Nürnberg um eine Prüfmethode, die eben diese Kriterien der Verlässlichkeit und Reproduzierbarkeit erfüllt. Ein Merkblatt mit dem Titel „Mechanische Beschädigungen“ wurde zur Aufklärung und Information bereits veröffentlicht. ifo Institut für Oberflächentechnik GmbH (3) Vermehrt treten in jüngster Zeit jedoch Schadensfälle und Reklamationen auf, die eine Kratz- und Scheuerempfindlichkeit der Oberfläche betreffen. Zum einen tragen hierzu sicherlich gestiegene Qualitätsansprüche des Endkunden bei, zum anderen lautet das Feedback von Lohnveredlern und Fassadenbauern, dass eine Kratz- bzw. Scheuerempfindlichkeit der Pulverlackierungen in den letzten Jahren zugenommen hat. Dies kann auch der Tatsache geschuldet sein, dass dunkle Farben in Mode gekommen sind, bei denen die Kratzer oder Scheuerstellen deutlicher zu sehen sind als bei hellen Farben. Bei der Produktentwicklung von Beschichtungsstoffen im Fassadenbereich stehen technologische Eigenschaften, optisches Erscheinungsbild und Bewitterungsstabilität im Fokus. Auf die Kratzempfindlichkeit wird momentan nicht sonderlich geachtet. Hier treffen dann die Erwartungen des Kunden, welche zunehmend eine Autolackierung erwarten, und den tatsächlichen machbaren Qualitäten am Markt aufeinander. Unmut Metalloberfläche (RAL 7012) mit Kratz- und Scheuerspuren durch mechanische Belastung während der Bauphase. Fazit Zu hoffen ist, dass es gelingt, eine Messmethode mit verlässlichen Aussagen zu kreieren, so dass die Pulverlackhersteller bereits in der Entwicklungsphase ihrer Produkte auf dieses Kriterium konkret einwirken können. Dem Anwender derartiger Oberflächen ist zu raten, die Empfindlichkeit bereits bei der Bemusterung mit zu bewerten und bereits im Voraus zusätzliche Maßnahmen zum Oberflächenschutz während des Transports, der Verarbeitung und Montage zu treffen. Dipl.-Chem. Marc Holz ist am Institut für Oberflächentechnik GmbH in Schwäbisch Gmünd tätig und Ö.b.u.v. Sachverständiger für Korrosions- und Oberflächenschutz durch Beschichtungen (insbesondere bei Metall, Kunststoffen und Faserverbundstoffen)
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