Simmersfelder wehrten sich erfolgreich gegen Oberforstmeister von Grünenthal (1677) Es ist für uns heute völlig unbekannt, dass der Wald früher nicht nur zu forstwirtschaftlichen Zwecken, sondern auch als Viehweide diente. Und dies Tag für Tag, fast das ganze Jahr über – außer in den kalten Monaten, wenn es kein Graswuchs mehr gab bzw. Schnee lag. Hier war bis 1830 von entscheidender Bedeutung, dass Simmersfeld einst zu dem Altensteiger Kirchspiel gehörte, das eine Besonderheit hatte. Seine Bewohner besaßen die sehr „weltlichen“ Nutzungsrechte an dem sogenannten Kirchspielswald, um daraus Holz für ihren Eigenbedarf zu holen, aber auch um das Vieh zur Weide einzutreiben. Und dieser Kirchspielswald schloß nahezu alle Wälder auf den Gemarkungen mit ein und erstreckte sich auf dem ganzen Kirchspielsgebeit, das durch die Nagold und den Köll-, Schnait- und Tannbach begrenzt wurde und im Nordwesten über die Große Enz hinweg ging und sich bis zu den Höhen zwischen Murg und Großer Enz hinzog. Lediglich einige wenige, kleinere Waldstücke an den Feldrändern, die als Privatbesitz einzelnen Bauern gehörten, waren rein privater Nutzung vorbehalten. Um nun die weit entfernten Wälder auf den Höhen zwischen Enz- und Murgtal zu nutzen, bildete man große Viehherden, meistens dorfweise organisiert, die monatelang dort blieben und von angestellten Dorfhirten gehütet wurden. Dazu wurde das Jungoder Gustvieh ausgewählt, die Hirten nannte man auch Gusthirten. Carl Friedrich Graf von Sponeck bemerkte zu diesem Almwesen in seinem Buch über die Forstwirtschaft im Schwarzwald von 1817 dazu, dass im Altensteiger Kirchspiel das Gustvieh, „was beinahe allen Glauben übersteigt, mehrere Sommermonate Tag und Nacht unausgesetzt in gewisse, namentlich bestimmte, ziemlich entfernte Wälder getrieben werden. Die Hirten machten sich Hütten, und mehrere sogenannte Viehlager, wo die Heerde über Nacht sich zusammen lagert“. Im Gegensatz dazu wurden die Kühe sowie die „Arbeitsochsen“ auf den eigenen Feldern und in den dorfnahen Wäldern getrieben, wozu entweder aus der eigenen Familie oder angestellte, „verdingte“ Kinder und Jugendliche herangezogen wurden. In einem Bericht des Altensteiger Vogts von 1677 wurde dieser zweigeteilte Weidebetrieb wie folgt beschrieben: Die Simmersfelder würden „die weite wayden durch einen absonderlichen gusthürdten mit dem gustvieh, allß ochsen Item [lateinisch, = ebenso] erwachsenen Stierren und Kalbinnen besuechen: hingegen auff Ihren Lehengüethern und deren so genanten Mädern und Gebüschen die tragend unnd melckende Khüe, auch die Jungen Kälber (mit welche man auff die weite wayden nit kommen kann) verhüeten lassen“. Oberforstmeister von Grünenthal war diese Praxis ein Dorn im Auge. Er wollte 1677 diese vielen kleinen, privaten Viehherden um Simmersfeld herum durch eine einzige Dorfviehherde, betreut von einem beeidigten Dorfhirten, ersetzen, um dadurch die Waldbeschädigung durch das Weidevieh zu verringern. Ein weiterer gewichtiger Punkt für ihn war aber auch, dass das Wild, vor allem das zur Jagd hoch geschätzte Auerwild, so mehr Ruhe erhalten würde. So erließ er eine Anordnung an die Simmersfelder, das „tragende und melkende Vieh“ in einer Herde zu sammeln und es dann unter Obhut eines erwachsenen Hirtens zur Weide „auszufahren“. Das schmeckte den Simmersfeldern natürlich gar nicht. Sie legten bei der herzoglichen Regierung in Stuttgart postwendend Protest ein, worauf dann von Stuttgart der Altensteiger Vogt zur Stellungnahme aufgefordert wurde. Dieser wies mit den Worten „über manns gedencken Ir unnd allweegen ein üebung gewesen“ auf das Gewohnheitsrecht dieser Weidewirtschaft hin. Und so wurde dem Ansinnen der Simmersfelder Bürger stattgegeben und der adlige Altensteiger Oberförster musste seinen Plan zur Neuregelung der Simmersfelder Viehherden begraben. Und auf den Simmersfelder Wiesen wie auch den anschließenden Wäldern waren auch weiterhin wieder unzählig viele Gruppen von Kühen, behütet durch Kinder, anzutreffen. So wie in den Jahrhunderten zuvor und in den Zeiten danach, bis erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ganzjährige Stallhaltung eingeführt wurde und die Waldweide ihr Ende nahm. Dietmar Waidelich
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