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MONTAG, 14. MÄRZ 2016
DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNG
3
W
Der Weckruf
enn Wahlen die psychologische Verfasstheit einer Gesellschaft beschreiben, dann hat
der Urnengang in BadenWürttemberg, RheinlandPfalz und Sachsen-Anhalt zumindest den Anfangsverdacht einer schweren Depression ermittelt. Wie selten zuvor in der deutschen
Nachkriegsgeschichte haben die Bürger CDU
und SPD das Vertrauen entzogen und beiden
Volksparteien schwere Niederlagen zugefügt.
Protestwähler sind die Gewinner der Wahlen –
es ist ein Denkzettel für die etablierten Parteien.
Die Wahlkampfmanager von CDU und SPD
hatten schon mit dem Schlimmsten gerechnet,
doch die Ergebnisse der Landtagswahlen
übertrafen am Ende ihre Befürchtungen. Im
konservativen Baden-Württemberg hat die
CDU, die über mehrere Jahrzehnte die politischen Geschicke bestimmt hat, die
Rolle als stärkste politische Kraft an
die Grünen verloren. Noch heftiCDU
ger ist der Absturz der SPD. In
Vergleich zu 2011
Sachsen-Anhalt und BadenWürttemberg sind die SozialdeSachsenRheinlandmokraten zur MinderheitsparAnhalt
Pfalz
tei geschrumpft. Die Partei des
kleinen Mannes erreicht nicht
mehr ihre Anhänger.
Kanzlerin Merkel wird deshalb
-2,7 %
-3,5 %
nicht stürzen, und niemand wird
BadenSPD-Chef Gabriel zum Rücktritt
Württemberg
drängen. Doch CDU und SPD
müssen diese Wahlen als Weckruf
begreifen. Als Warnsignal einer zutiefst verunsicherten und von der
Politik enttäuschten Gesellschaft.
Ein Weiter-so ist keine Option.
-12,0 %
Dabei geht es nicht nur um ein Umsteuern in der Flüchtlingskrise. Die Alternative für Deutschland hat auch deshalb
zweistellige Ergebnisse an diesem Wahlsonntag erzielt, weil die Volksparteien bei den wichtigen Fragen dieser Zeit statt Orientierung nur
Schweigen liefern. Längst spüren die Bürger,
dass nicht nur die Integration von einer Million
Flüchtlingen eine große Belastungsprobe wird.
Hochrechnungen, 21:47
Mit Sorgen blicken viele Menschen auf die VerHandelsblatt
Quelle: ARD
änderungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt, den harten globalen Wettbewerb, die
Angriffe auf die innere Sicherheit, die demografische Entwicklung und die Folgen einer Null-
zinswelt für die eigenen Renten. Die neuen Herausforderungen haben in breiten Schichten der
Bevölkerung eine gefährliche Zukunftsangst entstehen lassen, nicht nur am unteren Rand der
Gesellschaft. Die Angst vor der Überforderung.
Antworten auf diese komplexen Themen liefern CDU und SPD entweder gar nicht oder
nicht überzeugend. Außenpolitische Krisen haben den Blick der Großen Koalition auf die eigentlichen Nöte der Bürger systematisch versperrt. In den ersten beiden Jahren war die
Kanzlerin – fast ausschließlich – damit beschäftigt, die Staatspleite Griechenlands zu verhindern. Zu keinem anderen Thema hat Merkel
mehr Regierungserklärungen abgegeben als zur
Rettung Griechenlands, das weniger als zwei
Prozent des europäischen Bruttosozialprodukts
ausmacht. Seit mehr als einem halben Jahr investieren Merkel und Gabriel den größten Teil
ihrer politischen Energie auf die Lösung der
Flüchtlingskrise. Die Innenpolitik ist praktisch
zum Stillstand gekommen. Über eine Agenda
Fortschritt, mit der Deutschlands Zukunft
gestaltet werden könnte, spricht niemand. Die Politik der Großen Koalition wirkt zunehmend defokussiert.
SPD-Chef Gabriel hat recht, wenn er
davor warnt, dass die Politik trotz
S PD
Vergleich zu
der Flüchtlingskrise nicht die Belan2011
ge der Bundesbürger vergessen
RheinlandSachsendarf. Doch es geht nicht um milliarPfalz
Anhalt
denschwere Ausgabenprogramme.
Die Bürger erwarten, dass ihre The+0,6 %
men in den Mittelpunkt der Politik
gerückt und Lösungen diskutiert
werden. Dafür sind Merkel und GaBadenbriel gewählt worden.
Württembe
rg
Solange die Große Koalition die
Prioritäten ihrer Politik nicht neu ausrichtet, verlieren CDU und SPD weiter
an Zustimmung, der Aufstieg der Pro-10,4 %
testpartei AfD ist damit vorgezeichnet.
Die
stabilen politischen Verhältnisse, die
-11,0 %
die Exportnation Deutschland über Jahrzehnte ausgezeichnet haben, könnten
dann der Vergangenheit angehören.
Politische Unsicherheit in einer zunehmend komplexeren Welt nicht entstehen zu
lassen ist nicht nur Aufgabe der politischen
Klasse. Auch die Verantwortlichen in der Wirtschaft dürfen sich angesprochen fühlen.
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Die Landtagswahlen galten als
Vertrauenstest. Die Bürger haben sich
verunsichert von den Volksparteien
abgewandt. Ein Weiter-so ist keine Option.
Ein Kommentar von Sven Afhüppe
Die Landtagswahlen Seiten 4 bis 7
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Die Angst vor dem Kontrollverlust
Cebit: Fraunhofer-Gesellschaft stellt neue Sicherheitstechnologie vor.
A. Höpner, I. Karabasz, C. Kerkmann
München, Hannover
T
eile der deutschen Industrie tun sich
immer noch schwer mit dem Thema
Digitalisierung. Die größte Sorge: die
Furcht vor einem Kontrollverlust der Daten, die Maschinen und Anlagen liefern
und aus denen sich neue Geschäftsmodelle entwickeln lassen. Doch nun startet die
Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit
mehreren Firmen – darunter Allianz, Bayer, Thyssen-Krupp und Volkswagen – einen
sicheren Datenraum für die Industrie. „Die
Technologie für die Industrie 4.0, die wir
gerade vorbereiten, bietet ein Maximum
an Sicherheit“, sagte Fraunhofer-Präsident
Reimund Neugebauer dem Handelsblatt.
Mit Hilfe des „Industrial Data Space“
sollen Unternehmen zum Beispiel ihre Maschinen aus der Ferne steuern, Pharmadaten austauschen oder Frachtcontainer verfolgen können – ohne Angst vor Datenklau
und Hackerangriffen haben zu müssen.
Das Projekt wird zum Start der Cebit am
heutigen Montag Forschungsministerin Johanna Wanka vorgestellt.
„Wenn Produktionsanlagen nicht ver-
netzt sind, wird ein Unternehmen seine
Wettbewerbsfähigkeit verlieren“, sagt
Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbandes Bitkom.
„Das Risiko ist größer als durch Cyberangriffe.“ Auch Hagen Rickmann, Geschäftskunden-Chef der Telekom, sieht das Problem im mangelnden Vertrauen vieler Industriekunden: „Die Hürden zwischen
dem täglichen Geschäft und der Digitalisierung fühlen sich hoch an“, sagt er.
Interview Seiten 16, 17
Spezial Seiten 50 bis 61
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