Carina Gödecke

Parlamentarischer Abend des Gesprächskreises für
Landesorganisationen der Weiterbildung in NRW
40 Jahre Weiterbildungsgesetz
16. März 2016, 19:30 Uhr, Bürgerhalle des Landtags
Verehrte, liebe Frau Ministerin Sylvia Löhrmann,
liebe Ulrike Kilp und lieber Wolfgang Jost für den Gesprächskreis
Weiterbildung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste!
I.
„Jede und jeder hat das Recht, die zur freien Entfaltung der
Persönlichkeit und zur freien Wahl des Berufes erforderlichen
Kenntnisse und Qualifikationen zu erwerben und zu vertiefen.“
Mit dem 1. Satz des §1 des Weiterbildungsgesetzes NRW begrüße
ich Sie alle ganz herzlich im Landtag Nordrhein-Westfalen zu einem
Parlamentarischen Abend rund um die Weiterbildung in NordrheinWestfalen.
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Eigentlich sollte dieser Abend ja schon anlässlich des 40-jährigen
Bestehens des WbG im letzten Jahr stattfinden. Aber auch im 41.
Jahr ist das Thema Weiterbildung nicht minder aktuell, auf jeden Fall
ist die Beschäftigung damit lohnenswert, und feiern können wir
gemeinsam durchaus auch den 41. Geburtstag.
Deshalb sage ich voller Freude, schön, dass Sie alle gekommen sind.
In unserer Mitte begrüße ich die stellvertretende Ministerpräsidentin
und Weiterbildungsministerin unseres Landes. Herzlich willkommen
Sylvia Löhrmann.
Stellvertretend für den Gesprächskreis der Landesorganisationen der
Weiterbildung,
und
damit
Weiterbildungseinrichtungen
und
stellvertretend
für
alle
deren
gilt
mein
Träger
Willkommensgruß der Sprecherin und dem Sprecher. Herzlich
willkommen Ulrike Kilp und Wolfgang Jost.
Gerne begrüße ich und danke für Ihr Kommen: den Kolleginnen und
Kollegen des Landtags und der Landesregierung.
Für das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport wird
Herr Ministerialdirigent Klaus Bösche ein Grußwort sprechen.
Herzlichen Dank dafür.
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II.
Als der Landtag vor mehr als 40 Jahren das WbG beschlossen hat,
war eine lange, in Teilen sehr kontroverse politische Diskussion zu
einem – wie wir heute wissen - guten und erfolgreichen Ende
gekommen.
Vor über 40 Jahren wurde mit dem WbG NRW die Pflichtaufgabe
Weiterbildung für die Kommunen formuliert, eine neue Form der
Förderung vorgenommen und damit vor allem Planungssicherheit
gegeben.
Aber mit der Verabschiedung des WbG war noch mehr verbunden.
Und, weil es damals der Abgeordneten Toetemeyer der SPDFraktion so treffend formuliert hat, will ich ihn auch wörtlich zitieren.
In der dritten Lesung des Gesetzes hat er gesagt:
„Mit
der
Verabschiedung
dieses
Gesetzes
wird
die
Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen erstmalig als vierter
Hauptbereich des Bildungswesens gesetzlich anerkannt und
abgesichert.“
Damit hat er die – aus meiner Sicht - wesentliche politische Intention
dargestellt.
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III.
Heute, vierzig Jahre später, wissen wir: das WbG und die kommunale
Pflichtaufgabe Weiterbildung sind - in Vergangenheit, Gegenwart und
mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft – nicht nur immer noch
modern, ausgesprochen zeitgemäß und geradezu unverzichtbar, vor
allem wenn man an die gegenwärtigen großen gesellschaftlichen
Herausforderungen denkt.
Nein,
das
WbG,
ist
auch
die
Garantie,
auch
die
Finanzierungsgarantie, für die Einrichtungen in anderer Trägerschaft.
Heute
arbeiten
Erwachsenenbildung,
daher
der
rund
460
Einrichtungen
Familienbildung,
der
Volkshochschulen,
Bildungsstätten und Bildungswerke in kommunaler und freier
Trägerschaft, unter den Bedingungen des WbGs.
Neben der gesetzlichen ist vor allem auch die politische
Unterstützung
und
Absicherung
wichtig.
Und
die
gibt
es
parteiübergreifen in Nordrhein-Westfalen. Die Weiterbildung und das
Weiterbildungsgesetz können sich seit langem und vor allem auch
heute auf die breite Unterstützung im Landtag NRW verlassen.
Und froh und stolz freuen wir uns über alle Parteigrenzen hinweg
darüber, dass entgegen mancher Unkenrufe aus der Entstehungszeit
das WbG in Nordrhein-Westfalen auch heute noch – gut vier
Jahrzehnte nach seiner Verabschiedung –als vorbildlich für
Deutschland und vielleicht sogar darüber hinaus gilt.
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Wie vor 40 Jahren sind die tragenden Elemente des WbGs die
kommunale Pflichtaufgabe Volkshochschule, die Einbeziehung der
freien
Träger,
die
Hauptberuflichkeit,
und
die
finanzielle
Grundausstattung durch das Land.
IV.
Da wir heute das 40-jährige Bestehen des WbG feiern, muss man
auch darauf hinweisen, dass es in letzten 40 Jahren natürlich immer
wieder einmal Diskussionen gegeben hat, die dem zu diesem
Zeitpunkt gesellschaftlichen und politischen Mainstream gefolgt sind.
Aber, wenn man auf die letzten 40 Jahre zurückblickt, darf man
feststellen: all diese Diskussionen und Entwicklungen haben letztlich
nicht zu grundlegenden Veränderungen geführt.
Manche haben sich auch in den letzten Jahren schlichtweg auch
selbst erledigt oder überholt. So redet heute zum Beispiel niemand
mehr über eine Trennung zwischen beruflicher und allgemeiner
Bildung. Was aber ein großes Thema der jüngeren Vergangenheit
war und damals Anlass zu vielen Befürchtungen bot.
Heute ist - gerade durch die Betonung der Grundbildung – eher das
Gegenteil der Fall, und die allgemeine Bildung wird als Prinzip der
Weiterbildung nicht nur immer wichtiger, sondern ist geradezu als
unverzichtbar anerkannt.
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Neuer in unserem Weiterbildungsbewusstsein, weil vor 40 Jahren
einfach noch niemand daran denken konnte, sind die WeiterbildungsNetzwerke, die zunehmend an grundsätzlicher Bedeutung gewinnen
und berechtigte organisatorische Fragen nach sich ziehen.
Eine weitere Entwicklung, die wir engagiert und intensiv angehen
müssen,
verbindet
sich
mit
dem
Begriff
der
regionalen
Bildungslandschaften. Ich wünsche mir sehr, und ich stehe damit
nicht alleine, dass wir die vierte Säule des Bildungswesens fest und
integral in die Regionalen Bildungslandschaften einbringen. Auch
wenn es erste praktische und praktizierte Fortschritte gibt, bleibt
gerade hier noch viel zu tun.
Selbstverständlich
werden,
allein
schon
aufgrund
der
Hauptberuflichkeit und der breiten inhaltlichen Aufstellung, die
Kommunalen Volkshochschulen dabei eine wesentliche Motorenrolle
übernehmen. Und vielleicht auch übernehmen müssen.
Ganz aktuell will ich an den unverzichtbaren Beitrag der
Weiterbildung und ihrer verschiedenen Organisationen im Rahmen
von Sprach- und Integrationskursen erinnern. Hier leisten unsere
Weiterbildungseinrichtungen, mit den Volkshochschulen an der
Spitze, Außergewöhnliches. Weiterbildungsanbieter sind damit in
den Focus selbst der Politiker gekommen, die sonst kaum etwas,
oder sogar nichts mit Weiterbildung am Hut haben.
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Und es zeigt sich, wie richtig es war, die Qualitätszertifizierung
einzuführen. Denn damit haben die nach dem WbG anerkannten
Einrichtungen und Träger ein Gütesiegel, das die Frage nach
Seriosität und Qualität beantwortet.
V.
Volkshochschulen und ihre Weiterbildungsnetzwerke gewinnen aller
Voraussicht
nach
Weiterbildungsauftrag
zukünftig
hinaus,
über
gerade
in
den
den
originären
eher
ländlich
strukturierten Teilen unseres Landes, weitere und neue Bedeutung.
Volkshochschulen bzw. die Weiterbildungsnetzwerke erreichen mit
ihren Angeboten häufig Menschen, die von anderen Einrichtungen,
Organisationen und Institutionen bereits schon heute nicht erreicht
werden. Oder aber Volkshochschulen können Angebote machen, die
von Menschen tatsächlich nachgefragt und angenommen werden,
die von anderen Einrichtungen schon gar nicht mehr gemacht
werden.
Gerade in Zeiten des demografischen Wandels einerseits und der
Integration der vielen Menschen, die in jüngster Zeit zu uns kommen,
andererseits ist das ein wichtiger Aspekt. Ich denke dabei durchaus
auch
an
Angebote
wie
Konzerte,
Filmaufführungen,
Diskussionsveranstaltungen, Informationsveranstaltungen zu Fragen
der täglichen Lebensgestaltung.
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Angebote, die genau genommen eine lokale Angebotsstruktur und
Anbietervielfalt voraussetzen, die häufig in den kleineren Städten und
Gemeinden nicht mehr vorhanden ist.
Wer weiß? Vielleicht reden wir beim 50. Geburtstag des WbGs längst
davon, dass die VHS und ihr Weiterbildungsnetzwerk die einzige
kulturelle Einrichtung ist, die im ländlichen Raum noch verankert ist.
VI.
Wenn ich schon beim Blick in die Zukunft bin, dann will ich aber auch
die aktuelle Gegenwart nicht vergessen. Zu großem Dank sind wir
allen verpflichtet, die sich im Rahmen der Alphabetisierung einerseits
und bei den Sprachvermittlungskursen andererseits in besonderem
Maße engagieren.
Der
Erwerb
und
Sprachkompetenz
die
Vermittlung
stellen
eine
von
riesige
Sprache
und
der
gesellschaftliche
Herausforderung dar.
Werden im Rahmen der Grundbildung bildungsferne Schichten und
Menschen in besonderen Lebenslagen angesprochen und erreicht,
so lautet aktuell die zweite große Herausforderung: Sprachkurse in
sehr großem Umfang anzubieten. Auch hier leisten gerade die
Volkshochschulen enorm viel.
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Auch in der Frage der Qualifizierung von geeigneten Ehrenamtlichen,
die in der Sprachvermittlung arbeiten. Für all, das danken wir der
Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen ganz herzlich.
Beide großen Herausforderungen, Alphabetisierung und Sprachkurs
Deutsch als Fremdsprache, stellen uns Politikerinnen und Politiker
allerdings vor die Aufgabe, den Weiterbildungsblick und unsere
Wertschätzung zu weiten und keinesfalls nur darauf zu fokussieren.
Weiterbildung ist eben mehr als das Zuspitzen auf diese beiden
Herausforderungen. So groß sie auch sein mögen. In der
Weiterbildung geht es immer um mehr.
Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen hat nämlich schon immer
einen ganzheitlichen Weiterbildungsbegriff mit Leben gefüllt. Und
auch das WbG ist so angelegt.
Das war schon früher richtig und gut, und ist es gerade mit Blick auf
die Integrationsaufgabe, die vor uns allen liegt, allemal. Denn gerade
die Vermittlung von Werten, Regeln und Beziehungsstrukturen, die
unsere Gesellschaft ausmachen, prägen und zusammenhalten, sind
integraler
Bestandteil
unserer
staatlich
geförderten
Weiterbildungsarbeit.
Das WbG spricht daher aus gutem Grund von Angeboten, die die
Entfaltung der Persönlichkeit fördern, die Fähigkeit zur Mitgestaltung
des demokratischen Gemeinwesens stärken und die Anforderungen
der Arbeitswelt bewältigen helfen.
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Selbstverständlich lässt sich das nahtlos auf die Weiterbildungsarbeit
mit Menschen, die aus einem anderen Kultur- und Wertekreis
kommen, übertragen.
Lassen Sie mich das zum Schluss so zusammenfassen: Wir
brauchen auch zukünftig eine Weiterbildungslandschaft, die in der
Lage ist, genau diesen Weiterbildungsauftrag zu erfüllen. Das setzt
Pluralität der Träger und Vielfalt und Breite der Angebote voraus. Und
es setzt die Bereitschaft voraus, sich kontinuierlich selbst
weiterzuentwickeln. Dafür braucht es politische Verlässlichkeit. Eine
Verlässlichkeit, die im WbG angelegt und mit dem WbG gewollt ist.
Aber, und das sage ich vorsichtshalber auch sehr dezidiert: der
Weiterbildungsauftrag unserer WbG-Einrichtungen darf nicht auf den
Bereich Flüchtlingspolitik und Integration verengt werden. Weder
durch die Politik, noch durch die Einrichtungen und Träger selbst.
Das wäre nicht gut und entspräche nicht dem Geist und der Intention
des WbG.
VII.
Verehrte Gäste, dass das WbG einmal zu einer Erfolgsgeschichte
werden würde, hatten zwar seine Mütter und Väter erhofft, aber nie
garantieren können. Das WbG ist deshalb ein Erfolgsmodell, weil es
kontinuierlich weiterentwickelt wurde, ohne seine Grundstriktur
aufzugeben.
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Deshalb will ich uns allen abschließend Mut machen, gegenwärtige
und zukünftige Anforderungen und Herausforderungen, die sich aus
dem Auftrag zur Weiterbildung ergeben, mutig anzugehen, und ganz
im Sinne des lebenslangen Lernens, unsere nordrhein-westfälischen
Positionen zur Weiterbildung, ihren Rahmenbedingungen und
Finanzierung immer wieder zu überprüfen und falls notwendig auch
dynamisch weiterzuentwickeln.
Mir bleibt, uns allen einen informativen Abend mit belebenden
Diskussionen zu wünschen und danke Ihnen für Ihr Kommen.
Das Wort reiche ich gerne weiter an die Sprecherin des
Gesprächskreises – an Ulrike Kilp.
Herzlichen Dank.
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